Generalstreik in Italien – „Schützt die Flottila“ – „Stoppt den Völkermordstaat Israel“ – „Freiheit für alle Verschleppten“!

Vor der Gazaküste ging Israel in die volle illegale gewaltsame Konfrontation gegen die „Global Sumud Flotilla“ über. Inzwischen wurden mindestens 41 Schiffe von der israelischen Armee geentert, ca. 400 der Menschenrechtsaktivist:innen aus 44 Nationen wurden verschleppt.

Inzwischen sollen alle Schiffe gestürmt und die Besatzungen eingekerkert worden sein.

IDF entert das Schiff und bedroht die Besatzung ( aus dem Livestream)

Unklar ist, was mit den Besatzungen passiert: In der Vergangenheit wurden Aktivist*innen nach Israel verschleppt und abgeschoben, zuletzt drohten israelische Regierungsvertreter sogar mit Haft und Behandlung als „Terroristen“. Minister Ben Gvir drohte ihnen indirekt Folter an. Die Erfahrungen mit dem rechtsextremen zionistisch-israelischen Regime keine leeren Drohung sein müssen. „Live-Streams und Kommunikation wurden unterbrochen. Der Status der Teilnehmer und der Besatzung ist weiterhin unbestätigt.“

Die mehr als 500 Aktivistinnen und Aktivisten aus 44 Ländern befanden sich auf etwa 50 Booten kurz vor dem Gazastreifen. Ihr erklärtes Ziel: „Israels illegale Belagerung des Gazastreifens zu durchbrechen“ und Lebensmittel, Trinkwasser sowie Medikamente zu den Menschen zu bringen. Eine Aktion gegen Krieg, Hunger und Zerstörung. Eine Aktion, die ein Zeichen setzen soll gegen Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen. Eine Aktion, die man von jeder westlichen Regierung, wenn man ihre Lippenbekenntnisse ernst nehmen könnte, erwarten können müßte. Denn Israels Seeblockade ist illegal und verbrecherisch. Die westlichen Regierungen hätten alles Recht der Welt, aber auch die Macht, diese illegale Blockade zu durchbrechen und aufzuheben. Faktisch erhält Israel – USA und Deutschland voran – von ihnen immer noch Unterstützung und Rückendeckung.

Es gilt das Statement der ITF (der internationalen Transportarbeitergewerkschaft) , um das sich Deutschlnd keinen Deut schert: „Das Seerecht ist eindeutig: Angriffe oder die Beschlagnahmung gewaltfreier humanitärer Schiffe in internationalen Gewässern sind illegal und inakzeptabel. Es geht nicht nur um Seeleute, sondern um die Sicherheit aller Menschen auf See, ob auf Handelsschiffen, humanitären Schiffen oder Fischerbooten. Staaten können sich nicht aussuchen, wann sie das Völkerrecht respektieren. Die Meere dürfen nicht zum Kriegsschauplatz werden.“

spontaner Protest in Paris

Rund um dern Erdball kam es zu spontanen Protestkundgebungen und Demonstrationen. In Berlin gleich nach Bekanntwerden des ersten israelischen Angriffs am Mitwoch Abend vor dem Hauptbahnhof, am Folgetag vor dem Auswärtigen Amt mit bis zu 1500 Teilnhemern. Auch nach zwei Jahren öffentlich verfolgbarer Massaker bleiben jedoch viele NGO’s ebenso wie die Gewerkschaften in Deutschland inaktiv bis „sprachlos“. Ganz anders in Italien, wo der größte Gewerkschaftsbund CGIL mit 6 Millionen gemeinsam mit den Basisgewerkschaften für den 3. Oktober zum Generalstreik aufgerufen hat. Oder Frankreich, wo die CGT und andere Gewerkschaften für den 3. und 4. Oktober ihre Landsleute zu 100 tausenden auf die Straße mobilisieren.

300.000 in Rom, 100.000 in Mailand, 150.000 in Bologna, 80.000 in Neapel, 20.000 in Brescia, Catania, Palermo, 50.000 in Genua,
20.000 in Livorno … Häfen, Autobahnen, Umgehungsstraßen und Bahnhöfe blockiert.
EINeinhalb Millionen Menschen in ganz Italien!!!

Der Streikaufruf der italienischen Basisgewerkschaft USB (Unione Sindacale Di Base) [1]https://www.facebook.com/photo/?fbid=1226920212800632&set=a.482103080615686 endet mit den Sätzen:

Von nun an rufen wir alle Arbeiter, alle Bürger, alle demokratischen und unterstützenden Organisationen dazu auf, alles stillzulegen: Produktion, Logistik, Transport, Schulen, Dienstleistungen, aus Protest gegen das von Israel begangene Kriegsverbrechen und gegen die Komplizenschaft westlicher Regierungen, einschließlich Italiens, die das zionistische Regime weiterhin mit Waffen und politischer Unterstützung versorgen.

Die Verteidigung der globalen Sumud-Flottille bedeutet, Freiheit, Frieden und die Würde der Arbeit und der Völker zu verteidigen.
Es bedeutet, Schluss mit dem Völkermord in Palästina zu machen und ein sofortiges Ende der Belagerung, der Besatzung, der militärischen Lieferungen und des Handels mit Israel zu fordern.

Der große Teil der Italiener ist empört

Italien muss jegliche militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Staat Israel einstellen, seine Häfen für Schiffe, die mit ihm Handel treiben, schließen, Industrieabkommen aussetzen und die Kriegswirtschaft stoppen.

Es ist Zeit, den Kopf zu erheben und sich für eine Seite zu entscheiden:
für diejenigen, die Zivilisten bombardieren, oder für diejenigen, die für ihre Befreiung kämpfen?
Wir stehen an der Seite der Flottille, an der Seite von Gaza, an der Seite des palästinensischen Volkes und an der Seite derjenigen, die Frieden schaffen.

Wir blockieren alles. Am 3. Oktober wird es einen Generalstreik geben.

Aber es tut sich was an der Basis der deutschen Gewerkschaften. Schon am 27.9. auf der Demonstration „Alle zusammen für Gaza“ machten Mitglieder aus Berlin mit einem eigenen gewerkschaftlichen Block deutlich sichtbar, dass sich deutsche Gewerkschafter:innen mit den Menschen in Gaza solidarisieren und endlich Konsequenzen fordern! Und viele haben verstanden, dass dieser Protest sich verstetigen und ständig wachsen muss. Nur so lässt sich etwas verändern. Am 3. Oktober auf der zentralen Friedensdemonstration in Berlin haben sich erneut hunderte von Gewerkschafter:innen von Berlin und Hamburg gegen den aktuellen deutschen Kriegs- und Großmachtkurs zusammengeschlossen. Neben den Forderungen gegen die Militarisierung der ganzen deutschen Gesellschaft brachten sie auch wieder ihre Solidarität mit den Menschen in Gaza zum Ausdruck.

Hier unser ausführlicher Report aus Berlin
Alle Regierungen und internationale Institutionen werden aufgefordert, für die sofortige Sicherheit der Besatzungen Global Sumud Flotilla , die Freilassung der Verschleppten und für ein Ende der Gaza Blockade einzutreten!

Für alle Gewerkschafter:innen sollte das Statement des ITF-Generalsekretär Stephen Cotton Leitlinie sein: „Die ITF (internationale Transportarbeitergewerkschaft) steht in unerschütterlicher Solidarität an der Seite der Global Sumud Flotilla. Wir fordern Israel auf, das Völkerrecht zu respektieren, indem es der Global Sumud Flotilla sichere Durchfahrt gewährt und die Kriminalisierung von Besatzungsmitgliedern, Freiwilligen und humanitären Aktivisten beendet.“

So wie Netanyahu und seine Unterstützer nicht nachlassen, Verbechen gegen Völker- und Menschenrecht zu begehen, werden wir nicht nachlassen, dagegen zu protestieren! Der Westen baut seine Kriegsmacht gewaltig aus. Palästina zeigt, dass diese Kriegsmacht nicht dem Schutz von Menschen- und Völkerrecht dient, im Gegenteil sie wird zur Unterstützung einer kriegsverbrecherischen imperialen Politik eingesetzt. Nicht einmal ihrer Pflicht, die eigenen Staatsangehörigen vor Übergriffen und dem Bruch internaionalen Rechts zu schützen , kommt die Deutsche Regierung nach.

Kommt am 11. Oktober in Berlin zu United for Gaza!

Kommt am 12. Oktober zum Berliner Antimilitarismusprotest GELD FÜR DEN KIEZ – STATT WAFFEN FÜR DEN KRIEG.

Fotos: USB, Flottilla , Peter Vlatten

Den Weltkrieg riskieren

Von Sevim Dagdelen

Die Zeichen stehen auf Eskalation: In Washington wächst die Bereitschaft, einen offenen Krieg mit Russland in Kauf zu nehmen – auf Kosten Europas. Während sich NATO-Staaten in Konfrontation bringen lassen, droht Europa zum Schlachtfeld eines möglichen Weltkrieges zu werden.

Bild: The White House. Wikimedia

Der US-Präsident leitet eine 180-Grad-Wende in seiner Ukraine-Politik ein. Jetzt gibt sich Donald Trump überzeugt, dass die Ukraine alle Territorien von Russland zurückgewinnen könne – einschließlich der Krim. Dafür ist er offenbar bereit, eine vollständige Eskalation des Krieges in der Ukraine einzuleiten. Nicht die USA jedoch sollen diesen Krieg gegen Russland führen, sondern die EU und die NATO.

Die Eskalation wurde in den vergangenen Wochen vorbereitet, indem Russland regelmäßig für angebliche Bedrohungen führender EU-Funktionäre und für Grenzverletzungen von NATO-Staaten verantwortlich gemacht wurde. So hat sich etwa der Vorwurf der Störung des GPS-Signals von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mittlerweile in Luft aufgelöst. Der angeblichen Verletzung des estnischen Luftraums liegt ein Streit zwischen Estland und Russland über den internationalen Luftraum in der Ostsee zugrunde. Es scheint, als habe Estland die bisherige Drei-Meilen-Zone vor seiner Küste einseitig auf eine Zwölf-Meilen-Zone ausgeweitet, um anschließend Russland der Luftraumverletzung zu bezichtigen.

Es ist kaum glaubhaft, dass das kleine baltische NATO-Mitglied diese Schritte ohne Rückendeckung aus Washington unternommen hat. So konnte sich Tallinn denn auch der Unterstützung seiner NATO-Partner im NATO-Rat sicher sein, als es die angebliche Grenzverletzung Russlands dort zur Sprache brachte. US-Präsident Donald Trump erklärte prompt seine Bereitschaft, russische Flugzeuge abschießen zu lassen.

Kriegseintritt der NATO – nach Drehbuch aus Washington?

Im UN-Sicherheitsrat hatte dies zuvor bereits der polnische Außenminister Sikorski angekündigt – jener Minister, der den Terroranschlag auf die Nord-Stream-Pipeline seinerzeit auf X gefeiert hatte. Auch deutsche Außenpolitiker wie Herr Hardt von der Union sekundierten der Eskalationspolitik und kündigten an, russische Flugzeuge abschießen zu wollen – wohlwissend, dass ein Abschuss durch deutsche Maschinen einen Kriegseintritt Deutschlands bedeuten würde.

Allem Anschein nach wird einem Drehbuch aus Washington gefolgt, dass das alte Kriegsziel von Biden und Baerbock – „Russland zu ruinieren“ – wieder aufgreift und mit einem direkten NATO-Kriegseintritt gegen die Atommacht spielt. Flankiert wird diese US-Strategie der Eskalation durch einen verschärften Handelskrieg gegen die BRICS-Staaten, der nun auch China direkt ins Visier nimmt.

Seit einer Woche blockiert Polen die Grenzübergänge zu Belarus – und damit den wichtigsten Handelsweg Chinas nach Europa. Wurde zunächst das russisch-belarussische Militärmanöver als Vorwand vorgeschoben, bleibt die Grenze auch nach dessen Ende geschlossen. Ziel scheint es zu sein, China seine Handelspolitik diktieren zu können – mit erheblichen zusätzlichen Risiken für die Wirtschaft der EU-Mitgliedsstaaten, die ihre Beziehungen zu ihrem wichtigsten Handelspartner aufs Spiel setzen.

Roll Back in Lateinamerika – Weltkrieg als „Kollateralschaden“?

Nicht nur in Europa setzen die USA auf eine verschärfte Konfrontationspolitik. In Lateinamerika bringen sie unter dem Vorwand des Anti-Drogen-Krieges erneut eine Regime-Change-Politik auf den Weg – wie in den 1970er-Jahren. In Argentinien etwa, wo der Trump-Verbündete Javier Milei einen Totalabsturz des argentinischen Pesos und der Wirtschaft zu verantworten hat, wollen die USA das Land nun mit Milliardenkrediten über Wasser halten, damit ihr Schützling bei den anstehenden Zwischenwahlen im Oktober nicht völlig einbricht.

Die Rollback-Politik der USA aus den Urzeiten des Kalten Krieges ist zurück – und dazu gehört auch, eigene autokratische Verbündete zu stabilisieren. Man muss mit der Bereitschaft der USA zur vollständigen Eskalation rechnen. Offenbar hat man sich entschieden, auch einen Weltkrieg zu riskieren – in der Hoffnung, die USA könnten dabei außen vor bleiben. Für die Völker Europas jedoch bedeutet dieses Szenario eine äußerste Gefahr.

Sevim Dagdelen

Sevim Dagdelen war von 2005 bis 2025 Mitglied des Deutschen Bundestages. Die Politikerin ist außenpolitische Sprecherin der Gruppe „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) und war Obfrau im Auswärtigen Ausschuss. Die Abgeordnete war Mitglied in der Parlamentariergruppe USA, in der Deutsch-Chinesischen sowie Deutsch-Indischen Parlamentariergruppe. Sevim Dagdelen war viele Jahre Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO, in der Abgeordnete aus den Mitgliedsländern des Militärpakts über sicherheits- und verteidigungspolitische Themen beraten.
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Der Kriegsminister und seine Killerarmee

Von Florian Rötzer

Bild: Kriegsminister Hegseth mit seinen Killerkriegern. Screenshot von DOW-Video

Großer Auftritt des neu getauften Kriegsministers Pete Hegseth als einziger im legeren Anzug und frei, demonstrativ souverän auf der Bühne herumwandernd vor Hunderten von uniformierten Kommandeuren aus aller Welt. Sie wurden in aller Öffentlichkeit wie Schüler belehrt, welche Rolle sie für die angeblich mächtigste Nation unter dem größten Präsidenten der Weltgesichte zu spielen haben. Es war ein Unterwerfungsritual und die Show ein Alptraum für den Gang in die Kriegstüchtigkeit.

Dementsprechend reserviert waren die Offiziere, die nur verhalten klatschten und sich auch von der Aufforderung von Trump, der nach Hegseth die Bühne betrat, nicht animiert fühlten: “I’ve never walked into a room so silent before. Just have a good time. And if you want to applaud, you applaud.” Hegseth hatte sich auch eingeschmeichelt, als er als Chef den Anwesenden sagte: „Wem nicht gefällt, was ich sage, kann den Raum verlassen.“ Und er ist dann entlassen, wird zum Verlierer, so die Drohung. Widerspruch wird nicht geduldet. Dementsprechend will er auch Offizieren freie Hand lassen, ihre Befehle „ohne Angst vor Vergeltung oder Nachfragen“ durchzusetzen. Rekruten soll während des Drills „gesunde Angst“ gemacht werden.

Jeder Firlefanz soll weg, alle ethischen Ornamente, eine Armee ist nichts anderes als eine Killermaschine, die auf Befehl gnadenlos den Feind vernichtet. Und jeder Soldat ist kraft seiner Disziplinierung nichts anderes als ein Kampf- und Killroboter: „Ihr tötet Menschen und macht Dinge kaputt, um euren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie sind nicht politisch korrekt.“ Soldaten sollen sich in der Gewalt wohlfühlen.

Das Motto, das der Kriegsminister ausgibt, ist altbekannt und wird derzeit auch brav von allen Nato-Staaten, die Bundesregierung inbegriffen, beherzigt: Wer den Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten. Friedenspolitik, so muss man das verstehen, ist Rüstungs- und Abschreckungspolitik („Frieden durch Stärke“), die jederzeit in Krieg umkippen kann, sollte sich der Feind nicht unterwerfen. Dabei wird der Feind vor allem im Inneren ausgemacht. Donald Trump gibt die Devise aus, dass die Soldaten in den amerikanischen Städten trainieren sollen, schließlich sei Washington D.C. gefährlicher als Afghanistan.

Hegseth verordnet dem Militär, aber auch der ganzen Nation: „Von diesem Moment an besteht die einzige Aufgabe des neu geschaffenen Kriegsministeriums darin, den Krieg zu bekämpfen, sich auf den Krieg vorzubereiten und den Sieg zu erringen, und zwar unerbittlich und kompromisslos, nicht weil wir den Krieg wollen, niemand hier will den Krieg, sondern weil wir den Frieden lieben.“

Kriegsverbrechen, Völkerrecht, ethische Regeln, alles woker Schutt von gestern. Ähnlich hatte schon Ex-Vizepräsident Cheney nach 9/11 gesagt, man werde die Handschuhe ausziehen und sich schmutzig machen, um Guantanamo, die willkürliche Verschleppung und Folter einzuleiten: „Wir entfesseln die Hände der Soldaten, um die Feinde unseres Landes einzuschüchtern, zu demoralisieren, zu jagen und zu töten. Keine politisch korrekten und anmaßenden Einsatzregeln mehr.“ Die sind nämlich „dumm“.

Funktionieren kann eine solche Politik nur, wenn der Krieg als jederzeit eintretendes Ereignis beschworen wird und bei Bedarf sofort zurückgeschlagen wird. Das sollten die Gegner wissen. FAFO sagt der Minister, der mit Gewalt strotzt, traut sich aber nicht, den Ausdruck auszusprechen: „Fuck Around, Find Out“. Dass nach dem Krieg wieder die Politik kommt, vergisst der Kriegsminister, der nur wie sein Chef den schnellen Erfolg sieht.

Man ist natürlich nicht an Frieden interessiert, sondern an Macht, an der Durchsetzung der eigenen Interessen. Man ist im Überlebenskampf, im Kampf aller Nationen gegen alle- Da gibt es keine Kompromisse, kein Entgegenkommen, keinen Ausgleich der Interessen, auch Bündnisse kommen in Hegseths Kriegsertüchtigungsrede nicht vor. Wer das nicht macht und nicht kämpfen will, hat schon verloren, verkündet der Kriegsminister auf großer Bühne als ewige Wahrheit, die keiner Begründung bedarf. Wer anders denkt, ist einfach dumm:

„Wie uns die Geschichte lehrt, sind die einzigen, die den Frieden verdienen, diejenigen, die bereit sind, für ihn Krieg zu führen. Deshalb ist der Pazifismus so naiv und gefährlich. Er ignoriert die menschliche Natur und die menschliche Geschichte. Entweder man schützt sein Volk und seine Souveränität oder man wird von etwas oder jemandem unterworfen. Das ist eine Wahrheit, die so alt ist wie die Zeit.“

Und weil das immer so war, muss das auch für die selbsternannten Klugen so weiter geführt werden, auch wenn wir nicht mehr mit Steinen oder Schwertern, sondern mit Robotern und Atomwaffen ausgerüstet sind, die keineswegs so alt sind wie die Zeit, sondern aus den Innovationen der veränderbaren menschlich Geschichte entstanden sind.

Weil eine Killerarmee aber adrett aussehen soll, müssen die Soldaten nicht nur im Verhalten, sondern auch im Aussehen wieder diszipliniert werden, um männlich zu sein: „Die Zeit des unprofessionellen Aussehens ist vorbei. Keine Bartträger mehr … wenn Sie die körperlichen Anforderungen für Kampfpositionen auf männlicher Ebene nicht erfüllen, einen Fitness-Test nicht bestehen oder sich nicht rasieren und professionell aussehen wollen, ist es Zeit für eine neue Position.“ In den Anweisungen heißt es, das Gesicht eines Soldaten muss ab den Ohren glatt rasiert sein, nur ein sauber gestutzter Schnurrbart ist erlaubt, der nicht über die Mundwinkel oder die Gasmaske hinausgehen darf. Und dick und schlapp zu sein, verletzt natürlich erst recht die für Killer erforderlichen „höchsten Männlichkeitsmaßstäbe“, die aber geschlechtsneutral sein sollen. Männlich und weiß muss die Armee sein, weswegen Hegseth bereits viele Frauen und Schwarze entlassen hat. Man darf gespannt sein, wi stark die Rekrutierungszahlen einbrechen werden.

Der Kult der Männlichkeit, vielleicht auch von deren Simulation, ist allerdings rückwärts gewandt, gerade in einer Armee, die immer mehr auf Hightech, KI und autonome Waffensysteme. Da ist, wenn schon, nicht körperliche Fitness mit starken Muskeln angesagt, sondern es geht um hohe kognitive Kapazitäten, schnelle Entscheidungen und ein Verständnis der komplexen Technik. Aber Hegseth lebt in der Welt der Vergangenheit, wenn es um Kampfeinsätze geht: „Aber wenn es um eine Arbeit geht, die körperliche Kraft erfordert, um im Kampf zu bestehen, müssen diese körperlichen Anforderungen hoch und geschlechtsneutral sein. Wenn Frauen es schaffen, hervorragend. Wenn nicht, ist es so, wie es ist. Wenn das bedeutet, dass sich keine Frauen für einige Kampfjobs qualifizieren, dann soll es so sein. Das ist nicht die Absicht, aber es könnte das Ergebnis sein. So soll es sein. Es wird auch bedeuten, dass sich schwache Männer nicht qualifizieren werden, denn wir spielen keine Spielchen. Dies ist ein Kampfeinsatz. Hier geht es um Leben und Tod.“

Erstveröffentlicht im Overton Magazin v. 1.10. 2025
https://overton-magazin.de/top-story/der-kriegsminister-und-seine-killerarmee/

Wir danken für das Publikationsrecht.

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