Südkorea – militärisch -industrieller Komplex bedroht soziale und demokratische Errungenschaften und den Frieden!

Am 18.2. fand in Berlin am Brandenburger Tor eine Protestkundgebung gegen die Politik des südkoreanischen Präsidenten Yoon statt. Seine Politik zerstört systematisch die sozialen und demokratischen Errungenschaften der Vorgängeregierung sowie die von ihr eingeleitete Entspannungspolitik mit Nordkorea.

Global CandleLight Action Deutschland, Koreaverband e.V. und Solidarity of korean people in Europe hatten anlässlich eines geplanten Staatsbesuchs von Yoon in Berlin zur Solidarität aufgerufen.

Gewerkschafter:innnen von IG Metall und ver.di unterstützten den Protest. Wir , „Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin“ und IG Metall Berlin hatten gegen die alarmierenden Arbeitsbedingungen und Verletzungen der Menschenrechte in Südkorea mobilisiert. Diese dürfen interntional nicht Schule machen . Wir publizieren hier, da mehrfach darum gebeten wurde, meine Rede auf der Kundgebung.

Alarmierende Arbeitsbedingungen und Verletzungen der Menschenrechte in Südkorea! Militärisch-industrieller Komplex bedroht soziale und demokratische Errungenschaften und den Frieden!

Ich erinnere mich. Vor 7 Jahren stand ich schon an gleicher Stelle hier und habe Euch unsere Solidarität ausgedrückt. Ihr hieltet viele Plakate hoch auf denen stand „Park verpiss dich“. Es ging darum, die undemokratische korrupte Präsidentin namens Park aus dem Amt zu verjagen. Park war direkte Vertreterin der mit den USA eng verbandelten Militär- und Industrieelite Südkoreas und setzte deren Interessen rigoros mit allen Mitteln durch.

Am 26.November 2016 demonstrierten 2 Mio. Menschen in Seoul. Allein an diesem Tag sollen 330 tausend Polizisten sie begleitetet haben. Bis zum Rücktritt von Park sollen sich bis zu 15 Millionen an den Protesten beteiligt haben. Was mich damals am meisten beeindruckt hatte und ich immer wieder deutschen Kolleg:innen erzähle. Der bis an die Zähne bewaffnete von Park und ihrer Clique kontrollierte staatliche Machtapparat erstarrte regelrecht zur Salzsäule angesichts der puren Menge von Menschen, die diszipliniert demonstrierten, Woche für Woche, bis dieses „Scheusal“ , wie ihr die Präsidentin damals nanntet – zurücktreten musste und sogar verurteilt wurde.

Es gab aber noch einen zweiten Punkt, warum Eure friedliche Massenrevolte letztlich erfolgreich war und was mich als Gewerkschafter besonders interessierte. Die meisten Kolleg:innen an den Schaltstellen von Produktion und Koordination streikten mit und beteiligten sich in großer Zahl an den Protesten. So sollen zum Beispiel während der Demonstrationen alle Rechenzentren des Landes ausser Betrieb gesetzt bzw. in den Dienst der Demonstranten gestellt worden sein. Der Gegner strampelte mit den Beinen wie ein Käfer der mit dem Rücken auf dem Boden liegt.

Eure Kerzenlichtrevolte war und ist eine Geschichte, die allen Arbeiter- und Gewerkschafter:innen Mut machen kann. Also sollten wir nicht müde werden, sie zu erzählen.

Es folgte ein demokratischer Frühling. Wenn ich Euch traf, sah ich in entspannte Gesichter. Statt ständiger Furcht vor einem Krieg mit dem Norden machte sich Hoffnung auf eine friedliche Wiedervereinigung breit. Gewerkschafter:innen und andere politische Oppositionelle wurden aus den Gefängnissen entlassen. Es wurden mehr reguläre Arbeitsplätze geschaffen, die Zahl der irregulären Beschäftigungsverhältnisse verringert und der Mindestlohn erhöht.

Allerdings denke ich, wurde eine wichtige historische Lehre zu wenig beachtet.

Südkorea hat eine Industrie von immenser Größe und Kapitalkonzentration aufgebaut, die in ganz besonderer Weise mit Rüstungsproduktion durchdrungen und mit dem US Militärapparat verwoben ist.

„Südkorea ist nach China der zweitgrösste Schiffbauer der Welt. Samsung und LG Electronics gehören zu den global führenden Elektronikkonzernen; Autobauer wie Hyundai und Kia exportieren weltweit. Diese Kompetenzen und Kapazitäten kommen auch der Rüstungsindustrie zugute“ , schreibt das Handelsblatt: „Grosse Konzerne sind sowohl zivil als auch militärisch tätig: So wird der K2-Panzer von Hyundai Rotem gebaut, einer Firma des Hyundai-Konzerns. Und Hanwha Aerospace, Südkoreas grösster Rüstungsproduzent, ist Teil der breit diversifizierten Hanwha-Gruppe.“

Ich nenne nur ein Beispiel, das den Stellenwert der Rüstungsindustrie in Südkorea besonders deutllich belegt: Zu Jahresbeginn 2024 sprang Südkorea mit 330.000 Artilleriegranaten der Ukraine zu Hilfe. Damit hat das kleine Südkorea das große Europa als größten Lieferanten von Artilleriegranaten für die Ukraine abgelöst .

Lässt sich eine solche das ganze Land durchziehende ökonomische Macht auf Dauer beiseite schieben? Oder drängt dieser alles durchdringende industrielle militärische Komplex nicht unaufhörlich darauf, seine politische Macht zu restaurieren, dominant wie seinerzeit unter der verjagten Präsidentin Park ?

„Frieden“ verdirbt doch geradezu das Geschäftsmodell. Entspannung passt so gar nicht in das geostrategische Konzept der einflussreichen Freunde über dem Teich.

Und je mehr Rüstung produziert wird, desto größer der Anteil an Produkten, die die Menschen nicht zum Leben brauchen. Panzer, Granaten und U-Boote können auch Südkoreaner:innen nicht essen. Um den Lebensunterhalt zu bestreiten. müssen also Arbeit und Ausbeutungsgrad zwangsläufig ausgedehnt werden.

Das alles erleben wir zur Zeit in Eurem Land.

Der heutige Präsident Yoon hat die Wahl vor knapp zwei Jahren hauchdünn mit 0,7 % gewonnen.

Mit beispielloser Unterstützung des militärisch industriellen Komplexes und einer korrupten Presse. Nach einem Wahlkampf, den sie als wüste Schlammschlacht gegen ihre demokratischen Gegner führten..

Seitdem werden die Ergebnisse eurer Kerzenlichtrevolte gnadenlos zurückgedreht.

Massive Angriffe auf Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten. Arbeitszeiten von 52 Stunden die Woche sollen auf 69 erhöht werden. Wer den neu eingeleiteten Konfrontations- und Militarisierungskurs nicht unterstützt, wird diffamiert und kriminalisiert. Büros von Gewerkschaften und der oppositionellen Partei werden gestürmt und durchsucht. Streikende Kolleg:innen werden wieder willkürlich verhaftet. Gewerkschaftliche und demokratische Strukturen zerschlagen.

Yoons Vorhaben, die wöchentliche Arbeitszeit von maximal 52 zu zementieren und weiter auf “unmenschliche” 69 Stunden zu erhöhen, stieß auf erbitterten Widerstand der Beschäftigten und Gewerkschaften.Viele Jugendliche revoltierten gegen den 69 Stundeplan. Im Juli 2023 rief der Koreanische Gewerkschaftsbund KCTU zu einem 2 wöchigen Generalstreik auf. Die Antwort von Yoon’s Regierung war, die Repressionsschraube weiter anzudrehen!

Was wir bei Euch erleben ist unsere eigene Geschichte in Deutschland. Nach zwei Weltkriegen und dem Hitlerfaschismus wusste man in Deutschland, welche Gefahren von einem mächtigen militärisch industriellen Komplex ausgehen. „Nie wieder „ hieß es und Firmen wie das IG Farben Konglomerat wurden zerschlagen.

Aber auch hier bei uns werden aktuell die Lehren aus der Geschichte zurückgedrängt. Die Entwicklung in Südkorea wird als beispielhaft propagiert. Laut Präsident Yoon ist Südkorea auf dem Weg zum viertgrössten Waffenexporteur der Welt. Professor Sheen der Seoul National University, spricht es ungeniert aus: «Der Krieg in der Ukraine hat der südkoreanischen Rüstungsindustrie mächtig Schub verliehen.» Was für ein Jubel? Man hört förmlich wie die Vorsitzende des Deutschen Verteidigungsausschusses Strack Zimmermann da mit der Zunge schnalzt.

In diesem Augenblick, wo ich hier meine Rede halte, wird auf der „Sicherheitskonferenz“ in München intensiv beraten, wie Deutschland und die EU dem Beispiel Südkoreas folgen und selbst wieder eine mächtige industrielle Rüstungsindustrie hochziehen können.

Auch hier bei uns erleben wir wieder Diffamierung, wenn man sich gegen statt für den Krieg ausspricht. Auch wenn unsere Arbeitsverhältnisse noch längst nicht mit denen in Südkorea vergleichbar sind, auch bei uns liegen Pläne bereit, den 12 Stundentag wieder einzuführen und das Rentenalter massiv hochzusetzen. Die Krake Militarismus frisst sich sich bei uns in alle Lebensbereiche immer tiefer ein. Sie untergräbt bei uns wie bei Euch die Arbeits- und Lebensstandards der großen Mehrheit der Beschäftigten. Der Präsident des ifo Instituts meinte gestern, dass wir alle uns darauf einstellen müssen, den Gürtel enger zu schnallen. Die Zeitenwende gäbe eben es nicht zum Nulltarif.

Ihr werdet Eure Kerzenlichterrevoltuion wiederholen müssen. Dass sie möglich ist, dass sie erfolgreich sein kann, wenn die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung millionenfach aufsteht und die Beschäftigten an den Schaltstellen des Systems den Dienst verweigern, das habt ihr Euch und uns schon bewiesen.

Aber bitte beim nächstenmal müsst ihr auch an die Umstellung und Demokratisierung der Wirtschaft ran. Diese Krake des industriellen-militärischen Komplexes muss zerschlagen werden, damit unsere Revolte, Demokratie und Menschenrecht nachhaltig bleiben.

Die Notwendigkeit einer solchen Revolte zeichnet sich auch bei uns in Deutschland ab. Aber die Menschen in ihrer breiten demokratischen Mehrheit müssen es wollen. Vor allem sie müssen es sich zutrauen. Dazu müssen wir ihnen Eure Geschichte von der Kerzenlichtrevolution erzählen, voneinander lernen, und sie breit unter die Leute streuen !

Solidarische Grüße im Namen der IG Metall Berlin , des Arbeitskreis Interntionalismus IG Metall Berlin und des Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin

Wo die Billigmode der Generation TikTok genäht wird – Schuften für Shein

Von Public Eye

Mit einer riesigen Palette an unverschämt günstigen Artikeln und offensivem Auftritt in sozialen Netzwerken läuft der Onlinekleiderhändler Shein Branchengrössen wie H&M und Zara in der Gunst um Geld und Gefühle junger Frauen den Rang ab.

So grell die Marke auftritt, so undurchsichtig bleibt die Firma dahinter. Eine Spurensuche – bis in die verwinkelten Gassen der chinesischen Millionenstadt Guangzhou, wo Tausende von Arbeiter*innen bis zu zwölf Stunden am Tag den Stoff vernähen, aus dem die Teenie-Träume sind.

Willie Gomez ist total begeistert. Er finde es grossartig, sagt der Popsänger aus der Karibik, dass Shein eine «so inklusive» Show auf die Beine gestellt habe, eine, in der «alle Ethnien, alle Formen und Grössen» vertreten seien. Schnitt. Wir sind jetzt im Backstage, «ich bin bereit», sagt Willie unter seiner Maske, «los geht’s».

Wieder Schnitt. Willie Gomez steigt aus einem Cadillac und schickt sich an, unter grossem körperlichem Einsatz eine Latino-Schnulze zu intonieren – begleitet von einer rasch wechselnden Schar extravagant gekleideter Tänzer*innen, sorgsam selektioniert nach der Prämisse der Diversität, gross und klein, dick und dünn, ein Panorama an Herkünften und Hautfarben.

Nach Willy Gomez tritt Blu Detiger auf, eine Sängerin und Bassgitarristin aus New York, die findet, Shein revolutioniere das Verständnis davon, «was eine Fashion-Show sein kann». Der Dancefloor ist begrenzt durch farbige Neonröhren, sonst ist alles schwarz, bis auf den riesigen, weissen Shein-Schriftzug am Boden. Publikum gibt es nicht. Dieser Ort könnte überall sein – oder nirgends.

Der «Shein X Rock the Runway» solle «die Dynamik der Mode, die Energie der Musik und die Kraft des Tanzes» vereinen, heisst es im Intro der Show, die Ende September live über Youtube, Instagram und die App von Shein ausgestrahlt wird.

Auf deren Webseite können an den Tagen danach in der Kategorie #SHEINXRockTheRunway bis zu 6000 verschiedene Kleidungsstücke bestellt werden – bis der Menüpunkt zehn Tage nach Ausstrahlung des Streams plötzlich wieder verschwindet.

«DAILY NEW»: An diesem Tag wurden 8017 neue Produkte in den Shop gestellt.

Doch die Auswahl bleibt beileibe gross genug. An einem Mittwochnachmittag Anfang Oktober finden sich in der Kategorie «Frauenbekleidung» 259’264 Produkte. In «Plus Size» sind es über 78’000, unter «Männerbekleidung» noch gut 32’000 Artikel. Auch nach «täglichen Neuheiten» lassen sich die Artikel filtern. Denn, so steht da geschrieben:

Solch schräge Formulierungen finden sich auf der Shein-Webseite zuhauf. Offensichtlich hat diese Firma andere Prioritäten, als Maschinenübersetzungen zu redigieren.

6753 Produkte sind an diesem Tag neu reingekommen: Zweiteiler und Jeans, Leggins und Tops, präsentiert von kurvigen Frauen mit dicken Lippen und schmalen Taillen, oft in lasziven Posen, zuweilen hart an der Grenze zum Vulgären. Das Trägertop mit Zebrastreifen kostet 8 Franken, die Jeansjacke mit Puffärmeln 22. Das teuerste Kleidungsstück, das an diesem Tag neu in den Shop gestellt wird, ein Trenchcoat mit Schlangenhautmuster, kostet 65 Franken. Zwei Drittel der Tagesneuheiten sind für weniger als 20 Franken zu haben.

Wo sind wir hier gelandet? Wer ist Shein?

Diese Frage stellten sich wohl ziemlich viele Menschen zum ersten Mal im Mai dieses Jahres – als berichtet wurde, die Shein-App habe in den USA soeben jene von Amazon als die am häufigsten heruntergeladene Shopping-App abgelöst.

Von den meisten über Dreissigjährigen gänzlich unbemerkt hat sich der Konzern in kurzer Zeit zu einem Giganten im Onlinekleidermarkt entwickelt, wie sich auch an Follower-Zahlen auf den sozialen Netzwerken zeigt. Stand Anfang Oktober: 22 Millionen Abonnent*innen auf Instagram und 23 Millionen auf Facebook (je rund halb so viele wie H&M und Zara), 2,8 Millionen auf TikTok (ein Vielfaches der beiden Konkurrentinnen).

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