Nicaragua: 30.000 vermummte Zivilisten als neue „Freiwillige Polizei“ vereidigt

Von Matthias Schindler

Am 26. Februar 2025 vereidigte das nicaraguanische Präsidentenpaar Daniel Ortega und Rosario Murillo 30.000 vermummte Zivilisten als neue „Freiwillige Polizei“, um die Macht von Ortega und Murillo im Staat zu festigen. Die Veranstaltung fand auf der Plaza de la Fe in der Hauptstadt Managua statt, aber ähnliche Vereidigungen gab es auch in Matagalpa, Bilwi, Bluefields, Jinotega, León und anderen Städten.

Die Zahl von 30.000 Freiwilligen, die angeblich an der Zeremonie teilgenommen haben sollen, ist nicht sehr glaubwürdig. Denn auf den dazu veröffentlichten Fotos sind 165 Blöcke von jeweils 100 Maskierten zu sehen sind, was einer Gesamtzahl von 16.500 Teilnehmenden entsprechen würde. Außerdem sind offensichtlich nicht nur viele öffentliche Angestellte zur Teilnahme verpflichtet worden, sondern es wurden auch aus der Haft entlassene Kriminelle für diese neue Truppe rekrutiert, und aus vielen umliegenden Gemeinden wurden zusätzlich noch weitere Personen in Bussen nach Managua gekarrt, um so diesen beeindruckenden und bedrohlichen Aufmarsch zustande zu bringen.

Die „Freiwillige Polizei“ ist Teil der Nationalen Polizei und untersteht ihren Befehlen, während Ortega-Murillo die obersten Kommandierenden der Polizei sind. Auf diese Weise wird die Polizei, die im Jahr 2024 über eine Stärke von 20.474 Beamten verfügte, im Jahr 2025 auf 105.285 Polizisten aufgestockt, von denen 28.398 Berufspolizisten und 76.887 Freiwillige sind.

Die Aufgaben der „Freiwilligen Polizei“ sind der „Schutz der öffentlichen Ordnung“ und die „Verteidigung des Friedens, den wir derzeit genießen“, was in Wirklichkeit bedeutet, dass diese neuen Polizeieinheiten ausdrücklich zur Verteidigung des Regimes und der diktatorischen Macht des Präsidentenpaares geschaffen werden. Im April 2018 wurden die Proteste der Bevölkerung gewaltsam unterdrückt, was mehr als 350 Todesopfer forderte. Repräsentanten der Polizei haben sich jetzt in verschiedenen Erklärungen auf diese Demonstrationen bezogen, um zu erklären, dass die „Freiwillige Polizei“ solche Formen des massenhaften Ausdrucks von Unzufriedenheit in der Bevölkerung verhindern und unterdrücken wird.

Ortega erkannte in seiner Rede ausdrücklich an, dass es sich bei den vermummten Männern und Frauen um dieselben Personen handelt, die die friedliche Protestbewegung von 2018 brutal unterdrückt haben.

Die Schaffung der neuen „Freiwilligenpolizei“ bedeutet in Wirklichkeit, dass die Paramilitärs, die die blutige Unterdrückung von 2018 begangen haben, jetzt einen neuen Namen haben, dass sie in der neuen Verfassung verankert sind und dass sie mehr als 75.000 Personen zählen, die dem Präsidentenpaar ihre absolute Loyalität geschworen haben. In ihrer typisch zynischen und euphemistischen Sprache bezeichnete Murillo die „Freiwilligenpolizei“ als die neue „Friedensguerilla“.

Neben der Vereidigung der „Freiwilligenpolizei“ erneuerte Ortega auch das Mandat von Kommissar Francisco Díaz, Chef der Nationalen Polizei und Schwager des Präsidentenpaares. Díaz, der sein Amt 2018 während der Proteste angetreten hatte, wird entsprechend der neuen Verfassung für weitere sechs Jahre im Amt bleiben. Wenige Tage zuvor ist General Julio César Avilés bereits für weitere sechs Jahre als Chef der Streitkräfte vereidigt worden, eine Position, die er seit 2010 unter Verstoß gegen alle militärischen Regeln zur Rotation von Positionen in der Armee innehat. Auf diese Weise haben Ortega-Murillo weiterhin zwei Personen ihres absoluten Vertrauens an die Spitze von Polizei und Armee gesetzt.

Die Formalisierung – nicht Legalisierung, dieser ganze Prozess ist völlig verfassungswidrig! – und die öffentliche Demonstration der Paramilitärs als „freiwillige Polizei“ ist eine offene Drohung gegen jeden Versuch, sich dem derzeitigen Regime zu widersetzen oder Unzufriedenheit zu zeigen. Zugleich ist sie Ausdruck der tiefen Krise der Diktatur, die in der Bevölkerung keine Glaubwürdigkeit mehr besitzt, wirtschaftlich am Ende ist und offensichtliche politische Risse zeigt.

Nicht nur, dass alle politischen Parteien verboten wurden, oder dass alle Führer der politischen Opposition deportiert und ausgebürgert wurden, sondern es finden seit über einem Jahr massive Säuberungen im Justizapparat, bei der Polizei, in der Armee und sogar innerhalb der Anhängerschaft der FSLN statt. Ortega und Murillo wissen, dass ihr Regime am Rande des Zusammenbruchs steht, und sie fürchten das Wiedererstarken einer breiten Volksbewegung, die sie nicht mehr mit den regulären staatlichen Institutionen, der Polizei und – falls nötig – auch der Armee, unterdrücken können.

Deshalb greifen sie jetzt zu dem Instrument einer kleinbürgerlichen Massenbewegung, die bereit ist, jedem Befehl zu gehorchen, den sie vom Diktator bekommt. Diese Organisation hat eine ähnliche Funktion, wie sie die SA unter Hitler hatte. Die Paramilitärs – jetzt „Freiwillige Polizei“ genannt – bilden ein Netz von Informanten und potenziell bewaffneten Truppen, die durch ihre Drohungen und durch ihren Terror jegliche Widerstandsbewegung gegen die Diktatur und gegen die neue Chayo-Bourgeoisie entweder im Keime ersticken oder mit brutaler Gewalt niederschlagen sollen.

Lissabon, 04. 03. 2025

Weitere Infos auf Spanisch:

https://confidencial.digital/nacion/ratificamos-nuestra-lealtad-y-obediencia-jura-director-de-la-policia-ante-dictadores

https://confidencial.digital/nacion/el-ejercito-de-rosario-murillo-en-nicaragua-con-mas-76-800-encapuchados

Neue verfassungswidrige Verfassung – Staatsstreich gegen sich selbst

Von Matthias Schindler

Bild: Collage Jochen Gester

Am 18. Februar 2025 trat eine neue Verfassung in Nicaragua in Kraft, die auf völlig verfassungswidrige Weise zustande kam. Das Parlament änderte einstimmig 148 der 198 Artikel der Magna Carta und hob weitere 37 Artikel vollständig auf, darunter den Artikel zum Verbot der Folter. Lediglich 13 Artikel blieben völlig unangetastet.

Darüber hinaus änderte die neue Verfassung den gesamten Aufbau des Staates, hob die Trennung der Staatsgewalten auf und unterstellte diese Instanzen – nun nicht mehr „Gewalten“, sondern „Organe“ – dem Präsidenten. Sie ersetzte aber auch die Funktionen des Präsidenten und des Vizepräsidenten durch die Figur zweier gleichberechtigter „Ko-Präsidenten“, eines Mannes und einer Frau. Auf diese Weise ist die absolute Macht an Daniel Ortega und Rosario Murillo übergeben worden.

Es handelt sich also nicht um eine „Teilreform“. Diese Verfassung ist eine völlig neue Verfassung, was bedeutet, dass das Parlament nicht befugt war, sie zu verabschieden, denn nur eine verfassungsgebende Versammlung hat das Recht, eine neue Verfassung zu verabschieden.

Die neue Verfassung ordnet nicht nur die „Organe“ der Gesetzgebung (Nationalversammlung), der Rechtsprechung (Oberster Gerichtshof) und der Wahlen (Oberster Wahlrat) dem Präsidenten unter, sondern auch die Polizei, die Armee und das öffentliche Aufsichtssystem. Darüber hinaus werden die kommunale und regionale Autonomie abgeschafft, die Amtszeit des Präsidenten und anderer staatlicher Organe auf sechs Jahre verlängert und die paramilitärischen Gruppen, die direkt den Befehlen Daniel Ortegas gehorchen, als „freiwillige Polizei“ institutionalisiert.

Die „Kopräsidenten“ haben die Befugnis, Vizepräsidenten zu ernennen, die einen Kopräsidenten ersetzen können, wenn dieser aufgrund von Krankheit oder Tod nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuüben, wodurch die Ernennung der Kinder von Ortega-Murillo ermöglicht und eine Familiendynastie abgesichert wird.

Der Verfassungstext hebt auch die individuellen und öffentlichen Freiheiten der Nicaraguaner auf, die in der vorherigen Verfassung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen garantiert waren.

Mit der Verabschiedung der neuen Verfassung wurde der Putsch abgeschlossen, dessen erster Schritt die blutige paramilitärische Unterdrückung des Regimes Ortega gegen das nicaraguanische Volk ab April 2018 war. Der zweite Schritt war die willkürliche Abschaffung aller demokratischen Rechte und politischen Freiheiten des Volkes sowie die Deportation und Ausbürgerung fast der gesamten Opposition in den darauf folgenden Jahren. Die Einführung der neuen Verfassung durch ein völlig illegales und verfassungswidriges Verfahren ist nur das dritte und letzte Kapitel dieses Staatsstreichs, der lediglich alle bereits zuvor durchgeführten diktatorischen Maßnahmen des Clans Ortega-Murillo ratifiziert – der Begriff „legalisiert“ wäre hier völlig unangemessen.

1979 hat die sandinistische Revolution Nicaragua von der Somoza-Diktatur befreit, ein demokratisches Regime eingeführt und einen revolutionären Prozess mit sozialistischer Ausrichtung eingeleitet. Dieser Versuch, einen pluralistischen und demokratischen Sozialismus aufzubauen, wurde durch die politische, wirtschaftliche und militärische Intervention der Vereinigten Staaten zerstört. Aber es war das Ehepaar Ortega-Murillo, das mit der neuen Verfassung diese neo-liberale, kapitalistische, extraktivistische und diktatorische Konterrevolution vollendete. Die sandinistische Revolution wurde von einem ihrer früheren Anführer verraten und endgültig und unwiderruflich zerstört: Daniel Ortega.

Lissabon, 22. Februar 2025

Weitere Infos auf Spanisch:

https://confidencial.digital/politica/asi-termino-de-destruir-el-estado-la-constitucion-chamuca

Der Weg der Linkspartei: Erneuerung auch mit Kriegshetzern in den eigenen Reihen?

Veröffentlicht am

Von Alwin Altenwald

Bild: DIE LINKE Berlin-Reinickendorf

Ingar Solty hat wieder einmal ein wichtiges Interview geführt. Diesmal mit Manfred Sohn zum Thema Sanktionen gegen Rußland. Der Genosse Sohn belegt, wie unsinnig und unwirksam Sanktionen sind – auch diesmal gegen Rußland:
„Die Russland-Sanktionen sind ein völliger Schuss ins Knie“
https://www.freitag.de/autoren/ingar-solty/russland-sanktionen-sind-voelliger-schuss-ins-knie/70f5fa16-bd69-49a2-94b6-ac30a95940a6

Das Interview schließt mit einem Hinweis auf die Argumentation von Jan van Aken, des Vorsitzenden der Linkspartei:
Ingar Solty: Was würden Sie Politikern entgegnen, die sagen, sie seien gegen Waffenlieferungen, die nur einen nicht zu gewinnenden Krieg verlängern, aber sich für noch schärfere Sanktionen aussprechen. Getreu dem Motto: Irgendwas muss man ja tun!

Manfred Sohn: Das ist im Moment beliebt. Aber diese Politiker wie Jan van Aken machen sich so zum Teil derjenigen, die nicht begriffen haben, wie stark sich die Welt gewandelt hat. Man kann diese Sanktionen nicht mehr durchsetzen. Zum anderen hat man historisch nicht begriffen, dass die Mutter aller Sanktionen, die Blockadepolitik der Alliierten, also Englands und Frankreichs, gegen Deutschland war. Sowohl historisch als auch logisch sind Sanktionen von Krieg nicht zu trennen. Es ist eine völlige Illusion, zu glauben, Sanktionen wären eine Alternative zum Krieg. Sie sind eine Brücke zum Krieg.

Van Aken für Embargo gegen Rußland wegen „Schattenflotte“
Manfred Sohn bezieht sich auf die Aussagen von Jan van Aken, als der schärfere Sanktionen gegen Rußland fordert, auch gegen die Schiffe, mit denen Rußland Öl transportieren läßt. Dazu hatten wir im Jour Fixe Info 04-2025 vom 24.1.2025 einen Beitrag von Andreas Wehr abgedruckt, in dem Jan van Aken als „Kriegstreiber von links“ bezeichnet wurde. In seiner Anmerkung bescheinigt der Kollege S.N., von Beruf Schiffsoffizier Jan van Aken eine ziemliche Inkompetenz, wenn dieser die Beschlagnahme der russischen „Rostschiffe“ verlangt!:

Dass ist ja wirklich ein Gespräch zwischen dumm und dümmer. Im übrigen sollte ein Berufspolitiker, wenn er schon keine Ahnung von Seerecht hat, zumindest wissen, dass es in Deutschland aufgrund des föderalen Systems gar keine Küstenwache gibt. Den Schriftzug Küstenwache führen Fahrzeuge unterschiedlicher Institutionen, mit unterschiedlichen Kompetenzen und Befugnissen. Dieser FAZ Journalist könnte ja mal in einen Atlas gucken, die Entfernung zwischen Deutschland und Dänemark ausmessen und danach noch einmal nachlesen, wie nationale und internationale Gewässer definiert sind. https://de.wikipedia.org/wiki/Recht_der_friedlichen_Durchfahrt

Wenn van Aken die Beschlagnahme der russischen Schiffe deutscherseits verlangt, gegen jegliches Seerecht, beschwört er den Einsatz der russischen Kriegsmarine rauf! Damit reiht er sich ein bei den KriegshetzerInnen der anderen Parteien: Baerbock, Habeck, Bütikofer, Strack-Zimmermann, von der Leyen, Kiesewetter, Merz, Klingbeil, uswusw, die Taurus und Mittelstreckenraketen in die Ukraine schicken wollen und viele Milliarden Euro – obwohl die Ukraine schon längst den Krieg verloren hat. Sie haben den Kriegsgaul schon längst totgeritten und sollten absteigen.

Für ein Ölembargo gegen Rußland trat van Aken schon am 1.11.24 ein:Van Aken ist nach seiner Wahl zum Vorsitzenden sofort in der ersten Auslandsreise, in die Ukraine gereist, nach Butscha und Kiew. In dem Interview auf phoenix redet er vom Greuel der russischen Besatzung. Er stehe an der Seite der Ukraine. Daß die ukrainische Regierung seit 2014 Bürgerkrieg führt gegen den Donbas erwähnt er nicht. Aber er wirft den Nato-Ländern vor, daß sie kein Ölembargo gegen Rußland verhängt haben, sofort als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine am 24.2.22.

Van Aken sieht den Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine also nicht als provoziert durch die Nato an!
Da sind Trump und sein Außenminister Vance schon weiter, die diese Provokation eingestehen!

Van Aken tritt immer für Verhandlungen im Ukraine-Krieg ein, wenn er nach der Position der Linkspartei gefragt wird. Statt Waffenlieferungen seien Embargos effektiver.
Damit gibt er sich eleganter und weniger angreifbar: Für Verhandlungen und „nur“ für Embargos, nicht für -igitt- Waffenlieferungen! Also: Van Aken, nur eine verkappter Kriegshetzer!

Linken-Chef Jan van Aken in der Ukraine01.11.2024
https://www.ardmediathek.de/video/phoenix-vor-ort/linken-chef-jan-van-aken-in-der-ukraine/phoenix/Y3JpZDovL3Bob2VuaXguZGUvNDY1MDU0Nw (Video 7 Minuten)
Darüber hinaus erfahren wir von van Aken (FAZ-Interview vom 30. Dezember 2024): „In der kommenden Legislaturperiode wird die Linke im Bundestag für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den explodierenden Energiepreisen sorgen. Diese Abhängigkeiten und persönlichen Verstrickungen von Politikern und Energieriesen müssen aufgeklärt werden. Wir müssen klären, welche Rolle Politiker und Politikerinnen wie Gerhard Schröder, Angela Merkel, Peter Altmaier oder Manuela Schwesig spielten. Wir müssen klären, wie Deutschland in diese dramatische Energieabhängigkeit von Russland gekommen ist.“
Van Aken scheint nicht begriffen zu haben, daß die explodierenden Energiepreise was mit der Sprengung von Nordstream durch die USA und dem Stop der Lieferungen des preiswerten Gases aus Rußland und die Ersetzung durch mehrfach teureres LNG aus den USA zu tun hat. Die preiswerten Energielieferungen aus der Sowjetunion bzw. Rußland verdanken wir Willy Brandt und seiner Politik und allen Regierungen, die folgten, also Kohl, Schröder, Merkel. Sie machten nur ganz normale Regierungsarbeit, billige Energie für „ihr“ Land zu besorgen, was allen Verbrauchern zugute kam und auch der Wirtschaft.
Was für verquere Gedanken im Kopf von van Aken rumgeistern bei einem Politiker der Linkspartei, bringt einen -erstmal- zum Erstaunen! Weil er damit die gleiche Argumentation drauf hat wie alle Kriegsbefürworter.

Nochmal zurück zu Andreas Wehr, der in seinem Artikel schreibt:
„Der Vorsitzende der Partei Die Linke ist daher ein Kriegstreiber! Das sollten alle wissen, die beabsichtigen, dieser Partei am 23. Februar 2025 die Stimme zu geben“.
https://www.andreas-wehr.eu/jan-van-aken-kriegstreiber-von-links.html

Kann man sich noch über die 8,8 Prozent freuen, mit denen die Linkspartei in den nächsten Bundestag einzieht? Werden unter den neuen Abgeordneten welche sein, die van Aken wegen seiner Äußerungen zu verschärften Sanktionen gegen Rußland zur Rede stellen? Sanktionen sind völkerrechtlich nicht erlaubt, es sei denn durch UNO-Beschluß wie seinerzeit das Apartheidsregime in Südafrika betreffend. Aber was kümmert das einen großen Geist wie van Aken? Aber isoliert ist van Aken in seiner Partei keinesfalls, denn er hat Bodo Ramelow, den früheren Ministerpräsidenten von Thüringen an seiner Seite, der Waffenlieferungen in die Ukraine befürwortet. Und Gysi hat die Rolle, daß er Antideutsche in seiner Partei unterstützt und Abgeordnete der Linkspartei, die in der Atlantikbrücke sind. Und befürwortet explizit die Staatsraison gegenüber Israel!
Wer die Linkspartei wählt, kann dies nur mit Bauchschmerzen tun.

Es sind eben nicht nur paar Ältere oder Alte in der Partei sondern es sind Führungsfiguren wie der Vorsitzende mit Ambitionen, ihren politischen Kurs durchzusetzen und entsprechend die Neuen zu beeinflussen.

In Belgien bei der PTB/PvdA ist es anders: Führung und Basis sind sozialistisch und klassenkämpferisch ausgerichtet! Da gibt es kein Vertun.

Falls wir in Belgien lebten, hätten wir es einfacher: Da könnte und müßte man PTB/PvdA wählen:
https://international.pvda-ptb.be/de/articles/background

Und es kommen einem weitere Gedanken!
Inwieweit werden van Aken, Ramelow, Gysi und Konsorten den Kurs der Partei bestimmen und Einfluß nehmen (können) auf die neuen Abgeordneten und Parteimitglieder?
Unter den Erstwählern lag die Linkspartei an erster Stelle, vor der AfD und mit großem Abstand vor allen anderen Parteien. Diese Erstwähler haben wohl die Linkspartei wegen der Internetauftritte von Reichinek gewählt. Sie wußten sicher nichts von den politischen Positionen von van Aken, Gysi und Ramelow. Aber wie ist es mit den älteren Semestern, die die letzten 10 oder 20 Jahren bewußt miterlebt haben?!
Wird sich ein anderes Klima in der Fraktion und in der Partei in den Orts- und Landesverbänden ergeben oder werden Ramelow & Co sich durchsetzen?
Wir werden es schon in den nächsten Monaten erleben.
Hier in Hamburg hängen viele Schilder der Linkspartei „Die anderen Parteien wollen regieren – wir wollen verändern“. Dieser Spruch ist, zumindest was die Vergangenheit anbetrifft pure Heuchelei! Auch in Hamburg war die Mehrheit der Fraktion der Linkspartei immer auf Regierungsbeteiligung ausgerichtet. Und in Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern waren sie viele Jahre an Regierungen mit der SPD beteiligt und machten die neoliberale Politik mit, der Privatisierungen, auch von Wohnungen!

Der Weg der Linksparei entscheidet sich nicht in der Fraktion sondern durch die Basisarbeit!

Raul Zelik sieht die Zukunft der Fraktion der Linkspartei nach dem großen Wahlerfolg sehr opitmistisch: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189299.linke-bundestagswahl-die-neuformierung-der-linksfraktion.html
Er schreibt, daß der Linkspartei eine echte Kulturrevolution bevorstehe. Wohl auch, weil drei Viertel der Abgeordneten neu sind im Bundestag. Von 64 Abgeordneten sind 46 Neulinge. Der Genosse Zelik beschreibt elf von ihnen:
„Spektakulär ist die erstmalige Eroberung eines »West«-Wahlkreises, nämlich Berlin-Neukölln durch Ferat Koçak. Um den kurdischstämmigen Aktivisten hatte sich in den vergangenen Monaten eine regelrechte Basisbewegung formiert.
Aus Hessen kommt unter anderem Violetta Bock, die seit Jahren Nachbarschaftsarbeit im benachteiligten Norden Kassels macht.
Ein ähnliches Profil besitzt auch der Stuttgarter Luigi Pantisano, der wegen antirassistischer Posts in sozialen Medien regelmäßig von der extremen Rechten bedroht wird.
Über die nordrhein-westfälische Landesliste zieht die Krankenpflegerin Lea Reisner, die sich bei der Seenotrettung engagiert und sich in einem Interview unlängst als Anarchistin bezeichnete.
Ebenfalls Krankenpflegerin ist Stella Merendino, die in einer Berliner Notaufnahme arbeitet und in den Streikbewegungen der vergangenen Jahre aktiv war.
Aus Bayern beispielsweise kommt der erst 24-jährige Passauer Luke Hoss, der aus einer armutsbetroffenen Familie stammt und angekündigt hat, sein Politikergehalt auf 2500 Euro zu beschränken.
Fast genauso jung sind die Gewerkschafterinnen Charlotte Neuhäuser (26) aus NRW und Zada Salihovic (25), die sich beide den Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse auf die Fahnen geschrieben haben.
Der Niedersachse Cem Ince, der aus einer in Salzgitter bekannten Gewerkschafterfamilie stammt, arbeitet bei VW. Der Duisburger Mirze Edis ist Stahlarbeiter bei den Hüttenwerken Krupp Mannesmann, und die Bochumerin Cansin Köktürk, die wegen der Migrationspolitik der Ampel-Regierung 2023 bei den Grünen austrat, arbeitet als Sozialarbeiterin in der aufsuchenden Familien- und Jugendhilfe“.

In der Tat, es wäre zu hoffen, daß die Neuen frischen Wind in die Parlamentsarbeit bringen, daß sie selbstbewußt auftreten und die Waffenlieferungsbefürworter unter Rechtfertigungsdruck setzen. Daß sie nicht in wenigen Monaten dem süßen Gift des Parlamentarismus erliegen, sich unterordnen und anpassen.
Steht demgemäß der Partei, im Parlament und auch in den Ortsgruppen, ein Kampf zweier Linien bevor? Einmal die Verteidiger der Regierungslinie bei Corona-Maßnahmen, der Staatsraison zu Israel, die Antideutschen, die Atlantiker und die Sanktionsbefürworter gegen Rußland auf der einen Seite und die Erneuerer auf der anderen Seite, Zelik nennt sie Vertreter der Kulturrevolution. Oder tritt diese Entwicklung nicht ein und jede/r setzt sich ins warme Abgeordnetennest und man lebt schiedlich, friedlich nebeneinander her – wie in den letzten 20 Jahren?

Aber wichtiger als Parlamentsarbeit ist Basisarbeit vor Ort!Seit Jahresbeginn sind 23.500 neue Mitglieder eingetreten. Der Stand ist aktuell 81.200.
Es gibt noch keine Berichte, wie die Praxis ist in den Orten.
Gibt es eine Strategie der Partei, besonders für die, die im Erwerbsleben stehen? Daß sie sich gewerkschaftlich organisieren, daß sie, wo möglich, Betriebsgruppen bilden, daß sie sich an Bewegungen beteiligen, im Betrieb und auf der Straße?

Grundlegend ist, daß jeder Kollege/jeder Kollegin am Arbeitsplatz aktiv gewerkschaftlich aktiv wird, nicht nur gegen unliebsame Maßnahmen der Geschäftsführung sondern auch gegen den sozialpartnerschaftlichen Kurs der Gewerkschaftsführungen und bei Betriebsräten. Das wäre der Inhalt der propagierten innerparteilichen Bildung.

Der Bundessprecherrat der „antikapitalistischen Linken“ in der Linkspartei ist ähnlich optimistisch wie Ralf Zelik wenn er schreibt: „Dieser Aufschwung als reale gesellschaftliche Kraft muss jetzt stabilisiert und ausgebaut werden. Dauerhafte Strukturen vor Ort sind aufzubauen, interventionsfähige Gruppen, die in den Gewerkschaften und anderen sozialen Bewegungen organisiert kollektiv arbeiten, sind jetzt wichtig. Dazu kommt eine große Anstrengung an innerparteilicher Bildung, um das jetzt ausgelöste neue linke Selbstbewusstsein politisch zu festigen und als nachhaltige Power einer wirklich sozialistischen und antikapitalistischen Partei zu erhalten.

Gleichzeitig darf die neue Fraktion im Bundestag nicht sofort in den alten Trott der Bartsch, Ramelow und Gysi verfallen und sich wieder als Bündnispartnerin oder auch nur als Korrekturfaktor für SPD und GRÜNE anpreisen“.
Er beschreibt damit aber auch die Voraussetzungen und Hemmnisse auf dem Weg zu einer sozialistischen Partei!
Mögen Kräfte wie die „antikapitalistische Linke“ Erfolg haben!

Der belgischen Partei PTB/PvdA ist es nach 2008 gelungen, sich von einer Kleinstsekte zu einer sozialistischen Massenpartei zu transformieren. Durch Basisarbeit in vielen sozialen Bereichen: Gesundheit, Wohnen, Streikbeteiligung, gegen Rentenkürzungen!
Wird dieser erfolgreiche Transformationsprozeß in den Ortsvereinen diskutiert?! Nach dem Motto: Von Belgien lernen heißt Siegen lernen.

Nachtrag zum Beschluss des Parteivorstandes vom 1. März 2025:Ukraine unterstützen – China einbinden – Schuldenbremse abschaffen – UNO statt Trump
https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand-2024-2026/detail-beschluesse-pv/ukraine-unterstuetzen-china-einbinden-schuldenbremse-abschaffen-uno-statt-trump/?fbclid=IwY2xjawI06W1leHRuA2FlbQIxMQABHccw-Fbpag1JJD26drvfMGeG4Tpe7UWSQPVvFjDsh6gXcjvpLUjRdMzGtg_aem_qXPLTfK6OppD26IQ3tOE2Q&sfnsn=mo
Mit diesem Beschluß setzt der Parteivorstand der Partei Die Linken dem Ganzen die Krone auf!
Der Kürze halber soll hier nur auf den ersten Satz des Beschlusses eingegangen werden: „Der Aggressor heißt einzig und allein Russland“.
Warum nimmt der Parteivorstand nicht die Wirklichkeit wahr, zB, indem er sich bei Ingar Solty informiert, Referent der Rosa Luxemburg Stiftung (siehe oben!) oder bei Lothar Schröter, Historiker und Militärexperte, Mitglied der Linkspartei und im Vorstand der Rosa Luxemburg Stiftung Brandenburg und Verfasser des Buches:
Der Ukrainekrieg. Die Wurzeln, die Akteure und die Rolle der NATO
https://www.eulenspiegel.com/verlage/edition-ost/titel/der-ukrainekrieg.html

Man fragt sich: Warum machen van Aken & Co das? Wissen sie es nicht besser oder betreiben sie absichtlich Geschichtsfälschung? Sie hätten es so einfach, Genossen wie Schröter oder Solty aus ihrer Partei zu einem Referat einzuladen.
Stattdessen handeln sie nach dem Motto: „Man kann einige Menschen die ganze Zeit und alle Menschen eine Zeit zu Narren halten, aber man kann nicht alle Menschen alle Zeit zum Narren halten“.

(Abraham Lincoln)

Erstveröffentlicht beim Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg
https://gewerkschaftslinke.hamburg/2025/03/03/der-weg-der-linkspartei-erneuerung-auch-mit-kriegshetzern-in-den-eigenen-reihen/

Wir danken für das Publikationsrecht.

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