Oskar Preisträger „No Other Land“ überfallen und verschleppt

Israelische Siedler haben am 24. März den palästinensischen Regisseur Hamdan Bilal, einen der Macher des Oscar-prämierten Dokumentarfilms No Other Land, angegriffen. Der Überfall ereignete sich im Dorf Susiya in der Region Masafer Yatta im besetzten Westjordanland.

Laut der Nachrichtenagentur AP drangen Dutzende Siedler in das Dorf ein, beschädigten Eigentum der Bewohner und attackierten Bilal, indem sie ihn auf Kopf und Körper schlugen. Er erlitt dabei schwere Kopfverletzungen.

Während Bilal in einem Krankenwagen versorgt wurde, nahmen israelische Soldaten ihn fest. Mehre Zeugen berichten, dass auch ein weiterer Palästinenser verhaftet wurde. Die israelische Armee behauptet, Bilal habe Steine auf Soldaten geworfen.

Der israelische Regisseur Yoav Abram, Mitautor des Films, schrieb auf X: „Hamdan Bilal wurde von Siedlern angegriffen, geschlagen und anschließend von Soldaten festgenommen. Seitdem fehlt jede Spur von ihm.“

Der Film No Other Land, Gewinner des Oscars für den besten Dokumentarfilm 2024, dokumentiert die Vertreibung palästinensischer Gemeinden in Masafer Yatta durch das israelische Militär.

Fordert überall seine unverzügliche Freilassung! Auch nach den Vorführungen des Films in den Kinos!

Hier unsere Filmbesprechung "No Other Land"

Der Film wird aktuell in etlichen Berliner Kinos gezeigt. Schaut ihn Euch an. Es lohnt sich. Und jeder Kinobesucher ist ein kleines Symbol gegen die Cancelkultur.

Titelbild: Collage Peter Vlatten

Systematische Zerstörung des Gesundheitssystems in Gaza – Israels Barbarei kennt wohl keine Haltelinie mehr!

Am 21.März, kurz nach Aufkündigung des Waffenstillstands durch Netanyahu, sprengte die israelische Armee das türkische Freundschaftskrankenhaus nördlich des Flüchtlingslagers Nuseirat (siehe Video).

Am Sonntag hat der palästinensische Zivilschutz den Kontakt zu einem seiner Rettungsteams verloren. Das Team war im Einsatz, um Sanitäter des Palästinensischen Roten Halbmonds (entspricht im Nahen Osten unserem Roten Kreuz) zu retten, die zuvor bei einem israelischen Angriff in der Gegend von Al-Baraksat westlich von Rafah ins Visier genommen worden waren.

Die israelische Besatzungsarmee sprengt das türkische Freundschaftskrankenhaus in Gaza!

In einer Erklärung teilte der Zivilschutz mit: „Der Kontakt zu unserem Team in Al-Baraksat ging verloren, als es versuchte, das Rettungsteam des Roten Halbmonds zu bergen, das Ziel eines israelischen Angriffs wurde.“ Über das Schicksal des Teams gibt es bisher keine Informationen.

Zuvor hatte der Palästinensische Rote Halbmond berichtet, dass israelische Besatzungstruppen mehrere Rettungsfahrzeuge in einem bombardierten Gebiet in Rafah umstellt hätten. Dabei seien mehrere Sanitäter verletzt worden.

Fast zeitgleich hat die israelische Besatzungsarmee die Chirurgie-Abteilung des Nasser-Krankenhauses in Khan Younis angegriffen. Dabei sollen nach aktuellem Stand mindestens 5 Menschen getötet worden sein, mehrere weitere Menschen, darunter medizinisches Personal, erlitten teils schwerste Verletzungen. Ein großer Teil der Abteilung wurde zerstört, was zu Panik führte und eine vollständige Evakuierung notwendig machte.

Medizinische Quellen meldeten, dass seit dem frühen Morgen 51 Menschen durch israelische Luftangriffe im Gazastreifen ermordet wurden. Wieviel Verletzte ohne ausreichende medizinische Hilfe im Kriegsgebiet herumirren, wissen wir nicht. Ist das die Hölle, die Trump angekündigt hat?

Die israelische Kriegsführung greift systematisch die Strukturen zur Gesundheitsvorsorgung der palästinensischen Bevölkerung an. So wurden die meisten Krankenhäuser zerstört, medizinisches Personal massakriert, Ärzte verschleppt oder sogar gefoltert. Das Kalkül: wenn die Gesundheitsversorgung zusammenbricht, haben die Menschen keine Überlebenschance mehr.

Die feinere, aber fast schon miesere Methode, die Zivilbevölkerung ins Siechtum zu treiben, sind die ständigen Blockaden gegen Medikamente und medizinische Hilfsmittel. Die Folgen sind u. a., dass durch israelische Kriegshandlungen verletzte Kleinkinder unter nicht beschreibbaren Qualen ohne Betäubungsmittel notoperiert werden müssen. Wer auch nur einen Funken Menschenrecht im Herzen trägt, muss einem Staat, der fortlaufend für solche Barbarei verantwortlich ist, die Unterstützung versagen.

Gesundheit für Palästina schreibt: „Die deutsche Regierung schmückt sich gerne damit humanitäre Hilfe für Gaza zu finanzieren. Das ist aber überhaupt nichts wert, wenn nicht auch politisch Druck auf Israel ausgeübt wird die Hilfslieferungen
durchzulassen. Das einzige an
„deutschen Ressourcen“, die Gaza
erreichen, sind unsere Waffen.“

Und was berichtet die Tagesschau? Anstatt die Betroffenen authentisch zu Wort kommen zu lassen, werden einfach die Aussagen der israelischen Armee durchgereicht. Israel habe Angriffe auf „Ziele der islamistischen Hamas ausgeweitet“ und „präzise Munition genutzt, um Zivilisten zu schonen“.

Die westliche Doppelmoral tut weh! Ich wurde kürzlich gefragt: „Unter welchen der so oft kritisierten Diktaturen findet aktuell eine derartige Barbarei in einem Ausmaß wie in Gaza statt?“ Ich konnte -soweit meine möglicherweise unzulänglichen Kenntnisse reichen und ich ungern Menschenrechtsverletzungen gegeneinander aufrechne – niemanden nennen.

Man hofft wohl , dass wir uns an die Barbarei gewöhnen. Machen wir einen Strich durch diese Rechnung. Werden wir nicht müde, weiter zu protestieren, über die Verbrechen in Gaza zu berichten und uns zu empören. Auch über Friedrich Merz, der Netanyahu unter Missachtung des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs einladen will. Wer systematisch die medizinische Versorgung einer Bevölkerung zerstört, gehört konsequent aus der Weltgemeinschaft verbannt. Und zur Rechenschaft gezogen!

Siehe auch: Antipalästinensische Repression in deutschen Untermehmen-Zensur und Einschüchterung bei Zalando

Titelbild: Collage Peter Vlatten

Rechtsbruch mit Ansage – Merz will den Internationalen Strafgerichtshof im Fall Netanjahu missachten

Als kürzlich der ehemalige Präsident der Philppinen (2016-2022) Rodrigo Duterte wider Erwarten auf Grund eines vom Internationalen Strafgerichtshof ausgestellten Haftbefehls verhaftet wurde, stellten wir die Frage „Was steht eigentlich auf Beihilfe und Gewährung auf Zuflucht für einen Mörder? Friedrich Merz, der Netanyahu eingeladen und vollen Schutz vor Vollstreckung des internationalen Haftbefehls zugesichert hat, sollte das wissen.“ [1]Netanyahu und Merz zur Kenntniss – es kommt der Tag Eifern jetzt Friedrich Merz und die ihn wählenden Parlamentarier dem Faustrecht von Trump und Musk nach, die Recht und Verträge in der Luft zerreißen, Gerichtsurteile ignorieren und letztlich auch Richter unter Druck setzen und bedrohen? Ist Deutschland immer mehr bereit, seine verbindlichen interntionalen Verpflichtungen dem Reißwolf Preis zu geben, wenn sie mit der Staatsräson zu Israel kollidieren? Hier die Erklärung renommierter Juristen und Völkerechtler zur Ankündigung des „Law and Order“ Politikers Friedrich Merz, Rechtsbruch begehen zu wollen.

Presseerklärung, 17.3.2025 von ILANA Vereinigung für Friedensrecht – Deutsche Sektion der International Association of Lawyers against Nuclear Arms

Merz, in seiner Pose als noch nicht gewählter neuer Bundeskanzler, konstatiert in der „Jüdischen Allgemeinen“ vom 10.Februar 2025 und erneut in seiner Pressekonferenz am 24.Februar: Natürlich könne Netanjahu, sein Freund (sic!), in Deutschland ungehindert ein- und ausreisen. Er lud den mit Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zur Festnahme ausgeschriebenen israelischen Regierungschef zu einem Deutschlandbesuch ein und sagte ihm wörtlich „Mittel und Wege zu, dass er Deutschland besuchen und wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen worden ist.“

Wie der – früher auch mal strafrichterlich tätige – Rechtsanwalt das bewerkstelligen will, ließ er offen. Er weiß natürlich, dass Deutschland, gebunden an das Statut von Rom, verpflichtet ist, die Haftbefehle des IStGH zu vollstrecken. Er weiß, dass es dabei keine rechtlichen Ausnahmen gibt und auch keine Befugnis, die Begründung des Haftbefehls zu überprüfen. Er kennt das deutsche Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem IStGH von 2002. Nach § 2 des Gesetzes ist Deutschland verpflichtet, Netanjahu festzunehmen und nach Den Haag zu überstellen, wie es vor kurzem mit dem früheren Ministerpräsidenten der Philippinen, Rodrigo Duterte, geschehen ist. In Deutschland ist das Bundesministerium für Justiz für die Zusammenarbeit mit dem IStGH zuständig, konkret dann die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft und das Oberlandesgericht. Weder die GenStA noch das OLG dürfen im Auslieferungsverfahren den ordnungsgemäßen Erlass des Haftbefehls überprüfen oder irgendeine Verdachtsprüfung durchführen. Auch die Vorschriften über die Immunität von Staatsoberhäuptern (§ 98 IStGHG) sind bei Völkerrechtsverbrechen – auch bei Nicht-Vertragsstaaten – nicht anwendbar. Das hat der IStGH zuletzt im Fall des Haftbefehls gegen Putin festgestellt.

Offenbar will Merz durch eine Weisung in das Festnahme- und Überstellungsverfahren eingreifen und damit die Autorität des IStGH und die Unabhängigkeit der deutschen Justiz zugleich in Frage stellen: ein vorsätzlicher und angekündigter schwerwiegender Bruch internationalen und nationalen Rechts, womöglich sogar strafbar als Strafvereitelung nach §§ 258, 258 a StGB.

IALANA sieht sich im Protest gegen Merz in einer Reihe mit angesehenen Juristen („Opportunistischer Rechtsbruch“ – Herta Däubler-Gmelin; „Rechtsbruch mit Ansage“ – Kai Ambos; „Freies Geleit mit der Brechstange“ – Max Kolter; „Zertrümmerung des Völkerrechts“ – Stephan Detjen).

Merz äußert nicht zum ersten Mal solche rechts-nihilistischen Tendenzen, wie wir sie weithin beobachten, insbesondere bei der Missachtung verbindlichen Völkerrechts. Bereits bei Erlass des Haftbefehls gegen Netanjahu u.a. hatte er erklärt, er werde alles tun, um eine Vollstreckung dieses Spruchs des IStGH abzuwenden. Der IStGH sei – erklärt er wider besseres Wissen – nur eingerichtet worden, „um Despoten und autoritäre Staatsführer zur Rechenschaft zu ziehen, nicht um demokratisch gewählte Regierungsmitglieder festzunehmen.“ Israel steht aber nicht über dem Völkerrecht, auch nicht für deutsche Politiker und ihre Staatsräson. Da Israel schwerste Völkerrechtsverbrechen in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten nicht selbst strafrechtlich wirksam verfolgt, greift die subsidiäre Zuständigkeit des IStGH.

Deutschland war führend bei der Errichtung des IStGH durch das Rom-Statut von 1998. Es hat seine völkerrechtlichen Verpflichtungen vorbildlich in nationales Recht umgesetzt durch das Völkerstrafgesetzbuch und den Gerichtshof weiterhin international gefördert. Noch am 22.Mai 2024 bekräftigte die Bundesregierung, sie werde das Gericht weiterhin unterstützen; auch im Fall eines Haftbefehls gegen israelische Politiker werde sie sich an Entscheidungen des Gerichts halten. Regierungssprecher Hebestreit damals: „Natürlich. Ja, wir halten uns an Recht und Gesetz.“

Merz dazu: „Ein Skandal“. Und auch Kanzler Scholz ging auf Abstand: die Gräueltaten der Hamas ließen sich nicht mit Israels Kriegsführung vergleichen.

Donald Trump hat den IStGH zu einer Bedrohung der Nationalen Sicherheit der USA erklärt und Sanktionen sowie persönliche Konsequenzen für seine Unterstützer angeordnet. Beschlagnahmen von Vermögen der zuständigen Ermittler und Richter sind gefolgt. Sie hätten „illegale und unbegründete Aktionen gegen Amerika und unseren engen Verbündeten Israel vorgenommen.“

Israel verweigert den Ermittlern des IStGH die Einreise, ebenso Personen, die sich öffentlich für eine Strafverfolgung von israelischen Amtsträgern wegen Völkerrechtsverstößen aussprechen. Beide Staaten sind dem Vertrag zum IStGH nicht beigetreten und bekämpfen seine Arbeit mit allen Mitteln. Der US-Kongress hat im Jahr 2002 mit dem American Service-Members Protection Act sogar beschlossen, seine Bürger notfalls mit militärischen Mitteln vor der Strafverfolgung durch den IStGH zu schützen.

Auf der Website des deutschen Außenministeriums ist dagegen zu lesen:

„Die Bundesregierung ist aktuell der zweitgrößte Beitragszahler (sc. nach Japan) zum Haushalt des IStGH und setzt sich aktiv dafür ein, dass der Gerichtshof möglichst effektiv arbeiten kann und breite Unterstützung in der Staatengemeinschaft findet. Die Bundesregierung ist überzeugt, dass der Gerichtshof im Ringen um mehr Gerechtigkeit und beim Kampf gegen die Straflosigkeit schwerster Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, einen wirksamen Beitrag leistet und dabei zunehmend universale Bedeutung und Akzeptanz als „Weltstrafgericht“ erlangt.“

IALANA -Deutschland fordert die jetzige und die künftige Bundesregierung auf, diese klare Position beizubehalten und Merz zu hindern, rechtswidrig den Haftbefehl des IStGH zu missachten.

Ein Kanzler hat bei der Amtsübernahme vor dem Bundestag nach Art. 64 GG den Eid zu leisten, dass er „das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen werde.“ Auch ist er als Teil der Exekutive nach Art. 20 Abs.3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Wir fragen die neu gewählten Abgeordneten des Bundestag: Darf jemand überhaupt Kanzler werden, der schon vorweg ankündigt, das Recht brechen zu wollen?

ILANA Vereinigung für Friedensrecht – Deutsche Sektion der International Association of Lawyers against Nuclear Arms, 17.3.2025, hier zum Original der Presseerklärung

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