Staatsräson

Von Peter Vonnahme

Die deutsche Politik drückt sich seit Jahren um eine sachgerechte Antwort auf die Frage der deutschen Staatsraison für Israel herum. Auch die Mainstream-Medien und die Rechtswissenschaft hatten nicht die Kraft, die Frage des richtigen Umgangs mit Israel, genauer gesagt mit dem Regime Netanjahus, seriös zu beantworten.

Bild: bundesregierung.de

Deshalb versuche ich eine juristische Einordnung:

Ex-Kanzlerin Merkel sagte 2008 in der Knesset, die Sicherheit Israels sei „deutsche Staatsräson“. Diese Formel kann die irritierende deutsche Haltung gegenüber Israel in den letzten zwei Jahren aus mehreren Gründen nicht rechtfertigen.

Zum einen hat Merkel nie definiert, was diese Staatsräson genau bedeutet. Der Begriff wurde ohne staatsphilosophische oder juristische Herleitung in die Welt geworfen und sorgt seitdem wegen seiner unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten für Verwirrung. Die Unschärfe des Begriffs wurde besonders nach dem 7. Oktober 2023 sichtbar, als darüber diskutiert wurde, ob aus der zugesagten deutschen Staatsräson eine Pflicht zu Waffenlieferungen oder gar zu militärischem Beistand abgeleitet werden kann.

Zum anderen, selbst wenn man annimmt, dass Merkels Versprechen 2008 berechtigt war, kann das heute angesichts der eklatanten Völkerrechtsbrüche Israels in der letzten Zeit (Gaza, Westjordanland, Libanon, Syrien, Iran, Jemen und Katar) nicht mehr aufrechterhalten werden.

Häufig versteht man unter dem Begriff Staatsräson unter Anlehnung an Machiavellis Theorie der Staatsräson ein Handlungsprinzip, das zur Sicherung des Staates jedes Mittel unabhängig von Recht und Moral erlaubt – gewissermaßen als ultima ratio des Machterhalts. Nach meinem Verständnis ist für dieses Prinzip im modernen Bürgerstaat kein Raum mehr. Erst recht nicht kann es Rechtsverstöße zugunsten eines fremden Staates rechtfertigen.

Abgesehen davon begegnen einer Staatsräson im Merkel’schen Sinn auch klare verfassungsrechtliche Grenzen. Eine wie auch immer definierte Staatsraison endet nämlich spätestens dort, wo die Normen des Völkerrechts (Art. 25 GG), das Friedensgebot des Grundgesetzes (Präambel und Art. 1 Abs. 2 GG) sowie die Grundrechte (Art. 1 bis 19 GG) gelten. Deutschland ist als verfassungsmäßiger Rechtsstaat (Art.20 Abs. 3 GG) der Stärke des Rechts verpflichtet und nicht dem Recht des Stärkeren (rule of law, not rule of power). Außerdem darf ein Rechtsstaat nicht mit zweierlei Maßstäben messen; andernfalls wird er unglaubwürdig: Was für die eine Seite recht ist, muss für die andere billig sein. Konkret heißt das: Wer von palästinensischen Terrorgruppen verlangt, dass sie ihre Raketenangriffe auf israelisches Gebiet einstellen, muss gleichzeitig Israel auffordern, unverhältnismäßige Luftangriffe auf Wohngebiete, Schulen und Kliniken in Gaza zu unterlassen. Für den Fall der Nichtbeachtung der Aufforderung dürfen Sanktionen nicht nur angedroht, sondern sie müssen im Interesse der Friedensgewinnung auch ergriffen werden.

Ich verkenne nicht, dass sich aus unserer historisch begründbaren Sonderverantwortung für Israel besondere Freundschaftspflichten ableiten. Sie beruhen nicht auf persönlicher Schuld, sondern es handelt sich um eine durch kollektives Staatsversagen entstandene Erblast. Erblasten erledigen sich nicht durch Zeitablauf. Deshalb ist es falsch, wenn immer wieder gesagt wird, es müsse endlich ein „Schlussstrich“ gezogen werden. Millionenfaches Verbrechen kann nicht ungeschehen gemacht, „gestrichen“ werden. 

Allerdings wird häufig übersehen, dass eine deutsche Verantwortung nicht nur für den Staat Israel und seine jüdische Bevölkerung, sondern auch für das Schicksal der arabischen Bevölkerung Palästinas („Palästinenser“) besteht. Die durch Nationalsozialismus und Holocaust ausgelöste Masseneinwanderung traumatisierter und entwurzelter Juden nach Palästina war ursächlich für spätere Konflikte und Kriege in diesem Lebensraum sowie für die tief greifende Entrechtung des palästinensischen Volkes durch Liquidationen,  Freiheitsentzüge, Enteignungen, Verwüstungen und Demütigungen. (Auszeichnung durch die Redaktion Globalbridge.)

Aus dieser Doppelverantwortung ergeben sich Freundschaftspflichten. Sie unterscheiden sich mit Blick auf den Staat Israel wesentlich vom Merkel’schen Konstrukt der Staatsräson. Freundschaft erweist sich durch Treue in schwierigen Lebenslagen. Damit unvereinbar ist die stillschweigende Hinnahme oder gar Unterstützung von Fehlverhalten. Echte Freundschaft zeigt sich etwa im Mut, dem Freund notfalls in den Arm zu fallen, wenn er im Begriff ist, schwere Fehler zu begehen. Andernfalls ist man ein bequemer und damit unzuverlässiger Freund. Beispiel: Ein echter Freund muss seinem angetrunkenen Zechkumpan die Autoschlüssel wegnehmen, wenn dieser ins Auto steigen und losfahren will. Nichts anderes gilt für das Verhalten zwischen Staaten. Deutschland hätte den befreundeten Staat Israel von Völkerrechtsverstößen, insbesondere von genozidalen Handlungen, abhalten müssen, zumindest hätte es das nach besten Kräften versuchen müssen. Vor allem aber hätte Deutschland nicht durch Waffenlieferungen Beihilfe zum Genozid leisten dürfen. Deutschland hat unter Hinweis auf die vermeintliche Staatsräson das Falsche getan. Deshalb bleibt der Vorwurf, dass Deutschland massiv versagt hat. Ich nehme an, es wird dafür „bezahlen“ müssen.

Deutschland schweigt traditionell bei israelischem Fehlverhalten. Reaktionen der deutschen Politik – angefangen bei Merkel, über Scholz bis hin zu Merz – sind oftmals Zeichen von bedrückender Einseitigkeit und Perspektivlosigkeit. Die von Exkanzler Scholz abgegebene Erklärung „Unsere Verantwortung, die sich aus dem Holocaust ergibt, macht es für uns zu einer ewigen Aufgabe, für die Existenz und Sicherheit des Staates Israel einzutreten“, ist ein schlichtes Update von Merkels Staatsräson. Die Äußerung ist unüberlegt und in der Wirkung toxisch. Es ist gewissermaßen ein Blankoscheck, der Israel ermächtigt, alles zu machen, was seine friedlose Regierung will, und Deutschland verpflichtet, hierbei zu sekundieren. Eine solche Haltung lässt Völkerrecht und Grundgesetz weit hinter sich und macht Deutschland zum ergebenen Büttel Israels.

Ähnlich unterkomplex war es, als die frühere deutsche Außenministerin (und heutige Präsidentin der UN-Vollversammlung!) nach dem Hamas Überfall vom 7. Oktober schwadronierte „In diesen Tagen sind wir alle Israelis“. Solcher Wortüberschwang hat mit Diplomatie und rechtverstandener Freundschaft nichts zu tun. Er bringt Deutschland in den Dauerverdacht, Komplize eines Völkermordes zu sein. 

Bedauerlicherweise hat die Führung der aktuellen Bundesregierung den irrlichternden Kurs der Ampelregierung fortgesetzt. Außenminister Wadephul hat mehrfach bekräftigt, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. Damit hat er sich als Diplomat diskreditiert. Der historische Fehler wurde verfestigt. 

Überdies würde sich ein kluger Freund vorher überlegen, ob eine Unterstützung des hauptsächlich an persönlichen Interessen orientierten Regierungschefs Netanjahu den israelischen Interessen wirklich dient. Es ist nämlich zweifelhaft, ob die von Netanjahu seit Jahren praktizierte Politik äußerster Härte gegenüber Palästina die Gefährdungen für die eigene Bevölkerung verringert hat. Der Blutzoll der letzten Jahre spricht dagegen. Vor allem aber ist unübersehbar, dass sich seit Beginn des brutalen Vernichtungsfeldzugs gegen Gaza große Teile der Weltgemeinschaft von Israel distanziert haben; der Prozess dauert an. Beispiel hierfür ist die Anerkennung Palästinas durch westliche Staaten in den letzten zwei Jahren (z. B. Australien, Kanada, Großbritannien, Irland, Norwegen, Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien, Luxemburg). Deutschland bricht auch hier aus einer wachsenden europäischen Allianz aus. 

Als bedeutendste Unterstützer Israels geblieben sind die USA und Deutschland. Was die Rückendeckung Amerikas Wert ist, hängt erfahrungsgemäß wesentlich vom US-Präsidenten ab. Präsident Trump hat Israel wiederholt seine unverbrüchliche Treue versichert. Allerdings hat er nicht nur einmal bewiesen, dass auf sein Wort kein Verlass ist.

Zum Autor: Peter Vonnahme war von 1982 bis 2007 Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München.  Er ist Mitglied der Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA) und von International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW). Von 1985 bis 2001 Bundesvorstand der Neuen Richtervereinigung (NRV).

Erstveröffentlicht auf GlobalBridge v. 14.10. 2025
https://globalbridge.ch/staatsraeson/

Wir danken für das Publikationsrecht.

GEW Berlin mobilisiert für Palästinasolidarität – „Beschlüsse allein werden wenig bringen“ !

Mit Vorstand der GEW Berlin mobilisiert erstmals ein DGB-Landesverband zu palästinasolidarischen Demonstrationen. Ein Gespräch mit Konstantin Kieser Interview:

Susanne Knütter, junge Welt, 10.10.2025

Konstantin Kieser ist Lehrer an einer Integrierten Sekundarschule und Mitglied der Bezirksleitung Mitte in der GEW Berlin

Der GEW-Landesvorstand Berlin hatte offiziell zur Teilnahme an der Demonstration und der Kundgebung gegen den Genozid in Gaza am 27. September aufgerufen. Gab es das schon?

Es ist ein Durchbruch. Zum ersten Mal hat ein Landesverband einer DGB-Gewerkschaft offiziell zu einer palästinasolidarischen Demonstration aufgerufen, obwohl es international längst entsprechende Beschlüsse gibt. Und selbst in den DGB-Gewerkschaften gibt es friedenspolitische Beschlüsse, die es hergeben würden, zu diesen Demonstrationen aufzurufen. Aber es war bisher noch nicht erfolgt.

Wie ist das gelungen?

Wir haben klargemacht, dass man nicht schweigen kann. In dem Zusammenhang haben wir auf den israelischen Holocaustforscher Omer Bartov verwiesen, der sagt: Jeder, der dazu schweigt, trägt Verantwortung für den Genozid in Gaza. »Nie wieder!« muss universell gelten und schließt für uns auch Palästinenser ein und nicht nur Verbrechen, die auf deutschem Boden oder gegen eine bestimmte Minderheit begangen werden. Wir haben auf die Tendenz hingewiesen, dass jüdische Stimmen, die das genauso sehen, im deutschen Diskurs mundtot gemacht werden. Sicher hat auch die internationale Gewerkschaftsbewegung dazu beigetragen. Zuletzt ist schließlich in Deutschland mehr über den Streik in Italien berichtet worden. Dann merken auch die, die nicht die sozialen Medien konsumieren, dass es zum Krieg in Gaza ganz andere Positionen gibt.

Gab es großen Widerstand innerhalb der GEW?

Auf dem Bundesgewerkschaftstag, für den ich delegiert war, hatte ich schon den Eindruck, dass versucht wird, über Gestaltung der Tagesordnung und Geschäftsordnungsverfahren das Thema eher unten zu halten. Dass man die Debatte auch teilweise scheut, kenne ich aus Berlin. Wobei sich da aus meiner Sicht gerade etwas zum Positiven verschiebt.

Wie viele Gewerkschafter sind dem Aufruf am 27. September gefolgt?

Wir waren mindestens 30 Kollegen, aber deutlich sichtbar mit Transparent. Es waren auch Kollegen von der IG Metall, der IG BAU und von Verdi dabei. Denn noch vor uns hatte der Verdi-Bundesmigrationsausschuss zu der Demo aufgerufen. Insgesamt waren wir um mindestens 150 [1]ursprünglich wurde hier die Zahl der Kolleg:innen beim Sammlungstreffen genannt, später auf der Demo waren gezählt mindestens 150 Gewerkschafter:innen, siehe Report Gewerkschafter:innen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Education International, bei der die GEW Mitglied ist, hat weitergehende Beschlüsse als die GEW auf Bundesebene. Weil die Debatte auf dem Gewerkschaftstag keinen Platz gefunden hat, muss der Hauptvorstand sich nun dazu verhalten. Er muss auf GEW-Ebene nachschärfen und entsprechend handeln. Denn ein Beschluss allein und eine Pressemitteilung irgendwo versteckt auf der Internetseite werden wenig bringen.

Hierzulande wird oft auf das besondere Streikrecht verwiesen.

Aber bei einem laufenden Genozid muss man sich überlegen: Ab wann macht man sich zum Komplizen, und was kann man tatsächlich tun, um das zu stoppen?

Ich hatte bisher den Eindruck, dass Anträge auf Gewerkschaftskongressen an den Hauptvorstand verwiesen werden, damit es dann keine weitere Debatte gibt.

Das war auch unser Verdacht. Ich gehe davon aus, dass es am Ende im Hauptvorstand einen Kompromiss geben wird. Aber wie soll der aussehen? Es bleibt entscheidend, dass Druck von unten ausgeübt wird. Selbstverständlich ist die Logistikbranche da im Zentrum. Aber auch an Schulen und Hochschulen kann es zu Bildungsstreiks kommen. Die GEW muss sich dazu verhalten, was gerade in Südeuropa passiert – und der DGB erst recht.

Worin bestand der Unterschied zwischen dem oder den friedenspolitischen Anträgen und der Kompromissversion?

Die Abrüstungsfrage ist kontrovers, weil die Bedrohungslage der NATO unterschiedlich eingeschätzt wird. Die Diskussion um die Antisemitismusdefinition wurde vertagt, weil es da völlig unterschiedliche Ansätze gab. Und das spielt unmittelbar eine Rolle bei der Frage, wie und zu welchen Kundgebungen die Gewerkschaft mobilisiert. Wenn ich mich an der IHRA-Definition und an der Auslegung, die in Deutschland gängig ist, orientiere, kann ich quasi zu keiner Demonstration aufrufen, die Kritik an Israel nicht sofort wieder relativiert.

Wir danken für das Publikationsrecht

References

References
1 ursprünglich wurde hier die Zahl der Kolleg:innen beim Sammlungstreffen genannt, später auf der Demo waren gezählt mindestens 150 Gewerkschafter:innen, siehe Report

Mitglieder der DGB Gewerkschaften IG Metall, ver.di , GEW und IG BAU protestieren gegen die sich häufenden Übergriffe der Berliner Polizei

Eine Reihe Mitglieder aus den DGB Gewerkschaften GEW, IG Metall, Verdi und IG BAU haben an der antimilitaritischen Demonstration Geld für den Kiez statt Waffen für den Krieg“ am Sonntag im Berliner Wedding teilgenommen. Wie viele andere Menschen aus dem Kiez machen wir uns Sorgen, dass wir nicht nur die sozialen Auswirkungen eines alle Lebensbereiche bedrohenden Konfrontations- und Kriegskurses zu spüren bekommen, sondern dass uns eines Tages die sich immer weiter ausbreitenden militaristischen Einrichtungen in Berlin im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren fliegen.

Als wir am Montag Morgen in der Berliner Presse über unsere Demonstration lasen, trauten wir unseren Augen nicht. War das wirklich die Veranstaltung, an der wir teilgenommen hatten? Wir kamen überein, dass es an der Zeit ist, hier einiges richtig zu stellen und die folgende Erklärung zu veröffentlichen:

Erstens. Wir erklären, dass nach unser aller Wahrnehmung seitens der Teilnehmer an der Demonstration weder aggressive Handlungen erfolgten noch antisemitische Parolen erkennbar gerufen wurden.

Zweitens. Umgekehrt können wir bezeugen, dass seitens der Polizei trotzdem anlasslos ohne erkennbaren Grund in den Block vor uns provokativ und gewaltsam eingedrungen wurde. Es war nur dem disziplinierten und besonnenen Verhalten der meist jungen Demonstrationsteilnehmer zu verdanken, daß die Situation nicht eskaliert ist.

Drittens. Während sich die Polizisten in ihrer Kampfmontur bedrohlich nahe vor uns aufbauten, wurde seitens der Demonstranten und Leitung vom Wagen her skandiert: „Wir sind friedlich, was seid ihr?“

Video Doku von der Festnahme des parlamentarischen Beobachters Cem Ince, Partei die Linke

Viertens. Auch die Video Aufnahmen über die Verhaftung unseres IG Metall Kollegen und Bundestagsabgeordneten Cem Ince verifizieren die Zeugenaussagen, dass es „sich um reine und brutale Polizeiwillkür“ gehandelt habe. Die rasche Freilassung entschuldigt in keiner Weise die vorangegngenen Vorgänge. Der attackierte Abgeordnete war deutlich als parlamentarischer Beobachter gekennzeichnet, während der Verhaftung wurden die beteiligten Polizisten ausdrücklich auf seine Rolle und Immunität hingewiesen. Die polizeilichen Presseerklärungen und Begründungen zu diesem Vorgang gehören ins Reich der Märchenerzählungen.

Fünftens. Wir halten es für einen Skandal, daß ein bekannter Rechtsextremist sowohl die gesamte Kundgebung als auch Demonstration auf Tuchfühlung unter Schutz der Polizei begleiten und die Teilnehmer ablichten durfte. Beschwerden von uns wurden von den angesprochenen Polizisten aggressiv zurückgewiesen.

Sechstens. In einem Großteil der Presseberichte wird das Polizeiliche Narrativ verbreitet, dass pauschal von den Demonstranten antisemitische Parolen verbreitet worden seien und von ihnen Agressionen ausgingen. Was unsere eigenen Beobachtungen und das uns zugängliche Videomaterial betrifft, handelt es sich hier um Verzerrungen und Schutzbehauptungen, um amtsanmaßende Handlungen zu decken. Für uns ist damit auch die Glaubwürdigkeit der Polizei bei der Darstellung anderer vermeintlicher Vorfälle nicht mehr gegeben.Von daher bezweifeln wir generell an, ob die angegebenen 20 Verhaftungen rechtmäßig und verhältnismäßig waren.

Siebtens. Von der Berliner Presse erwarten wir, daß sie nicht einseitig die polizeilichen Angaben übernimmt, sondern vor allem auch die Beteiligten selbst zu Wort kommen lässt sowie den Wahrheitsgehalt von Aussagen, was im vorliegenden Fall probemlos möglich gewesen wäre, überprüft.

Achtens betrifft uns als Gewerkschafter:innen besonders! Die in vielen Fällen dokumentierten Übergriffe der Berliner Polizei – zuletzt gegen ein Kleinkind mit ihrem Vater- ,die oft den ganzen Erdball umkreisen, ramponieren das Image unserer einst als „weltoffen“ geschätzten Stadt Berlin. Das hat – neben den ökonomischen Verwerfungen aufgrund eines geopolitischen Konfrontationskurses – schädliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung dieser Stadt und damit auf unsere Arbeitsplätze. Die Übergriffe der Berliner Polizei stehen somit in krassem Widerspruch zu den sozialen Interessen der Beschäftigten in dieser Stadt.

Neuntens. Wir sind der Meinung, jedes journalistische Medium sollte ein (Eigen)interesse an der unabhängigen Aufklärung solcher Vorfälle haben.


Titelfoto: Peter Vlatten

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