Ver.di P R E S S E I N F O R M A T I O N
BVG fordert Reallohnverlust – ver.di ruft zum Streik am 10.02.2025 auf
Die ver.di-Tarifkommission bei der BVG weist nach ausführlicher Diskussion mit den Beschäftigten das Angebot des Vorstands vom 31. Januar zurück. ver.di ruft deshalb zu einem ganztägigen Warnstreik am Montag, den 10. Februar 2025, auf.
Als besonders provozierend haben die Kolleg*innen die öffentlichen Aussagen des BVG-Vorstands empfunden. Dieser erweckte den Eindruck, ein großzügiges Angebot von über 15% Lohnsteigerung vorzulegen. Tatsächlich hatte die BVG für dieses Jahr jedoch gestaffelte Entgelterhöhungen von 2,5 %, 4,5 % und 7 % – abhängig von der Entgeltgruppe – angeboten. In den folgenden drei Jahren sollten die Gehälter jeweils um 2,5 % steigen.
Dieses Angebot würde für die Beschäftigten jedoch einen deutlichen Reallohnverlust bedeuten, da die Inflation der letzten Jahre nicht ausgeglichen wird. Aufgrund der langen Laufzeit des alten Tarifvertrags konnten die dramatischen Preissprünge seit 2021 nicht in die Tarifentwicklung einfließen. Während die Preise seit 2021 um etwa 19 % gestiegen sind, wurden die Gehälter bei der BVG in diesem Zeitraum nur um 4,5 % erhöht. Selbst mit der am 31. Januar 2025 angebotenen Lohnsteigerung bliebe für Kolleg*innen im Fahrdienst ein Reallohnverlust von 7,5 % beim Tabellenentgelt bestehen.
Für die Beschäftigten im Fahrdienst bedeutet das Angebot der BVG, dass sie sich von ihrem Tabellenentgelt 7,5 % weniger leisten können als vor vier Jahren – das entspricht etwa 190 Euro.
„Wir haben die Verhandlungen aufgenommen, um eine Verbesserung unserer Gehälter zu erreichen. Dass der Vorstand uns jetzt real die Löhne kürzen will, macht die Kolleginnen und Kollegen wirklich sauer“, erklärt Janine Köhler, Mitglied der ver.di-Tarifkommission und Vorsitzende des Gesamtpersonalrats bei der BVG.
„Die angeblichen 15 % Lohnerhöhung sind eine Nebelkerze. Wir brauchen ernsthafte Verhandlungen ohne Zahlenspielereien. Deshalb werden wir mit einem weiteren Warnstreik am 10. Februar zeigen, dass die Kolleginnen und Kollegen es ernst meinen“, ergänzt ver.di-Verhandlungsführer Jeremy Arndt.
Der Streik beginnt am Montag, den 10. Februar, mit Betriebsbeginn und dauert bis zum Betriebsbeginn am Folgetag.
Die Streikenden versammeln sich um 9:00 Uhr zu einer zentralen Kundgebung in der Holzmarktstraße vor der BVG-Zentrale.
BILD: pxhere
1. 1. Gewerkschaften – Arbeitskämpfe
24-Stundenstreik der BVG am Montag
Verdi kündigt Warnstreik für den 27. Januar an
Von Christian Lelek
Bild: Jochen Gester
Im Rahmen der Tarifauseinandersetzung um höhere Löhne bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ihre Mitglieder für den 27. Januar zum Warnstreik aufgerufen. Man reagiere damit auf eine Verzögerungsstrategie der BVG, wie die Gewerkschaft mitteilt. Die Forderungen der Belegschaft hätten der BVG seit Oktober vorgelegen. Dennoch habe bei einem ersten Aufeinandertreffen von Vertreter*innen von Gewerkschaft und Unternehmen die BVG kein eigenes Angebot vorgelegt. Verdi hatte zuvor angekündigt, in diesem Fall Arbeitskampfmaßnahmen zu erwägen.
Die Entscheidung zu dem eintägigen Warnstreik sei letztlich auf Grundlage einer breiten Diskussion unter den Gewerkschaftsmitgliedern gefallen, erklärte Verdi. Diese hätten sich nach der ersten Verhandlungsrunde mehrheitlich für einen Warnstreik vor der nächsten Verhandlungsrunde ausgesprochen, die am 31. Januar stattfindet.
»Die Gewerkschaft reagiert damit auf die Verzögerungsstrategien des Vorstands.« Verdi
Die BVG erklärte, der für 24 Stunden angesetzte Streik sei unverhältnismäßig. Er stelle »eine unnötige Eskalation noch vor der ersten richtigen Verhandlungsrunde« dar. Zugleich wies das landeseigene Verkehrsunternehmen auf ein eigenes Angebot hin, das man während der letzten Gespräche für den 31. Januar angekündigt habe.
Verdi fordert für die Beschäftigten monatlich 750 Euro mehr Gehalt, 300 Euro Fahrdienst-/Wechselschichtzulage, 200 Euro Schichtzulage, sowie ein 13. Monatsgehalt. Von Verdi geschätzte Gesamtkosten: 250 Millionen Euro im Jahr. Die BVG hält das für nicht finanzierbar, erkennt aber einen Nachholbedarf aufgrund der über diverse Krisen seit 2021 nicht gestiegenen Gehälter an.
Erstveröffentlicht im nd. v. 24.1. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188461.oepnv-stundenstreik-bei-der-bvg-am-montag.html?sstr=24-Stundenstreik
Wir danken für das Publikationsrecht.
Orange – die Farbe des Arbeitskampfes
Die Berliner Stadtreinigung geht kampfbereit in die Tarifverhandlungen
Bild: Streik im Öffentlichen Dienst. Berlin 2008. Foto: Jochen Gester
»Morgen ist die erste Verhandlungsrunde, aber wir setzen heute ein Zeichen!«, ruft Carlos Seefeld, Gewerkschafter bei der Berliner Stadtreinigung BSR. Vor dem Gebäude der BSR demonstriert Verdi am Donnerstag mit einer Kundgebung nicht nur mit »Wir sind die Gewerkschaft!«-Rufen die Kampfbereitschaft der Mitarbeiter*innen vor dem Start der Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes. Mit einer Petition, die hier an den Personalvorstand übergeben wird mit 3 222 Unterschriften, wird klargemacht: Die Mehrheit des Betriebes steht hinter der Gewerkschaft. Zudem sind große Partner dabei: Eingerahmt wird die Kundgebung von orangen Müllwägen und einem BVG-Bus.
Acht Prozent mehr Lohn, höhere Zuschläge für belastendere Tätigkeiten, eine faire Schichtzulage, extra freie Tage und vor allem 200 Euro mehr Gehalt und mehr Lerntage für Auszubildende – das alles fordert Verdi. Zwar liege die letzte Tarifrunde erst zwei Jahre zurück, aber die Lebenserhaltungskosten hätten sich eben enorm erhöht, sagt Carlos Seefeld dem »nd«. Das bedeute somit seit zwei Jahren einen Reallohnverlust. Auch deswegen sagt Andrea Kühnemann, Landesbezirksleiterin bei Verdi: »Wir werden in den nächsten Tagen diese Stadt lahmlegen können, wenn es darauf ankommt, liebe Kollegen und Kolleginnen.«
Das schafft die Stadtreinigung womöglich sogar alleine, muss sie aber nicht. Denn mit ihr gemeinsam sind weitere Betriebe von den Tarifverhandlungen betroffen. Pitt Siering, von den Berliner Wasserbetrieben etwa, ist heute auch dabei und sagt mit Blick auf das häufige Argument, es fehle den Kommunen an Geld: »Ich lade alle Kommunalpolitiker gerne ein, mit uns zu streiken.« Stella Merendino vertritt nicht nur in der Gewerkschaft die Krankenhausbewegung von Charité und Vivantes. Sie tritt auch bei der Bundestagswahl als Direktkandidatin für die Linke in Mitte an, denn »wir Gewerkschafter*innen, wir Arbeitnehmer*innen müssen auch repräsentiert werden.« Das passt zu der Rede von Verdi-Gewerkschafter Georg Heidel, der sagt: »Es kann nicht sein, dass immer die arbeitende Bevölkerung die Kosten zahlt für eine Scheißpolitik.« Am Donnerstag stehe Merendino aber als Krankenschwester und Verbündete da.
»Wir werden in den nächsten Tagen diese Stadt lahmlegen können, wenn es darauf ankommt.« Andrea Kühnemann
Landesbezirksleiterin Verdi
Das Motto der Wasserbetriebe »Ohne uns läuft nix« trifft wohl auf alle bei der Kundgebung vertretenen Unternehmen zu; auf eines besonders in der Abwandlung »Ohne uns fährt nichts und es läuft jeder«. Die Berliner Verkehrsbetriebe und die Stadtreinigung werde man in Zukunft öfter zusammen sehen, verspricht Carlos Seefeld, dem BVG-Straßenbahnfahrer Manuel von Stubenrauch, genannt Stubi, einen Arm um die Schulter gelegt. Stubi sagt, mit Blick auf eine steigende Belastung und sinkende Wertschätzung sei der Arbeitskampf umso wichtiger – in den Betrieben und jetzt auch überbetrieblich. »Für neue Bahnen und neue E-Busse ist immer Geld da, aber für die Menschen nicht.«
Im Podcast »Betriebsstörung« sprechen Seefeld und Stubi über Arbeit und Streik in ihren Betrieben. Bei der BSR herrscht demnach faktisch seit einem Jahr die Sechs-Tage-Woche bei einem Krankenstand von über 25 Prozent und einer tariflichen Regelung der Schichtzulagen aus den frühen 2000ern. Bei dem schlechten Wetter, das am Donnerstag während der Kundgebung herrscht, sehe man zudem, unter welchen Bedingungen die Kolleg*innen häufig arbeiten. Immerhin 70 Prozent der Müllwerker*innen haben die Petition unterschrieben.
Aber bei einem Streik bräuchte es auch Verbündete aus der Zivilgesellschaft. Die repräsentiert am Donnerstag das Bündnis »Berlin steht zusammen«, das aus der Initiative »Wir fahren zusammen« hervorgegangen ist. »Wenn ihr streikt, steht ganz Berlin hinter euch«, sagt eine Sprecherin der Initiative. Es sei wichtig, dass Solidarität auch aus der Stadtgesellschaft komme, dass auch die Kneipe nebenan den Arbeitskampf unterstütze. Andrea Kühnemann von Verdi bemerkt zu öffentlicher Kritik an Streiks, wie sie etwa bereits auf die Streikankündigung der BVG am kommenden Montag erfolgte: »Wir lassen uns nicht kirre machen.«
Schließlich steht sogar ein Vertreter der Arbeitgeberseite auf der kleinen Bühne. Martin Urban, Personalvorstand der BSR, bemerkt zu den kämpferischen »Jetzt geht’s los«-Rufen aus dem Publikum: »Was jetzt losgeht, ist eine Tarifrunde«. Die laufe nun mal nicht so, dass eine Seite Forderungen auf den Tisch lege und die andere sofort unterschreibe. Die Zwischenrufe »Wieso nicht?« und »Es gibt für alles ein erstes Mal!« bringen ihn immerhin zum Lächeln. Und die Petition, die die Streikbereitschaft von über 50 Prozent seiner Angestellten zeigt, legt er sich kurzerhand um die Schultern. Was das für den Start der Tarifverhandlungen bedeutet, weiß Carlos Seefeld. »Da bekommt ›sich warm anziehen‹ eine ganz eigene Bedeutung.«
Erstveröffentlicht im nd v. 24.1. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188488.berliner-stadtreinigung-bsr-orange-die-farbe-des-arbeitskampfes.html?sstr=orange
Wir danken für das Publikationsrecht.