Kiezdemo im Wedding macht mobil für „Löhne erhöhen, Mieten senken und Frieden schaffen.“

Am Vorabend zum 1.Mai: die schon traditionelle Kiezdemo von „Hände weg vom Wedding“ machte mobil für „Löhne erhöhen, Mieten senken und Frieden schaffen.“ Antikapitalistisch, sozial, gewerkschaftlich, friedenspolitisch und internationalistisch. Nah an den Menschen im schönsten Kiez, wie viele sagen, von Berlin Mitte. 750 Teinehmer:innen (laut Polizei mehr als 500). Viel Zuspruch und auch Beifall aus Häusern der Nachbarschaft und von Vorbeilaufenden.

Wir selbst aus dem Kiez Umfeld waren dabei und haben als Gewerkschafter:innen und IG Metaller:innen begrüßt, dass der Zusammenhang zwischen den Angriffen auf unsere sozialen, ökologischen und kulturellen Lebensgrundlagen und dem massiven Aufrüstungs- und Kriegskurs umfassend themasiert wurde. Ebenso die damit verbundenen Einschränkungen demokratischer Rechte, das rasante Vorrücken von Rassismus und Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft. Anders als auf der DGB Demo am Folgetag wurde beim Thema Kriegskurs insbesondere zum Genozid in Gaza nicht weggeschwiegen. Ganz und gar kein Bückling vor der imperialen deutschen Staatsräson. Höhepunkt war die Zwischenkundgebung vor den Toren von Phierburg/Rheinmetall, wo gegen die geplante Umstellung auf Rüstungsproduktion protestiert wurde.

Die ganze aufklärerische und widerständige Rede des Netzwerks „Keine Rüstungsproduktion im Wedding“ seht ihr hier im Video.

Rede Netzwerk „Keine Rüstungsproduktion im Wedding“, 30.April 2025 auf der Demo „“Löhne erhöhen, Mieten senken und Frieden schaffen.“
Kommt so zahlreich wie möglich zur Demo am 10.5. 15 UhrSoziales statt Aufrüstung! Keine Rheinmetall -Waffenproduktion im Wedding!“ Alle Infos dazu hier.
Die Initiatoren schreiben selbst in der Auswertung zu ihrer Demo:

Mit Slogans wie „Hoch mit den Löhnen, runter mit der Miete!“, „100 Milliarden – Für Bildung und Gesundheit!“ und „Soziale Sicherheit – Statt Aufrüstung!“ wurde gegen den sozialen Kahlschlag, die rasant zunehmende Militarisierung sowie die desolate Wohnraumpolitik des Berliner Senats protestiert.

In diesem Jahr gab es eine Zwischenkundgebung vor den Werkstoren des Betriebes von Pierburg in Gesundbrunnen. Der ehemalige Automobilzulieferer wurde schon vor einigen Jahren von Rheinmetall – dem größten deutschen Rüstungskonzern – aufgekauft. Bislang war die Produktion dort eine zivile, doch das soll sich nun ändern: Rheinmetall gab unlängst bekannt, am Berliner Standort auf militärische Produktion umstellen zu wollen.

„Wir protestieren dagegen, dass in unserer Nachbarschaft mit der Herstellung von Waffen Kasse gemacht werden kann, während für uns immer weniger vom Lohn übrig bleibt und viele ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Die Kriegsmaschinerie, gefüttert mit unseren Geldern und zu Lasten unserer sozialen Sicherheit, produziert nun auch im Wedding“, so Ruth Sperber, Pressesprecherin von „Hände weg vom Wedding“. 

Auch nach der Demonstration wird es weiterhin Aktionen gegen Aufrüstung, Sozialabbau und der Rüstungsproduktion im Gesundbrunnen und darüber hinaus geben. Dies ist dringend notwendig.

„Während Milliarden in Aufrüstung fließen, wird bei fast allen sozialen Trägern gekürzt. Seit 2001 heißt es, für Soziales sei kein Geld da, doch die Sparpolitik hat die Schulden nicht gesenkt, nur die Versorgung verschlechtert. Über 20.000 Menschen warten durschnittlich 3 Jahre in Wohnungslosenheimen. Hilfe in sozialen Notlagen ist so nicht mehr gewährleistet. Der Sozialstaat wird zur Warteliste und zugunsten von Krieg weiter demontiert.“, stellt Marc Spiewak, Pressesprecher von „Hände weg vom Wedding!“, fest.

Trotz des massiven Aufgebotes der Berliner Polizei verlief die Demonstration dank des deeskalierenden Auftretens der Stadtteilorganisation störungsfrei.

Fotos und Video: Peter Vlatten

Der „Geist von Saigon“ schwebt über Kiew

Am 30. April hat sich vor genau einem halben Jahrhundert Vietnam vom imperialen Joch der USA und seinem bankrotten Satellitenregime in Saigon befreit. Ein Freuden- und Gedenkfeiertag für alle Vietnames:innen. Nicht so für Selenskij, für den diese Befreiung Grund für eine Warnung ist. Aber Geschichtsrevisionismus und Verbiegung von Gedenktagen feiern ja gerade Hochkonjunktur auch in Deutschland. Ungewollt hat sich Selenskij mit seiner Gleichsetzung als „Erfüllungsgehilfe“ der USA bzw. des „Westens“ geoutet. Unsere vietnamesische Korrespondentin Cathrin Karras hat dazu eine klare Meinung.(Peter Vlatten)

Der „Geist von Saigon“ schwebt ueber Kiew

Cathrin Karras, 28.4.2025

In der Ukraine werden Darstellungen des Zusammenbruchs der von den USA unterstuetzten Regierung in Suedvietnam 1975 unverhohlen als Mahnung an die US-Regierung herangezogen, ein aehnliches Ergebnis gegenueber Russland heute nicht zuzulassen.

Das regierende Regime in Kiew versucht verzweifelt, die Unterstuetzung der USA aufrechtzuerhalten, da eine Niederlage im NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine droht. Es verweist auf den Zusammenbruch der Regierung in Suedvietnam im April 1975 und warnt, dass Aehnliches auch in der Ukraine passieren koennte. Die damalige Niederlage der USA in Vietnam war ein schwerer Schlag fuer das Ansehen und die Stellung der USA in der Welt.

Solche Aeusserungen des Kiewer Regimes offenbaren die Erkenntnis, dass die Ukraine zu einem Satellitenstaat der Vereinigten Staaten geworden ist – genau wie Suedvietnam vor einem halben Jahrhundert allgemein als solcher anerkannt wurde. Damals wie heute versuchen Washington und seine Verbuendeten, ihre wirtschaftliche und militaerische Dominanz in der Welt zu behaupten.

Die ukrainischen Medien berichten ausfuehrlich ueber den bevorstehenden 30. April. An diesem Tag vor 50 Jahren endete der quasi-genozidale Amerikanische Krieg (wie er in Vietnam genannt wird) endgueltig. An diesem Tag verfolgte die Welt in den Medien den Fall Saigons. Bilder von der Evakuierung der letzten US-Soldaten und ihrer Kollaborateure per Hubschrauber vom Dach der US-Botschaft waren weltweit zu sehen.

Doch in der ultranationalistischen Ukraine – deren territoriale Kontrolle ueber die Ost- und Suedukraine weiter schrumpft – werden Darstellungen von 1975 nun unverschaemt als Mahnung an die US-Regierung herangezogen, ein aehnliches Ergebnis gegenüber Russland heute nicht zulassen zu duerfen. Die USA seien verpflichtet, die Ukraine mit genuegend Waffen und militaerischer Unterstuetzung zu versorgen, um eine militaerische Niederlage im NATO-Stellvertreterkrieg zu verhindern.

Die ukrainische Onlinezeitung Strana schrieb am 6. April, dass Kiew heute ebenso machtlos sei wie Saigon damals, die militaerischen Entscheidungen der USA zu beeinflussen. Sie weist auf die Aehnlichkeiten im Korruptionsgrad der suedvietnamesischen und ukrainischen Behoerden hin. Suedvietnam war fuer sein Ueberleben vollstaendig von westlicher Finanzhilfe abhaengig, und die Ukraine bietet im Jahr 2025 ein aehnliches Bild.

Schon vor einem Jahr raeumte Oleksiy Arestovich, ein ehemaliger Berater des ukrainischen Praesidialamts, der heute im US-Exil lebt, ein, dass die Ukraine fuer die USA das heutige Suedvietnam sei. Die USA haetten Suedvietnam nicht „retten“ koennen und wuerden das Kiewer Regime auch nicht retten koennen, sagte er in einem Interview. Auch der ukrainische Oekonom Oleksiy Kushch zieht eine Parallele zwischen der Ukraine und Suedvietnam und erinnerte seine Leser am 3. April auf Telegram daran, dass die USA stets ihre eigenen Interessen priorisieren.

Der ehemalige ukrainische Abgeordnete Artem Dmytruk betonte, Kiews Problem sei, dass die Machthaber in der Ukraine die Geschichte nicht kennen und auf unbegrenzte Unterstuetzung der USA angewiesen seien. „Nur wenige Machthaber in der Ukraine kennen die Geschichte; sie wollen sie nicht kennen. Sie wissen nichts ueber Vietnam, Afghanistan und den Irak. Wenn ein Verbuendeter fuer Amerika nicht mehr nuetzlich und notwendig ist, gibt es ihn im Austausch fuer eine Art Abkommen auf“, schrieb er aus dem Exil in London.

Titelbild: Collage Peter Vlatten

Rechtsextremisten aus Russland in Berlin

Zweifelhaftes Freiwilligenkorps und deutsche Neonazis bei Demonstration mit Julia Nawalnaja

Von Andreas Fritsche

Bild: Jochen Gester. RDK am Potsdamer Platz

Als am 1. März in Berlin Russen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin demonstrierten, waren da rechtsextremistische Russische Freiwilligenkorps und die Neonazipartei »Dritter Weg« mit von der Partie. Das bestätigte die Senatsinnenverwaltung auf Anfrage des Abgeordneten Alexander King (BSW). »An der Demonstration am 1. März 2025 nahmen auch etwa zehn Anhänger der Partei ›Der III. Weg‹ beziehungsweise deren Parteijugend ›Nationalrevolutionäre Jugend‹ teil«, heißt es in der Antwort auf eine schriftliche Anfrage von King. »Die meisten dieser Personen haben sich in der Nähe von Teilnehmenden aufgehalten, die Symbole des Russischen Freiwilligenkorps (RDK) zeigten.«

Die Abkürzung RDK leitet sich von der russischen Bezeichnung Russkij dobrowoltscheskij korpus ab. Es handelt sich um krasse Rechtsextremisten, die sich bereits früher aus Russland abgesetzt haben und schon seit Jahren an der Seite der Ukraine im Osten des Landes kämpfen, inzwischen auch gegen die alte Heimat. 2022 soll aus diesen Freiwilligen ein eigenes Korps gebildet worden sein. Das RDK stieß auch gemeinsam mit regulären ukrainischen Truppen in der Nähe der Stadt Belgorod auf russisches Gebiet vor.

Es scheinen Angehörige des Korps extra aus der Ukraine zu der Demonstration in Berlin angereist zu sein. Das wirft Fragen auf: Warum durften sie aus der Ukraine ausreisen? Das gestattet der ukrainische Geheimdienst Männern im wehrfähigen Alter dem Vernehmen nach nur noch, wenn es den Interessen des Staates dient. Außerdem: Warum durften die russischen Rechtsextremisten nach Deutschland einreisen?

Dass solche Russen anderswo sogar in deutschen Wehrmachtsuniformen posieren oder sich mit dem Reichsadler auf dem T-Shirt zeigen, sorgt bei manchen Ukrainern für Verstimmung und die beklommene Frage, was für zweifelhafte Verbündete da zusammen mit den eigenen Soldaten die russische Invasion bekämpfen. Immerhin sind im Zweiten Weltkrieg acht bis zehn Millionen Ukrainer umgekommen – ein Viertel der Bevölkerung der ukrainischen Sowjetrepublik, darunter fünf Millionen Zivilisten und 1,5 von drei Millionen ukrainischen Juden. 7000 Städte und 28 000 Dörfer sind verwüstet, Zigtausende Betriebe, Schulen und Brücken zerstört worden. Mehr als sechs Millionen Ukrainer kämpften in der Roten Armee gegen Hitler und weitere 250 000 in anderen Armeen. Diese Zahlen nannte der damalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk am 8. Mai 2022 zum Tag der Befreiung vom Faschismus im brandenburgischen Landtag.

»Hier in Berlin können zwar russische Nazis mit allen Emblemen ihrer Gesinnung, mit Schild und Schwert und Wolfsangel demonstrieren. Aber am Tag des Sieges die sowjetische Flagge zeigen, das geht nicht.« Alexander King BSW-Abgeordneter

Aufgerufen zu der Demonstration am 1. März 2025 vom Potsdamer Platz zur russischen Botschaft in der Straße Unter den Linden und weiter zum Pariser Platz hatte Julia Nawalnaja, die Witwe des Oppositionellen Alexej Nawalny. Der ist dadurch bekannt geworden, dass er Korruptionsfälle anprangerte, war aber viele Jahre zuvor auch mit nationalistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen negativ aufgefallen.

Die Demonstration war für 3000 Teilnehmer angemeldet. Nach Angaben der Veranstalter sollen es dann tatsächlich 3500 gewesen sein. Die Polizei sprach dagegen von rund 800 Menschen, die am Potsdamer Platz losgelaufen seien, und noch etwa 500, die bis zur Abschlusskundgebung am Pariser Platz dabei geblieben seien. Die Polizei wusste seit dem 20. Februar aus einem Gespräch mit dem Anmelder der Demonstration, »dass Angehörige des RDK mit seinem Einverständnis an der Versammlung teilnehmen würden«. Das Kooperationsgespräch mit ihm sei »in einer konstruktiven Atmosphäre« verlaufen. Die Polizei habe sich mit ihm auf ein die Teilnahme ermöglichendes Verfahren verständigt. So heißt es in der Antwort auf die Fragen des BSW-Abgeordneten King.

An dem Aufzug hätten dann Personen teilgenommen, die ihre Solidarität mit dem RDK »störungsfrei zum Ausdruck brachten beziehungsweise diesem zuzurechnen sind«. Dies sei durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt. »Gründe für eine Veränderung der Verfahrensweise sind seitens des Senats derzeit nicht ersichtlich.«

Für den Abgeordneten King bedeutet das: Es laufen in der Demonstration russische Rechtsextremisten und deutsche Neonazis mit und die Veranstalter um Frau Nawalnaja finden das nicht problematisch, »die Berliner Polizei auch nicht«.

King erinnert das an eine Debatte am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. Da sei darüber beraten worden, wie man es hinbekomme, die Feiern zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai so hinzubekommen, dass Russland und die Sowjetunion dabei möglichst keine Rolle spielen. »Der Versuch, Russland und der Sowjetunion aus dem Weg zu gehen, nimmt teilweise groteske und bedenkliche Formen an«, reagierte King. »Hier in Berlin können zwar russische Nazis mit allen Emblemen ihrer Gesinnung, mit Schild und Schwert und Wolfsangel demonstrieren, wie neulich am Potsdamer Platz.
Aber am Tag des Sieges die sowjetische Flagge, Hammer und Sichel, zeigen, das geht nicht. Das war zuletzt verboten. Ich finde das geschichtsvergessen.«

Schon in den Jahren 2022 bis 2024 hatte die Berliner Polizei zum Tag der Befreiung am 8. Mai und zum Tag des Sieges am 9. Mai an den sowjetischen Ehrenmalen im Treptower Park, in der Schönholzer Heide und im Tiergarten nicht nur russische, sondern auch sowjetische Fahnen und Symbole verboten.

Deshalb verzichtete die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes darauf, wie gewohnt an diesen Tagen im Treptower Park die Flaggen der alliierten Siegermächte Sowjetunion, USA, Großbritannien und Frankreich aufzustellen. Polizisten kontrollierten an den Eingängen die Einhaltung der Vorschriften. Es sind aber doch kleine russische und sowjetische Fahnen hineingeschmuggelt worden.

Erstveröffentlicht im nd v. 2.4. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190240.russisches-freiwilligenkorps-rechtsextremisten-aus-russland-in-berlin.html

Wir danken für das Publikationsrecht.

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