Wohnraum ist keine Ware — sondern ein Menschenrecht!

Großdemo am 1. Juni gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn!

Gebt uns unsere Stadt zurück! Berlin hat Eigenbedarf!

Zu hohe Mieten, Wohnungsnot, Kündigungs- und Räumungswahnsinn, überzogene Betriebskostenabrechnungen, Privatisierung von Mietwohnungen… Täglich werden Menschen aus ihrem Zuhause verdrängt. Wir erleben das Versagen der Politik auf ganzer Linie, wenn es um das Grundrecht auf Wohnen geht.

Nach wie vor werden die dringend notwendigen gesetzlichen Regelungen zum Vorverkausfrecht und Mieter:innenschutz nicht umgesetzt, der Volksentscheid „Deutsche Wohnen enteignen“ und somit die Interessen der Mieter:innen vom Berliner Senat komplett ignoriert. Stattdessen werden Großbauprojekte privater Investoren subventioniert und somit öffentliche Mittel in private Taschen transferiert. Die großen Immobiliengesellschaften können sich die Grunderwerbssteuer sparen, während sie der kleine Mann zahlen muss. Wer mit dem Grund und Boden spekuliert, kommt steuerlich weitgehend ungeschoren davon. Nicht zuletzt der Aufrüstungskurs im Rahmen der Zeitenwende lässt Null Spielraum für die Schaffung von neuem sozialem Wohnraum.

Allein in den letzten drei Monaten sind laut einer Studie von immowelt die Mieten in Berlin um 27 Prozent explosionsartig gestiegen [1]. Die Gründe sind dabei nicht allein wie in der Studie angenommen hoher Bevölkerungszuwachs bei gleichzeitig stagnierender Wohnungsbauinitiative. „Es handelt sich einfach um generell völlig überzogene Mietforderungen, die die Eigentümer:innen nehmen können, weil der Markt es möglich macht“ so der Berliner Mieterverein [2]. So kann es nicht weitergehen! Das Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn hat am 1. Juni 2024 zu einer Großdemo aufgerufen. Gemeinsam haben sich Berliner:innen auf die Straße begeben, um ein klares Zeichen zu setzen: „Gebt uns unsere Stadt zurück! Berlin hat Eigenbedarf!“

Demo gegen Profite mit der Miete und für eine radikale Wende in der Wohnungspolitik

Gemeinsam setzten laut Veranstalter 12.000 Berliner:innen (laut Polizei 4000) und eine Vielzahl engagierter Bündnisse am 1. Juni 2024 ein starkes Zeichen ! Gegen den Ausverkauf ihrer Stadt und groß angelegter Verdichtungs- und Gentrifizierungsprojekte. „Wer Luxus kauft, kauft Ärger!“ Damit sendeten sie ein klares Signal, dass sie bereit sind für den Erhalt bezahlbarer und menschengerechter Wohnungen zu kämpfen und Widerstand gegen die Verdrängung sozialer und partizipativer Räume in ihren Kiezen zu leisten. Der Kampf lohnt sich, denn es geht um nicht weniger als um unzählige Existenzen.

Wende in der Wohnpolitik bedeutet aber auch: gegen die Preistreiberei durch vielfältige Spekulation vorzugehen. Für die Schaffung von ausreichend neuem sozialen Wohnraum zu kämpfen. Deckelung der Kaltmieten, aber auch der unzumutbar steigenden Betriebskosten.

mehr zum Thema Menschenrechte:  75 Jahre Grundgesetz – die Lücke zwischen Wort und Tat!

Egal ob jung oder alt, Familien oder Alleinstehende, kranke oder arbeitslose Menschen. Niemand ist mehr sicher vor der Profitgier des Kapitals. Die Politik, die diese Menschen vor dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen schützen müsste, schützt die Interessen der Profiterzielung durch Eigentum. Doch die Akkumulation von Eigentum für Gewinnzwecke ist nicht irgendein Verhältnis. Es ist ein Machtverhältnis, das kontinuierlich systemische Ungerechtigkeit reproduziert. Die Menschen, die sich heute auf der Straße zusammengetan haben fordern eine radikale Wende in der Wohnungspolitik, die die Mieter:innen ins Zentrum stellen muss und NICHT die Interessen von Eigentümer:innen und Spekulanten.

Sie sprechen sich aus:

  • Für bezahlbaren Wohnraum für alle und einen bundesweiten Mietendeckel.
  • Für die Vergesellschaftung von Wohnraum und die Umsetzung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
  • Gegen Indexmietverträge, Eigenbedarfskündigungen und die Zweckentfremdung von Wohnraum.
  • Gegen die Spekulation mit Boden in Stadt und Land.
  • Gegen rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Für ein solidarisches Miteinander. Für unbürokratische Anmeldungen für alle.
  • Für Sanierung statt Abriss. Für eine soziale Wärmewende, die nicht auf Kosten der Mieter:innen geht.
  • Für die Beendigung der Obdachlosigkeit. Gegen Zwangsräumungen.
  • Für bezahlbare Räume für Kleingewerbe und soziale Einrichtungen. Für Freiräume für Kultur und Kreativität in unserer Stadt.

Mitmachen und Unterstützen

Kämpfen lohnt sich. Die Demo kann als Signal gesehen werden, die Kräfte neu zusammenzuschließen. Es gibt viele engagierte Initiativen und Bündnisse, die sich entschieden für ihre Kieze und eine lebenswerte, soziale, klima- und umweltfreundliche Stadt engagieren. Eine zeitgemäße Bau- und Wohnungspolitik muss die sozialen Interessen ihrer Bewohner:innen umsetzen sowie verantwortlich mit den natürlichen Ressourcen unserer Erde umgehen. Nur so kann eine Stadt lebenswert und zukunftsfähig bleiben. Jede:r kann mitmachen und sich den Bündnissen anschließen wie beispielsweise:

  • Die Mieter:innenvernetzung Hafenplatz, die sich für den Erhalt des in den 1970er errichteten Hafenplatz-Quartiers in Kreuzberg einsetzen. Hier wollen Investoren im Schulterschluss mit der landeseigenen Gewobag den vergleichsweise günstigen Wohnraum für Gewerbe und Luxuswohnungen umnutzen.
  • Die Initiative No Hype & No Hide kämpft im Reichenberger Kiez gegen den Bau hochpreisiger Wohnungen in den Hinterhöfen ihrer Wohnbauten.
  • Kein Luxusbau O-Straße kämpf gegen ein weiteres Gentrifizierungsprojekt: die Bebauung der Oranienstraße 1 mit einem 7-stöckigen Neubau, natürlich mit Wohnraum für den größeren Geldbeutel.
  • Und auch die Jugend setzt sich zur Wehr. Das Jungendzentrum Drugstore kämpft seit Jahren für den Erhalt der letzten offenen Räume und somit für die Selbstorganisation und Selbstbestimmung von jungen Menschen.

Nur wenn sich Mieter:innen zusammentun und gemeinsam für eine lebenswerte und erschwingliche Stadt streiten, kann sie wieder denen gehören, für die sie da ist: den Menschen, die hier leben und die Stadt gemeinschaftlich gestalten.

BETONGOLD-Bündnis auf Instagram: @betongold.berlin

Bündnis gegene Verdängung und Mietenwahnsinn

[1] Immowelt: „27 Prozent teurer als noch vor 3 Monaten: In Berlin explodieren die Mietpreise“

[2] Berliner Mieterverein: „Berliner Mietentwicklung. Ein trauriger Rekord.“

Fotos Anna Peters, Peter Vlatten

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?! Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD

Inhaltsverzeichnis

  1. Aus der Pressemitteilung:
  2. Stellungnahme des GA vor dem SPD-Landesparteitag am 25.5.: „Nach wie vor: TVöD für Alle! Rückführung Jetzt!“
  3. Kleine Fotogalerie
  4. Redebeiträge und Stimmungsbilder
      1. Sascha Kraft, CFM – Charité
      2. Andrea, Vivantes
      3. Simone, Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg
      4. Martina, Kita – Vertreterin
      5. Franziska Giffey (SPD), Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe begrüßt die Teilnehmer – Videobeitrag
      6. Cansel Kiziltepe (SPD) : Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung…
  5. Schlagzeilen für die Problematik:
      1. 07.05.2024 Berliner Senat verweigert Verantwortung für die Kita-Eigenbetriebe
      2. 23.05.2024: Nach Urteil des Bundessozialgerichts: ver.di fordert Weiterbetrieb der Volkshochschulen mit fairen Arbeitsbedingungen für Lehrende
      3. 25.04.2024: 1.300 Beschäftigte beteiligen sich an Petition zur Hauptstadtzulage – Übergabe an Kai Wegner beim Arbeitnehmerempfang am 29.04.2024
      4. 11.04.2024: Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg fordert Gerechtigkeit: Hauptstadtzulage muss endlich auch für die freien Träger gezahlt werden

Aus der Pressemitteilung:

Am Samstag, den 25.05. findet von 08:30 Uhr bis 09:30 Uhr vor dem Hotel Andel´s Berlin, Landsberger Allee 106, 10369 Berlin eine Protestkundgebung zum Beginn des Landesparteitags der SPD Berlin statt. Thema sind die nicht erfüllten Zusagen der Koalition zur Rückführung der Krankenhaus-Tochtergesellschaften und zur Finanzierung der Hauptstadtzulage für die freien Träger. 

„Wir fordern, endlich nach demselben Tarifvertrag bezahlt zu werden, wie die direkt bei der Charité und Vivantes angestellten Beschäftigten. Dafür haben wir die Zusage aus dem Koalitionsvertrag. Wir fragen uns, ob die Berliner SPD ihr Wort hält. Bisher sprechen ihre Taten dagegen.“ erklärt Sascha Kraft, Beschäftigter bei der Charité Facility Management GmbH (CFM).
Seit vielen Jahren kämpfen die Beschäftigten der Tochtergesellschaften von Charité und Vivantes gegen Ausgliederung und Tarifflucht. Sie haben sich Tarifverträge erkämpft, doch sie verdienen immer noch hunderte Euro weniger pro Monat, als vergleichbare direkt bei dem Mutterunternehmen Beschäftigte. Die Beschäftigten der CFM, die aufgrund der oft niedrigen Löhne besonders stark von der hohen Inflation betroffen sind, haben im Gegensatz zu allen anderen Landesbeschäftigten nicht den Inflationsausgleich von 3.000 EUR erhalten.
„Seit dem Koalitionsvertrag von 2016 wird den Krankenhaus-Tochterunternehmen die Angleichung an den TVöD versprochen. Doch bis heute ist das nicht passiert. Es steht die Glaubwürdigkeit der Berliner Politik auf dem Spiel.“, erklärt Gisela Neunhöffer, stellvertretende ver.di-Landesbezirksfachbereichsleiterin und zuständig für das Gesundheitswesen.

Hintergrund der Proteste der Kolleg:innen des ver.di-Netzwerks „Freie Träger, faire Löhne! Für die gute Sache, aber zu welchem Preis?“ ist der Wortbruch des Senats zur sog. Hauptstadtzulage. Die Hauptstadtzulage in Höhe von 150 € monatlich zahlt das Land Berlin bereits seit 2020 für Landesbeschäftigte. Nach der Einigung über die Tarifierung der Hauptstadtzulage im Tarifvertrag der Länder, hatte der Senat schriftlich zugesagt, dass die Hauptstadtzulage künftig auch für die Beschäftigten der Freien Träger bezahlt wird. Diese Zusage hat der Senat später wieder zurückgenommen. Dirk Heinke, Sozialarbeiter in der Migrationsberatung bei der Berliner Arbeiterwohlfahrt (AWO) und aktiv im ver.di-Netzwerk erklärt: „Unsere Arbeit bei den freien Trägern ist für die soziale Infrastruktur und für das Funktionieren unserer Stadt genauso wichtig, wie die unserer Kolleg:innen im öffentlichen Dienst. Seit Jahren fordern wir daher die Gleichhandlung unserer Arbeit und damit auch die Hauptstadtzulage für uns bei den freien Trägern“, und führt weiter aus: „Wir begrüßen daher, wenn sich die Berliner SPD hierzu auf ihrem Landesparteitag klar positioniert. Danach wird es aber darum gehen, dies auch im Senat durchzusetzen und damit den Wortbruch zu heilen.“

Vor Ort können Fotos gemacht und Pressestimmen eingeholt werden.

Quelle:

Stellungnahme des GA vor dem SPD-Landesparteitag am 25.5.: „Nach wie vor: TVöD für Alle! Rückführung Jetzt!“


Kleine Fotogalerie

Foto: Ingmue1957


Redebeiträge und Stimmungsbilder

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?! Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD

00:41 TVöD – für alle an der Spree

00:55 Wortbruch

01:28 Begrüßung Max Manzey von ver.di

03:36 Rücken krumm – Kassen leer – SPD Danke sehr

03:53 Franziska Giffey, Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe trifft ein

04:08: Frau Giffey begrüßt Cansel Kiziltepe: Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung 25.05.2024 rec. ingmue1957


Sascha Kraft, CFM – Charité

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?!

Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD

00:52 Sascha Kraft, CFM – Charité

25.05.2024 rec. ingmue1957


Andrea, Vivantes

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?!

Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD

00:54 Andrea, Vivantes


Simone, Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?!

Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD

00:51 Simone, Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg

25.05.2024 rec. ingmue1957


Martina, Kita – Vertreterin

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?!

Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD

00:53 Martina, Kita – Vertreterin

25.05.2024

rec. ingmue1957


Franziska Giffey (SPD), Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe begrüßt die Teilnehmer – Videobeitrag

Video und Bearbeitung: Ingo Müller

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?! Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD

00:54 Franziska Giffey, Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe begrüßt die Teilnehmer

25.05.2024, rec. ingmue1957


Cansel Kiziltepe (SPD) : Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung…

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen?! Beschäftigte der Krankenhaus-Tochterunternehmen und der freien Träger protestieren bei Parteitag der Berliner SPD.

00:53 Cansel Kiziltepe: Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung

begrüßt die Teilnehmer

25.05.2024, rec. ingmue1957


Schlagzeilen für die Problematik:

07.05.2024 Berliner Senat verweigert Verantwortung für die Kita-Eigenbetriebe

Während die landeseigenen Krankenhäuser Charité und Vivantes mit ihren Entlastungstarifverträgen um neues Personal werben, verweigert das Land Berlin jegliche Gespräche zu einem Tarifvertrag für seine Kitas. Der Berliner Senat versucht hier, …

Weiterlesen hier:


23.05.2024: Nach Urteil des Bundessozialgerichts: ver.di fordert Weiterbetrieb der Volkshochschulen mit fairen Arbeitsbedingungen für Lehrende

Angesichts der unklaren Rechtslage nach einem Urteil des Bundessozialgerichts fordern ver.di und die Berliner VHS-Dozentinnen-Vertretung den Berliner Senat auf, den Weiterbetrieb aller Berliner Volkshochschulen im Sommerprogramm und im kommenden Herbstsemester zu sichern. Denn der Regelbetrieb ist akut in Gefahr. Aktuell stellen fünf der zwölf Berliner Volkshochschulen wegen rechtlicher Bedenken der jeweiligen Bezirke (persönliche, finanzielle Haftung, befürchtete Strafbarkeit des Abschließens von Honorarverträgen) vorläufig keine Honorar-Verträge mehr für die Dozentinnen aus. Damit wären die Volkshochschulen in Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf, Neukölln, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick von Stilllegung bedroht und die dort Lehrenden von Arbeitslosigkeit.

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25.04.2024: 1.300 Beschäftigte beteiligen sich an Petition zur Hauptstadtzulage – Übergabe an Kai Wegner beim Arbeitnehmerempfang am 29.04.2024

1.300 Beschäftigte beteiligen sich an Petition zur Hauptstadtzulage – Übergabe an Kai Wegner beim Arbeitnehmerempfang am 29.04.2024

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11.04.2024: Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg fordert Gerechtigkeit: Hauptstadtzulage muss endlich auch für die freien Träger gezahlt werden

„Wortbruch und Ungleichbehandlung nach Gutsherrenart werden wir nicht hinnehmen. Es ist ganz einfach nicht akzeptabel, wenn das Land Berlin den Beschäftigten der freien Träger eine Hauptstadtzulage verspricht und dann plötzlich davon nichts mehr wissen will. Zumal das eine eklatante Benachteiligung der Beschäftigten bei den freien Trägern ist, die ja dieselbe Arbeit machen wie die Beschäftigten des Landes, denen die Hauptstadtzulage selbstverständlich gewährt wird.“ Das sagt David Driese, Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg KdöR, bei der heutigen Demonstration vor dem Berliner Abgeordnetenhaus.

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Wieviel Bertelsmann-Stiftung steckt in Lauterbachs Krankenhausreform?

Von Florian Warweg

Am 15. Mai stellte Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf der Bundespressekonferenz seine als „Revolution im Krankenhauswesen“ angekündigte Reform (offizieller Name „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“) vor. Dabei kritisierte er in scharfen Worten die bisherigen Fallpauschalen. Kein Wort dazu, dass er einst maßgeblich mitgeholfen hatte, diese einzuführen. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob er in der Rückschau seinen damaligen Einsatz für die Fallpauschalen bedauere. Ebenso interessierten sich die NDS dafür, welchen Einfluss Gesundheitsökonomen aus dem Umfeld der Bertelsmann-Stiftung auf die Ausgestaltung der Krankenhausreform hatten. Der bis dahin eloquent aufgetretene Minister kam sichtbar ins Stocken. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

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Die Reform, die nicht hält, was sie verspricht

2022 hatte Karl Lauterbach angekündigt, mit seiner Krankenhausreform die sogenannte Fallpauschalen-Finanzierung zu überwinden. Dies stieß zunächst tatsächlich auch auf breite Zustimmung. Doch schaut man sich die aktuelle Reform näher an, fällt auf, dass fast all die Mechanismen, die in die aktuelle Misere geführt haben, in der Reform fortgeschrieben und teilweise sogar mutmaßlich verschärft werden. Lauterbachs Reform trägt die klare Handschrift der Gesundheitsökonomie, einer kapitalfreundlichen Umgestaltung des Krankenhauswesens, in welcher Profitinteressen grundsätzlich vor den Bedürfnissen der Menschen/Patienten stehen. Ebenso ergibt ein genauerer Blick auf Lauterbachs Reform, dass in Wirklichkeit die Fallpauschalen bestehen bleiben und bloß teilweise durch ein zweites, bürokratieintensives Pauschalensystem (Vorhaltevergütung) ergänzt werden.

Wettbewerbslogik wird verschärft

Damit wird die bestehende Wettbewerbslogik sogar noch verschärft. Denn die Krankenhäuser müssen nun nicht nur um Fallpauschalenerlöse, die ja erhalten bleiben, sondern auch um Anteile an den neuen Vorhaltebudgets konkurrieren und dafür einen aufwändigen bürokratischen Apparat installieren. Und schon jetzt stöhnt das Krankenhauspersonal unter einer völlig überhandnehmenden Bürokratie, die bis zu 30 Prozent der Arbeitszeit des klinischen Personals in Anspruch nimmt. Das ist ein Vorteil für große Krankenhäuser und private Klinikketten, die über die entsprechenden Verwaltungsapparate verfügen. Diejenigen, die das nicht tun, kleine Krankenhäuser im ländlichen Raum und die Grundversorger haben erneut das Nachsehen.

Der Niedergang des deutschen Krankenhauswesen: Wie konnte es so weit kommen?

Um die derzeitige Lage der Krankenhäuser in Deutschland besser zu verstehen, hilft ein Blick zurück. Alles begann 1985, als in der Bundesrepublik unter Helmut Kohl ein Gesetz verabschiedet wurde, welches es erstmals erlaubte, mit dem Betrieb von Krankenhäusern Gewinne zu erwirtschaften. Die öffentliche Hand war bis dahin der maßgebliche Akteur in der Krankenhauslandschaft. Noch 1991 befanden sich lediglich 15 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser in privater Trägerschaft, 46 Prozent waren öffentlich, der Rest in gemeinnütziger Hand. Diese Verteilung hat sich radikal geändert: Heute im Jahr 2024 zeigt sich die Verteilung bei den Besitzverhältnissen von Allgemeinkrankenhäusern wie folgt: 39 Prozent ( plus 24 Prozent) gehören privaten Trägern, 32 Prozent gemeinnützigen Trägern – und die öffentliche Hand, einst der Hauptakteur, bildet nun mit 29 Prozent (minus 17 Prozent) das Schlusslicht.

In der Folge entstanden private Krankenhauskonzerne, deren Wachstum vor allem darauf beruhte, öffentliche Krankenhäuser aufzukaufen. So ging beispielsweise Eugen Münch, Gründer der Rhön-Kliniken AG, bereits in den 2000er-Jahren, wie Jorinde Schulz in einem umfassenden Artikel auf Jacobin darlegt, auf Schnäppchenjagd bei kommunalen Krankenhäusern in finanziellen Notlagen, die er nach seiner Übernahme strengen Sparmaßnahmen unterwarf. Auch der Krankenhauskonzern Asklepios bezog seinen Grundstock an „Krankenhaus-Kapital“ aus der Übernahme kommunaler Kliniken in Hamburg. Die Gewinne aus dem Krankenhausbetrieb investierte der im Februar 2024 verstorbene Asklepios-Eigentümer Bernard Grosse Broermann, der sich gerne als bodenständiger Familienunternehmer inszeniert hatte, übrigens in Schweizer Luxushotels.

Seit rund drei Jahrzehnten läuft es so: Erst wird die öffentliche Daseinsvorsorge systematisch unterfinanziert und durch Preissysteme umgeformt, um sich dann gezwungenermaßen privatem Kapital zu öffnen. Das kann sich sodann als Retter in der Not inszenieren, welches dringende Investitionen in öffentliche Gesundheits-Infrastrukturen ermöglicht. Diese werden in Folge privatisiert, auf Gewinn getrimmt, ausgequetscht und am Ende, wenn nicht mehr gewinnbringend, wieder an den Staat abgestoßen oder zumindest diesem die Kosten aufgehalst. Exemplarisch sei auf den Fall des Universitätsklinikums Marburg/Gießen verwiesen, der ersten privatisierten Uni-Klinik Deutschlands. Diese wurde 2006 zum Spottpreis von 112 Millionen Euro an den Rhön-Konzern (Rhön-Klinikum AG) verkauft – 2022 sah sich das Land Hessen gezwungen, die privatisierte Uniklinik mit einem öffentlichen Investitionszuschuss in Höhe von 500 Millionen Euro aus einer finanziellen Notlage zu retten.

Der Einfluss von Konzern-Stiftungen auf die Krankenhausreform

In der Regierungskommission für die Krankenhausreform saß unter anderem der Vorstandsvorsitzende der Rhön-Stiftung, der Gesundheitsökonom Boris Augurzky, und prägte, nach allem, was man aus dem Umfeld hörte, maßgeblich die Reforminhalte mit.

Neben Augurzky fällt auch der Name Reinhard Busse ins Auge, Professor für Gesundheitsökonomie an der TU Berlin und ebenso einflussreiches Mitglied der Reformkommission. Busse war zuvor Teil des Kernteams des Projekts „Neuordnung der Krankenhauslandschaft“ der Bertelsmann-Stiftung, welches 2019 eine Studie mit dem vielsagenden Titel „Eine bessere Versorgung ist nur mit halb so vielen Kliniken möglich“ veröffentlichte. Das damalige Resümee der Studie, man sollte jedes dritte oder besser sogar jedes zweite Krankenhaus schließen, befürwortete Lauterbach – damals noch als einfacher SPD-Abgeordneter – enthusiastisch auf Twitter.

Die Bertelsmann-Stiftung widmet dem Gesundheitsbereich auch grundsätzlich besondere Aufmerksamkeit und spielte dort, ebenso wie bei der fatalen Bologna-Reform der deutschen Universitätslandschaft, eine zentrale Rolle als Lobbyist und Stichwortgeber. Das Interesse der Stiftung für den Themenkomplex hat auch knallharte wirtschaftliche Interessen zum Hintergrund. So wurde beispielsweise die Bertelsmann-Tochter Arvato Systems mit der Installation der technischen Infrastruktur für die elektronische Patientenakte beauftragt und verdient so kräftig an der Digitalisierung des Gesundheitswesens mit. Gleichzeitig saß die Aufsichtsrätin und Gesellschafterin des Bertelsmann-Konzerns sowie Vorständin der Bertelsmann-Stiftung, Brigitte Mohn, bis 2020 im Aufsichtsrat von …, na, was raten Sie? Genau, der Rhön-Kliniken. Und wer saß auch noch lange im Rhön-Aufsichtsrat? Der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Die aktuelle Position beim Röhn-Konzern des Gesundheitsökonomen und Mitglied der Regierungskommission zur Krankenhausreform, Boris Augurzky, hatten wir ja schon ausgeführt – so schließt sich der Kreis.

Die gesamte einstündige Pressekonferenz von Karl Lauterbach in der BPK können Sie hier einsehen:

https://www.youtube-nocookie.com/embed/FCWwvhBm9Ok

Erstveröffentlicht in den „nachdenkseiten“ v. 15.5. 2024
https://www.nachdenkseiten.de/?p=115299

Wir danken für das Publikationsrecht.

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