Nie sicher genug

Gehören Ausbeutung und Polizeigewalt nicht auch zur Unsicherheit, fragt Yossi Bartal.

Yossi Bartal 16.06.2024, ND

Ausgerechnet in einer gleichgeschlechtlichen Sauna habe ich kurz vor der Europawahl Sahra Wagenknecht zu Gesicht bekommen. Leider nicht persönlich, aber ihr Bild mit zurückgekämmtem Haar und einem leichten, wissenden Lächeln strahlte mir vom Cover eines kostenlosen schwulen Männermagazins entgegen, das neben der Bar auslag. »Für eine aufgeklärte Leitkultur«, stand darunter – und ich, verschwitzt nach dem letzten Aufguss, musste unbedingt weiterlesen, was die große Kritikerin liberaler Identitätspolitik dort zu sagen hatte.

Im Interview sprach sie dann überzeugend über die Schaffung von Sozialwohnungen und nicht-kirchlichen Altersheimen als wichtige Elemente im Kampf gegen LGBT-Diskriminierung. Die größte Gefahr für Homosexuelle hierzulande verortete sie dennoch ganz unmaterialistisch in den »radikalen Spielarten des Islam«. Anscheinend gäbe es sogar »Stadtviertel, in denen sich Homosexuelle nicht auf die Straße trauen«. Welche das sein sollen, wurde nicht weiter erläutert. Aber als Neuköllner habe ich so ein Gefühl, hier wollte die ehemalige Linke der kulturkämpferischen Marotte nachgehen, Minderheiten gegeneinander auszuspielen.

Wagenknecht ist nicht allein. Tatsächlich wird in den Medien oft die Vorstellung verbreitet, mein migrantisch geprägter Bezirk sei eine No-Go-Area für Schwule, Juden oder sogar für Frauen ohne Kopftuch. Einmal, als ich zu Recherchezwecken in Greifswald war, wo die AfD soeben mehr als ein Drittel aller Stimmen bekam, wurde ich von einem Barkeeper besorgt gefragt, ob ich keine Angst hätte, so nah an der Sonnenallee zu wohnen. Der süße blonde Mann hatte bis zu unserer Begegnung zwar noch nie einen Juden in echt getroffen, war aber fest davon überzeugt, mein Viertel, wo ich ständig auf Hebräisch-Sprechende und knutschende Queers stoße, sei für mich extrem gefährlich.

Dass mit Unsicherheit Politik gemacht wird, ist keine Neuigkeit. Konservative weltweit haben Ängste vor Straßengewalt und Armutskriminalität stets angeheizt und politisch genutzt, um nach dem starken, strafenden Staat zu rufen. Heute wird jedoch im gesamten politischen Spektrum mit Gefühlen der Unsicherheit gearbeitet – obwohl wir in Europa, historisch gesehen, noch nie so sicher vor Gewaltverbrechen waren wie in den letzten zwei Jahrzehnten.

Mit diesem neuen politischen Verständnis wird zugleich sehr weit und sehr eng definiert, was uns unsicher macht: Während neben körperlicher Gewalt immer mehr eine als verletzend empfundene Sprache als Bedrohung in den Vordergrund tritt, fallen extreme Ausbeutung, Verdrängung und Polizeigewalt kaum unter die Kategorie der Unsicherheit. Dabei ist es nicht überraschend, dass einige staatlich finanzierte Projekte gegen Diskriminierung das Verhalten von Einzelpersonen auf der Straße oder online in den Fokus nehmen, anstatt sich mit institutioneller und ökonomischer Gewalt auseinanderzusetzen.

Nirgendwo wirkt diese Verschiebung im Diskurs so realitätsfern wie in meinem Kiez. Wie sonst lässt sich erklären, dass sich gerade in den Jahren, in denen das Problemviertel als schwulen- und judenfeindlich deklariert wurde, so viele Queers und Juden aus aller Welt hier niedergelassen haben? Nur in meiner Straße gibt es mehr queere Kneipen als in ganz Mecklenburg-Vorpommern, und im Bezirk leben heute mehr Juden, vor allem israelischer und amerikanischer Herkunft, als in einigen Bundesländern zusammen.

Perfekt ist nichts. Auch bei uns gibt es Rassismus, Antisemitismus und Homophobie. In den letzten acht Monaten ist zudem die Stimmung im Bezirk deutlich angespannter geworden, denn die Nachrichten aus Israel und Palästina, wo viele von uns Freunde und Verwandte haben, machen wütend. Die überproportionale Polizeipräsenz im Bezirk, die mit ihren Racial-Profiling-Methoden eher einer Besatzungsmacht ähnelt, macht jedoch niemanden sicherer. Dass in den letzten Monaten nicht nur Araber, sondern auch zahlreiche Juden Opfer von Polizeigewalt wurden, weil sie an pro-palästinensischen Demonstrationen teilnahmen, wird in deutschen Medien nicht einmal als Randnotiz erwähnt.

Wenn ich mich in meinem Freundeskreis umhöre, sind es letztendlich diese Aktionen der Polizei, neben steigenden Mieten, Kürzungen im Sozialbereich und fehlenden Fahrradwegen, die das Sicherheitsgefühl im Bezirk tatsächlich beeinträchtigen. Besorgt stellen sie jedoch fest, dass man mit keinem dieser Themen Angst vor Ausländern schüren kann und daher nicht als gern gesehener Gast in Fernsehstudios eingeladen wird – im Gegensatz zu einigen unserer Lokalpolitiker.

Der Beitrag von Yossi Bartal ist zuerst am 16.06.2024 im ND erschienen. Wir danken für die Publikationsrechte.

Titelbild Peter Vlatten

Yossi Bartal ist seit 2006 ein begeisterter Wahl-Neuköllner. Aufgewachsen in West-Jerusalem lernte er früh, dass Selbsthass die edelste Form des Hasses ist. Mit einer gesunden Dosis Skepsis gegenüber Staat und Gesetz schreibt er für nd.Digital jeden dritten Montag im Monat über Parallelgesellschaften, (Ersatz) Nationalismus und den Kampf für eine bessere Welt.

Schallende Ohrfeige für die Behörden! Gericht kippt Verbot der Parole „From the River to the Sea, Palestine will be Free“!

Immer wieder muss diese Parole als Beweis für Antisemitismus herhalten, um Kritiker der israelischen Politik zu kriminalisieren.

Das Landgericht Mannheim hat nun in einem Strafverfahren das Verbot der Parole „From the River to the sea, Palestine will be free“ in der zweiten Instanz gekippt und widerspricht damit direkt der Einschätzung des Bundesinnenministeriums. Die Nutzung des Slogans erfülle nicht den Tatbestand der Verwendung von Kennzeichen terroristischer Organisationen, weil er verschiedene Bedeutungen habe, von diversen Gruppen verwendet werde und als allgemeiner Ausspruch der Befreiung der Palästinenser benutzt werde, ganz gleich „auf welche Weise das historische Palästina befreit werden soll.” [1]Quelle u. a. https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/lg-mannheim-5qs4223-from-the-river-to-sea-straflos-hamas-kennzeichen/ [2]https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/antisemitismus-216.html?fbclid=IwZXh0bgNhZW0CMTEAAR0fgtTJ6WQMHmX8OFSrZIcuU0IgmRZHb4FE0J_ZHxkT8OgloGB-zKRCz8U_aem__uzaCmLbTmCfFlng8aiaHw

Darunter falle, neben weiteren Modellen, nicht nur die Zwei-Staaten-Lösung, sondern auch eine Ein-Staaten-Lösung oder beispielsweise die Idee einer binationalen Föderation.

Statt verzerrender zionistischer Propaganda einfach zu folgen hat sich das LG Mannheim in die tatsächlichen historischen Zusammenhänge eingearbeitet. Es verweist auf die historische (durch die Partei Fatah etablierte) Bedeutung der Parole, die auf „(…) die Errichtung eines säkularen, demokratischen und egalitären Staates in ganz Palästina (…),” abzielte, „in dem die Juden volle Gleichberechtigung genießen sollten, aber ohne die Privilegien des Zionismus.”

„Inwieweit die Hamas den streitgegenständlichen Slogan in Gänze verwendet und sich zu Eigen gemacht haben soll, ist in den Ausführungen im Bericht Lagebild Antisemitismus des Bundesamtes für Verfassungsschutz, […] nicht dargetan, sondern wird dort lediglich behauptet.”

Laut Landgericht Mannheim reiche eine Zuschreibung durch Außenstehende, also in diesem Fall eine Zuschreibung des Slogans als Kennzeichen der Hamas durch das Bundesministerium des Innern, nicht aus. Auch die grundsätzliche Vereinbarkeit des Verbots mit der im Grundgesetz verankerten Meinungsfreiheit und der staatlichen Neutralitätspflicht und des Diskriminierungsverbots wird in dem Beschluss angezweifelt.

Inzwischen gibt es etliche Urteile, die Repression zur Einschränkung von Grundrechten unter dem Deckmantel von vermeintlichem Antisemitismus zurückweisen. [3]hier die Dokumentation eines weiteren Falles : https://widerstaendig.de/from-the-river-to-the-sea-palestine-will-be-free/

Die Pro Palästinasolidarität entwickelt sich de facto zu einer breiten Protestbewegung zur Durchsetzung demokratischer Grundrechte gegen staatliche Willkür. Auf der Straße für Versammmungsrechte, in den Sälen für Meinungsfreiheit gegen Kongress- und Redeverbote, an den Grenzen gegen Einreiseverbote, für Kunst- und Wissenschaftsfreiheit an Kultur- und Bildungseinrichtungen.

Man kann die Parole „From the River to the Sea, Palestine will be free“, die in diesem Gerichtsurteil erwähnt ist, durch BDS, ApartheidIsrael oder Genozid und vieles andere ersetzen.

diese VideoAusschnitte zeigen, wie noch am 15.6. Berliner Polizei auf unverhältnismäßig brutale Weise gegen Demonstrant:innen, auch Jüd:innen und Israel:innen vorgeht, die ihren Protest gegen Unterdrückung und Morden in Nahost auf die Stasse tragen.

Auf Demos in Berlin wird „From the River to the Sea, Palestine will be Free“ von der Polizei als Straftat verfolgt, so werden Demonstrationen durch die Polizei eskaliert und Menschen verfolgt. Später wird das Strafverfahren eingestellt. Faktisch der „Rechtsstaat“ durch Polizeiwillkur ausser Kraft gesetzt.

Die Polizei in Berlin scheint die Rechtslage eher weniger zu interessieren. Scheint sie doch angetrieben durch ein Stadtoberhaupt, das gerade seine Haltung zu Kriegsopfern dadurch manifestiert, dass es immensen Druck aufbaut, eine Friedensstatue zu entfernen, die zum konkreten Symbol von Gewalt gegen Frauen in Kriegen geworden ist!

Nichts destotrotz. Klären wir über Urteile wie das des Mannheimer Landgerichts breit auf. Wir sind es, die Menschen- und Völkerrecht sowie unsere im Grundgesetz garantierten Grundrechte verteidigen!

Nicht einmal die nicht gerade für ihre Progressiviät bekannte deutsche Justiz kann die sich aufreissende Lücke und Absurditäten zwischen verbrieftem Recht und Rechtspraxis der deutschen Behörden so einfach mehr übersehen!

Siehe auch unseren Beitrag  "Über 1000 Dozenten fordern Rücktritt der Bildungsministerin" 
und nächsten Sonntag: Palästinasolidarität – Trauerprozession zu Ehren der Opfer!

Titelfoto Peter Vlatten, Video wurde uns von Zeugen zur Verfügung gestellt.

Über 1000 Dozenten fordern Rücktritt der Bildungsministerin

Die Vorgeschichte

Am Tag des Grundgesetzes kam es zu einem propalästinensischen Protest an der Berliner Humboldt Universität. Die besetzenden Studentent:innen und Universitätsleitung hatten eine Übereinkunft zum Diskurs getroffen. Die wesentlichen Anliegen der Besetzer:innen: Protest gegen die israelische Besatzungspolitik, den Genozid in GAZA und die Unterstützung des Netanyahu Regimes durch die deutsche Regierung. Propagierung eines befreiten Palästina, in dem Jud:innen und Isreal:innen friedlich mit Palästinenser:innen und Muslim:innen gemeinsam zusammenleben.

Der ursprünglich laut aller Beteiligten „respektvolle Dialog“ musste aber jäh abgebrochen werden. Von politischer Seite wurde unter Missachtung der Hochschulautonmie eine Räumung durchgesetzt. Die Polizei ging – wie Videos zeigen – bei der Räumung nicht gerade zimperlich um – mit dem Inventar und mit den Menschen. Der anwesende Rechtsbeistand und ein Journalist der Berliner Zeitung wurden rechtswidrig verhaftet. Der Journalist wurde auf üble Weise körperlich misshandelt.

Am Folgetag setzte eine Hetzkampagne gegen die Studierenden, aber auch gegen Verantwortliche der Universitäten ein. Presse und Politik überhäuften die Besetzer:innen pauschal mit Antisemitismusvorwürfen. Als Beweis für den Antisemitismus mußte auch hier wieder die Parole „From the River to the Sea“ herhalten. Gerichte haben inzwischen festgestellt, dass es sich bei der Behauptung, dass diese Parole antisemitisch sei, um eine unhaltbare Unterstellung der Behörden handelt. Nicht die Studierenden und das zum Dialog bereite Unipersonal brechen das Gesetz, sondern Politik und Innenbehörden.

Viele Universitätsverantwortlichen wichen vor dem massiven Druck aus der Politik zurück. Die TU Präsidentin Rauch, die nicht hundert Prozent deckungsgleich auf Staatsräsonlinie liegt, muss eine wahre Hexenjagd über sich ergehen lassen. 100 mutige Dozent:innen wagten es aber, sich in einem offenen Brief für Dialog auszusprechen. Sie forderten die Unileitungen auf „von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen“.

„Schock-Brief: Uni-Profs stellen sich hinter Judenhasser-Mob“, titelte die Bild-Zeitung dazu. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erklärte Bild, das Schreiben mache sie „fassungslos“: Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, würden die Uni-Besetzer:innen verharmlost. Gerade Lehrende müssten „auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.“

In ihrem Ministerium selbst ließ sie repressive Maßnahmen gegen die Unterzeichner:innen des offenen Briefs prüfen. Dazu heisst es in einem erneuten Protest Brief: „Repressive Überprüfungen von Wissenschaftler:innen, die ihre kritische Haltung zu politischen Entscheidungen öffentlich machen, sind aus autoritären Regimen bekannt.“ Besonders die Erwägung zur Rücknahme von Förderbescheiden verletze die im Grundgesetz verbriefte Wissenschaftsfreiheit.

Wer Israel kritisiert, sich mit den Menschen in Gaza solidarisch zeigt und für das verbriefte Völkerrecht auch der Palästinenser:innen eintritt, soll wohl mundtot gemacht werden. Dafur wird auch vor mutmaßlichem Machtmissbrauch und Gesetzesbruch nicht zurückgescheut. Es hagelt Kritik aus der gesamten deutschen Wissenschaftsszene. Es bleibt nur die Konsequenz: Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger muss zurücktreten! Aber auch die Besetzer:innen gehören rehabilitiert!

Update 17.6.: das erste Bauernopfer in dem Fall. Die Staatssekretärin der Bildungsministerin muss gehen. Selbstverständlich  nicht einfach so, sie wird in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Mit üppigen Bezügen.

Der Brief

Wir veröffentlichen hier den von inzwischen über 1000 Professoren und Dozenten unterschriebenen offenen Brief mit der Forderung nach Rücktritt:

Offene Stellungnahme zum Vorgehen der Bundesbildungsministerin angesichts des offenen Briefes Berliner Hochschullehrer:innen

English Version below

Zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes erleben Wissenschaftler:innen in Deutschland einen bisher nicht dagewesenen Angriff auf ihre Grundrechte. Nachdem die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger am 8.5.2024 zum „Statement von Lehrenden an Berliner Hochschulen“ in Sozialen Medien den Zeichner:innen vorgeworfen hatte, sie stünden nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, ließ sie – wie die Panorama-Redaktion am 11. Juni 2024 bekannt machte – am 13.5. diesen Jahres dienst- und strafrechtliche Sanktionen gegen Beamt:innen und Angestellte der Länder sowie die Option des Widerrufs von Förderungen durch Mitarbeiter:innen im BMBF prüfen. 

Diese Handlungsweise macht sie aus folgenden Gründen als Ministerin für Bildung und Forschung untragbar: 

1) Die Prüfung dienstrechtlicher Sanktionen obliegt den Ländern als Dienstherren von Professor*innen. 

2) Das Strafrecht gehört nicht zum Zuständigkeitsbereich des Ministeriums. 

3) Die avisierte Rücknahme von Förderbescheiden widerspricht allen Prinzipien der grundgesetzlich garantierten Wissenschaftsfreiheit.

Der Entzug von Fördermitteln ad personam aufgrund von politischen Äußerungen der betreffenden Forscher:innen ist grundgesetzwidrig: Lehre und Forschung sind frei. Die interne Anordnung, eine derartige politische Sanktionierung dennoch zu prüfen, ist ein Zeichen verfassungsrechtlicher Unkenntnis und politischen Machtmissbrauchs; sie verdeutlicht einen zunehmenden Bruch zwischen Entscheidungstragenden im Bundesministerium für Bildung und Forschung und denjenigen, die das Wissenschaftssystem durch ihre Forschung und Lehre tragen. Das Vorgehen der Ministeriumsleitung riskiert allein durch seine einschüchternde Wirkung, das hart erkämpfte Abwehrrecht der Wissenschaftsfreiheit gegenüber politischen und staatlichen Einflussnahmen nachhaltig zu beschädigen. Die Freiheit der Wissenschaft schützt davor, dass der Staat über Wahrheiten autoritativ entscheidet, und ist damit Grundbedingung einer pluralen Gesellschaft.

Repressive Überprüfungen von Wissenschaftler:innen, die ihre kritische Haltung zu politischen Entscheidungen öffentlich machen, sind aus autoritären Regimen bekannt, die eine freie Diskussion auch an Universitäten systematisch behindern. Bereits der Anschein, die freie, gesellschaftliche Diskussion werde staatlich beschnitten, schadet unserer demokratischen Gesellschaft und dem Ansehen des Wissenschaftsstandorts Deutschland in der Welt. 

Es gehört zu den Prinzipien der Wissenschaftsförderung in Deutschland (inkl. der Projektförderung durch das BMBF selbst), dass bei der Begutachtung und Bewilligung von Projektanträgen allein nach wissenschaftlichen Kriterien vorgegangen wird. Ungeachtet der Befürwortung oder kritischen Distanz zum Vorgehen der Lehrenden an Berliner Hochschulen: Politisch eine Überprüfung der Empfänger:innen von Forschungsgeldern auch nur anzustoßen, verrät eine Auffassung von Wissenschaft und Wissenschaftsförderung, die mit der Leitung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht vereinbar ist.

Artikel passend  zum Thema „Innere Zeitenwende“ oder Wie das liberale Establishment schon heute die Geschäfte der AFD betreibt!
Siehe auch "Schallende Ohrfeigen für die Behörden. Gericht kippt Verbot der Parole" From the River to the Sea, Palestine will be free "" 

English Version

Open statement on the actions of the Federal Minister of Education in response to the open letter from Berlin university lecturers.

On the 75th anniversary of the Basic Law, academics in Germany are experiencing an unprecedented attack on their fundamental rights. The Federal Minister of Education, Bettina Stark-Watzinger accused the authors of the „Statement by lecturers at Berlin universities“ on social media on 8 May 2024 of not standing on the grounds of the Basic Law. On 13 May, she proceeded to ask the Ministry to examine the possibility of sanctions under civil service law and criminal law against civil servants and employees of the federal states, including the option to revoke funding by the BMBF. This was made public by the Panorama editorial team on 11 June 2024.

This behaviour makes her position as Minister of Education and Research untenable for the following reasons: 

1) The examination of sanctions under employment law is the responsibility of the federal states as the employers of professors. 

 2) Criminal law does not fall within the remit of the Ministry. 

 3) The withdrawal of funding decisions on grounds of adverse public positioning by academics contradicts all principles of constitutionally guaranteed academic freedom.

 The withdrawal of funding ad personam on the basis of political statements made by researchers is contrary to the Basic Law: teaching and research are free. The internal order to examine such political sanctions is a sign of constitutional ignorance and political abuse of power; it illustrates an increasing rift between decision-makers in the Federal Ministry of Education and Research and those who support the academic system through their research and teaching. Through its intimidating effect alone, the Minister’s actions risk permanently damaging the hard-won right of academic freedom against political and state interference. Academic freedom protects against the state deciding authoritatively on truths and is therefore a basic condition of a pluralistic society.

Repressive reviews of academics who make public their critical stance on governmental decisions are familiar from authoritarian regimes that systematically hinder free discussion, including at universities. Even giving the impression that free social debate is being curtailed by the state damages our democratic society and the reputation of Germany as a centre of research in the world. 

It is one of the principles of science funding in Germany (including project funding by the BMBF itself) that project proposals are assessed and approved solely on the basis of scientific criteria. Regardless of one’s support for or critical distance from the approach taken by the lecturers at Berlin universities, to even politically initiate a review of the recipients of research funding betrays a view of science and science funding that is incompatible with directing the Federal Ministry of Education and Research.

Titelfoto Tania Bruguera

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