Serbien: Lithium-Abbau im Jadar-Tal bedroht eine ganze Region

In Berlin protestierten AktivistInnen aus Serbien und Deutschland gegen Rohstoff-Imperialismus

Von Elisabeth Voss

Bild: Elisabeth Voss

Anfang des Jahres berichtete der Rabe Ralf über den geplanten Lithium-Abbau im serbischen Jadar-Tal durch Rio Tinto.

Die Menschen dort setzen sich zur Wehr, denn sie wollen sich nicht vertreiben lassen und befürchten schwere Umweltschäden durch die riesigen Mengen an Schwefelsäure, die bei der Lithium-Gewinnung eingesetzt werden. . Rio Tinto ist einer der grössten Bergbaukonzerne der Welt. In den 150 Jahren seines Bestehens hat er weltweit Spuren der Verwüstung hinterlassen.

Im Sommer reisten der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und EU-Kommissions-Vizepräsident Maroš Šefčovič nach Belgrad. Sie unterzeichneten mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić ein europäisches Abkommen über die Lithium-Förderung.

Als grünes Aushängeschild diente die von Vučić auf einer Pressekonferenz hoch gelobte Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im deutschen Wirtschaftsministerium und mittlerweile auch Vorsitzende der Grünen. Denn der Lithium-Abbau soll umweltfreundlich erfolgen, dafür sollen auch deutsche Unternehmen sorgen, die in den Deal einbezogen sind, wie beispielsweise Mercedes. Das klingt, als wäre der Bergbau neuerdings eine Öko-Branche.

Protest gegen Greenwashing durch den BDI

Gegen die Pläne von Rio Tinto protestierten am 15. Oktober UmweltaktivistInnen aus Serbien und Deutschland in Berlin. Anlass war der „Klimakongress“ des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) im Futurium, einem Museum zu den Themen Natur, Mensch und Technik, in der Nähe des Hauptbahnhofs. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite der Spree, versammelten sich etwa 120 Protestierende, um den BDI und dessen industriepolitische Agenda auszubuhen.

UmweltaktivistInnen aus Serbien und Deutschland protestieren am 15. Oktober 2024 in Berlin gegen die Pläne von Rio Tinto.


BDI – Lobby der Klimakiller. Auch grüner Kapitalismus zerstört. Foto: Elisabeth Voss Die AktivistInnen fragten, auf wessen Kosten der ökologisch und menschenrechtlich katastrophale Abbau von Lithium und seltenen Erden geht, und wo und unter welchen Bedingungen der vermeintlich umweltfreundliche Wasserstoff produziert werden soll. Sie stellten grundsätzlich in Frage, ob es „überhaupt sozial- und klimaverträgliches Wachstum geben“ kann.

Grüner Anstrich für handfeste Profitinteressen

Berlinerinnen und Berliner aus Serbien betonten, dass durch den geplanten Lithium-Abbau „nicht nur die Umwelt, sondern vor allem die Existenzgrundlage der betroffenen Bäuerinnen und Bauern sowie die Wasserversorgung ganzer Landstriche und der Hauptstadt Belgrad“ gefährdet seien. Die Region sei traditionell landwirtschaftlich genutzt, und der Widerstand richte sich dagegen, dass dort Lithium abgebaut werden soll, „um den Bedarf der westlichen Industrie, insbesondere der deutschen Autoindustrie nach Lithium-Batterien zu befriedigen“.

Der Regierung sei „jedes Mittel recht, um den Profit der deutschen Automobilindustrie zu sichern und diese Industrie mit dem Label einer ‚grünen Industriepolitik‘ zu schmücken“. Hinter dem grünen Anstrich würden sich jedoch „handfeste Profitinteressen zu Lasten der Umwelt eines kleinen und verarmten europäischen Landes“ verstecken.

Sie protestierten gegen die einträchtige „Kooperation zwischen einer vermeintlich dem Umweltschutz verschriebenen Bundesregierung und dem autokratischen serbischen Staatspräsidenten Aleksandar Vučić, dessen Apparat gegen Kritik und Widerstand mit Repressionen reagiert“. Ihre Forderungen: „Nieder mit Rio Tinto. Nieder mit dem Profit. Es lebe die Umwelt!“

„Schluss damit, es reicht!“

Rede eines Teilnehmers der Kundgebung am 15. Oktober

Ich bin hier, weil ich die Heuchelei der Manager und Funktionäre im BDI da drüben im Futurium unerträglich finde. Mit dem sogenannten Klimakongress möchte sich der Lobbyverein der Klimakiller einen grünen Anstrich geben. Da wird die Illusion verbreitet, es gäbe nachhaltiges grünes Wachstum, wenn die Wirtschaft denn nur liberal über ihre Gewinne verfügen kann und der Staat mit ein bisschen Regulation hier und Fördergeldern oder Infrastruktur da auf Kosten der Allgemeinheit unterstützt.

Wir wissen aber alle, dass Wachstum endlich ist. Ich sehe jeden Tag, dass die Grenze erreicht ist. So geht es nicht weiter! Ich sehe es vor meiner Haustür in Neukölln: das Staatsversagen in der Bildung, das Staatsversagen in der Gesundheitsversorgung, das Staatsversagen bei jedweder Organisation und selbst bei den kleinsten Aufgaben.

Von der Politik und von der Wirtschaft nur hohle Phrasen und leere Versprechungen. Ich erlebe es bei meinen Freundinnen und Freunden: Die verzweifeln in Angst um ihre Familien in Odessa, in Beirut oder in Haifa. Es sind nicht die Menschen, die solche Kriege führen, es sind Apparate. Kapitalistische, imperialistische Machtmaschinen, die gewachsen sind mit dem Ziel, immer weiter zu wachsen. Das ist der Krebs der menschlichen Gesellschaft. Kapitalismus ist eine Seuche, Imperialismus ist eine Seuche, Konsumismus ist eine Seuche und Globalisierung ist die Pandemie.

Es gibt Tage, da frage ich mich, ob das alles wirklich wahr ist. Ich meine, wie kann das sein?

Und wie, um Himmels willen, kann hier irgendjemand irgendwie so etwas wie Alltag hinkriegen? Wie blind, wie leer, wie dumm muss man eigentlich sein, um ausgerechnet vom Bundesverband der Deutschen Industrie, dem Lobbyverein der Klimakiller, irgendwelche Lösungen für die Probleme unserer Welt zu erhoffen. Denen geht es darum, auch noch die letzten Ressourcen aus der Erde zu buddeln. Die suchen nach irgendeiner neuen Möglichkeit zur Externalisierung der Kosten für ein Wachstum, aus dem nur sie weiter Profit schlagen können.

Herr Habeck, machen Sie sich ehrlich: Es gibt keinen Green New Deal, es gibt keine Zukunft mit dieser Industrie.

Schluss damit, bis hierher und nicht weiter. Es reicht.

Und es ist doch genau so: Es reicht, es ist genug. Wir brauchen nicht mehr Zeug. Wir müssen vorhandenen Reichtum gerecht verteilen. Das, worum es wirklich geht, Gerechtigkeit, Sicherheit, Frieden, Glück, entsteht nicht durch materielles Wachstum. Glück entsteht nicht durch Eigentum haben, es entsteht durch gemeinsam machen und gemeinsam sein.

Wenn wir irgendetwas entwickeln müssen, dann ist es eine grüne Demokratie, ein politisches System, das ganz selbstverständlich eine Lobby ist, für alles Leben auf diesem Planeten.

Das Umbruch-Bildarchiv hat die Proteste mit Fotos und Redebeiträgen dokumentiert: www.umbruch-bildarchiv.org/bdi-kongress-der-klimakiller

Die ist eine Vorab-Veröffentlichung, der Beitrag erscheint in der Ausgabe Dez. 2024/Jan. 2025 der Berliner Umweltzeitung „Der Rabe Ralf“. Um weiter erscheinen zu können, braucht die Zeitung dringend Unterstützung: https://www.grueneliga-berlin.de/publikationen/der-rabe-ralf/aktuelle-ausgabe/brandbrief/

Wir danken für das Publikationsrecht.

Stopp der Verbrennung von Kohle, Erdgas, Öl und Holz im Heizkraftwerk Moabit – Vorbereitungstreffen zum Umweltaktionstag!

Einladung zum Bündnis- und Vorbereitungstreffen für den Internationalen Umweltaktionstag 16.11.2024

am 29.10.2024 , 18:00 Uhr in der Lübecker Straße 42 , Berlin Moabit

„Anlässlich der diesjährigen sogenannten „Weltklimakonferenz“ COP29 im November in Baku ruft die Umweltgewerkschaft in Moabit nach dem Prinzip „Global denken und regional handeln“ wieder zur Beteiligung am Internationalen Umweltaktionstag auf.


Auch dieses Jahr werden wieder unzählige Menschen über den ganzen Globus verteilt auf die Straßen gehen, um sich dem Protest gegen die Zestörung der natürlichen Lebensgrundlagen zugunsten der Profitwirtschaft anzuschließen. Als Umweltgewerkschaft unterstützen wir seit vielen Jahren diese Proteste international und auch hier in Moabit und möchten auch dieses Jahr gegen Umweltverbrechen, Greenwashing und gegen die Lügen rechter „Klimawandelleugner“ auf die Straße gehen.


Gerade angesichts der teilweise bereits in Gang gesetzten irreversiblen Prozesse bei der Entfaltung der globalen Umweltkatastrophe brauchen wir eine weltweite Bewegung die gemeinsam für eine neue Gesellschaft streitet und dabei konstruktiv und solidarisch um die Form dieser Gesellschaft ringt. Letztes Jahr hat sich hier in Moabit das Bündnis ‚Zukunfts-Kraftwerk Moabit‘ gegründet, dass wir gerne wieder beleben möchten. Auch wenn mit der Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes und in diesem Zusammenhang auch des Kraftwerks Moabit ein Schritt hin zu einer auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichteten Energiepolitik getan ist. So ist damit noch lange keine Erneuerbare Energieversorgung gewährleistet.

Vorschlag für Forderungen:

  • Umweltschutz, gerechte Löhne und sichere Arbeitsplätze – der notwendige Strukturwandel zur Rettung der Umwelt darf nicht auf die Belegschaften abgewälzt werden. Für ein politisches Streikrecht!
  • Kreislaufwirtschaft statt Greenwasching und Profitgeierei – dazu gehört eine zu 100% wirklich erneuerbare Energieversorgung.
  • Wirksame Schutzmaßnahmen vor Extremwetterereignissen wie Fluten und Dürren angesichts der begonnenen Umweltkatastrophe

Alle Menschen, die sich ehrlich und solidarisch für ein Ende der globalen Umweltzerstörung einsetzen möchten und die antifaschistische Grundhaltung teilen, sind herzlich eingeladen mitzumachen.

Kommt dazu, bringt Ideen, (Kultur- und/oder Rede-)Beiträge, Freunde und Bekannte oder auch einfach Euch selbst mit.“

Kontakt: G. Schnabel, zukunftskraftwerkmoabit@alguna.org

Baum-Volksentscheid: Mehr Stadtgrün um Berlin bis 2035 wetterfest und hitzesicher zu machen

Ein handfester kleiner Beitrag gegen die Klimakrise und für eine bessere Stadt. Jeder Baum mehr ist gut. Wetterfest wird Berlin allein dadurch sicher nicht. Aber ein Reformkampf, der unsere Unterstützung und Unterschrift verdient. Es wird in diesen Wochen emsig gesammelt. (Peter Vlatten)

Pressenza 15.10,2024.

Mit einer grossen Veranstaltung zum Auftakt des Baum-Volksentscheids hat der Berliner Wassertisch ein Zeichen gesetzt und wird in den kommenden Wochen die Unterschriftensammlung aktiv unterstützen.

Die Initiative Volksentscheid Baum hat im März in Berlin den Gesetzentwurf für ein sogenanntes BäumePlus-Gesetz vorgestellt und will per Volksentscheid bei der Bundestagswahl im September 2025 Deutschlands erstes Klimaanpassungsgesetz beschließen lassen. Mit dem Anspruch Berlin „bis 2035 wetterfest und hitzesicher” zu machen, soll es für mehr Stadtgrün, vor allem für mehr Bäume, für mehr Dach- und Fassadenbegrünung, sowie Regenwasser-Recycling sorgen. Der Baumbestand an Straßenrändern würde demnach in den nächsten elf Jahren auf 800.000 erhöht werden. Das Pflanzen von mehr Bäumen, Sträuchern und Fassadengrün soll dazu beitragen, die Temperatur in der Berliner Innenstadt, insbesondere in heißen Sommern, zu senken. Der Gesetzentwurf sieht weiter vor, dass Berlinerinnen und Berliner auch selbst Bäume und Sträucher pflanzen dürfen.

Am 7. Oktober ist vor dem Roten Rathaus die erste Phase des BaumEntscheid eröffnet worden, nun geht es darum, 20.000 gültige Unterschriften in maximal 5 Wochen zusammenzubekommen, damit der Volksentscheid am Tag der Abgeordnetenhauswahl 2026 stattfinden kann. Heinrich Strößenreuther, Co-Initiator des BaumEntscheids und Mitbegründer von Changing Cities, stellte sich nach seinem Vortrag den Fragen des Publikums zur Konzeption, zum Gesetzestext und zum Sammelstart des Volksentscheids Baum.

Mareike Witt, Sprecherin der Initiative 100% Tempelhofer Feld und Ulrike von Wiesenau vom Berliner Wassertisch und seinem Wasserat, brachten die Erfahrung zweier Initiativen ein, die bereits einen Volksentscheid gewonnen und erfolgreiche Gesetzesentscheide eingesetzt haben. Die Podiumsdiskussion zwischen 100% Tempelhofer Feld, Berliner Wassertisch und Baumentscheid erbrachte am Ende ein klares Résumé: Dass Beschlussentscheide schwach und den Aufwand nicht wert sind, dass nur Gesetzesvolksentscheide Aussicht auf langen Bestand haben und das Ergebnis schützen.

Dazu Ulrike von Wiesenau, Wasserrechts-Aktivistin und Pressesprecherin des Berliner Wassertischs: „Nach zahllosen, wenig erfolgreichen Anstrengungen von lokalen Initiativen und Privatpersonen, ist es nun an der Zeit, mit dem Baum-Volksentscheid ein unüberhörbares Zeichen für unsere Bäume und das Stadtklima zu setzen. Denn wir wissen spätestens seit dem Berliner Wasser-Volksentscheid: es bedarf des Drucks von der Strasse und eines Gesetzes, um die Politik zum Handeln zu zwingen. Dafür haben Heinrich Strössenreuther vom BaumEntscheid Berlin, Mareike Witt von der Initiative 100% Tempelhofer Feld und Ulrike von Wiesenau vom Berliner Wassertisch gestern zusammen ein gemeinsames Zeichen gesetzt und dabei die Wichtigkeit von Gesetzesvolksentscheiden gegenüber reinen Beschlussentscheiden herausgestellt.“

Berliner Wassertisch: https://berliner-wassertisch.net/

Der Beitrag ist erschienen bei Pressenza 15.10,2024. Wir danken für das Publikationsrecht.

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