„In Deutschland wird niemand obdachlos“ – in welcher Realität lebt dieser Kanzler eigentlich?

„In Deutschland wird niemand obdachlos“. Wieder so eine – von sozialer Kälte strotzende – realitätsferne Zweckbehauptung des deutschen Kanzlers, der mit einer Partei koaliert, die das Wörtchen „sozial“ in ihrem Namen trägt.

In Deutschland wird niemand obdachlos?

U. schreibt dazu: „Ich beziehe 1 Jahr Bürgergeld, mir wurden alle Anträge auf Übernahme der Miete, selbst die „angemessene“, abgelehnt. Meine Wohnung habe ich verloren, ebenso eine neue Wohnung, die zwar günstiger, aber immer noch „unangemessen“ war. Denn ich wusste nicht, dass ich eine Genehmigung brauchte. Derzeit bin ich in einer Klinik, aber sobald ich diese verlasse, bin ich ohne Obdach. Die Übernahme von Hostel-Kosten wurde ebenfalls abgelehnt.“

„Ich unterhalte mich oft auch mit Obdachlosen. Genau solche Geschichten wie die von U. erzählen einem die Leute, die auf der Strasse leben, immer wieder.“

„Viele Süchtige kommen aus der Langzeittherapie raus, zack Wohnung weg, werden obdachlos und werden wieder rückfällig.“

A. meint dazu: „Hier könnte Friedrich mit einer sozialeren Politik viel tun, um das Stadtbild zu verbessern.“

„Ich war obdachlos! Und warum? Mit 18 war die Jugendhilfe vorbei, nach Hause konnte ich nicht, aber Vermietern war ich zu jung. „In dem Alter macht ihr noch zu viel Blödsinn.“, „Du musst kriminell sein, wenn du in deinen jungen Jahren nicht bei Mami wohnen darfst.“ (Ich hab nichts erzählt, war seine persönliche Annahme), „In deinem Alter gibt es nur Party und Eskalation, das will doch niemand.“ Es dauerte ewig bis ich eine Wohnung gefunden hatte in der ich willkommen war und das nur wegen dem Alter.“

Seit Jahren wird der Bau von mehr Wohnungen versprochen. In der Realität Pustekuchen. Gerade für Jugendliche eine neue Wohnung zu finden, ist in Berlin nahezu unmöglich. Statt Wohnungen werden jetzt aber mit voller Power an 120 Bundeswehrstandorten 270 neue Unterkunftsgebäude hochgezogen, um für den „Krisenfall die benötigte Anzahl junger Männer“ unterbringen zu können.

L. kommentiert die sozialen Gegensätze: „Aber ja, der Friedrich, der 12000 Euro für den Friseur zur Verfügung stehen hat, weiß es ja besser: In Deutschland wird niemand obdachlos.“

Kanzler Merz inszeniert sich – wie sooft Politiker der politischen „Mitte“ – gern mal als Brandmauer gegen die AFD. Inhaltlich und faktisch verschiebt er den politischen Diskurs aber ganz weit nach rechts. Nicht nur in der Migrationspolitik. Auch in der Unterstützung der Kriegspolitik Israels, das nur die „Drecksarbeit“ für Deutschland mitmache. Zum ganz rechten Diskurs gehört auch, soziale Probleme einfach wegzuleugnen, um anschliessend umso leichter die Axt an den sozialen Aufgaben des Staates anlegen zu können. Geld und Kapazitäten werden schließlich wo anders gebraucht. Zum Beispiel für Kasernen und Bunker statt Wohnungen!

Es müssen menschenwürdige Lösungen und Unterkünfte her. Merz versucht das mit seiner Rethorik zu umgehen. Wenn wir echte menschenunwürdige Probleme im Stadtbild haben, dann gehört gerade Merz mit zu den Verursachern! Sein Motto: „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Die Betroffenen sind schuld. Weg mit den Flüchtlingen, zurück in Ihre Länder. Aber wohin mit den Obdachlosen, wenn es sie trotzdem gibt? Wohin will er mit Ihnen?

aktuell: Wehrpflicht "freiwillig", solange genügend willig sind! 



Titelbild: Foto Jochen Gester, Ausschnitt

So kann es nicht weitergehen

Von Lothar Schröter

Fabian Scheidler wünscht sich Friedens­tüchtigkeit und ist damit in einer Welt der Kriegs­tüchtigen ziemlich einsam

Eine Voraussage vorweg: Dieses Buch wird vermutlich vielen hierzulande nicht genehm sein – nicht den Herrschenden und deren Sprechern in Presse, Funk, Fernsehen und auch nicht in der politikwissenschaftlichen Zunft, vermutlich ebenso einigen Linken nicht. Denn die hier ausgesprochenen Wahrheiten passen nur schwer zur Kriegslogik der einen und zum Opportunismus der anderen.

Fabian Scheidler, Friedenskämpfer und Antimilitarist, zudem ein ökologisch denkender und handelnder Mensch, breitet Fakten aus, die weder den Unionsparteien CDU und CSU noch den bedeutungslosen, aber via Marie-Agnes Strack-Zimmermann umso lautstarker auftretenden Liberalen ins Konzept passen und auch nicht dem Führungspersonal der ihren Ursprung schamlos negierenden, besonders aufrüstungs- und kriegsaffinen Führungsriege der Grünen.

Hingegen hielt es die IG Metall bereits 2009 für angemessen, den 1968 in Bochum geborenen Publizisten und Dramaturgen, der unter anderem viele Jahre für das Grips-Theater in Berlin gearbeitet hat und für Attac tätig war, aufgrund seiner kritischen Texte mit ihrem Otto-Brenner-Preis auszuzeichnen.

Allein schon der Titel dieses Bandes ist sympathisch: »Friedenstüchtig«. Ein klares Bekenntnis wider das inflationär gebrauchte und Hirne vernebelnde Wort der »Kriegstüchtigkeit«, die zu erreichen sei. Und zugleich ein aktueller Beitrag zur Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland.

Erstveröffentlicht im nd v. 18.10. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194844.frankfurter-buchmesse-so-kann-es-nicht-weitergehen.html

Wir danken für das Publikationsrecht.

Link zum Promediaverlag:
https://mediashop.at/buecher/friedenstuechtig/

Von Kürzungen zu #unkürzbar!

Ein Flugblatt am 10. Oktober, dass viele überzeugt. Uns auch. Eine schlüssige Strategie, mit der wir bei unseren Protesten vom Fleck kommen .(Peter Vlatten)

Arbeiterinnenmacht-Flugblatt, Infomail 1294, 10. Oktober 2025

Kürzungen sind für Berliner Kulturschaffende und sozial Arbeitende nichts Neues. Der Senat verfolgt dabei seit Jahren dieselbe Strategie – mit Erfolg. Kürzungen werden angedroht, nach Protesten teilweise zurückgenommen, zwischen den Bereichen hin- und hergeschoben und letztlich doch durchgesetzt. Es wird selektiv verhandelt, und Bereiche werden gegeneinander ausgespielt – Soziales gegen Kultur, Klein gegen Groß. Währenddessen vertröstet der Senat oder informiert gleich gar nicht. Das zeigt Wirkung: Wenn der Senat kürzen wollte, kürzte er. Bisher.

Was können wir dieser Strategie entgegensetzen? Wie werden wir wirklich #unkürzbar?

Zunächst muss man leider bilanzieren: Demonstrationen und Veranstaltungen werden vom Senat einfach in diese Strategie integriert. Lautstarke Versammlungen vor dem Abgeordnetenhaus und Versuche einer medialen Druckkampagne sind dem Senat sicher unangenehm, hinderten ihn jedoch bisher nicht daran, die Axt anzulegen. Einzelne Kürzungsvorhaben wurden zurückgenommen, teilweise in reduzierter Form durchgesetzt.

Schon letztes Jahr wurde gekürzt – doch diese Angriffe sind kein Zufall. Sie sind Ausdruck der Krise des deutschen Imperialismus und Vorboten eines Generalangriffs auf unsere Lebensbedingungen. Wenn wir dem etwas entgegensetzen wollen, müssen wir uns gut organisieren und vorbereiten!

Wir müssen den Senat endlich dort treffen, wo es wehtut!

Wir sind nicht die Autoindustrie. Wir sind keine Fluglots:innen. Einzelne Arbeitsniederlegungen und symbolische Schließtage bauen keinen Druck auf den Senat auf. Echten Widerstand können wir nur aufbauen, wenn wir wirklich zusammenarbeiten – und uns nicht spalten lassen! Das heißt konkret: Einzelne Projekte dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, große Träger nicht gegen kleine. Wenn wir uns spalten lassen, spielt das nur dem Senat in die Hände.

Das heißt: Über Betriebe hinweg, über Bereiche hinweg – mit Solidaritätsstreiks! Denn selbst wenn alle Lehrer:innen, Kulturschaffenden und Sozialarbeiter:innen streiken, wird das nicht reichen. Aber die BVG, die BSR, die Krankenhäuser – sie alle sind indirekt von den Kürzungen betroffen. Wenn wir uns zusammenschließen und gegenseitig stärken, können wir mehr Druck aufbauen als der Senat aushalten kann!

Da müssen wir erst mal hinkommen. Das bedeutet unter anderem: unsere eigenen Kolleg:innen informieren, in anderen Betrieben informieren, Betriebsgruppen aufbauen, unsere Gewerkschaften dazu bringen, eine Kampagne zu starten. All das ist möglich. Die Erzieher:innen haben es uns letztes Jahr vorgemacht!

Das funktioniert nicht ohne eine Koordination aller Anstrengungen gegen die Kürzungsoffensive – mindestens auf berlinweiter, besser auf nationaler Ebene. Ein Aktionsbündnis anstelle mehrerer kleinerer Bündnisse, die unterschiedliche Bereiche vertreten! So brechen wir die Hinhalte- und Spaltungstaktik des Senats!

Geld für Soziales und Kultur statt für Krieg und Aufrüstung!

Wenn wir nicht wollen, dass mehr und mehr weggekürzt wird, müssen wir dabei nicht nur gegen die Kürzungen, sondern auch für konkrete Verbesserungen eintreten – etwa für einen höheren Mindestlohn, kürzere Arbeitszeiten oder bessere Personalschlüssel. Ein Kampf gegen die Kürzungen funktioniert nicht, ohne zu benennen, worin die Gründe für den Kahlschlag im Sozial- und Kulturbereich liegen: Die beispiellose Militarisierung, die derzeit betrieben wird und von der die Reichen weiter profitieren, ist direkt verantwortlich für unsere Misere.

Wir müssen fordern: Geld für Soziales und Kultur statt für Aufrüstung und Krieg – und uns doppelt organisieren! Einerseits gegen die Angriffe des Senats, andererseits in den Gewerkschaften, um gemeinsam für eine Politik ohne Kürzungen und Krieg zu kämpfen, gegen die Politik der Sozialpartnerschaft, die aktuell dort vorherrscht.

Keine Kürzungen, nirgendwo! Erstreiken wir uns unsere Zukunft! Gemeinsam auf die Straße – für ein großes Aktionsbündnis und flächendeckende Mobilisierungen der Gewerkschaften!

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