Überall werden immer häufiger Demosanitäter:innen gebraucht. Die Demosantitäter der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. helfen Dir, wenn es Dir schlecht ergeht auf Demos und Kundgebungen. Sie sind z.B. für dich da, wenn es dir an einem heißen Sommertag nach langer Demoroute nicht mehr gut geht, du stürzt oder die Polizei besonders großzügig mit Pfefferspray war.
Die Zeiten werden rauer. Für die Wahrung des grundgesetzlich geschützten Versammlungsrechts ist es deshalb umso wichtiger, daß sich Teilnehmer für den Notfall medizinisch versorgt fühlen können.
„Seit 1997 begleiten wir als solidarische und professionelle notfallmedizinische Versorgungsstruktur Demonstrationen, sowie politische und gewerkschaftliche Aktionen.“ Beim Ostermarsch in Stuttgart, bei Klimaprotesten in Lützerath, bei den Protesten gegen die Natosicherheitskonferenz in München, bei Protesten gegen den Rechtsruck und gegen Aufmärsche von Rechtsextremisten, bei Rheinmetall entwaffnen in Kiel , am 1.Mai oder Frauenkampftag, bei internationaler Solidarität mit Rojajva oder Palästinenser:innen, bei Streiks sowie gewerkschaftlichen und sozialen Aktionen, die sich für eine verbesserte Daseinsvorsorge einsetzen … Einsatzschwerpunkt ist der Südwesten, aber auch bei vielen bundesweit bedeutsamen Ereignissen sind „wir zur Stelle“. Die Demosanitäter:innen sind solidarisch und lehnen jegliche Form von Diskriminierung ab. Sie legen „besonderen Wert auf einen vertraulichen Umgang mit Informationen und behandeln soweit möglich anonym, um niemanden rechtlich zu gefährden.“
„Außerdem unterstützen wir als gemeinnützige Sanitätsorganisation nicht-kommerzielle Kulturveranstaltungen, die sich einen teuren Sanitätsdienst nur schwer leisten können. Dabei arbeiten wir bei geringen finanziellen Ressourcen komplett ehrenamtlich und ohne jegliche Aufwandsentschädigung.“ Die Demosantitäter der Sanitätsgruppe Süd-West e.V sind da und leisten medizinische Hilfe u. a. bei „Umsonst & Draussen“, diversen Jugendevents, Musik- und Queerveranstaltungen. Wenn sie das nicht machen würden, könnten viele Veranstaltungen eines solidarischen demokratischen Miteinanders nicht stattfinden. Denn den Veranstaltern fehlt die Kohle, um sich einen anderen deutlich teueren Sanitätsdienst leisten zu können, zu dem sie aus Sicherheitsgründen verpflichtet sind.
Trotz der langjährigen Gruppengeschichte kommt immer noch gut die Hälfte aller Spenden von Mitgliedern der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. selbst, was nicht weiter steigerbar ist. Einnahmen durch Bezahlungen für Sanitätsdienste sind verhältnismäßig gering, da die Sanitätsdienste in der Regel kostenlos oder zu solidarischen Preisen angeboten werden.
Medizinische Ausrüstung ist aber nicht billig. Inflationsbedingt steigen die laufenden Kosten u.a. für Mietnebenkosten, Versicherungen oder medizinische Verbrauchsmaterialien. Die Spenden waren im vergangenen Jahr jedoch rückläufig. Außerdem wurden 2024 einige Investitionen, z.B. für neue Rettungsrucksäcke notwendig. 2025 stehen weitere Investitionen an, z.B. der Ersatz der inzwischen löchrigen Plane des Stationszelts. Das bislang kostenlos untergebrachte Material in Karlsruhe sucht zudem ein neues Zuhause, sodass dort mit Mietkosten zu rechnen ist.
Helfe den Demosanitäter*innen dir zu helfen! Für ein solidarisches Miteinander!
Vor allem viele regelmäßige, kleine Spenden bringen den Demosanitäterinnen finanzielle Sicherheit. Sie garantieren, dass beim Wegfall einzelner Spenderinnen nicht auf einmal viel Geld fehlt und ermöglichen eine Planbarkeit der Finanzierung wiederkehrender Ausgaben von Miete und Nebenkosten über Versicherungen bis hin zum Ersatz von defekter Ausrüstung und verbrauchtem oder abgelaufenem Material. Für die 400€ monatliche Miete in Stuttgart braucht es z.B. 80 Personen, die je 5€ spenden. Daher helfen am besten monatliche Daueraufträge über einen kleinen Betrag, der euch nicht weh tut, den Demosanitäter*innen aber sehr hilft. 5€ im Monat sind z.B. weniger als 20ct pro Tag und weniger als ein Döner kosten würde.
Natürlich auch jede einmalige Spende ist willkommen!
Setzt ein wesentlicher Teil des deutschen Kapitals auf einen Kurswechsel in Richtung „Schwarz – Blau“?
Deutschland geht das dritte Jahr in die Rezession. Es gibt geopolitische Risiken, die für das Exportmodell Deutschland einen noch gravierenderen Absturz wahrscheinlich machen.
Die Unternehmerverbände trommeln für einen konzertierten Angriff auf soziale Standards, Arbeitnehmerrechte und Strukturen der Daseinsvorsorge ( u.a. bei Gesundheit, Verkehr, Renten) sowie Umweltmaßnahmen, die der Konkurrenzfähigkeit und kurzfristigen Realisierung von Profiten im Wege stehen. Schule könnte dabei das Tesla Werk von Trump und AFD Fan Elon Musk in Grünheide an der Grenze zu Berlin machen. Hier wird sich schon lange über Umwelt- und Bauauflagen ebenso hinweggesetzt wie über die Rechte der Beschäftigten. Gewerkschaften und ihre Vertreter werden gemobbt, unzumutbare Arbeitsbedingungen treiben die Krankenstände hoch, Kranke wiederum werden gemaßregelt und mit Entlassung bedroht. Tarifverträge werden verteufelt. Daimler Boss Källenius hat die Krankenfrage a la Tesla bereits zum Thema gemacht. Unternehmerverbände fordern ein Aussetzen der Lohnfortzahlung bis zu 3 Tagen.
Das Zauberwort der Parteien Blau, Schwarz und Gelb lautet „Deregulierung„. Im Klartext: alle Regullierungen, die uns und unsere Lebensinteressen schützen sollen, kommen auf den Prüfstand und sollen geschliffen werden. Der Staat soll schrumpfen und wird auf seine reinen Herrschaftsfunktionen – nach innen wie nach aussen auf „Kriegtüchtigkeit“ getrimmt – konzentriert. Merz, Weidel, Lindner sind hier gemeinsam auf einer Linie.
Um in den geopolitischen Auseinandersetzungen bestehen zu können, muss Europa als imperialer eigenständiger Kampfverband aufgestellt und gestärkt werden. Allen voran baut Deutschland – schon unter der aktuellen Ampel Regierung – einen dominierenden militärisch industriellen Komplex dazu auf.
Die Parteien sind – mit wenigen Ausnahmen- in einen Überbietungswettbewerb getreten, was den zukünftgen Militärhaushalt betrifft. Hier wieder in der Spitze die AFD, die die 5 Prozentvorgabe von Trump bereitwillig aufgegriffen hat. 5 Prozent vom BIP, das sind mehr als die Häfte des Bundeshaushalts. Ohne Generalangriff auf alle anderen Haushaltspositionen ist ein solcher Militärhaushalt nicht realisierbar. Auch hier treibt die AFD mit ihrer Vorgabe im Diskurs die Zahlen der übrigen Parteien nach oben. Habeck und die Grünen folgen folgsam mit 3,5 Prozent, aber auch bei der CDU und FDP mehren sich Stimmen, in diese Richtung zu gehen. Kanzler Scholz stellte klar, dass nach Auslauf des Bundeswehrsondervermögens mindestens 30 Milliarden Euo zusatzlich aus dem Haushalt pro Jahr für das Militär gestemmt werden müssten. Sein für die Bundeswehr zuständiger Parteikollege Pistorius meint aber jetzt schon, dass dieser Betrag wohl nicht ausreicht.
Wer die Fakten anschaut erkennt auf den ersten Blick den Propagandhype: 24 islamistische Gewaltopfer, 43 rechtsextreme Gewaltopfer (eine beschönigte Zahl) seit dem Jahr 2000, aber allein 360 Femizide 2023 und 6 Todesopfer (unter ihnen ein Kinde) beim diesjährigen Sylvesterböllerspaß!
„Die Politiker reden von nix anderem mehr als von Migration Migration Migration…. „, schreibt ein Leser. “ Von allem anderen wird abgelenkt bzw. ein Sündenbock gesucht.“ Ein harter sozialer Kahlschlag lässt sich umso besser durchsetzen, je rücksichtsloser vorgegangen wird und die Betroffenen gegeneinander aufgehetzt und gespalten werden.
Migranten oder einzelne Gruppen werden pauschal als Sündenböcke stigmatisiert. P. Jüriens beschreibt die Vorgehensweise :
So werden medienseitig tragische, aber leider völlig im Bereich der Normalstatistik einer 80-Millionen-Bevölkerung liegende, häufig von geistig kranken Menschen begangene oder fanatische terroristische Gewaltverbrechen, bei denen häufig genug ausländische BürgerInnen oder AsylbewerberInnen das Opfer sind, und die vom Wesen der Taten her schwer verhinderbar UND nicht nachvollziehbar sind, zu einer Schuld und Verantwortung ausländischer Kulturen stilisiert und katastrophisch übertrieben.
Jedes einzelne der genannten Probleme bis auf solche so gut wie unkontrollierbaren Gewalttaten ist durch eine teils gewollte, teils inkompetenzbegründete Underperformance des Staates ermöglicht worden, die mit vergleichsweise bescheidenem Mitteleinsatz beseitigt werden könnte.
Die tatsächlich ziemlich unkontrollierte und zu direkter Einwanderung ins deutsche Sozialsystem führende Massenaufnahme z.B. ukrainischer Flüchtlinge ist dabei die einkalkulierte Kehrseite eines militärischen Projektes nach dem Anderen. Wenn man heutzutage Militärisches plant, plant man die dadurch naturgemäß verursachten Fluchtbewegungen halt ein.
Die Ursachenbekämpfung ist also eine simple: Änderung des EIGENEN „Nationalverhaltens“.
Wahlkampfgetümmel, aber auch taktische Differenzen
Wir haben in den letzten Jahren eine Asylrechtsverschärfung nach der anderen erlebt. Und zwar durch die Ampel. Kanzler Scholz fordert „Abschiebungen im großen Stil“ , Innenministerin Faeser kündigt eine „Rückführungsoffensive“ an, Vizekanzler Habeck wurde nicht müde, im Zusammenhang mit Kritik an Israel die Abschiebung und Verweigerung von Staatsbürgerschaft und Aufenthaltsrecht voranzutreiben. Das alles war und ist Wasser auf die Mühlen der AFD, deren radikaler Rassismus und volksverhetzender Populismus nun diese Woche in einem Entschliessungsantrag von der Merz CDU voll übernommen wurde.
Der eigentliche Skandal ist nicht, dass die AFD diesem Entschliessungsantrag zugestimmt hat, sondern jubeln und feiern kann, dass sich die sogenannte „bürgerliche Mitte“ ihre Programmatik inhaltlich immer ungenierter zu eigen macht.
Der von Merz eingeschlagene Kurs stößt aber in den Reihen der Bourgeoisie, der eigenen sowie anderen Parteien in mehreren Punkten auf grundsätzliche Kritik:
Recht muss eingehalten werden, sei es das Grundgesetz oder Europarecht,
es braucht ein „abgestimmtes Handeln der Europäischen Union statt nationaler Alleingänge“,
für die Unternehmen erfolgreiche Arbeitsmarkstrategien für Geflüchtete dürfen nicht rückabgewickelt werden.
Was die wenigsten wissen. Der im Bundestag mit den Stimmen der AFD verabschiedete Entschliessungsantrag der CDU verpflichtet rechtlich niemanden danach zu handeln, auch die Regierung nicht. Er ist nicht mehr aber auch nicht weniger als ein Propagandaakt zur Stimmungsmache in der Bevölkerung, zur Wahl und zur Koalitionsvorbereitung nach der Wahl. Die Behauptung von Merz, die Verabschiedung des Entschliessungsantrags sei jetzt notwendig gewesen, damit unverzügllch gehandelt wird, um einen vermeintliche Migrantenlawine zu stoppen ist reine Panikmache, reiner Schwindel und Wahldramatik.
Am Freitag, den 31. Januar, steht ein CDU Gesetzentwurf zur Abstimmung, der sich nur marginal vom „Sicherheitspaket“ der Ampel unterscheidet.
„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“
Diese Aussage – resultierend aus den Erfahrungen mit dem „Dritten Reich“ – hat seine Aktualität nie verloren. Kapitalismus und Faschismus gehören zusammen wie Imperialismus und Krieg. Und die Militarisierung ist der Nährboden für die Faschisierung der Gesellschaft. Auch die historische Lehre, nie wieder in Deutschland einen militärisch industriellen Komplex zu dulden, der mit seiner ökonomischen Macht den braunen Sumpf zu Blüte treibt, wurde spätestens mit der Zeitenwende ad acta gelegt.
Parteien, die die Geschäfte des Kapitals betreiben, bleiben immer anfällig dafür, sich in wirtschaftlich und gesellschaftlch zugespitzten Situationen mit rechten Heilsbringern und Schutzpatronen der nationalen Bougeoisie ins Bett zu legen. Auch vor 1932 haben insbesondere die konservativen Parteien den Nazis geholfen, legal an die Macht zu kommen.
Friedrich Merz ist ein Paradebeisspiel. Er ist schon seit Jahrzehnten wegen seiner Nähe zu rechtsradikalen Gesinnungen auffällig geworden. [1]Merz bejubelt rechten Großvater | taz.de
Nach der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im Deutschen Bundestag hat der Auschwitz-Überlebende Albrecht Weinberg sein Bundesverdienstkreuz zurückgegeben. In einem stern Interview sagte der 99 Jährige: „Ich bin im Moment sehr enttäuscht. Ich will von nichts wissen. Ich sehe wieder meine Jugendzeit vor mir. Es ist kaum zu glauben“, so Weinberg, der als Jugendlicher nach Auschwitz deportiert wurde. „Ich verstehe nicht, wie sowas überhaupt passieren kann nach dem, was war.“ Er sei „geschockt“.
Es versammelten sich Tausende zum Protest vor der CDU Zentrale. In ganz Deutschland sind Dutzende von Protesten angesagt, die sich gegen die Zusammenarbeit von rechten „Konservativen“ mit Rechtsextremen wenden!
Das Ziel – die Reaktion im Vormarsch
Peter Jakobi (SPD) zeichnet den Weg in eine „schwarzblaue“ Regierung in Deutschland als östereichische Blaupause mit folgenden Worten: „Merz ist ja ein alter Politprofi, der die Wirkung dessen, was er sagt und tut abschätzen kann. Zudem hat er über die CDU und über andere Kreise hochklassige Berater und Analysten. Wer Merz für dumm hält liegt sowieso schief. (Emotional instabil war er offenbar aber schon immer (Recherche)) Gehen wir also fest davon aus, daß Merz genau diese Wirkung erreichen wollte: (Die Trumpadministration, BlackRock und KKR werden zufrieden sein.) Was kommt jetzt? Dem Beispiel Österreichs folgen, vorsätzlich ergebnislos mit Grünen und SPD verhandeln und dann … das Land braucht doch eine Regierung …“
Das von Peter Jakobi dargestellte Szenario ist eine durchaus denkbare Variante im Sinne einflussreicher Kapitalkräfte. Es würde dem taktischen Manövrieren von Merz einen Sinn geben. Erste Wahl dürfte aber eine Koalition der CDU mit Grünen oder SPD bleiben. Allerdings erpresst und eingefärbt auf eine „blauschwarze“ Programmatik bei Berücksichtigung der o.g. Kritikpunkte.
Der gesamte Diskurs in Deutschland soll nach „Rechts“ verschoben werden, um die aus Sicht großer Teile des Kapitals notwendige Breitsalve auf die sozialen und politischen Interessen der breiten Bevölkerung und Beschäftigten durchzusetzen. Und um das Land „kriegstüchtig“ zu machen!
Die Grünen haben trotz aller öffentlich vorgetragenen Empörung gegen den „Tabubruch“ schon signalisiert, weiter mit der CDU „koalieren“ zu wollen. So sieht also die Praxis der Partei aus, die öffentlich am eisernsten für die Verteidigung der „Brandmauer“ trommelt.
Und die SPD? Ihr Vorsitzender hat betonnt, allseits gesprächsbereit zu sein!
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Anhang: Ein aufschlußreicher Dialog unter Linken
Fabian Lehr (kommunistischer Blogger) versucht sich einer marxistischen Teilbetrachtung :
„Ich bin ehrlich ratlos: Gibt’s diese Leute, die vollkommen fassungslos darüber sind, dass die CDU mit der AfD kooperiert und die geglaubt haben, zwischen etablierten bürgerlichen Rechten und neuangekommenen bürgerlichen Rechten bestünde ein tiefer moralischer Graben, eigentlich wirklich, oder ist das eine rein performative Show, weil man halt gelernt hat, alles, was man negativ findet, als „unglaublich“ zu bezeichnen? Und wenn es die wirklich gibt – glauben die unironisch auch, dass irgendeine im Bundestag vertretene Partei mit Ausnahme der LINKEN Koalitionen mit der AfD ausschließt, wenn diese ähnlich stark bleibt und für stabile Regierungsbildung eben notwendig wird? Und wenn es die wirklich gibt: In was für einer absonderlichen Parallelwelt haben die eigentlich, nun ja, ihr bisheriges Leben verbracht?
Warum sollte ein Friedrich Merz, der in Interviews damit prahlt, wie er und seine Burschenschafterkumpel einst Linke vermöbelten und für den „Ausländer raus, Abschaffung des Asylrechts und freche Arbeitslose sterben lassen!“ gerade Haupt-Wahlkampfthemen sind, irgendein moralisches Problem mit der AfD haben? In was für einer abgedrehten Parallelwelt ist Friedrich Merz ein linker Wokie, dessen moralische Werte Kooperation mit AfDlern ausschließen?
Die BRD wurde von Nazis gegründet und CDU wie FDP wurden aufgebaut von lauter NSDAP-Mitgliedern, die sich vom Faschismus abgewandt hatten, weil er sich als vorläufig nicht zweckmäßig für die Durchsetzung ihres Klasseninteresses erwiesen hat. Das hatte zu keinem Zeitpunkt irgendwas mit einem moralischen Wandel des deutschen Bürgertums zu tun. Natürlich hätten auch schon Kiesinger, Strauß und Co ohne Zögern mit der AfD kooperiert und koaliert, wenn es die damals schon gegeben hätte und sie ein erstrangiger elektoraler Faktor gewesen wäre. Der Unterschied zwischen faschistisch herrschender Bourgeoisie und demokratisch herrschender Bourgeoisie ist kein moralischer, sondern einer des historischen Kontexts, der in verschiedenen Zeiten verschiedene Herrschaftsmethoden zur effizienten Durchsetzung des bürgerlichen Klasseninteresses verlangt. Wenn man verstehen will, was gerade passiert, muss man realisieren, dass bürgerliche Politik keine Konfrontation moralischer Werte, sondern eine Konfrontation von Interessen ist – und die Interessen von CDU und AfD decken sich eben in sehr vieler Hinsicht.
Harald Weinberg (Die Linke): „Was wäre denn die alternative Reaktion? Den Vorgang nicht zu skandalisieren sondern schulterzuckend zur Kenntnis zu nehmen als typische Form einer Radikalisierung des immer gleichen Kapitalismus?“
Fabian Lehr:“ Erkennen, dass man seine Feinde besiegen muss statt ihre überraschende Schlechtigkeit zu beklagen.“
Harald Weinberg „Die dafür notwendigen Mitkämpferinnen überzeugt man dann mit dem Hinweis, dass das nun mal so sei im Kapitalismus? Oder vielleicht doch, dass man die Unmenschlichkeit der Rechten bis hin zur Mitte skandalisiert und auf universelle Menschenrechte pocht, die – das kann dann durchaus Thema sein – unter kapitalistischen Bedingungen nicht durchsetzbar sind.“
Fabian Lehr: „Ich fürchte, ein Widerstand gegen rechts, der ausschließlich mit moralischer Empörung agitiert statt damit, aufzuzeigen, warum rechte Politik in direktem Widerspruch zum materiellen Eigeninteresse von 90% der Bevölkerung steht, wird ein wenig erfolgreicher sein. „Die AfD ist böse“ ist ein wenig zugkräftiges Argument, solange ihre Anhänger glauben „Aber die Politik der AfD ist gut für mich“.“
David-Sebastian Schumann: „Steile These, dass die SPD und die Grünen das machen würden.“
Fabian Lehr: „Die – erheblich links der SPD stehende – österreichische Sozialdemokratie koaliert auf Landesebene seit zig Jahren mit der FPÖ, weil die FPÖ als erstrangiger elektoraler Faktor halt nicht weggeht. Warum sollte die weiter rechts stehende SPD das in ein paar Jahren nicht ebenfalls tun?“
Michail Ristov: „Grüne machen einfach alles.“
Marco Weibel: „Ich würde allerdings das Überraschtsein nicht mit dem Empörtsein verwechseln oder vermischen. Wut über Verschärfungen (d.h. über die noch rassistischere Gesetzgebung, unabhängig von Kollaboration mit der AfD) gehört auch zum Widerstand.“
Selbst die wohl nicht ganz linke FAZ kommentierte am 29.01.2025 zur Rolle der Kirchen, die ganz kräftig mit zur Verteidigung der „Brandmauer“ aufrufen: „Politiker, die von der hohen moralischen Warte aus an einem längst dysfunktionalen und im Ergebnis inhumanen Migrationsregime festhielten, konnten sich immer auf den Zuspruch von Bischöfen und Prälaten berufen. Dass die Kirchen auf diesem Weg ihren Teil zum Aufstieg der AfD beigetragen haben, wollen sie bis heute nicht wahrhaben.“
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Fotos: Protest vor der CDU Zentrale, Klaus Murawski
Am 23. Januar 2025 trafen sich Kolleginnen und Kollegen der verd.i aus den Berliner Betrieben vor der Hauptverwaltung der Berliner Stadtreinigung (BSR) in Tempelhof.
Anlass waren die diesjährigen Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst, die am Folgettag, den 24. 01.25, in Potsdam begannen.
Mehrere hundert Kollegen und Kolleginnen von der Berliner Stadtreinigung (BSR), der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) / BT, den Wasserbetrieben und der Krankenhausbewegung (Vivantes) hatten sich zu diesem „Berliner Tarifauftakt“ versammelt. Um sich Gehör zu verschaffen! Immer wieder wurde skandiert: „Wir sind die Gewerkschaft!“
Unter ihnen Aktivisten von „Berlin steht zusammen“, einer Initiative, die ein Bündnis von Sozialen Protesten (Verkehr, Klima, Kürzungen in den öffentlichen Haushalten) und betrieblichen/gewerkschaftlichen Bewegungen anstrebt.
Dass die Versammlung in der Ringbahnstraße vor der Hauptzentrale der BSR stattfand hatte seine besonderen Gründe.
Zum einen ist die BSR einer der am besten gewerkschaftlich organisierten verd.i Betriebe in Berlin und traditionell sehr kampfstark. Die Kollegen und Kolleginnen überreichten dem Personalvorstand der BSR (in anderen Betrieben Arbeitsdirektor genannt), Martin Urban, die Forderung aus den Reihen der BSR: 10 % mehr Lohn, mindesten 500 Euro mehr im Monat! Diese Forderung unterstützen weit mehr als die Hälfte aller Beschäftigten, zum Teil bis zu 70 Prozent allein von der Straßenreinigung. Diese Forderung liegt deutlich über dem, was als Grundlage für die Tarifverhandlungen am 24. Januar von ver.di auf den Tisch gelegt wird (8 %, mindestens 350 Euro).
Zum zweiten nimmt der Personalvorstand der BSR eine zentrale Funktion auf der „Arbeitgeberseite“ (KAV, Kommunaler Arbeitgeberverband) bei den Tarifverhandlungen ein. Die Kollegen und Kolleginnen wollten es sich nicht nehmen lassen, ihre von der Basis getragene wesentlich höhere Forderung direkt zu präsentieren. Dem Personalvorstand sollte unmittelbar klar gemacht werden, dass es in den Betrieben brodelt und keine Bereitsschaft für „faule Kompromisse“ mehr besteht.
Der „Berliner Tarifauftakt“ – organisert vor allem von den Vertrauensleuten und Betriebsgruppen aus den verschiedenen Bereichen – dauerte fast zwei Stunden als „Verlängerte Mittagspause“. Die Stimmung: kämpferisch, aufmüpfig, widerständig! Die Botschaft: „Wir alle wollen zusammenstehen über alle Bereiche hinweg!“ Auf den T-Shirts aufgedruckt „Reden, Klatschen, leere Versprechungen – Wir haben die Schnauze voll ! Wir sind streikbereit!“
Die Kolleg:Innen der verschiedenen Versorgungsbereiche wiesen selbstbewusst darauf hin: „Wir sind es, die diese Stadt am Laufen halten und einen guten Job machen.“ Die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge – sei es den öffentlichen Nahverkehr, die Rettungsdienste, sei es die Patientenversorgung, die Altenpflege oder die Kinderbertreung, die Wasserwirtschaft oder die Straßenreinigung, damit Berlin nicht im Dreck erstickt – dürfe nicht zerstört und kaputt gespart werden.
Die Kolleg:innen nehmen kein Blatt vor den Mund. „Ich glaube schon, dass genug Geld vorhanden ist und wir immer nur auf Sparflamme gehalten werden. Wenn es so weitergeht, dann werden unsere Betriebe so nicht mehr funktionieren, weil wir zu Tode gespart worden sind.“ Die Arbeitseinkommen halten schon lange mit der Inflation nicht mehr Schritt. Insbesondere die hohen Energiepreise fressen am Lebensstandard. „Hier in den Großstädten geht schon mindestens ein Drittel des Einkommens für die Miete drauf.“
Redeportfolio, Tarifauftakt Öffentlicher Dienst Berlin, 23.1.2025, Peter Vlatten
Der Zusammenhang von allgemeiner politischer Wetterlage und den Tariferwartungen wurde in fast allen Gesprächen und Reden deutlich. Es geht um mehr als bloße Einkommenssteigerungen, es geht auch um die Verteilung des Reichtums. Die Beschäftigten sind es leid, dass ihre Einkommen wegschmelzen wie der Schnee in der Sonne, während die Zahl der Suppereichen und Milliadäre ständig ansteigt. Sie sind es leid, unter immer unzumutbareren Bedingungen ihre Arbeit verrichten zu müssen, damit die Profite steigen. Und sie sind immer weniger bereit, die Folgekosten einer desaströsen Politik – wie zum z. B. extreme Rüstungsausgaben, Krankenhausschließungen, Wohnungsnotstand, marode Infrastruktur- zu tragen.
Das beste Medizin gegen Personal- und Versorgungsnotstände ist: gute Einkommen, zumutbare Arbeitsbedingungen und Wertschätzung aller Mitarbeiter:innen unabhängig von ihrer Herkunft!
In einem Redebeitrag hieß es: „Wer sich bei den anstehenden Verhandlungen auf einen „rein betriebswirtschaftlichen Argumentationsrahmen“ einlässt, der wird verlieren, weil ihm die Argumente ausgehen werden.“ Es wird darauf ankommen, dass die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen in den richtigen Zusammenhang gestellt werden. Ständige Steuererleichterungen für Großverdiener sind nicht mehr akzeptabel. Militarisierung und eine Handelskriegspolitik verschlingen Unsummen öffentlicher Gelder und heizen die Inflation an. Wenn zum Beispiel die Rüstungsindustrie wieder extreme Gewinne verzeichnen kann, dann muss gefragt und gesagt werden, wer von solchen Verhältnissen profitiert. Wenn die Mieten einen Großteil des Einkommens zu Gunsten von Aktienhaltern aus Hedgefonds ausmachen, dann müssen die Gewerkschaften innerhalb und außerhalb der Betriebe dafür mobilisieren, dass diesen der Garaus bereitet wird.
Viele haben den Eindruck, die Krisen des Kapitals ausbaden und den Buckel fur Profite und internationale Konfliktabenteuer hinhalten zu sollen. Damit muss Schluss sein!
Der Wind wird in den nächsten Jahren rauer. Sorgen wir dafür, dass er diesmal den Profiteuren von sozialer Ungleichheit und Armut ins Gesicht weht. „Zusammen geht mehr“!
Ab Montag wird bei der BVG gestreikt - damit es besser wird für Beschäftigte und Verkehrssteilnehmer!
Fotos und Videomaterial von beteiligten Gewerkschaftskolleg:innen, wir danken für die Überlassung, Text und Videocollage redigiert Peter Vlatten