Solidarität mit Israel und den Palästinensern

Bild: Al Jazeera

Von Hajo Funke

In seinem Blog hat Hajo Funke, emeritierter Professor der politischen Wissenschaft an der FU Berlin, viele interessante Puzzle-Stücke des aktuellen Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern recherchiert und daraus eine Reihe von Thesen formuliert, die es verdienen, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Ja, es ist ein längerer Text, der ein wenig Zeit und Geduld erfordert. Doch es lohnt sich. Einige längere Passagen, die im Original im Englischen verfasst waren, haben wir mit DeepL ins Deutsche übersetzt. (Jochen Gester)

Der von Benjamin Netanjahu geplante große Krieg, die Bodenoffensive, ist für Israel und die Palästinenser verheerend. Er verstößt gegen das Interesse Israels an der Sicherheit, seiner Staatsräson

I.Solidarität mit Israel und den Palästinensern – Jenseits der Hamas

Wir stehen an der Seite der Israelis und dafür ein, dass die Existenzkrise Israels mit der Übergangsregierung militärisch und politisch schnell und klug entschieden und behoben wird, dass der furchtbare gewaltbereite Antisemitismus dort wie hier zurückgedrängt oder verboten wird und dass diese Katastrophe, die schlimmste seit der Existenz Israels durch Schritte zu einer Entspannung und zum Frieden angegangen wird. Ofer Waldmann schrieb am 11. Oktober in der Süddeutschen: „Die Realität, die wir in Israel kannten, ist seit Samstag vorbei. Doch wie lässt sich von der neuen Wirklichkeit sprechen und die Menschlichkeit bewahren? Ein Brief aus Haifa.“ (231011-sz-hamas-terror-ofer-waldman-ueber-das-ringen-nach-worten). In dieser Situation der Verzweiflung kann man nur darauf hoffen, dass selbst diese Regierung das ihre dazu tut, dass es in und um Gaza nicht zu einem Vernichtungsfuror kommt und nicht zu einem Flächenbrand – etwa zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran und dann über deren Waffen auch die Großstädte Israels unmittelbar gefährdet wären. Nur Diplomatie kann wenn überhaupt noch die nach Gaza verbrachten Geiseln retten und eine blutige Katastrophe der Bevölkerung Gazas noch verhindern. (Solidarität ebenso wie Mitleid und Mitgefühl sind nicht nach Ethnien oder Nationen gespalten; sie gelten denen, die leiden, deren Leben bedroht, gefährdet oder verletzt wird, den Nächsten wie den Fernsten, den Israelis wie den Palästinensern, den Palästinensern ebenso wie den Israelis.)

II.Die Verantwortung Netanjahus. Seine Regierung war Tage vor dem Blutbad der Terrorgruppe Hamas mehrfach gewarnt worden. Sie tat nicht das Angemessene, seine Bewohner zu schützen, sondern zog Truppen ab

Zu dem Unfassbaren gehört, wie wenig die israelische Regierung unter Netanjahu und seine Sicherheitsbehörden vorbereitet waren. Darüber schreibt die Haaretz in vielen Beiträgen, ich glaube zurecht. Auch Hanno Loewy, der langjährige Leiter des jüdischen Museums Hohenems, den ich aus dem ORF Radio Vorarlberg beispielhaft zitieren möchte ( Vgl: https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/direktor-des-j%C3%BCdischen-museums-hohenems-kritisiert-israel/ar-AA): „Der Angriff der Hamas sei keine Reaktion auf eine aktuelle politische Situation, vielmehr sei er von langer Hand geplant worden. Das Datum sei seit 50 Jahren bekannt. „Dass die israelischen Geheimdienste, das Militär auf diese Gewalt nicht vorbereitet war, ist das eigentlich für mich Unglaubliche, Unfassbare. Weil damit hätten sie rechnen müssen, dass da was passiert an diesem Tag. Dass ist etwas, das die Menschen völlig fassungslos macht, dass diese Regierung mit vielen Dingen beschäftigt war, nur nicht damit, die Menschen im Land zu schützen, sondern damit beschäftigt war, diese Gesellschaft zu spalten“, bestätigte der Kulturwissenschafter seine Kritik in Hinblick auf den von Ministerpräsident Benjamin Netanyahus Regierung vorangetriebenen umstrittenen Justizumbau gegenüber der APA. Es ziehe sich ein tiefer Riss durch die israelische Gesellschaft, die nun völlig unter Schock stehe.“

Das tödliche Versagen der Regierung Netanjahu: Die Öffnung der Südflanke trotz mehrfachen ägyptischen Informationen, dass „something big“ unmittelbar bevorstehe

Tatsächlich mehren sich die Hinweise, dass die Sicherheitsbehörden unter der neuen teils rechtsextremen Führung sich auf die Unterstützung der ihrerseits rechten Siedlerbewegung konzentriert haben und die Region im Süden Israels ohne zureichenden polizeilichen und militärischen Schutz ließen. Es gehört gesagt, dass der Staat Israel tödlich und systematisch versagt hat – wie dies der Vertreter des Sicherheitsrats in Israel, Zachi Ha-Negbi mitteilte (Vgl ARD Sendung am 15. Oktober): 2 1/2 Stunden vor Beginn der Massaker wurde ein Stab darauf aufmerksam und erklärte es als nicht so schlimm. Die bewaffneten Kräfte des Inlandgeheimdienstes, die hingeschickt worden waren, wurden teils getötet.

Hinzu kommt: Nach israelischen Berichten haben Bewohner von Ashkelon die Vorbereitung eines Angriffs beobachtet und mitgeteilt, ohne dass etwas angemessenes geschehen wäre. Es gibt auch noch nicht bestätigte Hinweise, dass ägyptische Quellen schon Tage vor dem Angriff auf die Gefahr aufmerksam gemacht haben, ohne dass etwas angemessenes geschehen wäre. In der Tat: Die Grenze im Süden Israels gegenüber Gaza war nicht gesichert. Auch der für das Versagen verantwortliche Ministerpräsident ging davon aus, dass gegenwärtig von der Hamas keine unmittelbare bedrohliche Situation entstehe.

Wiederholte Warnungen an Netanjahu persönlich

Times of Israel, 9.10.23: „Die zunehmenden Fragen über Israels massives Versagen des Geheimdienstes, einen Überraschungsangriff der Hamas vorherzusehen und sich darauf vorzubereiten, wurden am Montag noch verstärkt, als ein ägyptischer Geheimdienstbeamter sagte, Jerusalem habe wiederholte Warnungen ignoriert, dass die im Gazastreifen ansässige Terrorgruppe „etwas Großes“ plane – was eine offensichtliche direkte Mitteilung des Kairoer Geheimdienstministers an den Premierminister einschloss. Der ägyptische Beamte sagte, Ägypten, das häufig als Vermittler zwischen Israel und der Hamas fungiert, habe wiederholt mit den Israelis über „etwas Großes“ gesprochen, ohne dies näher zu erläutern. Er sagte, die israelischen Beamten konzentrierten sich auf das Westjordanland und spielten die Bedrohung durch den Gazastreifen herunter. Die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu besteht aus Anhängern der Siedler im Westjordanland, die angesichts der zunehmenden Gewalt in den letzten 18 Monaten ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte gefordert haben. „Wir haben sie gewarnt, dass eine Explosion der Situation bevorsteht, und zwar sehr bald, und dass sie sehr groß sein würde. Aber sie haben diese Warnungen unterschätzt“, sagte der Beamte, der unter der Bedingung der Anonymität sprach, weil er nicht befugt war, den Inhalt sensibler Geheimdienstgespräche mit den Medien zu besprechen, gegenüber The Associated Press. Netanjahu bestritt, eine solche Vorwarnung erhalten zu haben, und sagte in einer Ansprache an die Nation am Montagabend, die Geschichte sei „Fake News“.“ (Ähnlich AP vom 9.10.)

Die Regierung Netanjahu hat das Land in die Katastrophe geführt und an den Rand ihrer Existenz. Sie hat sich an der Staatsräson, für die Sicherheit ihrer Bewohner zu sorgen, vergangen. Das ist in Israel ein offenes Geheimnis und manchmal fürchtet man, dass es nicht im Interesse dieses Netanjahu ist, den Krieg schnell zu beenden, da es auch sein politisches Ende sein dürfte.

III. Kriegsverbrechen?

Drückende Indizien dafür, dass die verheerende Explosion im Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza am 17. Oktober von der israelischen Seite verübt worden ist. Hananya Naftali, die rechte Hand Netanjahus, erklärte, es waren die Israelis, ehe er sich dementierte

Nach Informationen der Frankfurter Rundschau vom 20.10.2023 ist die These der israelischen Regierung, die Hamas oder der Islamische Jihad habe das Krankenhaus in Gaza getroffen, voreilig wenn nicht geradeheraus falsch. Inzwischen ist davon auszugehen, nach allem was an Informationen öffentlich wird, dass es die israelische Seite war, die angegriffen hat.

„Erstmeldung vom 18. Oktober: Tel Aviv – Die Explosion im Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza am Dienstag (17. Oktober) forderte etliche Menschenleben. Wie viele Opfer es tatsächlich gab, darüber herrscht Uneinigkeit. Die Zahlen variieren stark. Nach der massiven Explosion inmitten des Krieges in Israel beschuldigten die Terrormiliz Hamas sowie auch einige muslimische Länder einen israelischen Luftangriff, der das Krankenhaus getroffen habe. Israel hingegen betonte, dass eine fehlgeschlagene Rakete der Militanten des palästinensischen „Islamischen Dschihads“ verantwortlich für die Explosion ist. (…) Gelöschte Beiträge wie etwa Videos belasten nun die israelische Darstellung und sorgen für Spekulationen rund um die Explosion im Krankenhaus. Hananya Naftali, der sich in einem Video selbst als ein Mitarbeiter der digitalen Task-Force des israelischen Militärs vorstellt, veröffentlichte kurz nach der Explosion einen Beitrag im Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter). Darin räumte er ein, die israelische Armee habe das Krankenhaus attackiert, da es von der islamistischen Hamas als Stützpunkt genutzt werde. Dazu veröffentlichte er ein Video des Krankenhauses nach der Explosion und schrieb: „Mehrere Terroristen sind tot.“ Dieser Tweet wurde jedoch kurze Zeit später gelöscht. Stattdessen veröffentlichte Naftali nun ein neues Video vom Moment der Explosion und sprach plötzlich von einer „mysteriösen Explosion in Gaza“. Später schrieb er auch, bei seinem ursprünglichen Beitrag habe es sich um einen falschen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters gehandelt. Allerdings hatte Naftali in seinem ursprünglichen Post keine Quelle angegeben. Der britisch-arabische Journalist Dilly Hussain schrieb außerdem, Naftali berichte schließlich direkt vom israelischen Militär. Seither sind auch Videos von Naftalis Hochzeit aufgetaucht, in denen der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu unterstreicht: „Naftali arbeitet für mich.“

Israel veröffentlicht Videobeweis zur Krankenhaus-Explosion: Und löscht später die Aufnahme. Nicht nur Naftali, sondern auch die offiziellen X-Accounts des Staates Israel und des israelischen Botschafters in den USA, Michael Herzog, löschten ein Video. Darin zeigte das israelische Militär Aufnahmen von einer Raketensalve in Richtung Israel, die offenbar von den Militanten des sogenannten „Islamischen Dschihads“ abgefeuert wurde. Zu sehen ist tatsächlich, wie eine Rakete in der Ferne in die andere Richtung fliegt und anscheinend wieder in Gaza aufschlägt und eine Explosion verursacht. Allerdings machte der Journalist Aric Toler, der Teil des Investigativteams der New York Times ist, auf ein Problem mit den Zeitangaben aufmerksam. „Die ersten öffentlichen Erwähnungen des Krankenhausangriffes kamen um rund 19.20 Uhr Ortszeit, doch dieser Livestream zeigt eine Explosion um 8 Uhr Ortszeit“, schrieb Toler in seinem X-Account. Auch dieses Video wurde ähnlich wie bei Naftalis Post kurze Zeit nach der Veröffentlichung gelöscht. Warum das Video gelöscht wurde, wollte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari nicht beantworten, denn das Video sei nicht mit dem israelischen Militär, sondern dem Außenministerium verbunden, erklärte er. „Sie müssen das Außenministerium fragen, warum sie das gepostet haben, warum sie es gelöscht haben“, zitierte das amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek Hagari. Reporter spekulieren um Krankenhaus-Explosion: Wer steckt dahinter? In die Spekulationen um die Explosion im Krankenhaus schalteten sich auch britische und amerikanische Reporter vor Ort ein. „Es ist schwer, sich vorzustellen, was außer einem oder mehreren israelischen Luftangriffen zu dieser Explosion geführt haben könnte“, sagte BBC-Reporter Jon Donnison aus der Stadt Ramallah im Westjordanland. Dabei berief er sich auf die Größe der Detonation und Zerstörung. Er erklärte, bei Raketensalven aus Gaza habe man niemals eine derartige Explosion gesehen.“

Laut „The Spot“ vom 19. Oktober 2023 hat die türkische Regierung eine Meldung veröffentlicht, nachdem das Video, nach dem Israel behauptet, die Hamas habe das Hospital angegriffen, manipuliert und falsch sei: „JUST IN | Die türkische Regierung hat erklärt, dass das Video, in dem Israel behauptet, die Hamas habe das Krankenhaus angegriffen, manipuliert und falsch ist. Die Türkei hat Israels Behauptung offiziell widerlegt und ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie während der Raketenangriffe der Hamas von einem anderen Ort aus Raketen auf das Krankenhaus abgefeuert werden.“ (https://twitter.com/i/status/1714975211357966522)

Das nächste Kriegsverbrechen? Der Angriff auf die Kirche St. Porphyrius

Washinton Post, 20.10.23: „Ein israelischer Angriff beschädigte die historische St. Porphyrius-Kirche in Gaza, in der Hunderte von Palästinensern untergebracht waren, die durch den Krieg vertrieben worden waren, wie religiöse Beamte mitteilten. Nach dem Angriff vom Donnerstag, bei dem nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza mindestens 16 Christen getötet wurden, wühlten die Rettungskräfte noch immer in den Trümmern. Das israelische Militär teilte mit, es habe Kenntnis von Berichten über Verletzte und prüfe den Vorfall.

Amnesty International finds ‘damning evidence’ of Israeli war crimes.

„Amnesty International erklärte, eine Untersuchung, die anhand von Zeugenbefragungen, Satellitenbildern und verifizierten Fotos und Videos durchgeführt wurde, habe „erdrückende Beweise“ für Kriegsverbrechen gefunden, die Israel diesen Monat im Gazastreifen begangen haben soll. Die Organisation erklärte, dass die israelischen Angriffe in fünf konkreten Fällen, die sie detailliert auflistet, gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen haben, unter anderem durch das Versäumnis, praktikable Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um Zivilisten zu verschonen, oder durch wahllose Angriffe, bei denen nicht zwischen Zivilisten und militärischen Zielen unterschieden wurde, oder durch Angriffe, die möglicherweise gegen zivile Objekte gerichtet waren. Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International, sagte, das israelische Militär habe eine „schockierende Missachtung des Lebens von Zivilisten“ gezeigt. Da Israel auf sein erklärtes Ziel hinarbeitet, die von der Hamas ausgehende Bedrohung zu beseitigen, haben viele in der internationalen Gemeinschaft Bedenken geäußert, dass unschuldige palästinensische Zivilisten zu Kollateralschäden werden könnten. Bei einem in der Untersuchung beschriebenen Angriff auf ein dreistöckiges Wohnhaus in Gaza-Stadt am 7. Oktober wurden 15 Mitglieder einer Mehrgenerationenfamilie getötet. Sieben der Getöteten waren laut der Untersuchung Kinder, darunter ein 18 Monate altes Kind. Amnesty International erklärte, dass bei diesem Angriff keine Hinweise auf militärische Ziele in dem Gebiet gefunden wurden. Ein Angriff auf ein ziviles Gebiet ohne militärische Ziele würde als Kriegsverbrechen betrachtet, so Amnesty International. Selbst wenn es ein militärisches Ziel gäbe, würde ein Angriff auf ein so dicht besiedeltes ziviles Gebiet als wahlloser Angriff betrachtet und ebenfalls als Kriegsverbrechen eingestuft werden. „Israel gab keine Erklärung für den Vorfall ab“, hieß es. (Washington Post, 20.10.23)

Israelische und palästinensische Human Rights Organisationen formulieren einen dramatischen Appell gegen die tödlichen Angriffe auf alle Zivilisten – in Israel, in der Westbank und in Gaza:

„Btselem und andere Menschenrechtsorganisationen erheben laut und deutlich ihre Stimme gegen die Schädigung aller unschuldigen Zivilisten: „Wir, die Mitglieder der unterzeichnenden Menschenrechtsorganisationen in Israel, sind schockiert und entsetzt in diesen furchtbaren Tagen. Die schrecklichen Verbrechen der Hamas gegen unschuldige Zivilisten – darunter Kinder, Frauen und ältere Menschen – haben uns alle erschüttert, und wir haben Mühe, uns von den unerträglichen Bildern und Geräuschen zu erholen. Einige von uns waren während des Angriffs in den israelischen Gemeinden an der Grenze zum Gazastreifen; viele von uns haben Familienangehörige, Freunde und Kollegen, die die erschütternden Ereignisse miterlebt haben und immer noch mit ihnen zu tun haben; und wir alle kennen Menschen, die ermordet, verletzt oder entführt wurden. Es wird einige Zeit dauern, bis wir die Tragweite und die Folgen des abscheulichen Angriffs der Hamas, für den es keine Rechtfertigung geben kann, vollständig verstehen. Die meisten unserer Teams bestehen aus Israelis und Palästinensern; daher haben einige von uns Verwandte und Kollegen im Gazastreifen, die derzeit unter den anhaltenden Angriffen des israelischen Militärs leben. Kinder, Frauen und ältere Menschen werden wahllos angegriffen und können sich nirgendwo verstecken. Auch jetzt – und gerade jetzt – müssen wir unsere moralische und menschliche Haltung bewahren und dürfen nicht der Verzweiflung oder dem Drang nach Rache nachgeben. Unser Glaube an den menschlichen Geist und das ihm innewohnende Gute ist wichtiger denn je. Eines ist klar: Wir werden unseren Glauben an die Menschlichkeit niemals aufgeben – auch jetzt nicht, wo dies schwieriger ist als je zuvor.“ (17.10.23) (https://www.btselem.org/press_releases/human_rights_organizations_raise_a_loud_and_clear_voice_against_the_har)

»Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und handeln entsprechend.« (Der israelische Verteidigungsminister)

In dieser Situation der Verzweiflung kann man nur darauf hoffen, dass selbst diese Regierung das ihre dazu tut, dass es in und um Gaza nicht zu einem Vernichtungsfuror kommt und nicht zu einem Flächenbrand – etwa zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran und dann über deren Waffen auch die Großstädte Israels unmittelbar gefährdet wären. Diese Gefahr ist gegeben, wenn der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant nach eigenen Angaben eine »totale Belagerung« des Gazastreifens befohlen (vergleiche Spiegel online vom 13.10.2023) hat. »Es wird keinen Strom, keine Nahrung, keinen Treibstoff geben«, hatte Gallant nach Angaben israelischer Medien gesagt. »Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und handeln entsprechend.« Die Umsetzung einer solchen Kollektivverurteilung ist oder wäre die Beschreibung eines geplanten, rassistischen Kriegsverbrechens und gehörte vor den Internationalen Strafgerichtshof.

„Die schlimmste Sicherheitskatastrophe in der Geschichte Israels. (…) Sie liegt in der Verantwortung der aktuellen Regierung.“

Der israelische Historiker Moshe Zimmermann hat am 10. Oktober in der Tagesschau auf das Versagen der israelischen Regierung hingewiesen und als eine der Ursachen der jetzigen Eskalation die fehlende Bereitschaft insbesondere der letzten Netanjahu Regierung benannt, zu wenig für Frieden getan zu haben und Deutschland aufgefordert, wie er dies in seinen jüngsten Besuchen in Deutschland und in Berlin mehrfach betont hat, sich mehr und anders als bisher um den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu bemühen. (Vgl https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-moshe-zimmermann-100.html) „Der Angriff der Hamas auf Israel ist nach Ansicht des Historikers Zimmermann auch eine Folge falscher Prioritäten der israelischen Regierung. Es sei zu wenig für eine Friedenslösung mit Palästina getan worden – auch in Deutschland, sagte er auf tagesschau 24. Israels Militär und Regierung schien von dem Angriff der Hamas am Wochenende überrascht worden sein. Der Staat, die Regierung und das Militär hätten versagt, sagte der israelische Historiker Moshe Zimmermann – der immer wieder dazu aufgerufen hat, auch in Deutschland die Stimme gegen den Versuch der Netanjahu-Regierung die Demokratie zu schleifen – öffentlich aufzustehen bei tagesschau24. „Der Staat Israel ist dafür gegründet worden, um Juden zu schützen, um Juden eine sichere Heimat zu garantieren.“ Das sei angesichts des Angriffs mit Hunderten Toten nicht gelungen.“ „Den Grund dafür sieht er unter anderem darin, dass die Regierung zu wenig für eine friedliche Lösung mit der palästinensischen Seite getan habe. Die Regierung habe seit zehn Jahren keine Friedensverhandlung geführt und zugelassen, dass eine Terrororganisation wie die Hamas die handelnde Partei in diesem Konflikt geworden ist. „Wie unmenschlich die sein kann, hat sie am Samstag gezeigt. Die israelische Zivilbevölkerung war ausgeliefert“, so Zimmermann.. Die größte Bedrohung käme von der Hamas aus dem Gazastreifen. „Wenn man sich nicht damit befasst, sondern mit dem Schicksal der Siedler oder der Ausdehnung der Siedlungen in der Westbank oder mit einer Justizreform, die die Justiz unterminiert, dann hat man die falschen Prioritäten gesetzt“, so Zimmermann.“

Ebenso klarsichtig (und empört) der Autor des Bestsellers „Letters to my Palestinian Neighbor„, Yossi Klein Halewi, der in ungekannter Genauigkeit das militärische Versagen am 7. Oktober der rechtesten Regierung in der Geschichte Israels zuweist. „Die Wut, die so viele von uns gegen Netanjahu persönlich und seine gesamte Regierung aus Rechtsextremisten, religiösen Fundamentalisten und korrupten Politikern empfinden, wurde durch das Versagen, dass zu den Anschlägen vom 7. Oktober geführt hat, noch verstärkt. Seit Monaten hatten wir davor gewarnt, dass das alles zu einer Katastrophe führen wird. Nun ist die schlimmste Sicherheitskatastrophe in der Geschichte Israels geschehen. Sie liegt in der Verantwortung der aktuellen Regierung.“ (taz, 21.10.23)

Hat die Diplomatie zur Eindämmung eines Weltkriegsgefährlichen Flächenbrands noch eine Chance? Hat Haaretz vom 22/10/23 recht: „Netanjahu ist ein existenzielles Sicherheitsrisiko für das Überleben Israels.“ (Ergänzung vom 22.)

Es ist, als entscheide sich in den nächsten wenigen Stunden und Tagen, ob sich die auf Eskalation abonnierte Regierung Netanjahu durchsetzt oder eine inzwischen weltweite Diplomatie, die Israel (und uns) noch vor dem Schlimmsten bewahrt. Nie in der langen Geschichte der großartigen Tageszeitung Haaretz ist der Ton so dringend und bitter wie am vorletzten Wochenende des Oktober 2023 – nach der hochbedeutsamen Freilassung zweier US-amerikanischer Geiseln durch die Vermittlung Katars.

Netanyahu ist eine existenzielle Bedrohung für Israels Überleben

Israels Schwäche im Inneren und auf internationaler Ebene ist die Schuld des Irans und seiner Stellvertreter sowie des gescheiterten Führers des Landes, Netanjahu. Die USA und Deutschland bieten beispiellose Unterstützung an – militärisch, moralisch, diplomatisch – um die israelische Öffentlichkeit zu stützen, aber auch um eine astronomische Zahl von Toten in Gaza zu verhindern (Haaretz, 22. Oktober 23)

Netanjahus Geiselgesandter gefährdet das Leben all derer, die von der Hamas entführt wurden

Gal Hirsch, der pensionierte Brigadegeneral, der die Freilassung der Geiseln im Gazastreifen sicherstellen soll, ist ein „größenwahnsinniger Messianer“ und Bibi-Anhänger, der sich mehr um seine eigene politische Karriere als um die heikle Aufgabe kümmert, mit der er betraut ist; „er bringt sein Ego ein und sonst nicht viel. Als Brigadegeneral a.D. Gal Hirsch im August 2015 von seiner Kandidatur zum Polizeipräsidenten erfuhr, wandte er sich an die vor seinem Haus versammelten Medien. „Ich melde mich für die Mission, die in Jesaja geschrieben steht: Hier bin ich, sende mich!“ In diesem Moment wurde deutlich, dass es dem Mann, der eines der höchsten Sicherheitsämter des Staates übernehmen sollte, an Realitätssinn mangelte. (Yossi Verter, Haaretz, 22.10.23)

IDF bereitet sich auf eine schrittweise, aggressive Invasion des Gazastreifens vor – und auf eine gespaltene israelische Führung

Die israelische Armee beabsichtigt, eine Bodenoperation im Gazastreifen zu starten, sieht sich jedoch mit Fragen zu den Erfolgsaussichten und den Beschränkungen der Biden-Administration konfrontiert, was eine Debatte im Kabinett Netanjahu auslöste. Die oberste Führung der IDF glaubt, dass sie eine einmalige Erlaubnis zum Töten und getötet werden hat, um die frühere Normalität wiederherzustellen

Die Freilassung von zwei Geiseln mit amerikanischer Staatsbürgerschaft am Freitagabend scheint ein Schritt zu sein, den die USA als Beweis für die Ernsthaftigkeit der Hamas fordern. Washington versucht herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gibt, einen Weg zu finden, bei dem einige der Geiseln im Gegenzug zu größeren humanitären Zugeständnissen für die im südlichen Gazastreifen eingepferchte palästinensische Bevölkerung freigelassen werden und ausländische Staatsangehörige über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten einreisen können.

Die Kampagne ist nun in vollem Gange: Schuld an den Toten und Geiseln, Entlastung für Netanjahu

Das Blut ist noch nicht getrocknet, die Entführten sind noch nicht zurückgekehrt, die Sicherheit ist noch nicht wiederhergestellt, und die Gefahren des Krieges sind noch nicht vorbei – und jeden Tag erfahren wir von den enormen Anstrengungen, die die Regierung, insbesondere Premierminister Benjamin Netanjahu, unternimmt, um jedes Fünkchen Verantwortung von sich abzulenken.

Ist die Bemühung zur Freilassung der über 200 Geiseln tatsächlich von zentralem Interesse für die Regierung Netanjahu? (Am 22. Oktober ergänzt)

Die Frage, ob es zur Freilassung der von Hamas Einheiten deportierten Geiseln kommt, gehört zu den entscheidenden Fragen für die Eskalation des Kriegs in Richtung einer Bodenoffensive und damit eines Flächenbrands. Ich habe nie in meiner 30-jährigen Lektüre der renommierten Haaretz einen so bitteren Bericht über die Freilassung der ersten 2 US-amerikanischen Geiseln gesehen und kann kaum glauben, dass dies geschrieben worden ist. Ich zitiere den Bericht vom 22. Oktober 23 dennoch, weil er offenkundig etwas über die verzweifelte Situation, in der Israel am Beginn einer furchtbaren Eskalation stehen mag, zeigt:

„Netanjahu und der von ihm ernannte Koordinator für Geiseln und Vermisste, Gal Hirsch, sind unfähig, sich mit der Realität auseinanderzusetzen. Deshalb machen sie uns auch keine Hoffnung. Auf dem Foto, das die israelischen Behörden am Freitagabend veröffentlichten, stehen fünf Personen in einer Reihe. Rechts und links stehen zwei IDF-Offiziere, deren Gesichter verschwommen sind. Aus Sicherheitsgründen, oder vielleicht, weil sie nicht die Hauptpersonen in dieser Geschichte sind. In der Mitte – ein kleiner, offensichtlich müder Mann Ende 50, der eine kugelsichere Weste über einem zugeknöpften Hemd trägt. Er hält die Hände von Judith und Natalie Raanan, der israelisch-amerikanischen Mutter und Tochter, die am 7. Oktober von der Hamas als Geiseln genommen und an diesem Wochenende im Rahmen einer von der katarischen Regierung vermittelten Vereinbarung zwischen den USA und der Hamas freigelassen wurden. Der Mann in der Mitte ist Gal Hirsch, der neu ernannte Koordinator für Geiseln und vermisste Personen. Er ist der Mann, den Premierminister Benjamin Netanjahu mit den unvorstellbar komplexen Bemühungen betraut hat, mehr als 210 israelische Staatsbürger und Soldaten nach Hause zu bringen, die von einer Terrororganisation im Gazastreifen festgehalten werden. Das am Freitagabend veröffentlichte Foto ist irreführend. Es suggeriert, dass Hirsch – ein Netanjahu-Loyalist, der aus den falschen Gründen für diesen Posten ernannt wurde, keine einschlägige Erfahrung hat und versucht, sich ein hohes Gehalt zu sichern – etwas mit der Freilassung der Geiseln zu tun haben könnte. Hat er aber nicht. Die Erwartungen der Israelis an ihren Premierminister könnten derzeit nicht geringer sein. Immerhin ist er für eine Katastrophe verantwortlich, wie sie Israel in all den Jahren seines Bestehens noch nicht erlebt hat. Und als ob die Ernennung von Hirsch nicht schon wütend genug wäre, wird das Foto von ihm mit den freigelassenen Geiseln in die Geschichte eingehen als eine der schärfsten Veranschaulichungen des Versagens von Netanjahu in all seinen Jahren an der Macht. Wie schon so viele Leute bemerkt haben, ist für Netanjahu und seine Kumpane alles im Leben ein Fototermin. Die eigentliche Arbeit ist nie Teil des Plans.“

Die unmittelbare Verzweiflung zeigt sich im letzten Teil dieses Berichts, wenn nämlich der bekannte ex Mossad Agent David Meidan über den gelungenen Austausch des langjährig inhaftierten Gilad Shalit spricht und der gegenwärtigen Regierung schlicht jedes Vermögen abspricht, mit dieser für Krieg und Frieden zentralen Frage auch nur annähernd kompetent umzugehen:

In einem Interview am Wochenende sagte David Meidan, der ehemalige Mossad-Agent, der für den Gefangenenaustausch verantwortlich war, durch den der israelische Soldat Gilad Shalit aus der Gefangenschaft der Hamas befreit wurde, dass seiner Meinung nach die am meisten gefährdeten Gefangenen innerhalb eines sehr engen Zeitfensters, „innerhalb einer Woche“, freigelassen werden müssen. Er glaubt nicht, dass Netanjahu das versteht oder in der Lage ist, einen Schritt nach vorne zu machen, der nicht mit seinen eigenen Interessen zu tun hat.

Und schon am 9. Oktober warnte Haaretz davor, (weiter) die Bevölkerung von 2.000.000 Menschen in Gaza ohne einen ungeheuren Preis weiter de facto in Haft zu halten

Israel kann nicht zwei Millionen Menschen im Gazastreifen inhaftieren, ohne einen grausamen Preis zu zahlen

Dahinter steckt die israelische Arroganz, die Vorstellung, dass wir tun können, was wir wollen, dass wir niemals den Preis dafür zahlen und dafür bestraft werden. Wir werden ungestört weitermachen.

Long durée falscher Prioritäten Netanjahus in den letzten knapp 30 Jahren

Die Setzung falscher Prioritäten hat indes eine lange Vorgeschichte, nicht zuletzt unter der langen Dominanz Netanjahus in der israelischen Politik seit nunmehr fast 30 Jahren – seit dem Mord an Itzhak Rabin, der für die Oslo-Friedensverabredungen stand und am 4. November 1995 nach einer monatelangen Kampagne der damaligen Oppositionspartei Likud durch einen rechtsextremen Attentäter ermordet worden war. Damit hatten sich u.a. die Perspektiven für einen Ausgleich zwischen Palästinensern und Israelis verdüstert. Vor allem: Netanjahu war nie an einer Regelung der Palästinenserfrage interessiert, hat dieses immer gravierendere Problem schlicht geleugnet, in sich wiederholenden Kriegen gegen die Gaza-Enklave seine Macht zu sichern versucht, schließlich sich von Rassisten und terrornahen Radikalen wie Ben Gvir umgeben und an der Sicherheit Israels – seiner – Staatsräson versehen [1]

V.Konsequenzen:

(1)Gegen die Bodenoffensive, für die Freilassung der Geiseln und eine Initiative zur Entspannung statt zum Flächenbrand!

Die Bodenoffensive ist eine tödliche Falle für Israel und Palästinenser. Sie gefährdet die Sicherheit Israels. Die Bodenoffensive wäre eine Falle, in der nicht nur Palästinenserinnen und Palästinenser versinken, sondern auch Israel und der Nahe Osten. Die Entscheidung zur Bodenoffensive ist selbstzerstörerisch und richtet sich gegen den Kern der Staatsräson Israels. Solidarität mit Israel heißt dieser Tage, dem Netanjahuschen Rad der Eskalation – einem sich verschlingenden gordischen Knoten – in die Speichen zu greifen. (Nach der griechischen Mythologie hat Alexander der Große in einer Konfliktsituation den gordischen Knoten mit dem Schwert durchhauen. Der General a. D. Harald Kujat hat mich indessen darauf hingewiesen, dass es noch einen anderen Ausweg nach der griechischen Mythologie gibt: Der Knoten sichert und verbindet das Rad des Wagens mit dem ziehenden Pferd; man kann die Weiterfahrt des Wagens schlicht dadurch unterbrechen, dass man den Nagel, an dem der Knoten befestigt, ist aus dem inneren Teil des Rads herauszieht.)

Die Tatsache, dass die Grenzstation Rafah für humanitäre Zwecke geöffnet wird und es offenkundig Verhandlungen um die Freilassung der Geiseln gibt[2], sind noch Zeichen einer Vernunft, nicht sich selbst die Falle aufzustellen und zum großen Krieg durch Hisbollah und den Iran einzuladen. Zu Recht wurde in der ARD vom 15. Oktober darauf hingewiesen, dass es klügere Mittel gibt, die Hamas einzudämmen und in ihrem Terrorwahn unschädlich zu machen. Es sind offenbar noch einmal Tage der Diplomatie, des amerikanischen Außenministers, des türkischen Präsidenten und nicht zuletzt eines eigens von China Beauftragten zu vermitteln und die Sache der Palästinenser auf den Verhandlungstisch zu bringen. Die Gefahr ist konkret, dass, wenn es zu einem verstärkten, zunächst gestuften Einsatz der mehr als 100.000 Raketen in der Hand der Hisbollah käme oder gar einem Einsatz iranischer Drohnen durch Hisbollah, gegen den die bisherigen Verteidigungs- und Schutzmaßnahmen für Israel nicht ausreichen würden, es zum Tod weiterer tausender oder gar 10.000er Israelis kommen könnte. Dies wiederum wäre der große Flächenbrand, in dem sowohl die Vereinigten Staaten wie Iran sich konfrontiert sehen könnten einzugreifen.

Es ist daher im Interesse der Sicherheit Israels und damit seiner Staatsräson, sich national wie international mit allen diplomatischen Mitteln gegen eine Offensive, wie sie der gegenwärtige Ministerpräsidentin Israels plant, zu stemmen. Die Bodenoffensive wäre der entscheidende Schritt zu einem ganz großen Krieg. Israel hätte einen 3 Fronten Krieg gewählt: im Süden, im Norden und im Osten – gegenüber dem Iran.

Noch läuft zur  Abwendung eines großen Kriegs die internationale Diplomatie auf Hochtouren. Daran sind  neben den Anrainerstaaten Ägypten und Jordanien und den Europäern nicht zuletzt den Deutschen  die US-Amerikaner als die wichtigsten Verbündeten Israels beteiligt, die wiederum inzwischen auch diejenigen einbeziehen,  mit denen sie sonst im Streit liegen, etwa die Chinesen mit ihrem Einfluss auf den Iran und Saudi-Arabien, teils zusammen sogar  mit der russischen Seite. Insbesondere die Amerikaner scheinen an einer Begrenzung der Gefahren einer großen Bodenoffensive interessiert zu sein. In New York Times vom 23. 10. heißt es:

„Eine verspätete Invasion: Geiseln: Die USA wollen mehr Zeit für Geiselverhandlungen. Am Freitag erreichten die USA mit Hilfe von Katar die Freilassung von zwei amerikanischen Geiseln. Israel glaubt, dass die Hamas etwa 50 Geiseln freilassen könnte, die nicht nur israelische, sondern auch Bürger eines anderen Landes sind. Verteidigung: Biden ist besorgt über einen umfassenderen regionalen Konflikt, der möglicherweise auch den Iran einbeziehen könnte. Amerikanische Beamte wollen mehr Zeit, um sich auf Angriffe von Gruppen vorzubereiten, die vom Iran unterstützt werden und von denen sie glauben, dass sie nach der Invasion zunehmen werden. Das Außenministerium hat einige Regierungsmitarbeiter und Familienmitglieder angewiesen, die US-Botschaft in Bagdad zu verlassen, und das Pentagon schickt mehr Raketenabwehrsysteme in die Region. Hilfe: US-Beamte haben betont, wie wichtig es ist, mehr Lebensmittel, Wasser und Medikamente für die palästinensische Zivilbevölkerung im südlichen Gazastreifen bereitzustellen. Am Wochenende wurden zwei Hilfskonvois in das Gebiet entsandt. In einem Telefongespräch gestern vereinbarten Biden und Netanjahu nach Angaben des Weißen Hauses, dass der Zustrom humanitärer Hilfe in den Gazastreifen nun fortgesetzt werden soll. Strategie: Biden hat Israel geraten, die Fehler zu vermeiden, die die USA nach dem 11. September 2001 gemacht haben – als amerikanische Beamte nach einem Angriff wütend einen Krieg in Afghanistan (und später einen im Irak) mit fehlerhaften Strategien führten. Und die Kriegsführung in den Straßen von Gaza ist bekanntermaßen schwierig. US-Beamte hoffen, dass Israel sich zunächst die Zeit nimmt, die Hamas durch Luftangriffe zu schwächen und eine erfolgreiche Kampagne zu planen, die möglichst wenig zivile Opfer fordert, wie unser Kollege Steven Erlanger sagte.“

Zu recht fordern in einer Konferenz in Kairo vor allem die arabischen Nachbarn einen sofortigen Waffenstillstand und einen sicheren Zugang zur Abwendung der humanitären Notlage in Gaza. Zu den diplomatischen Mitteln gehört, großzügig und umfassend internationale Hilfe zu unterstützen, wenn die Geisel freigelassen werden und so entscheidende Schritte zur Entspannung der Situation zu tun.

Es ist wichtig, dass die Öffentlichkeit (und die Medien) in Deutschland von diesem Interesse an der Sicherung Israels und dem basalen Schutz der  Zivilbevölkerung in Palästina  gleichermaßen ausgehen und daher  Israel darin unterstützen, dass sie selbst  ihrer Staatsräson folgt und den ganz großen Krieg nicht riskiert.  Dieses Interesse teilt auch nach neuesten Umfragen die Mehrheit der deutschen Bevölkerung.  Es sollte sich  gegen jede Verengung angemessen auch in Medien, Öffentlichkeit und Politik zeigen. Nach Intercept soll der Springerkonzerns sogar entschieden haben, das Drama der Zivilbevölkerung in Gaza zu relativieren – das wäre zu überprüfen(https://theintercept.com/2023/10/19/upday-news-gaza-israel-axel-springer/)

Es ist im Übrigen kein Ausdruck von israelbezogenem Antisemitismus, wenn man sich gleichermaßen für die Sicherheit Israels wie  der palästinensischen Zivilbevölkerung verwendet und dafür demonstriert. (Mehrere 1000 demonstrierten am 21. Oktober 23 in Düsseldorf und in Essen zur Sicherung der Rechte der Palästinenser.)

Die ehemalige langjährige Nahost-Korrespondentin der taz, Susanne Knauel, fordert in der taz (11. Oktober) von der israelischen Regierung eine diplomatische Lösung zu versuchen und Deutschland auf, sich dafür stark zu machen: „100, vermutlich sogar 150 Menschen sind von der Hamas verschleppt worden. Kinder und Alte, Frauen und Männer, ZivilistInnen und SoldatInnen befinden sich seit Tagen in den Händen der Terroristen. Wie sie dort behandelt werden, mag man sich kaum vorstellen. Die Entführten so unbeschadet und so schnell wie möglich aus dem Gazastreifen zu befreien, darum muss es jetzt gehen. Wenig hilfreich ist deshalb, die Streichung von Geldern auch für humanitäre Projekte ins Spiel zu bringen. Wenig hilfreich ist auch das ständige Mantra, auf der Seite von Israel zu stehen. Natürlich tun wir das. Doch will man sich als potenzieller Vermittler nicht selbst disqualifizieren, muss man vielleicht nicht permanent darüber reden. (…) Die einzige Alternative zu Verhandlungen ist ein absolutes Blutbad im Gazastreifen und vermutlich der Tod der Menschen, deren Hoffnung der internationalen Diplomatie gilt.““ In der taz vom 21. Oktober fordert sie dazu auf, nicht in die Falle der Hamas zu tappen und und einen regionalen Flächenbrand zu Riskieren und sich von der Hamas indirekt abhängig zu machen. Ein Flächenbrand ist nicht ohne Massenmorde unter der palästinensischen Zivilbevölkerung denkbar. Wie in historisch vergleichbaren Situationen empfiehlt sie, ein Land zu finden, das bereit ist, die Hamas nahen Qassam-Brigaden aufzunehmen, den Gazastreifen von einer internationalen Treuhandschaft verwalten zu lassen oder aber von der palästinensischen Autonomiebehörde.

(2)Palästinenser:innen haben – jenseits der radikalislamistischen Terrorgruppe Hamas – das Recht Rechte zu haben und gehören durch uns unterstützt

Nach seriösen Einschätzungen sind inzwischen über 2000 Israelis und über 4000 Palästinenser zu Tode gekommen.

In einem Statement, das von der taz am 23. Oktober veröffentlicht worden ist, kritisieren 100 Künstler:innen und Wissenschaftler:innen, unter anderem Susan Neiman und Emily DISCHE-Becker, die Einschränkung des Rechts auf Demonstration und Meinungsfreiheit zu Ungunsten der Palästinenserinnen und Palästinenser, insbesondere auch in Berlin. Sie machen absolut klar, dass die Verbrechen der Hamas furchtbar sind, geahndet gehören, weisen aber darauf hin, dass damit das Recht der Palästinenser für ihre Rechte demonstrieren nicht eingeschränkt werden darf. „Wir, die unterzeichnenden jüdischen Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler, die in Deutschland leben, verurteilen in diesem Schreiben das beunruhigende Vorgehen gegen die demokratische Öffentlichkeit nach den schrecklichen Gewalttaten in Israel und Palästina in diesem Monat. Es gibt keine Rechtfertigung für vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten durch die Hamas. Wir verurteilen vorbehaltlos die terroristischen Angriffe auf Zivilisten in Israel. Viele von uns haben Familie und Freunde in Israel, die von dieser Gewalt direkt betroffen sind. Mit gleicher Schärfe verurteilen wir die Tötung von Zivilisten in Gaza. In den letzten Wochen haben Landes- und Stadtregierungen in ganz Deutschland öffentliche Versammlungen mit mutmaßlichen Sympathien für Palästinenser verboten. Diese Repressionen bestrafen auch Demonstrationen wie „Jugend gegen Rassismus“ und „Jüdische Ber­li­ne­r*in­nen gegen Gewalt in Nahost“. In einem besonders absurden Fall wurde eine jüdische Israelin festgenommen, weil sie ein Schild in der Hand hielt, auf dem sie den Krieg, den ihr Land führt, anprangerte. Die Polizei hat keine glaubwürdige Verteidigung für diese Entscheidungen geliefert. Praktisch alle Absagen, einschließlich derjenigen, die von jüdischen Gruppen organisierte Versammlungen verbieten, wurden von der Polizei zum Teil mit der „unmittelbaren Gefahr“ von „volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen“ begründet. Diese Behauptungen dienen unserer Meinung nach dazu, legitime und gewaltfreie politische Äußerungen, die auch Kritik an Israel beinhalten dürfen, zu unterdrücken. Versuche, sich diesen willkürlichen Einschränkungen zu widersetzen, werden mit wahlloser Brutalität beantwortet. Die Behörden haben Menschen mit Migrationshintergrund in ganz Deutschland ins Visier genommen und Zivilisten belästigt, verhaftet und verprügelt, oft unter den fadenscheinigsten Vorwänden. (…) In den Schulen sind palästinensische Flaggen und Keffiyeh verboten. Obwohl der Besitz dieser Gegenstände in der Öffentlichkeit gesetzlich erlaubt ist, führt er zu Polizeigewalt und Verhaftungen. Anfang dieses Jahres gaben Berliner Polizeibeamte vor Gericht zu, dass sie bei der Niederschlagung von Protesten gegen Zivilisten vorgegangen sind, die dadurch „auffielen, dass sie Farben der palästinensischen Flagge trugen oder Schals, die mit der palästinensischen Solidarität in Verbindung gebracht werden.“ Eine Vielzahl von Filmaufnahmen deutet darauf hin, dass dies nach wie vor der Fall ist und dass rassistische Vorverurteilungen bei der gezielten Verfolgung von Verdächtigen eine wichtige Rolle spielt. (…) Als Jüdinnen und Juden lehnen wir diesen Vorwand für rassistische Gewalt ab und bekunden unsere volle Solidarität mit unseren arabischen, muslimischen und insbesondere palästinensischen Nachbarn. Wir weigern uns, in vorurteilsbehafteter Angst zu leben. Was uns Angst macht, ist die in Deutschland vorherrschende Atmosphäre von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die Hand in Hand mit einem zwanghaften und paternalistischen Philo-Semitismus geht. Wir lehnen insbesondere die Gleichsetzung von Antisemitismus und jeglicher Kritik am Staat Israel ab. Zur gleichen Zeit, in der die meisten Formen des gewaltlosen Widerstands für den Gazastreifen unterdrückt werden, finden auch antisemitische Gewalttaten und Einschüchterungen statt: ein Molotowcocktail, der auf eine Synagoge geworfen wurde; Davidsterne, die auf die Türen jüdischer Häuser gezeichnet wurden. Die Beweggründe für diese nicht zu rechtfertigenden antisemitischen Straftaten und ihre Täter bleiben unbekannt. Klar ist jedoch: Es macht Juden nicht sicherer, wenn Deutschland das Recht auf öffentliche Trauerbekundung um verlorene Menschenleben in Gaza verweigert. Juden sind bereits eine gefährdete Minderheit; einige Israelis berichten, dass sie Angst haben, auf der Straße Hebräisch zu sprechen. Demonstrationsverbote und ihre gewaltsame Durchsetzung provozieren und eskalieren nur die Gewalt. Wir prangern an, dass die gefühlte Bedrohung durch solche Versammlungen die tatsächliche Bedrohung des jüdischen Lebens in Deutschland grob ins Gegenteil verkehrt, wo nach Angaben der Bundespolizei die „überwiegende Mehrheit“ der antisemitischen Straftaten – etwa 84 Prozent – von deutschen extremen Rechten begangen wird. Die Versammlungsverbote sollen ein Versuch sein, die deutsche Geschichte aufzuarbeiten, doch vielmehr besteht die Gefahr, dass man sie genau dadurch wiederholt.“

Der in Tel Aviv geborene, langjährige Kenner des Nahostkonflikts und Geschäftsführer von Medico International Tsafrir Cohen, fordert im taz Interview am 19. Oktober, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen:

  • die humanitäre Katastrophe durch die verschiedenen Akteure sofort zu reduzieren, nicht zuletzt durch eine ausreichende Wasser- und Gesundheitsversorgung,
  • das humanitäre Völkerrecht zu achten und das Recht auf Rechte für alle Menschen in Israel und Palästina durchzusetzen,
  • von einer Bodenoffensive abzusehen, da dann der aktuelle Schrecken nur die Vorstufe zu einem noch größeren Grauen wäre.[3]

(3)Weder Antisemitismus noch Palästinenserfeindlichkeit ! Verurteilung von Kriegsverbrechen. Gegen die rücksichtslose Bombardierung von Zivilisten in Gaza

Solidarität mit den durch die Kriegseskalation bedrohten und traumatisierten Israelis! Solidarität mit den Palästinenserinnen und Palästinensern ohne (israelbezogenen) Antisemitismus![4]

Ein von mir geteilter Aufruf:

„Die Zivilbevölkerung zahlt den Preis für eine beispiellose Eskalation der Gewalt. Die Staats- und Regierungschefs der EU dürfen nicht länger schweigen. Fordern Sie sie auf, die Bombardierung von Zivilist*innen in Gaza zu verurteilen: Seit dem 7. Oktober sind mindestens 1.400 Israelis und über 3.800 Palästinenser*innen getötet worden. [1] Zivilist*innen auf beiden Seiten zahlen den Preis für eine beispiellose Eskalation der Feindseligkeiten zwischen Israel und dem Gazastreifen. Führende EU-Politiker*innen rufen indes nicht zu einem Ende dieser Gewalt auf. Die Präsidentin der Europäischen Kommission von der Leyen und andere drückten ihre uneingeschränkte Solidarität mit Israel aus, sagten aber nichts zu den internationalen Verbrechen, die in Gaza stattfinden. [2] Die EU gibt Israel damit einen Freibrief, internationales Recht zu brechen. Die EU wurde auf der Grundlage des Engagements für den Frieden gegründet. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben die Pflicht, alle Länder zur Einhaltung des Völkerrechts und zum Schutz der Zivilbevölkerung aufzurufen. Unsere Staats- und Regierungschefs müssen daran offensichtlich erinnert werden: Wir müssen sie auffordern, die rücksichtslose Bombardierung von Zivilist*innen und Wohngebieten in Gaza anzuprangern. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten haben kürzlich eine außerordentliche Sitzung abgehalten und planen ihre nächsten Schritte. Dies ist der Moment, in dem wir aktiv werden müssen. Sobald 100.000 Europäer*innen unseren Aufruf unterschrieben haben, werden wir die Petition in den wichtigsten Publikationen abdrucken, damit Politiker*innen nicht an ihr vorbeikommen.

Aufruf an die Staats- und Regierungschefs der EU zur Verurteilung von Kriegsverbrechen

Schweigsam gegenüber dem Schicksal der Zivilist*innen in Gaza: So wird Europa jetzt in der Welt wahrgenommen. Aber es gibt den politischen Willen einiger EU-Diplomat*innen und Länder wie Irland, diesen Kurs zu ändern. [3] Egal wie kompliziert der Konflikt auch sein mag, unsere führenden Politiker*innen müssen sich immer und überall  für das Völkerrecht und den Frieden einsetzen. Sie dürfen Regierungen nicht freie Hand lassen, die Sicherheit und Leben Tausender Menschen aus dem Blick verlieren. Europa darf nicht mit zweierlei Maß messen. Unabhängig davon, wo sie stattfinden und wer die Täter sind, müssen Kriegsverbrechen verurteilt werden. Es scheint, dass unsere Politiker*innen die Stimmen der Palästinenser*innen nicht hören können – also lassen Sie uns die Stimme der Europäer*innen, unsere Stimme hinzufügen:

Aufruf an die Staats- und Regierungschefs der EU, sich für den Schutz von Zivilist*innen einzusetzen

Diese Gemeinschaft hat schon oft bewiesen: Wir können alles erreichen, wenn wir uns zusammentun und denjenigen, die in Not sind, zur Seite stehen. Als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine haben viele von Ihnen die Stimmen der Ukrainer*innen verstärkt, die eine sichere Ausreise forderten. [4] Jetzt müssen wir die Stimmen der Zivilist*innen in Gaza verstärken, die ein Ende der rücksichtslosen Bombardierungen fordern. Schließen Sie sich jetzt unserer Kampagne an.

Mit Entschlossenheit, Aleksandra Zielińska (Warschau), Rachel Walker-Konno (Amsterdam), Mika Leandro (Bordeaux) und das gesamte WeMove Europe Team.“

[1] https://ochaopt.org/content/hostilities-gaza-strip-and-israel-flash-update-13

[2] https://www.politico.eu/article/eu-governments-fume-at-queen-ursula-von-der-leyen/

[3] https://twitter.com/ClareDalyMEP/status/1714202849930793423

[4] https://act.wemove.eu/campaigns/ukraine-rapid-response?akid=1109%2E2021%2EcFHr0l

(HF, Berlin, 21.10.2023)


[1] In der Auseinandersetzung um den vermeintlichen Antisemitismus des südafrikanischen Historikers Mbembe bin ich auf die Rechtsentwicklung in der israelischen Politik unter Benjamin Netanjahu, dem gegenwärtigen Finanzminister Bezalel Smotrich, und von Otzma Yehudit in der terroristischen Meir-Kahane-Tradition, der der gegenwärtig agierende Polizeiminister Ben-Gvir vorsitzt, eingegangen. (Vgl Hajo Funke: Black Lives Matter in Deutschland 2021:43-57; vgl auch die Eskalation der Konflikte im Nahen und mittleren Osten im Zuge des von dem US-Präsidenten Bush junior wesentlich betriebenen Irakkriegs aus dem Jahr 2003, in: ders.: Gott Macht Amerika. Berlin 2007; Der amerikanische Weg. Berlin 2003 sowie zur israelischen Friedensbewegung der achtziger Jahre Frieden jetzt zusammen mit Christian Sterzing. Frankfurt 1989; die Analyse der fundamentalistischen Bewegung in Israel, auf der Basis von Studien Steffen Hagemanns, in: Autoritarismus und Demokratie von Lars Rensmann, Steffen Hagemann und Hajo Funke. Schwalbach 2011; die Analyse zum Antisemitismus in: Umkämpftes Vergessen (zusammen mit Micha Brumlik und Lars Rensmann). Berlin 2004; vgl auch Beiträge im Blog https://hajofunke.wordpress.com)

[2] Window of Opportunity to Free Israeli Hostages Is Closing,’ Warns Mossad Expert in Prisoner Exchanges Haaretz, 19.10.23): „David Meidan, the Mossad veteran who was behind the Shalit prisoner exchange, believes Hamas is interested in a quick deal to release captive Israeli children, women and elderly. ‚If we wait until after the war, many of the hostages will no longer be alive,‘ he warns.

[3] (Herr Cohen, am Dienstag traf eine Rakete ein Krankenhaus in Gaza, dabei sollen hunderte Menschen gestorben sein. Welche Folgen wird das haben?) Das steigert die Zahl der Toten in Gaza noch weiter, seit Kriegsbeginn sind dort schon über 3.000 Menschen gestorben. Und es verschärft die humanitäre Lage, denn das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps. Auch wenn noch unklar ist, wer dafür verantwortlich ist, sollten die Waffen jetzt sofort schweigen. Die Leute im Globalen Süden schauen sehr genau darauf, wie sich der Westen in diesem Konflikt verhält. Für sie ist das der Lackmustest, ob sich der Westen an seine eigenen Werte hält – oder ob er Menschenrechte nur dann ins Feld führt, wenn er seine Vormachtstellung und seine imperiale Lebensweise rechtfertigen will. Wenn wir da durchfallen, wird die Entfremdung zwischen dem Globalen Süden und dem Westen weiter zunehmen, die sich übrigens auch auf deutschen Straßen niederschlägt. Wir müssen eine Sprache und eine Praxis entwickeln, anhand derer wir das Menschenrecht von überall, zu jeder Zeit auf gleiche Weise durchbuchstabieren können, hier wie dort. Das ist das Gebot der Stunde. (…) (Wie können Sie verhindern, dass Geld an die Hamas fließt?) Zunächst zum Kontext: Im Gazastreifen leben etwa 2,3 Millionen Menschen auf 350 Quadratkilometern, das ist in etwa die Größe von Köln. Wir reden von einer Enklave, die abgeriegelt ist und dadurch abhängig von Hilfsgeldern aus dem Ausland ist. Die Bundesregierung hat sich, zusammen mit den USA und der EU, seit den Friedensverträgen von Oslo dazu verpflichtet, Gaza zu unterstützen, bis eine endgültige Lösung zwischen Israel und den Palästinensern erzielt wurde. Das ist umstritten, weil es Israel von seiner Verantwortung für die unter Besatzung lebenden Palästinenser entbindet, die es aufgrund des Völkerrechts eigentlich trägt. Die Gesundheitsversorgung etwa interessiert weder Israel noch die Hamas – da springen Hilfsorganisationen ein, darunter unsere Partner. Diese haben unser vollstes Vertrauen. Nun steht eine Bodenoffensive bevor. Was erwarten Sie? Wir haben in den vergangenen Jahren mehrere Kämpfe innerhalb von Städten erlebt: Denken Sie an Grosny, an Aleppo, an Mariupol. Der aktuelle Schrecken wäre dann nur die Vorstufe zu einem noch größeren Grauen. Es heißt, die Hamas versteckt sich hinter Zivilisten und in Wohngebäuden. Was ist Ihre Erfahrung? Die Situation der Zivilbevölkerung Gazas ist seit Jahrzehnten unhaltbar. Man hat den Eindruck, dass ihr Leben niemandem etwas bedeutet, sie von allen beteiligten Akteuren zum Spielball gemacht und ihre Menschenwürde systematisch missachtet wird. Sie leidet nicht nur im Krieg unter der Hamas und deren kaltblütiger militärischer Strategie. Auch Israel hat als Besatzungsmacht, die es immer noch ist, die Verantwortung, Zivilisten zu schützen. Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock waren beide in Israel und haben dem Land ihre volle Unterstützung zugesagt. Was erwarten Sie von der Bundesregierung? Deutschland ist der zweitwichtigste Alliierte Israels. Deshalb muss die Bundesregierung sehr verantwortungsvoll handeln. Es war richtig, direkt nach den Angriffen zu signalisieren, dass man fest an der Seite der Opfer und der betroffenen Menschen in Israel steht. Aber? Doch es ist brandgefährlich, wenn aus der besonderen Verantwortung Deutschlands eine bedingungslose Unterstützung des israelischen Vorgehens abgeleitet wird. In der israelischen Regierung sitzen Rechtsradikale, die einer ethnischen Säuberung das Wort reden. Zudem hat die Regierung in den letzten Monaten enorm an Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung verloren und versucht, sie durch massive Vergeltung wiederherzustellen. Dies gefährdet auch das Leben der Geiseln. In dieser Situation ist es sehr wichtig, dass gerade die Verbündeten Israels auf der Einhaltung des Völkerrechts bestehen und den Schutz von Geiseln wie Zivilbevölkerung als Bedingung für die weitere Unterstützung nennen.

(Der israelische Verteidigungsminister Joaw Galant hat eine totale Blockade von Wasser, Strom und Lebensmittelzufuhr in den Gazastreifen verhängt. Wie bewerten Sie das?) Es ist zumindest ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht. Die Bundesregierung muss klarmachen, dass jede Seite für ihre Taten verantwortlich ist und für Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. Verbrechen der einen Seite können nicht Verbrechen der anderen rechtfertigen. Die Hamas hat auf brutale Art und Weise Grenzen überschritten. Das rechtfertigt aber keine Grenzüberschreitungen der anderen Seite. (Was kann die internationale Gemeinschaft tun?) Am Dringlichsten wäre, darauf hinzuarbeiten, die aktuelle Eskalation zu beenden. Es gilt, die weitere Brutalisierung und Entmenschlichung zu stoppen. Es braucht internationalen Druck auf alle Akteure, von allen Seiten. Die Hamas muss alle Geiseln unverzüglich freilassen, alle Angriffe auf Zivilisten und auf Gesundheitseinrichtungen müssen aufhören, humanitäre Hilfe muss ermöglicht und politische Vorschläge jenseits der militärischen Eskalation entwickelt werden. Medico hat seit Jahrzehnten, vor allem seit der völkerrechtswidrigen Abriegelung des Gazastreifens 2007, vor einer solchen Eskalation gewarnt und mit unseren israelischen und palästinensischen Partnern eine politische Lösung des Konflikts gefordert. Das gilt auch nach der Zäsur des 7. Oktobers. Es muss der Kreislauf der Gewalt durchbrochen werden. Denn ohne ein Recht auf Rechte für alle Menschen in Israel und Palästina, in welchen staatlichen Formen auch immer, wird es kein Ende der Gewalt und damit auch keine Sicherheit für Israelis wie Palästinenser geben. (19.10.: Aus der taz : Gesundheitssystem vor dem Kollaps)

[4] How Can Left-wingers Hail Hamas Atrocities Against Israelis as ‚Palestinian Resistance?‘ (Haaretz, 11.10.23) – Even as Hamas terrorists conducted ISIS-style massacres of Israelis and abducted the elderly, women, children and even babies into Gaza, a large faction on the left was busy supporting their barbarism. After images and reports emerged from Saturday’s bloody Hamas assault on Israel that resulted in the killing of some 1,000 Israelis, including the slaughter of civilians – most leading figures on the left, including Bernie Sanders and Alexandra Ocasio Cortez voiced principled and clear condemnations of Hamas’ brutal acts.

(Dieser Eintrag wird fortlaufend angepasst, wenn es Ergänzungen/neue Informationen gibt.)

Hier ist die Originalveröffentlichung:
https://hajofunke.wordpress.com/2023/10/21/solidaritat-mit-israel-und-den-palastinensern/

Wir bedanken uns beim Autor für das Publikationsrecht.

Resolution zum Krieg gegen Gaza

Die aktuelle Zuspitzung der internationalen Lage führt zu einem intensiven, zum Teil sehr kontroversen Diskurs innerhalb der linken und marxistischen Szene.

Wir publizieren hierzu u. a. eine umfassende Einschätzung des Internationalen Exekutivkomitees der Liga für die Fünfte Internationale, Infomail 1235, 26. Oktober 2023

Israel führt Krieg gegen Gaza. Als Reaktion auf die Angriffe vom 7. Oktober droht es mit blutiger Rache. Seit über 14 Tagen fliegt die Armee massive Angriffe gegen Gaza, aber auch auf Stellungen im Libanon und Syrien. In der Westbank wurden Palästinenser:innen, die sich mit Gaza solidarisieren, umgebracht – bisher über 100. Bei den Einsätzen der israelischen Luftwaffe und mit Raketen sind bisher über 6.000 Menschen in Gaza getötet worden. Rund eine Million Palästinenser:innen – die Hälfte der Bewohner:innen der Gazastreifens – befindet sich auf der Flucht nach Süden. Israel hat tagelang die Versorgung mit Wasser, Medikamenten und Energie unterbrochen. Die begrenzte Zahl LKWs, die den Grenzübergang Rafah passieren dürfen, ist lt. UNO total unangemessen niedrig. Die Bevölkerung Gazas wird faktisch ausgehungert und Krankenhäusern die Stromlieferung verweigert, die für Operationen an einer zunehmenden Zahl von Opfern benötigt wird. Eine humanitäre Katastrophe findet vor den Augen der Weltöffentlichkeit statt.

Dabei stehen wir erst am Beginn dessen, was droht. Eine Bodeninvasion der IDF steht bevor. Die israelische Regierung und der Generalstab verkündeten die größte Mobilisierung der Armee in der Geschichte des Landes. 360.000 Reservist:innen wurden einberufen. Ihre Aufgabe: Hamas vernichten, Gaza von „Terrorist:innen“ und allen, die Widerstand leisten, „säubern“. Ganzen Städten und der Infrastruktur droht Zerstörung. Hunderte Panzer und Artilleriefahrzeuge, Zehntausende Soldat:innen machen sich zum Sturm auf Gaza bereit, dessen Norden schon jetzt weitgehend dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Angesichts dieser nationalistischen Mobilisierung treten die Differenzen zwischen Regierung und Opposition im zionistischen Lager zurück. Der Regierung der nationalen Einheit und einem fünfköpfigen Kriegskabinett aus Vertreter:innen von Regierung und Opposition wurden weitgehend unbeschränkte Vollmachten eingeräumt.

Israels Kriegsziele und deren Widersprüche

Die israelische Strategie zielt auf die „Säuberung“ und Vernichtung des gesamten palästinensischen Widerstandes in Gaza. Die Hamas, aber auch sämtliche andere Organisationen, die sich zur Wehr gesetzt haben und setzen (Islamischer Dschihad, PFLP, DFLP), sollen ausradiert werden. Um dafür den Boden vorzubereiten, werden Städte und Infrastruktur systematisch zerstört und große Teile der Bevölkerung vertrieben. Diese sollen den Norden Gazas verlassen oder es drohen „verheerende humanitäre Konsequenzen“ – mit anderen Worten der Mord an Tausenden und Abertausenden. Danach sollen die Bodentruppen folgen und der Süden des Landes „gesäubert“ werden.

Ältere Menschen und Schwerkranke werden nicht in der Lage sein zu gehen.  Die Krankenhausbehörden sagen, dass es unmöglich sein wird, ihre Patient:innen und die Opfer der anhaltenden Bombardierung über die verkraterten und durch Ruinen blockierten Straßen zu transportieren, die immer noch unter Luftangriffen stehen. Die Verdoppelung der Bevölkerungsdichte in einem Gebiet, das ohnehin schon am stärksten überbevölkert ist und in dem es weder Ersatzunterkünfte noch Wasser- oder Treibstoffvorräte gibt, ist zumindest eine kollektive Bestrafung. Wenn sie in vollem Umfang durchgeführt wird, wäre es korrekter, dies als Völkermord zu bezeichnen.

Rücksicht auf die Zivilbevölkerung wird von Seiten der Notstandskabinetts und der Armee nur genommen, um das Gewissen der „demokratischen“ Öffentlichkeit im Westen zu beruhigen und Brüche in der Front der Unterstützer:innen im Inneren zu vermeiden. Die internationalen Unterstützer:innen Israels, allen voran die USA, Britannien und die führenden EU-Mächte, Deutschland und Frankreich, fürchten zudem, dass eine lange, extrem barbarische Kampagne gegen die Bevölkerung Gazas im gesamten Nahen Osten einen Flächenbrand entfachen könnte. Sie fürchten, dass die reaktionären Verbündeten in den arabischen Staaten (Saudi-Arabien, Ägypten und die Golfölmonarchien) ihre faktische Tolerierung der israelischen Politik der letzten Jahre nicht mehr aufrechterhalten könnten und der westliche imperialistische Einfluss weiter geschwächt werden würde.

Israel und seine Verbündeten, allen voran alle westlichen imperialistischen Regierungen, rechtfertigen den Krieg als „Akt der Selbstverteidigung“ gegen den „Terrorismus“ der Hamas. Sie erklären ihre „bedingungslose Solidarität“ mit Israel. Die USA entsenden zwei Flugzeugträger mit Einsatzkräften ins östliche Mittelmeer. Frankreich, Deutschland, die EU und Britannien versprechen Extrawaffenlieferungen und materielle Hilfe. Zugleich mahnen Biden, Scholz und die anderen Staats- und Regierungschef:innen der westlichen Welt die Einhaltung des Völker- und Kriegsrechts ein, weil sie fürchten, dass eine zu rücksichtslose Misshandlung auch die ohnedies angeschlagene westliche imperialistische Dominanz im Nahen Osten weiter schwächen könnte.

Die Vorstellung, dass es sich bei dem Angriff Israels um einen Krieg zur Selbstverteidigung handle, stellt die Wirklichkeit auf den Kopf. Es geht nicht nur um die Vernichtung der Hamas und aller bewaffneten, Widerstand leistenden palästinensischen Gruppierungen. Es geht darum, den Widerstandswillen und die Widerstandsfähigkeit der ganzen palästinensischen Nation zu brechen. Nur zu gut wissen die Vertreter:innen des zionistischen Regimes und dessen imperialistischen Verbündete, dass Jahrzehnte der Repression, von Bombardements, Militäroperationen diesen nicht zu brechen vermochten, auch wenn sie die Lage der Palästinenser:innen immer mehr verschlechterten, diese immer mehr marginalisierten und die Vertreibung der Bevölkerung seit Gründung des Staates Israel fortsetzen.

Daher drängt extrem rechte Flügel der israelischen Führung auf die Vertreibung der Bevölkerung Gazas, auf die „vollständige Säuberung“, auf Massenexodus – und ist dafür bereit, den Tod Tausender und Abertausender, ja ein Pogrom an der gesamten Bevölkerung in Kauf zu nehmen. Die Notstandsregierung und die Armeeführung haben sich zumindest teilweise diese Rhetorik zu eigen gemacht. Sie entmenschlichen die Palästinenser:innen rassistisch als „menschliche Tiere“, die wie wilde Tiere behandelt werden müssen. Allen, die nicht flüchten, drohen sie mit „verheerenden humanitären Konsequenzen“. Gaza soll lt. Ihren Aussagen nach der Militäroperation nicht mehr wieder entstehen, wie es einmal war.

Unklar ist jedoch, wie das genau geschehen soll. Eine Bodeninvasion und ein unter Umständen langwieriger Guerillakampf gegen die von Hamas geführten Kämpfer:innen werden die kommenden Tage, Wochen, wenn nicht Monate andauern. Die israelische Regierung hat erklärt, dass sie beabsichtigt, den Gazastreifen vollständig vom übrigen Palästina abzuschneiden. Wie dieser Kampf endet, welche Seite politisch siegt und welche „Ordnung“ in Gaza errichtet, hängt natürlich auch von der Entschlossenheit des Widerstandes wie auch von der Rücksichtslosigkeit des zionistischen Angriffs ab. Geht es nach der israelischen Rechten und großen Teilen des Kabinetts, die sich auf sie stützen, so kann es dort bis zur Massenvernichtung an den Palästinenser:innen gehen. Im Moment gehen die Äußerungen der Notstandsregierung in diese Richtung, aber das darf nicht drüber hinwegtäuschen, dass es keine Einheitlichkeit im zionistischen Lager bezüglich der längerfristigen Kriegsziele und der zukünftigen „Neuordnung“ Gazas gibt.

Daher werden der israelischen Rechten auch Grenzen im Inneren gesetzt. Ein Flügel im zionistischen Lager will einen gewissen Restbestand der „demokratischen“ Herrschaftsform in Israel sichern (und zwar nicht nur gegenüber Netanjahu), sondern auch palästinensische Kräfte wie die Fatah und die PNA (Palästinensische Nationalbehörde) in Zukunft als ihren verlängerten Arm integrieren.

Vor allem aber drängen die internationalen Verbündeten Israels darauf, dass es zu keiner dauerhaften Besetzung Gazas kommt, dessen zukünftige Verwaltung formell von palästinensischen Kräften übernommen werden soll. Diese Bedingungen sind zugleich auch wichtig, um Saudi-Arabien, Ägypten und andere arabische Staaten als Verbündete zu halten und auch für eine etwaige Wiederaufnahme von Gesprächen am Ende der Gazaoperation mit zu gewinnen. Das setzt aber zumindest voraus, eine Scheinlösung der „Palästinafrage“ zu verkaufen, obwohl Israels unerbittlicher Ausbau der Siedlungen dies praktisch unmöglich gemacht hat.

Auswirkungen und Ursachen des Angriffs

Der Angriff der von Hamas geführten palästinensischen Kräfte aus Gaza hat die Palästinafrage wieder ins Zentrum der Politik im Nahen Osten und auch der internationalen Politik gerückt.

Die US-Strategie seit Trump, die der israelischen Regierung unter Netanjahu wie auch von Armeeführung und Geheimdienst setzten auf eine „Friedenslösung“ im Nahen Osten ohne Einbeziehung der Palästinenser:innen. Diesbezüglich wurde die Politik Trumps unter Biden fortgesetzt und die EU und deren führende Mächte folgten dabei den USA. Die Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Verhandlungen mit Saudi-Arabien und anderen Staaten zur längerfristigen „Normalisierung“ mit Israel schienen diese Strategie zu bestätigen.

Der israelische Staat ging im Grunde davon aus, dass er die Palästinenser:innen weiter ohne wirksamen Widerstand und großen internationalen Aufschrei marginalisieren könnte, Siedlungsbau und Landraub in der Westbank weiter voranschreiten würden und Gaza abgeriegelt und seine Bevölkerung weiter ausgehungert würde. Die Ermordung von über 300 Palästinenser:innen in der Westbank und der weitere Landraub bis zum Oktober 2023 schienen das auch zu bestätigen. Die Proteste des Iran und seiner Verbündeten waren einkalkuliert vorsichtig. Weder das Regime in Teheran noch die Hisbollah hatten ein Interesse an einer wirklichen militärischen Konfrontation.

Die meisten Staaten des Nahen Ostens haben in den letzten Jahren den Weg Ägyptens und Jordaniens beschritten und faktisch ihren Frieden mit Israel gemacht. Das Schicksal der Palästinenser:innen stellte kein Hindernis für eine Intensivierung des wirtschaftlichen Austauschs dar. Auch in geostrategischer Sicht haben z. B. Israel und die Türkei als wichtige Waffenlieferant:innen und Unterstützer:innen Aserbaidschans bei der Vertreibung der Armenier:innen aus Bergkarabach (Arzach) kooperiert. Kein Wunder also, dass die ersten Erklärungen der Arabischen Liga zum Angriff der Hamas auf Israel und zum angedrohten Vergeltungsschlag sehr vorsichtig ausfielen. Bis heute rufen Ägypten, Saudi-Arabien oder Jordanien zur „Mäßigung auf allen Seiten“ oder zu einer Waffenruhe auf. Allerdings hat Saudi-Arabien die Verhandlungen mit Israel ausgesetzt.

Auch wenn zur Zeit die arabischen Staaten kein Interesse an einer direkten Konfrontation mit Israel hegen, so hat der Angriff der Hamas der zuletzt verfolgten Nahoststrategie des US-Imperialismus und seiner Verbündeten einen schweren Schlag versetzt. Die Vorstellung, den Nahen Osten unter Ausschluss der Palästinenser:innen zu befrieden, entpuppte sich als reaktionäre Illusion. Sie ist gescheitert.

Der Angriff der Hamas war sicherlich durch mehrere Faktoren motiviert und auch Resultat einer Entscheidung des militärischen Flügel gegen den politischen, der in Katar sitzt. Dieser fürchtete die absehbare vernichtende Reaktion Israels. Doch die immer größere Marginalisierung der Palästinenser:innen in der Westbank und in Gaza in den letzten Jahren stellte die Hamas wie den gesamten Widerstand auch vor die prekäre Alternative, entweder immer mehr mit dem Rücken an die Wand gedrückt zu werden oder einen Ausbruch aus dem Freiluftgefängnis Gaza zu wagen, wohl wissend, dass der Zionismus in jedem Fall mit massiven Angriffen reagieren würde. Der Ausbruch war also wesentlich eine Reaktion auf die immer größere Isolierung und den drohenden Wegfall vorgeblicher Verbündeter der Palästinenser:innen wie Saudi-Arabien.

Insgesamt hat der Krieg gegen Gaza die Lage im Nahen Osten grundlegend verändert und ihn zu einem Zentrum der Instabilität gemacht. Während auf der einen Seite eine konterrevolutionäre, barbarische Vertreibung aus Gaza und eine Vernichtung des palästinensischen Widerstandes drohen, können auf der anderen die Unterdrückten die aktuelle Lage auch zu ihren Gunsten wenden, wenn sie die inneren Widersprüche im Lager des Zionismus und der imperialistischen Reaktion nutzen. Das erfordert wiederum, dass die Arbeiter:innenklasse als selbstständige, führende Kraft in der Solidarität mit Palästina, und damit verbunden auch in Palästina, in Erscheinung tritt.

Nur, wenn sie angesichts der Angriffe des Zionismus bedingungslos auf Seiten der Unterdrückten steht, den Widerstand trotz dessen reaktionärer politischer  Führung unterstützt und gegen die Regierungen im Westen mobilmacht, mit der Unterstützung Israels bricht und sich mit ihren Klassenbrüdern und Schwestern im globalen Süden zusammenschließt, kann sie auch als verlässliche Verbündete des palästinensischen Volkes in Erscheinung treten.

Nur dann werden die palästinensischen Massen erkennen können, dass die reaktionären arabischen und islamistischen Regime nicht ihre Verbündeten sind, wohl aber deren Arbeiter:innen und Jugend, und es eine wirkliche Alternative zur Politik und Strategie von Hamas und Fatah gibt – eine Politik, die den Kampf um nationale Befreiung mit dem für die sozialistische Revolution verbindet. Nur so wird es möglich sein, dass die palästinensische Arbeiter:innenklasse auch zur führenden Kraft des Befreiungskampfes werden kann. Und schließlich wird es nur unter der Bedingung eines massiven Widerstandes und der weltweiten Unterstützung Palästinas möglich sein, die israelische Arbeiter:innenklasse vorm Zionismus zu retten, so dass nicht nur einer politisch fortgeschrittenen antizionistischen Minderheit, sondern auch der Masse der Lohnabhängigen klar wird, dass sie der Zionismus nicht nur zu Kompliz:innen der Unterdrückung macht, sondern dass ihre Freiheit und Sicherheit unter einem Regime, das auf der Unterdrückung einer anderen Nation aufbaut, letztlich eine Schimäre ist.

Die internationale Reaktion

Die internationalen Reaktionen auf den Ausbruch der Hamas und auf den Krieg gegen Gaza könnten nicht unterschiedlicher ausgefallen sein. Während die USA, Britannien, Japan und die EU-Mächte Israel unterstützen, rufen die imperialistischen Rivalen Russland und China ebenso wie die meisten Staaten des globalen Südens zum Waffenstillstand und zu humanitärer Hilfe auf. Natürlich verurteilen auch sie mehr oder weniger offen Hamas und den palästinensischen Widerstand. Sie wollen zum Vorkriegszustand zurückkehren.

Natürlich hat die Politik Moskaus oder Peking nichts mit Solidarität mit Palästina zu tun. Sie verfolgen nur eigene, dem Westen entgegengesetzte imperialistische Interessen und hoffen so, ihre geostrategischen Positionen zu stärken. Die verschiedenen Regionalmächte in der Region lehnen den Angriff Israels offener oder verdeckter ab, rufen zu „Mäßigung“ auf, weil sie damit sowohl eigene Interessen verfolgen, aber auch weil sie eine Destabilisierung in ihren eigenen Ländern und damit ihrer eigenen Herrschaft fürchten. Reaktionäre islamistische Regime wie der Iran oder reaktionäre islamistische Bewegungen inszenieren sich außerdem als einzig konsequente Verbündete der Palästinenser:innen. Dass dabei offen Antisemitismus propagieren, muss ebenso entlarvt werden wie ihr Versuch, von ihrer eigenen Diktatur und der Unterstützung konterrevolutionärer Regime z. B. in Syrien demagogisch abzulenken.

Doch diese vorgeblichen reaktionären „Freund:innen“ oder „Unterstützer:innen“ Palästinas dürfen den Blick nicht darauf verstellen, dass die Sympathie der Massen in den meisten Ländern der Welt dem palästinensischen Volk und seinem Befreiungskampf gilt. Die Masse der Arbeiter:innen, Bauern/Bäuerinnen und der Jugend in den halbkolonialen Ländern durchschaut sehr genau, dass die Darstellung des Krieges als eines zwischen israelischer „Demokratie“ gegen „islamistischen Terror“ seine Ursachen und seinen Charakter verschleiert, dass es sich um einen Krieg eines Unterdrückerstaates gegen die Unterdrückten handelt. Genau das wissen auch die palästinensischen und arabischen Migrant:innen in den westlichen Ländern sowie die große Mehrzahl der rassistisch unterdrückten Bevölkerung.

Daher gehen seit Wochen Massen auf die Straße, folgen dem Aufruf zu Großdemonstrationen und globalen Aktionstagen. Die Straßen im globalen Süden füllen sich – und daraus kann und soll eine internationale Massenbewegung der Solidarität mit Palästina werden. Selbst in den westlichen Staaten ist die öffentliche Meinung nicht so eindeutig für Israel ausgerichtet, wie die Regierungen uns gern glauben machen möchten.

In London beteiligten sich 150.000 am 14. Oktober an einer Demonstration in Solidarität mit Palästina und 300.000 am 21. Während in Britannien das Demonstrationsrecht noch anerkannt ist, greifen andere europäische Länder wie Deutschland und, in geringerem Maße Frankreich, zu extremen rassistischen und antidemokratischen Maßnahmen, verbieten Kundgebungen in Solidarität mit Gaza regelmäßig, nehmen hunderte Menschen fest, die sich den Verboten nicht beugen wollen und kriminalisieren alle Organisationen des palästinensischen Widerstandes.

Zur Legitimierung diese Maßnahmen greifen sie auf die Lüge zurück, dass Antizionismus, ja fast jede Israelkritik antisemitisch sei. Selbst der Verweis auf die Ursachen des gegenwärtigen Konflikts gilt schon als „Relativierung“ des „islamistischen Terrors“. Diese Hetze verknüpft sich mit einer dramatischen Zunahme des antimuslimischen Rassismus und soll die Bevölkerung der „demokratischen“ Staaten auf die weitere Aushebelung demokratischer Rechte vorbereiten und darauf einschwören, mit Israel auch dann solidarisch zu bleiben, wenn immer mehr Bilder über die Massaker und Kriegsverbrechen seitens der israelischen Armee öffentlich werden.

Der extreme Kontrast zwischen der Lage in den halbkolonialen und westlichen imperialistischen Ländern zeigt auch, was von der Behauptung zu halten ist, dass die ganze Welt hinter Israel stände. Unter der Welt werden vor allem die Länder Nordamerikas und Europas verstanden, die gerade einmal 12 % der Weltbevölkerung beheimaten – und auch dort ist die öffentliche Meinung vor allem die, die von den auf die imperialistische Staatsräson getrimmten Medien veröffentlicht wird, die sich in der Hand der westlichen Staaten oder der Monopolkonzerne im Medienbereich befinden.

Diese spiegeln vor allem die Interessen der imperialistischen Regierungen und Bourgeoisien wider. Sie können sich aber auch auf die Führungen der bürokratisierten Gewerkschaften und der meisten reformistischen Parteien stützen – sei es die SPD in Deutschland, Labour in Britannien oder die schwindsüchtige PS in Frankreich. Auch die Mehrzahl der europäischen Linksparteien solidarisiert sich uneingeschränkt oder verdeckt mit Israel oder nimmt eine „neutrale“ Haltung im Kampf zwischen Unterdrückten und Unterdrücker:innen ein. Dies verdeutlich einmal mehr den sozialchauvinistischen und proimperialistischen Charakter dieser Parteien und bürokratisierten Gewerkschaftsapparate.

Während sie sich über den „Terror“ der Hamas empören und die Tötung unschuldiger Zivilist:innen anprangern, versichern sie den israelischen Angriffen auf Gaza ihre Unterstützung, denen Tausende unschuldige palästinensische Zivilist:innen zum Opfer gefallen sind und weiter fallen werden. Statt die Seite der Arbeiter:innen und Unterdrückten in Gaza zu ergreifen, statt die palästinensischen und arabischen Migrant:innen gegen Rassismus und Repression zu verteidigen, unterstützen diese Berufsverräter:innen die Unterdrückung.

Der Aufbau einer Solidaritätsbewegung mit Palästina ist unmöglich ohne einen entschlossenen Kampf gegen diese chauvinistischen und proimperialistischen Irreführer:innen der Arbeiter:innenklasse. Die notwendige und berechtige Kritik an den Führungen des palästinensischen Befreiungskampfes, an Hamas, Dschihad, aber auch den militanten Kräften der Fatah, der PFLP und der DFLP hat nur dann einen revolutionären und fortschrittlichen Wert, wenn sie auf der Grundlage der Unterstützung des Befreiungskampfes formuliert wird. Ansonsten bleibt sie im gegenwärtigen Krieg bestenfalls nur eine beredte Form der Passivität oder wie bei den reformistischen Führungen eine der Unterstützung der zionistischen und imperialistischen Aggression.

Aufgaben der Arbeiter:innenbewegung

Die erste und vordringliche Aufgabe der Linken und Arbeiter:innenbewegung auf der ganzen Welt besteht darin, den palästinensischen Befreiungskampf zu unterstützen. Wir treten für die Niederlage Israels ein und solidarisieren uns mit dem Widerstand in Gaza und ganz Palästina. Zugleich verschweigen wir unsere grundlegenden Differenzen mit der reaktionären Hamas, mit Dschihad, aber auch mit der palästinensischen Linken nicht. Wir unterstützen den Befreiungskampf trotz seiner Führung und ihrer falschen Strategie, Politik und Programmatik.

Die Stellung des zionistischen Staates im Nahen Osten, seine zentrale Rolle als Statthalter westlicher imperialistischer Interessen, die enorme Hochrüstung der israelischen Armee und das Ausmaß westlicher Unterstützung bedeuten auch, dass der palästinensische Widerstand internationale Unterstützung braucht. Daher bedarf es einer internationalen Strategie, um den Kampf zum Sieg zu führen.

1. Widerstand und Befreiungskampf in Palästina

Im gegenwärtigen Krieg, im Angriff auf Gaza unterstützen wir den bewaffneten palästinensischen Widerstand. Je länger sich dieser der IDF entgegenstellen kann, desto höher wird der politische und materielle Preis für den Angriff und die Invasion.

Der Ausbruch der Hamas-geführten Kräfte aus Gaza verkörperte selbst einen legitimen Akt im nationalen Befreiungskampf. Unterdrückte haben das Recht, aus einem Territorium auszubrechen, in dem sie vom unterdrückenden Staat über Jahre inhaftiert werden, ihre Versorgung von diesem blockiert und rationiert wird, ein großer Teil der Bevölkerung zur Arbeitslosigkeit verurteilt ist, wo immer wieder Infrastruktur, Wohnungen, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen zerstört werden.

Es ist im Kampf gegen nationale Unterdrückung natürlich legitim, die militärischen Institutionen und Einheiten des/r Unterdrücker:in anzugreifen, auf Raketenbeschuss mit Raketen zu antworten. In allen Kriegen sind zivile Opfer unvermeidlich, obwohl mutwillige Grausamkeit gegenüber Zivilist:innen nicht nur den Opfern schadet, sondern als Rechtfertigung für die weitaus größere Grausamkeit der Unterdrücker:innen erscheint.

In Wirklichkeit ist auch nicht die Hamas Verursacherin solch Blutvergießens und Schreckens. Es ist vielmehr der zionistische Staat Israel, der auf der rassistischen, kolonialistischen Vertreibung der Palästinenser:innen basiert. Auf dieser Basis ist jede demokratische und fortschrittliche Lösung unmöglich. Solange dieser herrscht, Palästina kontrolliert, Gaza und die Westbank als innere Kolonien „verwaltet“, die Bevölkerung permanent vertreibt, enteignet, ghettoisiert, kann es keinen Frieden und keine Gerechtigkeit geben.

Letztlich wird Gaza auch nicht von der Hamas oder irgendeiner anderen dort aktiven politischen Kraft beherrscht, sondern vom israelischen Staat – ganz so wie Gefängnisse nicht von den Gefangenen kontrolliert werden, selbst wenn sie sich innerhalb der Gefängnismauern „frei“ bewegen dürfen.

Als revolutionäre Marxist:innen stehen wir in entschiedener Feindschaft zur Strategie und Politik der Hamas (wie aller islamistischer Kräfte) und ihrem politischen Regime. Ebenso lehnen wir die willkürliche Tötung von oder Massaker an israelischen Zivilist:innen ab. Diese erleichtern es Zionismus und Imperialismus offenkundig, ihren Großangriff auf Gaza auch in den Augen vieler Arbeiter:innen als „Selbstverteidigung“ hinzustellen.

Es greift darüber hinaus viel zu kurz, willkürliche Tötungen von Zivilist:innen nur der Hamas oder dem Islamismus anzulasten. Sie sind auch Ausdruck der viel umfassenderen, Jahrzehnte andauernden Unterdrückung, der täglichen Erfahrung des Elends, Hungers, der Entmenschlichung in Gaza durch die israelische Abriegelung. Aus der nationalen Unterdrückung wächst der Hass auf den Staat der Unterdrücker:innen und alle, die diesen mittragen oder offen unterstützen – und dazu gehört auch die große Mehrheit der israelischen Bevölkerung und der israelischen Arbeiter:innenklasse.

Der politische Kampf gegen die religiöse Rechte im Lager des palästinensischen Widerstands und die Kritik an politisch falschen oder kontraproduktiven Aktionsformen dürfen keineswegs zu einer Abwendung vom Kampf gegen die Unterdrückung führen. Heute, wo die westliche Propaganda die realen Verhältnisse auf den Kopf stellt, müssen wir klar zwischen der Gewalt der Unterdrückten und der Unterdrücker:innen unterscheiden. Nur wenn die revolutionäre Linke und die Arbeiter:innenklasse den Kampf um nationale Befreiung gegen den Zionismus und „demokratischen“ Imperialismus unterstützen, werden sie in der Lage sein, eine politische Alternative zu islamistischen Kräften aufzubauen. Nur so werden sie eine revolutionäre Partei bilden können, die den Kampf um nationale Befreiung mit dem um eine sozialistische Revolution verbindet.

Dies beinhaltet notwendig auch die Beteiligung am Befreiungskampf und militärisch koordinierte gemeinsame Aktionen. Es inkludiert eine Politik der antiimperialistischen Einheitsfront mit allen Kräften des Widerstandes. In der Westbank und Israel unterstützen wir Solidaritätsaktionen mit der Bevölkerung Gazas. Wir unterstützen Massenprotest und Streiks gegen die Besatzung. Wir verurteilen und bekämpfen die weiter erfolgenden Angriffe und Morde an Palästinenser:innen durch die israelischen Sicherheitskräfte und durch bewaffnete Siedler:innen.

Wir verurteilen insbesondere auch den Einsatz von Kräften der PNA gegen Protestierende. Diese reaktionären Angriffe auf die eigene Bevölkerung müssen enden, die Kräfte der PNA müssen mit ihrer Rolle als Hilfspolizei des Zionismus brechen. Sie und ihre Waffen müssen Aktionsausschüssen des palästinensischen Widerstandes unterstellt werden. Eine neue Massenintifada ist angesagt.

Doch in Palästina ist nicht nur ein gemeinsamer Kampf nötig. Die Führungen des Befreiungskampfes verfügen selbst über keine Strategie, die eine revolutionäre Lösung bringen kann. Hamas und Islamischer Dschihad sind kleinbürgerlich-reaktionäre, islamistische Kräfte, wobei die Hamas nicht nur aufgrund ihrer militärischen Fähigkeiten, sondern auch aufgrund ihrer Wohlfahrtsprogramme eine Massenbasis besitzt. Beide Organisationen verfolgen das reaktionäre Ziel einer Theokratie in Palästina, beide verbinden Antizionismus mit Antisemitismus. Beide betrachten nicht die Arbeiter:innenklasse als führende Klasse im Befreiungskampf, sondern ordnen diese und ihre Klasseninteressen jenen des Kleinbürger:innentums und der Bourgeoisie unter dem Deckmantel „islamischer Einheit“ unter. Es ist daher auch kein Zufall, dass ihre wirklichen internationalen Verbündeten und Unterstützer:innen nicht die arabischen Massen, sondern reaktionäre islamistische Regime wie Iran, Katar und Saudi-Arabien oder Bewegungen wie die Hisbollah sind.

Die palästinensische Linke (PFLP und DFLP) ordnet sich faktisch der Führung der Hamas politisch unter – ganz so, wie sie sich zu Zeiten der PLO der Fatah untergeordnet hatte. Die „Ablehnungsfront“ gegen das Osloer Abkommen, die die palästinensische Linke mit Hamas, Dschihad und anderen Gruppen gebildet hat, ist kein bloß zeitweiliges militärisches Abkommen, keine Form der antiimperialistischen Einheitsfront, sondern im Grunde ein strategisches Bündnis, das einer Unterordnung der palästinensischen Arbeiter:innenklasse gleichkommt.

Den bürgerlichen Programmen und der Etappentheorie, die die palästinensische Linke vertritt, stellen wir ein Programm der permanenten Revolution entgegen. Wir treten für einen gemeinsamen, binationalen, sozialistischen Staat in Palästina ein, der Palästinenser:innen wie Juden und Jüdinnen gleiche Rechte gewährt, der allen vertriebenen Palästinenser:innen das Rückkehrrecht garantiert und auf der Basis des Gemeineigentums an Land und großen Produktionsmitteln in der Lage ist, die Ansprüche zweier Nationen gerecht und demokratisch zur regeln. Ein solcher Kampf wird nicht durch Reformen erreicht werden können, sondern nur durch den revolutionären Sturz des zionistischen Staates.

In Israel und Palästina treten wir auch für die möglichst enge Einheit im Kampf mit den antizionistischen Kräften der israelischen Linken und Arbeiter:innenbewegung ein. Nur wenn die Arbeiter:innenklasse mit dem Zionismus bricht, kann sie sich auch selbst befreien.

Uns ist jedoch bewusst, dass die israelischen Lohnabhängigen über Jahrzehnte nicht nur an der Unterdrückung, Vertreibung und Überausbeutung der palästinensischen Massen teilhatten, sondern dass der Labour Zionismus wie auch die „liberalen“ Zionist:innen selbst aktiv an der Vertreibung und Unterdrückung beteiligt waren und sind.

So wichtig und richtig es ist, Spaltungen und Brüche im zionistischen Lager auszunutzen und zu befördern, so dürfen wir uns keinen Illusionen über die Tiefe der Bindung der israelischen Arbeiter:innen an den Zionismus hingeben. Wir müssen uns vielmehr darüber klar sein, dass deren Masse wahrscheinlich erst unter dem Eindruck einer tiefen Krise des zionistischen kolonialistischen Projekts für einen Bruch mit dem Zionismus gewonnen werden kann. Daher ist die Stärke des palästinensischen Befreiungskampfes selbst ein zentraler Motor, um überhaupt Risse im Zionismus zu vertiefen. Die antizionistische Linke in Israel hat daher jedes Interesse am Erfolg des palästinensischen Befreiungskampfes und muss diesen bedingungslos unterstützen.

2. Die Massen im Nahen Osten

In den arabischen Ländern, in der Türkei, im Iran wie in der gesamten Region muss die Arbeiter:innenklasse mit ihren Kräften die Mobilisierungen gegen Israel in Solidarität mit Palästina unterstützen. Sie muss sich dabei zugleich von reaktionären oder gänzlich verlogenen staatlichen Institutionen abgrenzen, die die Palästinafrage für reaktionäre Zwecke oder eigene geostrategische Interessen missbrauchen (z. B. Erdogan in der Türkei).

Daher müssen die Gewerkschaften und die Linke nicht nur unter eigenem Banner und mit eigenen Aktionen mobilisieren. Sie müssen auch über Demonstrationen und Protestkundgebungen hinausgehen. So sollten Transportarbeiter:innen alle Exporte nach Israel blockieren, indem sie z. B. das Beladen von Schiffen oder Flugzeugen verweigern oder deren Abflug oder Auslaufen verhindern.

Sie müssen die Offenlegung aller wirtschaftlichen und militärischen Abkommen sowie aller Geheimverträge mit Israel fordern, um so die wirkliche Kooperation ihrer angeblich propalästinensischen Regierungen offenzulegen und den Stopp diese Kooperation erzwingen. Sie müssen für die Schließung der Militärbasen der USA und ihrer Verbündeten in der Türkei und im gesamten arabischen Raum eintreten.

Dieser Kampf gegen die verschiedenen reaktionären Regierungen muss mit dem Kampf gegen die soziale und ökonomische Krise wie gegen die mehr oder weniger unverhüllten Diktaturen verbinden werden, um so einen zweiten Arabischen Frühling einzuläuten – einen Arabischen Frühling, dessen linke und proletarische Kräfte die Lehren aus dem Scheitern des ersten Anlaufs ziehen, indem sie von Beginn an die Notwendigkeit anerkennen, eine solche Revolution permanent zu machen und nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben. Dies erfordert, in diesen Bewegungen revolutionäre Arbeiter:innenparteien aufzubauen, die für ein Programm der permanenten Revolution kämpfen und für Vereinigte Sozialistische Staaten des Nahen Ostens.

3. Die Arbeiter:innenklasse im Westen

Die Solidarität mit Palästina stellt eine Aufgabe der gesamten globalen Arbeiter:innenklasse dar. Im Krieg gegen Gaza sollten die Lohnabhängigen in allen Ländern auf die Straße gehen, ihre Solidarität zum Ausdruck bringen und jede materielle und militärische Unterstützung Israels durch betriebliche und gewerkschaftliche Aktionen stoppen.

Dabei kommt der Arbeiter:innenklasse in den imperialistischen Zentren Nordamerikas und Europas jedoch insofern eine Schlüsselrolle zu, als diese Staaten auch die wichtigsten wirtschaftlichen und militärischen Unterstützer und Verbündeten Israels sind. Gewerkschaften sollen ihre Mitglieder dazu aufrufen, Waffenlieferungen an Israel zu blockieren. Lohnabhängige in aller Welt sollten den gesamten Handel mit Israel auf dem Land-, See- und Luftweg boykottieren. Versuche, solche Aktionen oder Kundgebungen zur Unterstützung Palästinas als antisemitisch zu bezeichnen, müssen zurückgewiesen und entlarvt werden. Auf den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften darf nicht nur mit warmen Worten, sondern muss mit Taten reagiert werden.

In diesen Staaten kämpfen wir gegen jede weitere militärische, finanzielle und ökonomische Unterstützung des zionistischen Staates und seiner Angriffsmaschinerie. Wir fordern die Offenlegung aller Verträge, wir kämpfen für den Stopp aller Rüstungsexporte und den Rückzug aller entsandten Streitkräfte aus dem Nahen Osten und von der Mittelmeerküste, die als Rückendeckung für Israel gegenüber der Hisbollah oder anderen dienen.

In diesen Ländern kämpfen wir gegen die massive rassistische antipalästinensische und antimuslimische Hetze. Wir kämpfen gegen die Kriminalisierung der Solidaritätsbewegung mit Palästina, wir fordern die Entkriminalisierung aller palästinensischen Organisationen und Vereine und die Streichung der sog. Terrorlisten der EU und USA.

Die Solidarität mit Palästina erfordert in allen westlichen Ländern auch einen Kampf, um die Arbeiter:innenklasse über die Lügen aufzuklären und die wahren Ursachen des Krieges und die Berechtigung des Befreiungskampfes darzulegen.

Die berechtigte Trauer und das Mitgefühl mit den zivilen jüdischen Opfern des Angriffs aus Gaza werden zur ideologischen Vorbereitung auf die Unterstützung eines Krieges gegen die dortige Bevölkerung missbraucht, der zur Vernichtung jeden Widerstandes und zur Massenvertreibung führen soll. Daher auch die gebetsmühlenartige Beteuerung, dass die „Solidarität mit Israel“ auch dann nicht nachlassen dürfe, wenn „andere Bilder“ aus Gaza kommen. Ganz nebenbei erklärt der Deutsche Bundestag auch gleich seine Unterstützung für Militärschläge im Libanon oder Syrien und verstärkten Druck gegen den Iran.

Dieser Hetze und Kriegstreiberei, der offiziellen „öffentlichen“ Meinung, der sich fast alle politischen Parteien der „Mitte“ – Konservative, Liberale, Grüne, Sozialdemokratie – wie auch jene der extremen Rechten, aber selbst die meisten linksreformistischen Organisation und die Führungen der Gewerkschaften anschließen, müssen wir entschlossen entgegentreten.

Dies ist ein notwendiger Teil des Kampfes für eine breite, auch von der Arbeiter:innenklasse in Europa und Nordamerika unterstützte Solidaritätsbewegung mit Palästina, die ihren Ursprung in Nahost fand. Auch den Herrschenden ist bewusst, dass selbst in den Ländern, wo eine proisraelische Stimmungslage vorherrscht, diese nicht ewig anhalten wird. Denn in den kommenden Wochen werden trotz medialer Entstellung auch immer wieder und immer mehr Horrorbilder über die Auswirkung der israelischen Bombardements mit Tausenden Toten und die Ausweglosigkeit für Hunderttausende Flüchtlinge in Gaza zeugen.

Daher müssen wir schon heute daran arbeiten, die Lügen der Herrschenden zu entlarven, um einen Stimmungsumschwung in der Arbeiter:innenklasse, insbesondere in den Gewerkschaften herbeizuführen. Das wird nur möglich sein, wenn wir der Hetze durch die Medien, aber auch der sozialchauvinistischen Politik der Führungen von Gewerkschaften, SPD und Linkspartei offen entgegentreten und ihre Unterstützung der Angriffe auf Gaza anprangern. Nur so – wenn wir Solidarität mit Palästina und den Kampf gegen den Chauvinismus und Rassismus der Führungen der Arbeiter:innenbewegung miteinander verbinden – kann und wird es möglich sein, eine gemeinsame Solidaritätsbewegung für Palästina aufzubauen, die sich auf die Migrant:innen und auf die fortschrittlichen und internationalistischen Teile der Arbeiter:innenklasse stützt.

  • Sofortige Einstellung der israelischen Bombardierung und der IDF-Tötungen im Westjordanland!
  • Öffnung der Grenzübergänge nach Gaza für Treibstoff, Lebensmittel, Wasser, medizinische Hilfe und die Medien!
  • Ein Ende der westlichen Waffenlieferungen an Israel, Abzug der Kriegsschiffe aus der Region!
  • Arbeiter:innenaktionen zur Beendigung der wirtschaftlichen und militärischen Hilfe für Israel!
  • Sieg des palästinensischen Widerstands!
  • Für ein vereinigtes, säkulares, sozialistisches Palästina mit Gleichheit für alle seine Bürger:innen, israelische wie palästinensische, als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens!

Foto Arbeiter:innenmacht

Greta Thunberg „Free Palestine“ – „Stand with Gaza“ und jüdische Stimmen protestieren gegen deutsche Repressionen!

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Greta ruft auf, ein Zeichen zu setzen
„gegen den Genozid in Gaza und den
repressiven Terror vieler westlicher
Staaten gegen alle, die sich solidarisch mit Palästina zeigen und danach handeln“.

Muss Greta Thunberg mit Pefferspray, Prügel oder sogar einer Verhaftung rechnen, wenn sie demnächst mal wieder Berlin besucht und öffentlich für Ihre Überzeugung einsteht, dass Palästina endlich vom israelischen Joch befreit gehört?

Mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit Ja. Aber mal sehen, wie standhaft sie bleibt angesichts des shit storms, den sie nicht zuletzt seitens alter „Freunde“ jetzt über sich ergehen lassen muss. Die Berliner Behörden sollen, wie viele Augenzeugen berichten, in den letzten Tagen mit Menschen, die sich so outen wie Greta, alles andere als zimperlich umgesprungen sein. Auch Jüd:innen waren vor polizeilicher Willkür nicht gefeit, wenn sie nicht auf zionistischer Linie agieren oder es öffentlich wagen, für die Umsetzung der UN Beschlüsse und das Völkerecht einzutreten.

Keine Frage. Das abscheuliche Massaker der HAMAS an Zivilisten mit 1400 Opfern  ist zu verurteilen. Aber die über Jahrzehnte andauernde Unterdrückung der Palästinenser ist die tiefer liegende Ursache des Konflikts. Das Vorgehen Israels, die gesamte Bevölkerung des GAZA jetzt  in Geiselhaft zu nehmen, von notwendiger Versorgung abzuschneiden, zu bombardieren und zu vertreiben, mit inzwischen von der UN bestätigten 3400 Toten  eskaliert die Gewalt. Aktuell meldet die Tagesschau, dass die auf Aufforderung der israelischen Armee zu hunderttausenden in den Gaza  Südteil geflohenen Menschen, um nicht bombardiert zu werden, jetzt  wieder zurückfliehen  Israel bombardiert nun den Südteil ebenfalls massiv und die Flüchtlinge haben dort nicht einmal den  Schutz ihrer Häuser. Es hat 14 Tage gebraucht, dass Israel zulässt, dass der einzige Grenzübergang für Hilfslieferungen endlich geöffnet werden kann. Vorübergehend. 30 LKW wurden reingelassen. Vor dem 7. Oktober passierten täglich 400, nach 2 Wochen besteht also  ein Rückstau von 5000  LKW.  Ein zynisches perfides militärisches Kalkül und Spiel mit über 2 Millionen Leben .

Das Statement von Greta lässt hoffen. Könnte es doch endlich zu dem von uns schon lang ersehnten Schulterschluss zwischen einer neu aufgestellten (tatsächlich sozial gerechten) Klima- und Friedensbewegung kommen. Krieg und Aufrüstung gefährden nicht nur den Frieden, sie fressen nicht nur alle finanziellen Spieläume für alle dringenden sozialen und ökologischen Bedarfe weg, sondern sie konterkarieren auch geradezu alle sonstigen Bemühungen für CO2 Einsparungen.

So sei willkommen Greta!

Pressemitteilung, 17.10.2023, Berlin

Stellungnahme zu rassistischer Polizeigewalt und Repressionen gegen Palästinenser*innen und Palästina-Solidarität in Berlin

von Palästina Spricht, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Palästina Kampagne und Jewish Bund

In den letzten Tagen spielen sich auf den Straßen Berlins Szenen massiver Polizeigewalt ab, die von antipalästinensischen, antiarabischen und antimuslimischem Rassismus geprägt sind, ab. Am Ernst-Abbe-Gymnasium kam es zum Übergriff eines Lehrers gegen einen Schüler. Die Brutalität, mit der gegen die arabische und muslimische Bevölkerung vorgegangen wird, ist völlig maßlos. Racial Profiling und brutale Verhaftungen betreffen dabei auch Kinder und Jugendliche, es sind Fälle von mindestens 8 betroffenen Minderjährigen bekannt. Das jüngste verhaftete Kind ist 9 Jahre alt. Die Berliner Bildungssenatorin verbot das Tragen von traditioneller palästinensischer Kleidung an allen Schulen Berlins. In der offiziellen Erklärung werden kulturelle Symbole der palästinensischen Identität, wie das Kuffiyeh, mit Gewaltverherrlichung und Terrorismus gleichgesetzt. Dies widerspricht dem in der UN-Kinderrechtskonvention formulierten Recht für Kinder, ihre eigene Identität in Schulen zum Ausdruck bringen zu dürfen.

Seit letzten Samstag hat Israel schon über 2.000 (Anmerkung Redaktion: aktuell inzwischen laut UN Stellen schon 3400) Menschen im belagerten Gazastreifen getötet. Eine Videoanalyse von Human Rights Watch bestätigt den Einsatz von weißen Phosphorbomben, international geächteten Waffen, mit denen Zivilist*innen in Gaza in dicht besiedelten Wohngebieten bombardiert wurden. Der israelische Verteidigungsminister nannte 2 Millionen Palästinenser*innen im Gazastreifen “menschliche Tiere” und drehte ihnen Strom, Wasser und die Lebensmittelzufuhr ab. Krankenhäuser schließen, weil sie kein Wasser und keinen Strom haben, um ihre Patienten zu versorgen. Medien und medizinische Einrichtungen wie Krankenhäuser, aber auch Rettungswagen werden bombardiert.

Israel verbietet humanitäre Hilfe und bombardiert den Grenzübergang zwischen Gaza und Ägypten, den einzigen Weg, über den Hilfslieferungen möglich wären. Während Israel ankündigt, ein ganzes Gebiet aushungern zu wollen und der ganzen Bevölkerung, die zur Hälfte aus Kindern besteht, Wasser und Essen zu verweigern, spricht Deutschland der israelischen Regierung seine bedingungslose Unterstützung an Kriegsverbrechen und Genozid aus. Zudem schüchtert sie auf deutschen Straßen palästinensische Menschen ein, die jetzt gerade ihre Angehörigen verlieren.

Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Palästinenser*innen wird in Berlin mit rassistischen Begründungen eklatant beschnitten. In der Hauptstadt lebt die größte palästinensische Community Europas, viele von ihnen haben Angehörige in Gaza. Sie haben das Recht, ihre Verwandten und Freunde zu betrauern und ihren Schmerz auf die Straße zu tragen. Die Berliner Polizei patrouilliert jeden Tag durch arabische geprägte Stadtteile und geht gewaltsam gegen ihre Bewohner*innen und all diejenigen vor, die sich mit Palästina solidarisieren. Dutzende Menschen werden täglich auf der Straße festgenommen sowie aus Cafés und Imbissen gezerrt. Das Tragen einer Palästina-Flagge oder des traditionellen Schals,

der Kuffiyeh, führt zu brutalen Verhaftungen. Auch jüdische Veranstaltungen werden verboten, wenn sie zur Beendigung der Gewalt gegen Gazas Zivilbevölkerung aufrufen.

Das Bündnis von Palästina Spricht, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Jewish Bund, Palästina Kampagne und Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt appeliert an die Öffentlichkeit:

“Wir erleben gerade, wie unsere bloße Existenz kriminalisiert wird! Befinden wir uns nicht in einer Demokratie? Wieso können Grundrechte so leicht ausgehebelt werden, wenn es migrantische Menschen betrifft? Jeder demokratisch gesinnte Mensch in diesem Land sollte alarmiert sein. Wir rufen den Berliner Senat dazu auf, die pauschale Kriminalisierung der palästinensischen kulturellen Symbole umgehend zu stoppen. Wir werden rechtliche Schritte einleiten, um diese Grundrechte einzufordern. Gegen die Verbote der angemeldeten Demonstrationen werden wir juristisch vorgehen.”

Für Interviewanfragen können Sie sich bei der Palästina Kampagne (pkberlin@protonmail.com) melden.

Fotos der Festnahmen in Berlin letzte Woche, rechts: © Hanif (https://www.instagram.com/hanifshoaei/) links: © Barbo (https://www.instagram.com/baborinho/)

Titelbilder aus Pressemitteilung Jüdische Stimmen

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