#Unkürzbar – Wer die „große“ Politik „rechts“ liegen lässt kann nicht erfolgreich kämpfen!

„Die Weltlage gibt wenig Inspiration für Gedanken, die nicht hinunterziehen“, schreibt das Handelsblatt zum heutigen Wahltag und trifft damit sicher die Stimmung von vielen.
Ein winzig kleines Mosaiksteinchen in dieser Weltlage, aber eben auch konzentrierter Ausdruck wie in einem Brennglas für die Betroffenen ist die unsägliche Kürzungspolitik des Berliner Senats.

Gestern demonstrierten dagegen bis zu 10 000 Menschen. Ein breites Bündniss aus sozialen Verbänden und Gewerkschaften hatte dazu aufgerufen. Auch wir vom Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin hatten mobilisiert.

Die Zahl der Teilnehmer blieb für Berliner Verhältnisse überschaubar und erreichte nicht einmal die Zahl der einen oder anderen Palästina-Solidaritätsaktion in dieser Stadt. Trotz der Breite der Betroffenen und existenziellen Bedeutung ihrer Forderungen.

Vom Berliner Senat wurde vollkommen unbeeindruckt wenige Tage vor der Demonstration die Fortsetzung und sogar Verschärfung seiner Kürzungspolitik für 2026 und Folgejahre angekündigt. Ist das frech? Nein. Denn solange zuviele dem Narrativ Glauben schenken, ein geopolitischer Konfrontationskurs mit all seinen ökonomischen Verwerfungen und volle Kraft für eine großmachtpolitische Option seien alternativlos, können die Poliker:innen ohne große Befürchtungen die Kettensäge zücken, um unsere Lebensstandards und Lebensgrundlagen zu rasieren. Wählt doch -frei nach Bert Brecht- noch die Mehrheit „der Kälber ihre Schlächter selber“.

Der Deutsche Aktienindex DAX ist seit Anfang des Jahres um fast 20 Prozent angestiegen! Wer Aktonär ist kassiert. Wer arbeitet muss sich mit gar nichts oder Brosamen zufrieden geben, die nicht mal die wieder anziehende Inflation ausgleichen. Ökonomisch findet weltweit ein Unterbietungswettbewerb um die niedrigsten Unternehmenssteuern statt. Märkte werden angesichts des geopolitischen Konfrontationskurses abgeschottet. Unternehmen wandern immer dorthin, wo sie am lukrativsten verdienen können! Menschen in Deutschland aber fürchten wieder um ihre Arbeitsplätze in der Industrie und den mit ihr verbundenen Dienstleistungsbereichen. Und wenn die Wirtschaft schrumpft und der Staat die Unternehmenssteuern senkt, dann werden die Kassen für die öffentliche Daseinsvorsorge knapp. Das merken unsere kämpfenden Verdi-Kolleg:innen in der aktuellen Tarifrunde. Das kriegen Beschäftigte der Sozialarbeit, in Kultur und Bildung jetzt besonders zu spüren.

Gekürzt wird überall, ausser es geht um Kriegstüchtigkeit. Oder es geht um die direkte Bedienung von Kapitalinteressen.

Carlo Masala, Bundeswehrprofessor und und inzwischen von einigen auch als Sprachrohr der „Kriegsbesessenen in Deutschland“ bezeichnet, setzt zum Wahlsonntag in einem Interview mit dem Handelsblatt eine neue Grenzmarke von 6 Prozent vom BIP für das Projekt „Kriegstüchtigkeit“:

Wenn Sie eine Sicherheitsarchitektur schaffen wollen, in der die Europäer ohne die bisherige Unterstützung der USA klarkommen, dann reden wir eher über vier bis sechs Prozent. Und genau das passiert ja gerade. Es ist übrigens nicht Trump, der diese neue Weltordnung beschwört. Das hat schon unter Barack Obama begonnen.  Der hat das natürlich viel freundlicher formuliert. Aber in der Substanz hat schon er den Europäern gesagt: Macht mehr, ansonsten sind wir weg.

Die neue Marke 6 – ganz salopp aus der „Mitte“ der Gesellschaft präsentiert – geht in Richtung Zweidrittel des gegenwärtigen Bundeshaushalts, die allein für die Militarsierung ausgegeben werden sollen. Das übersteigt selbst die von der AfD übernommene Forderung Trumps in Höhe von 5 Prozent. Ukrainehilfen oder die Anteile für die avisierten 700 Milliarden Sondervermögen für Europa nicht inbegriffen.

Wie soll da noch eine „solidarische“ Finanzierung für Soziales, Kultur, Bildung, Wissenschaft und Klimaschutz zustande kommen?

Das alles für eine mit wenig Fakten unterlegte Erzählung, dass Russland die europäischen Natoländer in etwa 5 Jahren angreifen würde. Russland, ein Land, das derzeit ökonomisch auf dem Level Italiens steht und trotz Kriegswirtschaft gerade mal ein Viertel fürs Militär ausgibt wie alle europäischen Natostaaten ohne die USA zusammen. Unglaublich. In der Presse wird immer mehr Hoffnung auf die erstarkende deutsche Rüstungsindustrie gesetzt, die zur Wachstums- und Arbeitsplatzmaschine würde. Wer meint, dass in der Rüstungsindustrie der Großteil der sonst wegfallenden Arbeitsplätze kompensiert werden könnte, sitzt einer faustdicken Illusion auf. Ein Vertrauensmann der IG Metall, selbst bei Rheinmetall beschäftigt, meinte: “ Mit Panzer kann man nicht in Urlaub fahren, Artilleriegeschosse kann man nicht essen und mit Bomben keine Alten versorgen! Und Krieg macht uns am Ende Alle alle!“ Gilt er denn nicht mehr der traditionelle Gewerkschaftsslogan? „Ohne Frieden ist alles nichts!“

Wer diese von Militarisierung und zunehmend libertär durchtränkte „große“ Politik „rechts“ liegen lässt kann nicht für soziale, ökologische und kulutrelle Anliegen erfolgreich kämpfen!

Wer den Kampf gegen einen militärisch industriell unterfütterten Großmachtkurs nicht führt, spielt nicht zuletzt Rechtskurs und AFD in die Hände. Wer Meinungen dazu unterdrücken will oder sogar palästinasolidarische Beschäftigte, wenn sie auf die geopolitischen Ereignisse in ihrer Heimat hinweisen, ausgrenzt tut das erst recht. Ignoranten unter den Funktionären in unseren Bewegungen muss dazu die Rote Karte gezeigt werden. Sie erweisen uns allen einen Bärendienst.

Stellungnahme Workers 4 Palästina

Der Protest gegen die Kürzungen im Sozialen und in der Kultur ist richtig und wichtig. Es ist wichtig das Thema von Aufrüstung, Waffenexperten und Kriegen auf diese Demos zu bringen. Denn es sind politische
Entscheidungen, wofür Geld ausgegeben wird und wofür nicht. Die Ordner:innen der Gewerkschaften haben es verboten, Sprüche zu rufen, die auf den Genozid im Gazastreifen aufmerksam machen. Die Begründung dafür war wirklich frech. Man würde sich nicht spalten lassen, und würde es nicht akzeptieren dass Dinge skandiert werden, die nichts mit dem Thema der Demo zu tun haben. Man solle den Sozialarbeiter:innen zuhören, die über Kürzungen reden. Das ist eine Farce, denn gerade den Sozialarbeiter:innen die auf das Sterben in Gaza aufmerksam machen wird nicht zugehört. Sie verlieren ihre Jobs und es werden Projekte und Vereine eingestampft, die wichtige Schutzräume für migrantische Menschen bieten.
Auch der Jugend werden ihre Schutzräume und Möglichkeiten zur niedrigschwelligen Freizeitgestaltung genommen. Dafür sollen sie ,,morgen“ zum Wehrdienst gezwungen werden. Das spaltet wirklich.
Der Kampf gegen die Kürzungen braucht eine antirassistische antiimperialistische Perspektive. #unkürzbar #palestine #genocide

Titelbild Collage Peter Vlatten, Foto Kurt W.

Berlin – die Verbote gegen Palästina- und GAZA Solidarität werden immer skurriler!

Die staatlichen Maßnahmen, Kritik an Israel mundtot zu machen, werden immer drastischer und skurriler. Nach dem Rausschmiss der offiziellen Sprecherin der UN für Menschenrechte aus den Räumen der Uni München – wir berichteten – wird nun in Berlin Jüd:innen verboten, auf Kundgebungen in ihrer Muttersprache Hebreäisch zu reden.

Letzte Woche und konkret 8. Februar, Berlin Wittembergplatz. Palästinasolidarität. Die Lauf-Demo wurde verboten und aufgelöst. Lediglich eine Kundgebung mit Auflagen wurde gestattet.

Beobachter schildern. Die Auflagen werden generell von Mal zu Mal drakonischer. Wenn es um den Schutz des israelischen Staates geht – vor Kritik an seiner mit Rechtsextremen durchtränkten Regierung oder vor Kritik an der Kriegsführung der israelischen Armee, dem Völkermord in GAZA oder vor Kritik an einer jahrzehnte langen völkerrechtswidrigen Besatzung palästinensischer Gebiete – dann gibt es seitens der Behörden in Berlin kein Pardon. Ganz schlimm, wenn Du auch noch explizit für ein „menschenwürdiges Dasein“ und – wie es die deutsche Verfassung fordert – für gleiche Rechte aller Menschen in dem geschundenen Land zwischen Fluss und Meer eintrittst. Vorwurf und Stigma des „Antisemitismus“ sind das Mindeste, das Dir blühen kann. Einschränkungen Deiner Meinungs- und Bewegungsfreiheit sowieso. Aber es drohen auch Verhaftungen, Polizeigewalt und Ungemach am Arbeitsplatz.

Video Dokument, Palästinasolidarität 8.2.25 Wittenbergplatz Berlin, Auszüge

Seit kurzem soll im Iran das Sprechen in englischer Sprache auf Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen verboten sein. Man könnte vermuten, der Regierende Bürgermeister von Berlin Kai Wegner (CDU) oder seine Innensenatorin Iris Spranger (SPD) haben ihre jüngste Massnahme zur Verteidigung „demokratischer Werte“ aus dem Arsenal der Hauptstadt des schiitischen Fundamentalismus Teheran entlehnt.

Zunächst hieß es, bei den Berliner Versammlungen dürften keine Parolen auf Arabisch gerufen werden, dann auch nicht auf Irisch oder Hebräisch und Türkisch. Schliesslich soll die Verwendung von Rufen und Ansprachen in jeder Sprache außer Deutsch oder Englisch verboten worden sein. Ein jüdisch-israelisches Mitglied des Vereins „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ sprach Hebräisch und erhielt von der Polizei die Anweisung, sofort damit aufzuhören. „Ein israelischer Jude darf in Berlin auf einer Kundgebung nicht Hebräisch sprechen!“ Das ist nicht nur absurd. Ein Beteiligter meinte „Eine Niedertracht“.

Parallel. Nicht weit entfernt – so wird berichtet- eine kleine Gruppe nichtjüdischer Deutscher, die mit israelischen Flaggen und Accessoires der israelischen Armee gestikulieren und von einem Aufnahmegerät hebräische Lieder abspielen. Nicht nur vollkommen unbehelligt von der Polizei, sondern auch gut beschützt. Zweierlei Maß. Es juckt Deutsche Sicherheitsbehörden 2025 eben nicht, wenn vom internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesuchte Kriegsverbrecher und deren Poilitik bejubelt werden. Es juckt nur, wenn im Zusammenhang mit Israel Kritik an Menschenrechtsverbrechen und den Verantwortlichen dafür geübt wird. Bitterer Kommentar einer Jüd:in: „Deutschland arisiert uns auch noch das Judentum weg.“

Rund um die Palästinaproteste wird die Abrissbirne gegen Grundrechte erprobt. Das geht uns alle an. Die Sprache als präzize Ausdrucksform freier Meinung zu verbieten, das ist starker Tobak. Und in Berlin geschieht das nun gründlicher als in Teheran, wo da doch „nur“ eine Sprache – Englisch – verboten ist. Deutsche dürfen in Berlin „hebräisch“, israelische Jüd:innen aber nicht. Ist das nicht echter Antisemitismus? Ist das nicht grundgesetzwidrig und auch Rassismus pur? Mehr als ein Dutzend Organisationen haben eine Protesterklärung dazu aufgesetzt, die wir als Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin ausdrücklich untertstützen und zu deren Verbeitung wir aufrufen!

Statement zum Verbot arabischer Slogans auf Berliner Demonstration als Angriff auf
Grundrechte, und zur Umwandlung von Demonstration in Kundgebungen

Wir fordern die Berliner Behörden auf, diese ungerechte Entscheidung unverzüglich zurückzunehmen, da sie im Widerspruch zu den Grundsätzen der Demokratie und der Menschenrechte steht. Wir sind hier und werden weiterhin lautstark für Palästina, Gerechtigkeit und Freiheit eintreten!

Berlin, 7. Februar

In einer besorgniserregenden Eskalation und Fortsetzung der Repressionspolitik hat die Berliner Polizei für die kommende angemeldete Demonstration zur Unterstützung Palästinas Auflagen erteilt, die sieeinschränkt und sie auf bloẞe Solidaritätsbekundungen reduziert. Zudem werden arabische Slogans unter dem Vorwand verboten, gegen einige Slogans auf den
Demonstrationen vom 1. Februar 2025 vorzugehen. Dabei konnte die Polizei diese Slogans jedoch nicht bestätigen und ist auch nicht eingeschritten.
Wir lehnen diese Entscheidung entschieden ab und betonen, dass sie eine eklatante Verletzung demokratischer Grundrechte darstellt, insbesondere der Meinungsfreiheit und des Rechts auf friedliche Demonstration. Diese systematische Einschränkung zielt auf die Stimmen freier Menschen ab, die die Rechte des palästinensischen Volkes verteidigen.

Ein solches Verbot arabischer Slogans auf pro- palästinensischen Demonstrationen ist ein besorgniserregender Eingriff in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wir sind ein Teil dieser
Gesellschaft und lassen uns nicht zum Schweigen bringen. Das Verbot der arabischen Sprache auf Demonstrationen ist ein Angriff auf unsere Grundrechte und widerspricht den Werten von Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung. Während rechtsextreme Demonstrationen weiterhin ungehindert stattfinden und dort menschenverachtende Parolen geduldet werden, wird ausgerechnet Menschen mit arabischen Wurzeln das Sprechen in ihrer Muttersprache verboten.

Diese Maẞnahmen kriminalisieren eine Sprache und Kultur und senden ein gefährliches Signal der Ausgrenzung. Statt demokratische Grundrechte einzuschränken, sollte der Fokus darauf liegen, eine offene und inklusive Debattenkultur zu fördern. Selbstverständlich müssen alle Formen von Diskriminierung konsequent bekämpft werden. Es ist jedoch wichtig, dass die Meinungsfreiheit und das Recht auf friedliche Demonstrationen gewahrt bleiben, um eine offene Gesellschaft zu erhalten, die unterschiedliche Perspektiven zulässt. Wir rufen alle demokratischen Kräfte, Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten dazu auf sich gegen diese ungerechtfertigte Einschränkung zu stellen und gemeinsam daran zu arbeiten, diese repressiven Maẞnahmen offenzulegen, die den Werten von Freiheit und Gerechtigkeit widersprechen.

NATIONALKOMITEE @EYE4PALESTINE @MERA25_BERLIN @JUDISCHESTIMME @KOP_BERLIN und viele weitere

„Brandmauer“, „Wahlgetümmel“ – „der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“

Setzt ein wesentlicher Teil des deutschen Kapitals auf einen Kurswechsel in Richtung „Schwarz – Blau“?

Deutschland geht das dritte Jahr in die Rezession. Es gibt geopolitische Risiken, die für das Exportmodell Deutschland einen noch gravierenderen Absturz wahrscheinlich machen.

Die Unternehmerverbände trommeln für einen konzertierten Angriff auf soziale Standards, Arbeitnehmerrechte und Strukturen der Daseinsvorsorge ( u.a. bei Gesundheit, Verkehr, Renten) sowie Umweltmaßnahmen, die der Konkurrenzfähigkeit und kurzfristigen Realisierung von Profiten im Wege stehen. Schule könnte dabei das Tesla Werk von Trump und AFD Fan Elon Musk in Grünheide an der Grenze zu Berlin machen. Hier wird sich schon lange über Umwelt- und Bauauflagen ebenso hinweggesetzt wie über die Rechte der Beschäftigten. Gewerkschaften und ihre Vertreter werden gemobbt, unzumutbare Arbeitsbedingungen treiben die Krankenstände hoch, Kranke wiederum werden gemaßregelt und mit Entlassung bedroht. Tarifverträge werden verteufelt. Daimler Boss Källenius hat die Krankenfrage a la Tesla bereits zum Thema gemacht. Unternehmerverbände fordern ein Aussetzen der Lohnfortzahlung bis zu 3 Tagen.

Das Zauberwort der Parteien Blau, Schwarz und Gelb lautet „Deregulierung„. Im Klartext: alle Regullierungen, die uns und unsere Lebensinteressen schützen sollen, kommen auf den Prüfstand und sollen geschliffen werden. Der Staat soll schrumpfen und wird auf seine reinen Herrschaftsfunktionen – nach innen wie nach aussen auf „Kriegtüchtigkeit“ getrimmt – konzentriert. Merz, Weidel, Lindner sind hier gemeinsam auf einer Linie.

Um in den geopolitischen Auseinandersetzungen bestehen zu können, muss Europa als imperialer eigenständiger Kampfverband aufgestellt und gestärkt werden. Allen voran baut Deutschland – schon unter der aktuellen Ampel Regierung – einen dominierenden militärisch industriellen Komplex dazu auf.

Die Parteien sind – mit wenigen Ausnahmen- in einen Überbietungswettbewerb getreten, was den zukünftgen Militärhaushalt betrifft. Hier wieder in der Spitze die AFD, die die 5 Prozentvorgabe von Trump bereitwillig aufgegriffen hat. 5 Prozent vom BIP, das sind mehr als die Häfte des Bundeshaushalts. Ohne Generalangriff auf alle anderen Haushaltspositionen ist ein solcher Militärhaushalt nicht realisierbar. Auch hier treibt die AFD mit ihrer Vorgabe im Diskurs die Zahlen der übrigen Parteien nach oben. Habeck und die Grünen folgen folgsam mit 3,5 Prozent, aber auch bei der CDU und FDP mehren sich Stimmen, in diese Richtung zu gehen. Kanzler Scholz stellte klar, dass nach Auslauf des Bundeswehrsondervermögens mindestens 30 Milliarden Euo zusatzlich aus dem Haushalt pro Jahr für das Militär gestemmt werden müssten. Sein für die Bundeswehr zuständiger Parteikollege Pistorius meint aber jetzt schon, dass dieser Betrag wohl nicht ausreicht.

Wer die Fakten anschaut erkennt auf den ersten Blick den Propagandhype: 24 islamistische Gewaltopfer, 43 rechtsextreme Gewaltopfer (eine beschönigte Zahl) seit dem Jahr 2000, aber allein 360 Femizide 2023 und 6 Todesopfer (unter ihnen ein Kinde) beim diesjährigen Sylvesterböllerspaß!

„Die Politiker reden von nix anderem mehr als von Migration Migration Migration…. „, schreibt ein Leser. “ Von allem anderen wird abgelenkt bzw. ein Sündenbock gesucht.“ Ein harter sozialer Kahlschlag lässt sich umso besser durchsetzen, je rücksichtsloser vorgegangen wird und die Betroffenen gegeneinander aufgehetzt und gespalten werden.

Migranten oder einzelne Gruppen werden pauschal als Sündenböcke stigmatisiert. P. Jüriens beschreibt die Vorgehensweise :

So werden medienseitig tragische, aber leider völlig im Bereich der Normalstatistik einer 80-Millionen-Bevölkerung liegende, häufig von geistig kranken Menschen begangene oder fanatische terroristische Gewaltverbrechen, bei denen häufig genug ausländische BürgerInnen oder AsylbewerberInnen das Opfer sind, und die vom Wesen der Taten her schwer verhinderbar UND nicht nachvollziehbar sind, zu einer Schuld und Verantwortung ausländischer Kulturen stilisiert und katastrophisch übertrieben.

Jedes einzelne der genannten Probleme bis auf solche so gut wie unkontrollierbaren Gewalttaten ist durch eine teils gewollte, teils inkompetenzbegründete Underperformance des Staates ermöglicht worden, die mit vergleichsweise bescheidenem Mitteleinsatz beseitigt werden könnte.

Die tatsächlich ziemlich unkontrollierte und zu direkter Einwanderung ins deutsche Sozialsystem führende Massenaufnahme z.B. ukrainischer Flüchtlinge ist dabei die einkalkulierte Kehrseite eines militärischen Projektes nach dem Anderen. Wenn man heutzutage Militärisches plant, plant man die dadurch naturgemäß verursachten Fluchtbewegungen halt ein.

Die Ursachenbekämpfung ist also eine simple: Änderung des EIGENEN „Nationalverhaltens“.

Wahlkampfgetümmel, aber auch taktische Differenzen

Wir haben in den letzten Jahren eine Asylrechtsverschärfung nach der anderen erlebt. Und zwar durch die Ampel. Kanzler Scholz fordert „Abschiebungen im großen Stil“ , Innenministerin Faeser kündigt eine „Rückführungsoffensive“ an, Vizekanzler Habeck wurde nicht müde, im Zusammenhang mit Kritik an Israel die Abschiebung und Verweigerung von Staatsbürgerschaft und Aufenthaltsrecht voranzutreiben. Das alles war und ist Wasser auf die Mühlen der AFD, deren radikaler Rassismus und volksverhetzender Populismus nun diese Woche in einem Entschliessungsantrag von der Merz CDU voll übernommen wurde.

Der eigentliche Skandal ist nicht, dass die AFD diesem Entschliessungsantrag zugestimmt hat, sondern jubeln und feiern kann, dass sich die sogenannte „bürgerliche Mitte“ ihre Programmatik inhaltlich immer ungenierter zu eigen macht.

Der von Merz eingeschlagene Kurs stößt aber in den Reihen der Bourgeoisie, der eigenen sowie anderen Parteien in mehreren Punkten auf grundsätzliche Kritik:

  • Recht muss eingehalten werden, sei es das Grundgesetz oder Europarecht,
  • es braucht ein „abgestimmtes Handeln der Europäischen Union statt nationaler Alleingänge“,
  • für die Unternehmen erfolgreiche Arbeitsmarkstrategien für Geflüchtete dürfen nicht rückabgewickelt werden.

Was die wenigsten wissen. Der im Bundestag mit den Stimmen der AFD verabschiedete Entschliessungsantrag der CDU verpflichtet rechtlich niemanden danach zu handeln, auch die Regierung nicht. Er ist nicht mehr aber auch nicht weniger als ein Propagandaakt zur Stimmungsmache in der Bevölkerung, zur Wahl und zur Koalitionsvorbereitung nach der Wahl. Die Behauptung von Merz, die Verabschiedung des Entschliessungsantrags sei jetzt notwendig gewesen, damit unverzügllch gehandelt wird, um einen vermeintliche Migrantenlawine zu stoppen ist reine Panikmache, reiner Schwindel und Wahldramatik.

Am Freitag, den 31. Januar, steht ein CDU Gesetzentwurf zur Abstimmung, der sich nur marginal vom „Sicherheitspaket“ der Ampel unterscheidet.

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“

Diese Aussage – resultierend aus den Erfahrungen mit dem „Dritten Reich“ – hat seine Aktualität nie verloren. Kapitalismus und Faschismus gehören zusammen wie Imperialismus und Krieg. Und die Militarisierung ist der Nährboden für die Faschisierung der Gesellschaft. Auch die historische Lehre, nie wieder in Deutschland einen militärisch industriellen Komplex zu dulden, der mit seiner ökonomischen Macht den braunen Sumpf zu Blüte treibt, wurde spätestens mit der Zeitenwende ad acta gelegt.

Parteien, die die Geschäfte des Kapitals betreiben, bleiben immer anfällig dafür, sich in wirtschaftlich und gesellschaftlch zugespitzten Situationen mit rechten Heilsbringern und Schutzpatronen der nationalen Bougeoisie ins Bett zu legen. Auch vor 1932 haben insbesondere die konservativen Parteien den Nazis geholfen, legal an die Macht zu kommen.

Friedrich Merz ist ein Paradebeisspiel. Er ist schon seit Jahrzehnten wegen seiner Nähe zu rechtsradikalen Gesinnungen auffällig geworden. [1]Merz bejubelt rechten Großvater | taz.de

Nach der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im Deutschen Bundestag hat der Auschwitz-Überlebende Albrecht Weinberg sein Bundesverdienstkreuz zurückgegeben. In einem stern Interview sagte der 99 Jährige: „Ich bin im Moment sehr enttäuscht. Ich will von nichts wissen. Ich sehe wieder meine Jugendzeit vor mir. Es ist kaum zu glauben“, so Weinberg, der als Jugendlicher nach Auschwitz deportiert wurde. „Ich verstehe nicht, wie sowas überhaupt passieren kann nach dem, was war.“ Er sei „geschockt“.

Es versammelten sich Tausende zum Protest vor der CDU Zentrale. In ganz Deutschland sind Dutzende von Protesten angesagt, die sich gegen die Zusammenarbeit von rechten „Konservativen“ mit Rechtsextremen wenden!

Das Ziel – die Reaktion im Vormarsch

Peter Jakobi (SPD) zeichnet den Weg in eine „schwarzblaue“ Regierung in Deutschland als östereichische Blaupause mit folgenden Worten: „Merz ist ja ein alter Politprofi, der die Wirkung dessen, was er sagt und tut abschätzen kann. Zudem hat er über die CDU und über andere Kreise hochklassige Berater und Analysten. Wer Merz für dumm hält liegt sowieso schief. (Emotional instabil war er offenbar aber schon immer (Recherche)) Gehen wir also fest davon aus, daß Merz genau diese Wirkung erreichen wollte: (Die Trumpadministration, BlackRock und KKR werden zufrieden sein.) Was kommt jetzt? Dem Beispiel Österreichs folgen, vorsätzlich ergebnislos mit Grünen und SPD verhandeln und dann … das Land braucht doch eine Regierung …“

Das von Peter Jakobi dargestellte Szenario ist eine durchaus denkbare Variante im Sinne einflussreicher Kapitalkräfte. Es würde dem taktischen Manövrieren von Merz einen Sinn geben. Erste Wahl dürfte aber eine Koalition der CDU mit Grünen oder SPD bleiben. Allerdings erpresst und eingefärbt auf eine „blauschwarze“ Programmatik bei Berücksichtigung der o.g. Kritikpunkte.

Der gesamte Diskurs in Deutschland soll nach „Rechts“ verschoben werden, um die aus Sicht großer Teile des Kapitals notwendige Breitsalve auf die sozialen und politischen Interessen der breiten Bevölkerung und Beschäftigten durchzusetzen. Und um das Land „kriegstüchtig“ zu machen!

Die Grünen haben trotz aller öffentlich vorgetragenen Empörung gegen den „Tabubruch“ schon signalisiert, weiter mit der CDU „koalieren“ zu wollen. So sieht also die Praxis der Partei aus, die öffentlich am eisernsten für die Verteidigung der „Brandmauer“ trommelt.

Und die SPD? Ihr Vorsitzender hat betonnt, allseits gesprächsbereit zu sein!

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Anhang: Ein aufschlußreicher Dialog unter Linken

Fabian Lehr (kommunistischer Blogger) versucht sich einer marxistischen Teilbetrachtung :

„Ich bin ehrlich ratlos: Gibt’s diese Leute, die vollkommen fassungslos darüber sind, dass die CDU mit der AfD kooperiert und die geglaubt haben, zwischen etablierten bürgerlichen Rechten und neuangekommenen bürgerlichen Rechten bestünde ein tiefer moralischer Graben, eigentlich wirklich, oder ist das eine rein performative Show, weil man halt gelernt hat, alles, was man negativ findet, als „unglaublich“ zu bezeichnen? Und wenn es die wirklich gibt – glauben die unironisch auch, dass irgendeine im Bundestag vertretene Partei mit Ausnahme der LINKEN Koalitionen mit der AfD ausschließt, wenn diese ähnlich stark bleibt und für stabile Regierungsbildung eben notwendig wird? Und wenn es die wirklich gibt: In was für einer absonderlichen Parallelwelt haben die eigentlich, nun ja, ihr bisheriges Leben verbracht?

Warum sollte ein Friedrich Merz, der in Interviews damit prahlt, wie er und seine Burschenschafterkumpel einst Linke vermöbelten und für den „Ausländer raus, Abschaffung des Asylrechts und freche Arbeitslose sterben lassen!“ gerade Haupt-Wahlkampfthemen sind, irgendein moralisches Problem mit der AfD haben? In was für einer abgedrehten Parallelwelt ist Friedrich Merz ein linker Wokie, dessen moralische Werte Kooperation mit AfDlern ausschließen?

Die BRD wurde von Nazis gegründet und CDU wie FDP wurden aufgebaut von lauter NSDAP-Mitgliedern, die sich vom Faschismus abgewandt hatten, weil er sich als vorläufig nicht zweckmäßig für die Durchsetzung ihres Klasseninteresses erwiesen hat. Das hatte zu keinem Zeitpunkt irgendwas mit einem moralischen Wandel des deutschen Bürgertums zu tun. Natürlich hätten auch schon Kiesinger, Strauß und Co ohne Zögern mit der AfD kooperiert und koaliert, wenn es die damals schon gegeben hätte und sie ein erstrangiger elektoraler Faktor gewesen wäre. Der Unterschied zwischen faschistisch herrschender Bourgeoisie und demokratisch herrschender Bourgeoisie ist kein moralischer, sondern einer des historischen Kontexts, der in verschiedenen Zeiten verschiedene Herrschaftsmethoden zur effizienten Durchsetzung des bürgerlichen Klasseninteresses verlangt. Wenn man verstehen will, was gerade passiert, muss man realisieren, dass bürgerliche Politik keine Konfrontation moralischer Werte, sondern eine Konfrontation von Interessen ist – und die Interessen von CDU und AfD decken sich eben in sehr vieler Hinsicht.

Harald Weinberg (Die Linke): „Was wäre denn die alternative Reaktion? Den Vorgang nicht zu skandalisieren sondern schulterzuckend zur Kenntnis zu nehmen als typische Form einer Radikalisierung des immer gleichen Kapitalismus?“

Fabian Lehr:“ Erkennen, dass man seine Feinde besiegen muss statt ihre überraschende Schlechtigkeit zu beklagen.“

Harald Weinberg „Die dafür notwendigen Mitkämpferinnen überzeugt man dann mit dem Hinweis, dass das nun mal so sei im Kapitalismus? Oder vielleicht doch, dass man die Unmenschlichkeit der Rechten bis hin zur Mitte skandalisiert und auf universelle Menschenrechte pocht, die – das kann dann durchaus Thema sein – unter kapitalistischen Bedingungen nicht durchsetzbar sind.“

Fabian Lehr: „Ich fürchte, ein Widerstand gegen rechts, der ausschließlich mit moralischer Empörung agitiert statt damit, aufzuzeigen, warum rechte Politik in direktem Widerspruch zum materiellen Eigeninteresse von 90% der Bevölkerung steht, wird ein wenig erfolgreicher sein. „Die AfD ist böse“ ist ein wenig zugkräftiges Argument, solange ihre Anhänger glauben „Aber die Politik der AfD ist gut für mich“.“

David-Sebastian Schumann: „Steile These, dass die SPD und die Grünen das machen würden.“

Fabian Lehr: „Die – erheblich links der SPD stehende – österreichische Sozialdemokratie koaliert auf Landesebene seit zig Jahren mit der FPÖ, weil die FPÖ als erstrangiger elektoraler Faktor halt nicht weggeht. Warum sollte die weiter rechts stehende SPD das in ein paar Jahren nicht ebenfalls tun?“

Michail Ristov: „Grüne machen einfach alles.“

Marco Weibel: „Ich würde allerdings das Überraschtsein nicht mit dem Empörtsein verwechseln oder vermischen. Wut über Verschärfungen (d.h. über die noch rassistischere Gesetzgebung, unabhängig von Kollaboration mit der AfD) gehört auch zum Widerstand.“

Selbst die wohl nicht ganz linke FAZ kommentierte am 29.01.2025 zur Rolle der Kirchen, die ganz kräftig mit zur Verteidigung der „Brandmauer“ aufrufen: „Politiker, die von der hohen moralischen Warte aus an einem längst dysfunktionalen und im Ergebnis inhumanen Migrationsregime festhielten, konnten sich immer auf den Zuspruch von Bischöfen und Prälaten berufen. Dass die Kirchen auf diesem Weg ihren Teil zum Aufstieg der AfD beigetragen haben, wollen sie bis heute nicht wahrhaben.“

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Fotos: Protest vor der CDU Zentrale, Klaus Murawski

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