Solidarität mit unseren Kolleg:innen bei Ford!

Im immer rauher werdenden Kampf um Marktanteile in der Automobilbranche und bei der strukturellen Umstellung auf E-Mobilität hat Ford Europa schon seit längerem das Nachsehen. Zu kleine Stückzahlen, zu spät bei der Umstelluung auf E-Mobiliät, Ärger mit einer zentralen Bürokratie – weit weg vom lokalen Geschehen! Durch die drängende Umstellung der Produktion auf E-Autos mussten zum Beispiel einige Produktionsschritte ausgelagert werden. So werden zentrale Bauteile kostspielig bei VW gekauft, was die Profitmarge pro verkauftem Auto stark mindert. Insgesamt sank der Marktanteil von Ford in Deutschland bei einem stagnierenden bis schrumpfenden Gesamtmarkt von 5% im Vorjahr auf 3.5%. Das ruft die Bosse in der US Zentrale auf den Plan. Ohne ausreichenden Profit wird zweifelfalls entlassen und plattgemacht.

Entweder kommt das Kapital für die Krise auf oder die Beschaftigten sind es, die die Krise zahlen und ihre Jobs verlieren. Entweder stopfen sich die Bosse sogar in der Krise noch die Taschen voll oder die Kolleg:innen fighten und verkaufen sich so teuer wie möglich. Statt Entlassungen braucht es eine 4-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich.

Aber es braucht immer dringender auch eine Langfristperspektive! Letztes Jahr wurden allein in den Kernbereichen der Metall- und Elektroindustrie von 3,85 Millionen Arbeitsplätzen knapp 100 tausend vernichtet. Das sind 2,3 Prozent. Die Forderung nach einer „Ford PKW Strategie“ greift da zu kurz. Denn diese Forderung wird in jedem Autokonzern erhoben. Bei dem daraus folgenden gegenseitigen Hauen und Stechen wird es für die Beschäftigten auf breiter Front – über alle Standorte hinweg- nur eine Abwärtsspirale geben. Der aktuelle Weg der deutschen Autoindustrie mit dem Versuch des Überlebens durch immer weiter wachsenden Individualverkehr und Steigerung des Verkaufs von E-Autos führt ökonomisch, sozial und ökologisch in die Sackgasse. Nur ein planvoller Umbau der Produktion auf weitgehend kollektive Mobilität wie Busse, Schienen, vernetzte Taxis etc. kann die Arbeit der Beschäftigten, das Klima und gleichzeitig sogar die Quailtät der Mobilität sichern und verbessern. Gute Arbeitsplätze müssen mehr branchenübergreifend gedacht und gesellschaftlicch geschaffen werden! Produktiver Fortschritt muss den Arbeiter:innen und Angstellten zugute kommen. Zum Beispiel durch Arbeitszeitverkürzungen. Oder dieser Fortschritt bläht allein die Taschen der Rentiers und Profiteure weiter auf!

Das Ford Management hat Vieles gründlich vermasselt und alles Vertrauen verspielt. Das sieht in anderen Konzernen nicht soviel anders aus. Die Kollege:innen sollten sich nicht nur maßlos darüber ärgern, sondern sich endlich zutrauen, eine Produktion mit gesellschaftlich nützlicher Perspektive besser selbst in die Hand zu nehmen. „Ja, wir können es besser!“

Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin schliesst sich der folgenden Solidaritätserklärung von VKG an. Wir bitten alle, unserem Beispiel zu folgen!

Solidarität mit dem Streik bei Ford!

Erklärung VKG (Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften) 14.5.2025

Mit 93,5% Ja-Stimmen haben die stimmberechtigten Mitglieder der IG Metall in einer Urabstimmung bei Ford in Köln für einen Arbeitskampf gestimmt, um die Forderungen zu einem Sozialtarifvertrag durchzusetzen. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Belegschaft kampfbereit ist.

Hintergrund ist die prekäre Lage des Betriebes mit seinen heute 11.800 Beschäftigten. Vor der Pandemie arbeiteten dort 20.000 Kolleg*innen. Ford hat bereits angekündigt, weitere 2900 Arbeitsplätze abzubauen. Es ist offensichtlich, dass es nicht “nur” um diese Jobs geht, auch nicht um 1000 weitere, sondern dass der Bestand des gesamten Werkes gefährdet ist.

Der bereits erfolgte Abbau in der Produktentwicklung – 1700 von 4000 Stellen wurden gestrichen, 600 weitere Kolleg*innen sollen gehen – führt dazu, dass Ford Köln nicht mehr in der Lage ist, eigene Produkte zu entwickeln. 

Die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften, in der  Betriebsratsmitglieder und Vertrauensleute, Metallerinnen und Metaller aktiv sind, unterstützt den Kampf bei Ford.

Ein Sozialtarifvertrag ist allerdings nichts anderes als ein tariflich vereinbarter Sozialplan: Die Arbeitsplätze wären futsch, aber über einen Streik kann eine höhere Abfindung durchgesetzt werden.

Laut IG Metall Köln unterstützen viele Betriebsräte großer und kleiner Unternehmen die Ford-Kolleg:innen. Das ist gut. Aber das gibt auch die Chance für die IG Metall, für mehr zu kämpfen und mehr durchzusetzen! 

Wenn Ford – wie viele andere Unternehmen – Arbeitsplätze streicht, verlagert oder wegrationalisiert, wenn ganze Werke geschlossen werden, dann brauchen wir andere Ziele:

  • Alle Beschäftigten sollen bleiben!
  • Kein Werk darf geschlossen werden. Wenn die Unternehmen es nicht mehr betreiben wollen, muss es entschädigungslos enteignet werden (§ 2 der IG Metall Satzung).
  • Entwicklung und Produktion neuer klimagerechter Verkehrsmittel wie Busse und Straßenbahnen unter Kontrolle der Beschäftigten. 

Damit käme auch unsere Gewerkschaft wieder aus der Defensive raus. Die IG Metall sollte den Streik bei Ford zum Ausgangspunkt nehmen, um den Widerstand gegen Schließungen und Abbau überall zu bündeln.

Vernetzung für Kämpferische Gewerkschaften VKG

Titelfoto: Collage Peter Vlatten

Verschuldungsorgie für „Kriegstüchtigkeit“ kann mit grün reaktionärem Sahnehäubchen durchgewunken werden

Selten hat der Ausdruck „Verschlimmbessern“ so gepasst wie auf das gestern geschnürte Verschuldungspaket von CDU/SPD und GRÜNEN zur Rundumabsicherung von „Kriegstüchtigkeit“ und Militarisierung unserer Gesellschaft.

Was wurde mit Hilfe der GRÜNEN ausgehandelt?

Erstens. Künftig sollen nicht nur direkte Militärausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen werden können, sondern gleich auch noch Ausgaben für Zivil- und Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste, Cybersicherheit sowie die Ukrainehilfen. Auf das bisher avisierte Verschuldungspaket von 1 Billion für direkte Aufrüstung und einer halben Billion für Infrastruktur kann damit nochmal kräftig draufgesattelt werden. Und zwar ebenfalls unbegrenzt! Eine zukünftige CDU/SPD Regierung erhält also zusätzlichen Verschuldungsspielraum ohne Limit, ausschliesslich für Investitionen in militärnahe und sicherheitspolitische Bereiche.

Zweitens. Aus dem 500 Milliarden Euro schweren Infrastrukturfond dürfen nun ausschließlich „zusätzliche“ Investitionen bezahlt werden. Damit soll endgültig allen Versuchen ein Riegel vorgeschoben werden, mithilfe des gewonnenen Kreditspielraums soziale Aufgaben wie Renten, Bürgergeld, Wohngeldzuschüsse etc. zu finanzieren.

Drittens. Auf 100 Milliarden Euro klebt nun das Etikett Klima. Sie sollen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen, das Lieblingsvehikel des scheidenden Wirtschaftsministers Robert Habeck. Ob das Geld tatsächlich in dem Sinn verwendet wird, was auf dem Etikett draufsteht, darf laut Handelsblatt „bezweifelt werden.“ „Auch Habecks Subventionen, etwa für Intel, sollen aus dem KTF finanziert werden.“

Viertens. Gut 3 Milliarden weitere Soforthilfe für die Ukraine sollen unverzüglich freigegeben werden.

Soziale Verwerfungen (1)

Der Bundesrechnungshof schlug bereits zu den ursprünglichen Kreditplänen von CDU/SPD Alarm: „Die Gesetzentwürfe verstärken die Verschuldungsdynamik des Bundes noch einmal deutlich,“ schrieben die Rechnungsprüfer in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags. „In den daraus folgenden langfristigen hohen Zinsausgaben liegt ein volkswirtschaftliches und soziales Risiko.“ [1]Handelsblatt 14.3.2025

Damit drohten insgesamt ab 2035 „durch die Aufweichung der Schuldenregel 37 Milliarden Euro zusätzliche Zinsausgaben“, warnt der Rechnungshof. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lagen die Zinsausgaben bei 34 Milliarden Euro. In Summe dann 71 Milliarden reine Zinsbelastung für uns alle.

Zugrunde gelegt werden bei dieser Berechnung die von CDU/SPD avisierten 1 Billion für Aufrüstung und eine halbe Billion für Infrastruktur. Dabei ist die jetzt von den GRÜNEN durchgesetzte und von CDU/SPD bereitwillig aufgenommene ebenfalls unbegrenzte Ausweitung der Verschuldungsmöglikeit für Zivilschutz, Nachrichtendienste etc. noch nicht einkalkuliert. Wieviel wird das dann sein? Eine weitere Billion? Das wären dann in der Summe eine Neuverschuldung in Höhe von 2,5 Billionen Euro. Zum Vergleich: die bis heute aufgelaufene Verschuldung Deutschlands beträgt dagegen „nur“ 1,7 Billionen. Die Steigerung der Gesamtverschuldung würde bei dramatischen 150 Prozent liegen.

Die durch diese Mammutverschuldung losgetretene Inflation trifft dann uns alle, aber überproportional die Armen und den Großteil der arbeitenden Bevölkerung.

Ein Beispiel. Schon bei Bekanntwerden der ersten Sondierungsergebnisse von CDU/SPD zogen die Baukreditzinsen nach oben. Aus der Immobilienwirtschaft wird gewarnt, dass der Wohnungsbau komplett unfinanzierbar werden und zum Erliegen kommen könne. Baukapazitäten und Rohstoffe würden vorrangig in Infratstruktur- und Militärprojekte wandern -bei sprunghft ansteigenden Preisen. Die Wohnungsknappheit in den Ballungszentren wird neue Rekorde erreichen. Die Wohn- und Mietpreise explodieren erst recht.

Ein Metallkollege meinte: „Wir müssen schon bluten, bevor es zum Krieg kommt.“ Die laufenden Tarifabschlüsse würden unseren steigenden Belastungen für diese „Kriegstüchtigkeit'“ absolut nicht gerecht. Für IGM Vize Kerner scheint das allerdings weniger Thema zu sein. Er fordert, es müsse vor allem um bestehende und neue Infrastruktur, um Brücken (das ist die eigentliche Achillesferse für Panzer) und den Ausbau der Stromnetze und einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis (für Rheinmetall?) gehen.

Soziale Verwerfungen (2)

Wer meint, dass wegen der Verschuldung die unter dem Begriff „Wirtschaftswende“ geplanten Angriffe auf Arbeits-, Sozial- oder auch Umweltstandards ausbleiben würden, irrt gewaltig. Ebenso ist Kriegswirtschaft keine Verheißung für Erhalt von Arbeitsplätzen und Wohlstand. Mit Panzern kann nan nicht in Urlaub fahren, in Bunkern lässt sich schlecht wohnen, Artilleriegeschosse kannst du nicht essen. Und die eigene Sicherheitslogik verbietet, Waffen wie Autos und Maschinen an eine wachsende Schar potentieller Gegner zu exportieren.

Die Interessen von Kapital und Kriegswirtschaft können mit den grundgesetzlich beschlossenen Rahmenbedingungen fur Kredite ohne Limit nach Belieben bedient werden. Nichts steht dann den Steuersenkungsplänen der rechten Mehrheit im Bundestag zugunsten der Reichen und zulasten des Kernhaushalts mit seinen sozialen Aufgaben mehr im Wege. Die Kapitalseite drängt darauf, dass die „Leerstellen“ dazu im Sondierungspapier von CDU/SPD dringend gefüllt werden müssten. Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger: „Wir erwarten nachhaltige Sozialversicherungsreformen, die im Sondierungspapier bislang eine Leerstelle sind“. Das Rentenniveau in Höhe 48 Prozent sei eine zu „schwere Hypothek“ und nicht haltbar. Der Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB), Stephan Hofmeister fordert deutlich weitergehende Arbeitsmarktreformen als bisher in dem Papier vorgezeichnet.

Mehr Sicherheit?

Das Narrativ „Russland steht vor der Tür und wir müssen uns verteidigen“ ist durch nichts belegt und widerspricht allen Fakten. [2] https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/russland-auf-hegemonialen-expansionskurs/ , siehe auch aktuelle Greenpeacestudie Selbst die Ende 2024 veröffentlichte Bedrohungsanalyse aller US-Geheimdienste lautete
(sie wurde noch unter Präsident Biden erstellt) : „Russland will mit ziemlicher Sicherheit keinen direkten militärischen Konflikt mit Streitkräften der USA und der NATO.“

Die massive militärische und wirtschaftliche Überlegenheit der europäischen Natostaaten -auch ohne die USA- ist eine vielfach nachgewiesene Tatsache. Der jetzt vollzogene Aufrüstungs- und Großmachtkurs führt nicht zu mehr Sicherheit. Gegenseitige Bedrohung und Konfrontation treiben im Gegenteil die Kriegsgefahr auf die Spitze, bei der am Ende wieder ganz Deutschland in Schutt und Asche versinken kann.

Aber immerhin, vor allem die Besitzer des militärisch-industriellen Komplexes „verdienen“ sich schwindelig. Zu Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine stand der Aktienkurs von Rheinmetall bei knapp 100 Euro, heute sind es 1300 Euro.

Kommt heute zu den Protestaktionen gegen die GG-Änderung für eine Rüstungsorgie! oder am 18.3. Schluss mit den Kriegskrediten! – Kundgebung am 18. März, dem Tag der Abstimmung
Ein wütender Kommentar von Andreas Grünwald 

Die stinkende Bombe ist nun gezündet. Hemmungslose Hochrüstung in den nächsten Jahren im Bereich von Hunderten Milliarden Euro - und ohne irgendeine Grenze nach oben. Dafür bekommen die faulenden Grünen 8 Milliarden pro Jahr bezogen auf 12 Jahre - angeblich für den Klimaschutz. Tatsächlich dürften aber auch unter diesem Titel dann vielfach nur Subventionen für das Kapital dann versteckt sein, während soziale Ausgleichsmaßnahmen erklärtermaßen nicht geplant sind. Nunmehr nur noch, aber eben gleichzeitig "zusätzliche", Infrastrukturinvestitionen von 25 Milliarden pro Jahr ebenfalls bezogen auf 12 Jahre auf der bundesstaatlichen Ebene. Davon aber wiederum ein größerer Teil, der im Rahmen von "Kriegstüchtigkeit" herzustellen durchaus einzusortieren sein wird, während es soziale Fortschritte nirgendwo geben wird. Dem werden andererseits aber allein Zinsbelastungen und Tilgungsraten von etwa 30 bis 40 Milliarden im Jahr entgegenstehen, die dann durch Sozialkürzungen und durch uns zu zahlen sein werden, und so dass Merz nun schon mal ankündigte, dass man "fiskalpolitisch" künftig erheblich strenger denken müsse. Gleichzeitig wird es damit keine grundsätzliche Aufhebung der Schuldenbremse in der nächsten Legislatur geben. Das diesbezügliche Gerede der Grünen ist ohne jede Grundlage. Stinkender konnte diese Bombe nicht sein, die da heute gemeinsam von CDU/CSU, SPD und Grünen gezündet wurde …
bissige und enttäuschte  Kommentare zum  GRÜNEN Deal  
"100 Milliarden nicht real für Umwelt gegen 1,4 Billionen real für Rüstung und Krieg"

Haben Sie mal in die letzten Umweltbilanzen der Rüstungsindustrie geschaut? [3]https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/krieg-toetet-nicht-nur-die-menschen-sondern-zerstoert-auch-die-umwelt-und-unsere-lebensgrundlagen/
Von Trümmermanagement und Altlasten mal ganz zu schweigen: Munition, chem. Kampfstoffe....
Klima rettende Grüne gehen mit den Waffen das Klima vernichten, was Sie ursprünglich mal retten wollten.
Die Solarpanzer sind bestimmt schon in der Pipeline.
Wir brauchen jetzt Biowaffen.
Nur eine tote Bürgerin ist eine klimaneutrale Bürgerin...
Die Grüne Atombombe, wann kommt sie endlich??

Quellen: ARD , Handelsblatt, Focus, FB

Titelbild: Collage Peter Vlatten

Transformation jetzt!

Trotz Trump, Putin, Xi und Merz: Die sozialökonomische Umwandlung der Erde duldet keinen Aufschub.

Von Klaus Moegling

Bildcollage: pixabay

Die Umwelt und das Klima scheinen die Verlierer der gegenwärtigen Politikentwicklung zu sein – und damit auch die kommenden Generationen.

Der wiedergewählte US-Präsident Donald Trump vollzieht erneut den Ausstieg aus den Pariser Klimaverträgen von 2015. Der Kreml-Chef Wladimir Putin liefert mehr denn je russisches Gas und Öl in die Welt, vor allem zu verbilligten Preisen nach Indien und China. Auch Präsident Xis Versprechen, bis 2060 Klimaneutralität zu erreichen, ist mit Vorsicht zu genießen: China, das etwa 25 Prozent der weltweiten Treibhausgase ausstößt, ist führend im Bereich der erneuerbaren Energien, deckt aber immer noch zwei Drittel seines Strombedarfs durch die Energieerzeugung aus Kohle.

Derweil kündigt in Deutschland der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz unter anderem an, das Heizungsgesetz zu kassieren, das eine Grundlage für die Förderung von ökologisch verträglichen Wärmepumpen ist. Alice Weidel hetzt ihrerseits auf dem jüngsten Parteitag der AfD gegen die Windkraft und fordert unter dem jubelnden Applaus der AfD-Delegierten den Abriss aller Windräder in Deutschland.

All dies geschieht vor dem Hintergrund einer immer bedrohlicheren klimatischen Lage, die auch jüngst im Klimabericht des internationalen Forschungsinstituts Copernicus in Zahlen gefasst wurde: 2024 war ein Jahr der Negativ-Rekorde. Erstmals lag die globale Durchschnittstemperatur 1,54 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Jeder Monat von Januar bis Juni war wärmer als in jeglichem Jahr zuvor. Am 22. Juli erreichte die globale Durchschnittstemperatur des Tages den Negativrekord von 17,16 Grad. Und die letzten zehn Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Die Klimaerwärmung um 1,5 Grad müsste über einen längeren Zeitraum gemessen werden, um das gesicherte Überschreiten im Sinne der Pariser Klimavereinbarungen festzustellen zu können. Es vermehren sich aber laut Copernicus die Anzeichen, dass eine durchschnittliche globale Temperatursteigerung gegenüber 1850 bis 1900 unter 1,5 Grad, so wie es in den Pariser Verträgen gefordert wurde, kaum noch zu halten ist.

„Ein oder zwei Jahre, die 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen, bedeuten nicht, dass das Pariser Abkommen verletzt wurde. Bei der derzeitigen Erwärmungsrate von mehr als 0,2 Grad pro Jahrzehnt ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass das 1,5 Grad -Ziel des Pariser Abkommens in den 2030er Jahren überschritten wird“, heißt es im Bericht.

Die Folgen der Klimaerwärmung sind bereits jetzt sichtbar: Die menschengemachten CO2-Emissionen verursachen maßgeblich die Erwärmung der Biosphäre und führen zu disruptiven ökologischen Veränderungen, deren Auswirkung bereits in Form von Hitze, extremen Stürmen, sich ausbreitenden Bränden, Überschwemmungen und Dürren spürbar ist. Sie führt außerdem zu einer Massenflucht von Menschen aus den betroffenen Gebieten.

Das zweite Ziel war, bis zum Ende des Jahrhunderts unter zwei Grad durchschnittlicher Klimaerwärmung zu bleiben. Rechnet man aber mit einer durchschnittlichen Erwärmung pro Jahrzehnt von 0,2 Grad, wird die Klimaerwärmung eher bei drei Grad liegen. Das bedeutet, dass bis dahin bereits ökologische Kipppunkte mit verheerenden Folgen überschritten worden sein werden.

Kipppunkte und entsprechende Rückkoppelungseffekte können unter anderem im Zusammenhang mit dem Schmelzen des Meereises und dem Anstieg des Meeresspiegels, der Austrocknung der südamerikanischen Regenwälder, der Störung von Wasserzirkulation in den Ozeanen sowie des Auftauens der Permafrostböden mit der damit verbundenen Freisetzung von CO2 und Methan auftreten.

Doch der Klimawandel ist nur eine ökologische Gefahr, in der die Menschheit und die gesamte Biosphäre sich derzeit befinden: Die genetische Vielfalt sowie der Stickstoff- und Phosphorkreislauf befinden sich auch im Hochrisikobereich. In ihrem Buch „Wir sind dran“ zeigen die Autoren Ernst Ulrich von Weizsäcker und Anders Wijkman neun ökologische Faktoren planetarer Grenzen: 1. Stratosphärischer Ozonabbau, 2. Verlust der Biodiversität und Artensterben, 3. Chemische Verschmutzung und Freisetzung neuartiger Verbindungen, 4. Klimawandel, 5. Ozeanversauerung, 6. Landnutzung, 7. Süßwasserverbrauch und der globale hydrologische Kreislauf, 8. Stickstoff und Phosphor fließen in Biosphäre und Ozeane 9. Atmosphärische Aerosolbelastung.

Hierbei muss festgestellt werden, dass diese einzelnen Faktoren nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Sie sind vernetzt und beeinflussen sich gegenseitig. Nur über eine ganzheitliche Sichtweise kann die Tragweite des bereits entstandenen ökologischen und gesellschaftlichen Schadens verstanden werden.

Doch die Vereinten Nationen betreiben eine plakative, weil sanktionsfreie Klimapolitik. Dieser Ansatz führt dazu, dass einige wichtige Nationalstaaten sogar die UN-Mindestziele ablehnen und keine nachhaltige Klimapolitik umgesetzt werden kann, – was irreversible sozial-ökologische Folgen hat.

Plakativ ist die UN-Klimapolitik, da die Vereinten Nationen sich nicht auf effektive Sanktionen für das Verfehlen von Klimaschutzzielen einigen können. Es ist daher zu befürchten, dass die Menschheit erst ernsthafte Maßnahmen zum Schutz des Klimas ergreifen wird, wenn sozialökologische Katastrophen zur Regel und für alle bedrohlich geworden sind.

Ein Bericht des Club of Rome 2024 zusammen mit dem Wuppertaler Institut verfasst („Earth for All“) macht des Weiteren deutlich: Klimagerechtigkeit wird eine bedeutende Rolle bei der notwendigen sozialökologischen Transformation spielen. Die Proteste der Gelbwesten in Frankreich, die Bauernproteste in Deutschland und die Wahlerfolge der AfD machen deutlich, dass auch in den Industrieländern Bevölkerungsschichten mitgenommen werden müssen, die sich keine Klimaschutzmaßnahmen leisten können. E-Autos, Wärmepumpen und Fotovoltaikanlagen dürfen nicht nur den Wohlhabenden überlassen werden. Aber auch ärmeren Weltregionen müsste durch eine schrittweise Anhebung des UN-Klimafonds bei der Prävention und der klimatischen Anpassung geholfen werden, – wenn eine Transformation global gelingen will.

Der Club of Rome fordert deshalb eine Abkehr von einer einseitigen Wachstumslogik hin zu einer differenzierten Sichtweise notwendiger ökonomischer Zukunftsentwicklung: „Branchen mit fossilen Risiko sowie Hochrisikotechnologien (etwa der Atomenergie) müssen schrumpfen. Grüne Zukunftsbranchen (wie erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität, Energie- und Ressourceneffizienz) und sozial wichtige Bereiche (wie Bildung, Gesundheit, Altenpflege oder Kultur) müssen schneller wachsen. Dieser sozialökologische Strukturwandel führt gleichzeitig zu Wachstum und zu Schrumpfungen (…).“

Doch die Politik bevorzugt einen Rückschritt in der notwendigen sozialökologischen Entwicklung. Rechtsextreme Egomanen, gestörte Narzissten aber auch Globalisierungsgewinner haben derzeit einen zu großen Einfluss auf die internationale Klimapolitik. Das Schicksal der zukünftigen Generationen scheint ihnen nicht prioritär zu sein. Es existiert bei ihnen keine Sensibilität für die Ökologie der Biosphäre und die gegenwärtigen und zukünftig zu erwartenden Klimafolgen. Erst wenn die Klimafolgen drastisch für die Mehrheit der Staaten und deren Bevölkerungen spürbar sein werden, wird wohl endlich versucht werden, die eingetretene Klimakatastrophe mit einem größeren Einsatz an Finanzmitteln und Ressourcen einzudämmen. Dann kann es allerdings zu spät sein. Die meisten der heutigen Entscheider werden dann wohl nicht mehr leben.

Klaus Moegling, Politikwissenschaftler, engagiert sich in der Friedens- und Umweltbewegung. Er ist Autor des Buches „Neuordnung. Eine friedliche und nachhaltig entwickelte Welt ist (noch) möglich“.

Erstveröffentlicht in der FR v. 4.2. 2025
https://www.fr.de/politik/transformation-jetzt-93553489.html

Wir danken für das Publikationsrecht.

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