Ukraine und USA vereinbaren „totalen Waffenstillstand“ – Der Ball sei jetzt bei Russland

Von Florian Rötzer

Bild: Treffen der amerikanischen und ukrainsichen Delegation unter Vorsitz der Saudis. Bild: Ukrainisches Außenministerium/CC BY-SA-4.0

Es kam zu einer schnellen Einigung zwischen der amerikanischen und ukrainischen Delegation in Saudi-Arabien. Das bedeutet auch, dass die Europäer nur sekundär eibezogen werden. Der Deal ist, dass die Ukraine einem 30-tägigen vollständigen Waffenstillstand zustimmt, dafür erhält sie – es ist ja ein Trumpscher Deal – sofort wieder Waffen- und Informationsunterstützung.

Ob es wirklich ein Deal ist, der funktioniert, wird sich zeigen, ob Russland zustimmt. In der gemeinsamen ukrainisch-amerikanischen Erklärung heißt es, was darauf schließen lässt, dass es heftigen Druck gegeben hat: „Die Ukraine hat sich bereit erklärt, den Vorschlag der USA zu akzeptieren, einen sofortigen, vorläufigen Waffenstillstand von 30 Tagen zu verhängen, der im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien verlängert werden kann und der von der Russischen Föderation akzeptiert und gleichzeitig umgesetzt werden muss. Die Vereinigten Staaten werden Russland zu verstehen geben, dass die russische Gegenseitigkeit der Schlüssel zur Erreichung des Friedens ist.“

Man wird sehen, was Moskau dazu sagen wird, dem die Amerikaner den Vorschlag unterbreiten wollen. Das wird auch abhängig von einem Deal mit den USA sein, der die Wiederaufnahme der Waffen- und Informationshilfe zumindest kompensieren muss. Schließlich kann die Ukraine dann mit amerikanischer und europäischer Hilfe wieder die Waffen- und Munitionsarsenale aufstocken. Man könnte an eine schrittweise Aufhebung der Sanktionen denken. In der Hinterhand dürfte das Angebot stecken, die Ukraine bei Friedensverhandlungen zu territorialen Zugeständnissen zu zwingen.

Die Amerikaner konnten sich mit einem vollständigen Waffenstillstand durchsetzen, wohl auch mit dem Rohstoffdeal, um die amerikanischen Unterstützungskosten zurückzuzahlen und für die Ukraine Wohlstand und Sicherheit zu schaffen. Von der EU und Großbritannien, die aus der Ferne zuschauen müssen, ist da nicht die Rede.

US-Präsident Trump kündigte an, bald mit Putin zu sprechen, wahrscheinlich die nächsten Tage. „Hoffentlich wird Präsident Putin dem auch zustimmen und wir können mit dieser Show beginnen. Ich denke, das ist ein großer Unterschied zum letzten Besuch im Oval Office, und das ist ein totaler Waffenstillstand.“ Es brauche zwei, um Tango zu tanzen. Show ist das richtige Wort für das, was Trump mit dem Kriegsende inszenieren will. Man muss einräumen, im Unterschied zu den Europäern, ist ihm ein erster Schritt gelungen. Aber selbst, wenn Moskau ohne weitere Bedingungen zustimmen sollte, ist ein Friedensabkommen noch in weiter Ferne, da hier die gegensätzlichen Interessen zu einem tragbaren Kompromiss  aufgelöst werden müssen.

Ganz schnell soll es nach Trump gehen. Morgen oder übermorgen könnten erste Gespräche mit den Russen stattfinden. In Russland gibt man sich zurückhaltend. Moskau schließe Kontakte mit US-Vertretern in den nächsten Tagen nicht aus, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, gegenüber TASS. Begeisterung sieht aber anders aus.

Die Ukraine wollte den Waffenstillstand mit Rückendeckung der EU und Großbritannien auf Luft- und Seeangriffe beschränken, was garantiert hätte, dass Russland dies zurückweisen wird. Selenskij rechtfertigte gewunden das Einknicken gegenüber den Amerikanern, die er zusammen mit Trump selbstverständlich preist: „Die amerikanische Seite versteht unsere Argumente, akzeptiert unsere Vorschläge, und ich möchte Präsident Trump für das konstruktive Gespräch zwischen unseren Teams danken. Und heute, in unserem Gespräch, gab es einen Vorschlag der amerikanischen Seite, sofort den ersten Schritt zu tun und zu versuchen, einen vollständigen Waffenstillstand für 30 Tage zu etablieren, nicht nur in Bezug auf Raketen, Drohnen und Bomben, nicht nur im Schwarzen Meer, sondern auch entlang der gesamten Frontlinie. Die Ukraine akzeptiert diesen Vorschlag, wir betrachten ihn als positiv, wir sind bereit, einen solchen Schritt zu tun. Die Vereinigten Staaten müssen Russland davon überzeugen, dies zu tun. Das heißt, wir sind einverstanden, und wenn die „Ruskies“ zustimmen, dann wird das Schweigen der Waffen funktionieren.“

Jetzt blieb der EU auch nichts anderes übrigen, als dem amerikanischen Vorschlag zuzustimmen, was auch der französische Präsident Macron machte, der gerne die Europäer mit einer Friedenstruppe im Spiel halten will. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen schreibt: „Dies ist eine positive Entwicklung, die ein Schritt in Richtung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens für die Ukraine sein kann. Der Ball liegt nun bei Russland. Die EU ist bereit, gemeinsam mit ihren Partnern bei den bevorstehenden Friedensverhandlungen eine wichtige Rolle zu spielen.“

Das wird sie aber vorerst nicht, da erst einmal die Amerikaner mit den Russen sprechen werden. Außenminister Rubio versucht, den Druck jetzt auf Moskau zu erhöhen: „Heute war ein guter Tag für den Frieden. Dank an @POTUS und der freundlichen Gastfreundschaft von Kronprinz Mohammed bin Salman sind wir der Wiederherstellung eines dauerhaften Friedens für die Ukraine einen Schritt näher gekommen.  Der Ball liegt nun bei Russland.“ Aber der Ball liegt auch bei der US-Regierung, die alles daran setzen wird, dass der Deal nicht schnell platzt und Donald Trump mit einer seiner wichtigsten Wahlversprechen beschädigt zurückbleibt.

Ich habe auch mal Grok gefragt, der ganz realistisch sagt:  „Stand heute, 11. März 2025, gibt es keine klaren Anzeichen dafür, dass Russland einem Waffenstillstand ohne massive Zugeständnisse der Ukraine zustimmen würde. Die russische Führung scheint weiterhin auf eine Lösung zu setzen, die ihre Maximalforderungen erfüllt, während die Ukraine auf internationale Unterstützung und die Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität besteht. Ohne einen signifikanten Wandel in der militärischen Lage oder den geopolitischen Rahmenbedingungen bleibt eine Einigung unwahrscheinlich. Die Situation bleibt dynamisch, und zukünftige Verhandlungen – etwa unter Einfluss der neuen US-Regierung – könnten den Ausgang noch beeinflussen.“

Erstveröffentlich im Overton Magazin v. 11.3. 2025
https://overton-magazin.de/top-story/ukraine-und-usa-vereinbaren-totalen-waffenstillstand-der-ball-sei-jetzt-bei-russland/

Wir danken für das Publikationsrecht.

Sackgasse Aufrüstung

Für den Konfliktforscher Andreas Zumach gibt es keine Alternative zum Neuaufbau multilateraler Friedenssysteme

Interview: Raul Zelik

Bild: pixabay

Der russische Historiker Ilja Budraitskis hat im »nd« unlängst geschrieben, dass es zwei wesentliche Kriegsursachen gibt: die Konkurrenz der Militärblöcke und Putins imperiale Mission. Auf letztere hat der Westen wenig Einfluss.

Dem würde ich widersprechen. Damit wir uns nicht missverstehen: Sowohl die Annektion der Krim als auch der Überfall 2022 waren völkerrechtswidrige Verbrechen Russlands. Da gibt es überhaupt nichts zu relativieren. Aber ich würde nach intensiver Beschäftigung mit Entspannungspolitik seit 1979 behaupten, dass die westlichen Regierungen eine große Mitverantwortung für die Entwicklung tragen. US-Diplomat George Kennan hat es bereits 1997 in einem Artikel prophezeit: Wenn man die Nato-Osterweiterung weiter vorantreibt, wird das die großrussischen, militaristischen Kräfte in Russland stärken, eine Demokratisierung des Landes behindern und zu einer konfrontativen Außenpolitik Moskaus führen. Nach dem Ende der Sowjetunion gab es ernsthafte Bemühungen, eine Friedensordnung unter dem Dach der OSZE aufzubauen. Beendet wurde das durch eine Entscheidung der Bush-Regierung, die eine enge europäisch-russische Zusammenarbeit als Gefahr betrachtete. Wenn eine funktionierende Friedensarchitektur entstanden wäre, hätten die Europäer die Nato nicht mehr benötigt. Seit 1995 haben die USA die OSZE deshalb systematisch torpediert.

Der Publizist Andreas Zumach ist Experte für internationale Beziehun­gen und arbei­tete 1988 bis 2020 als Korrespondent für verschiedene Medien bei den Ver­einten Nationen. Er ist Ko-Autor des Strategie­papiers »Sicherheit neu denken. Europas Rolle für den Frieden der Welt«.

Jetzt allerdings scheinen die USA selbst die Nato zerschlagen zu wollen.

Bei der ganzen Aufregung um Donald Trump sollte man nicht vergessen, dass sich vieles schon lange angedeutet hat. Es gibt einen Abstieg der USA und einen Aufstieg Chinas. Schon seit der Obama-Regierung wird in den USA darüber debattiert, wie man mit dieser Herausforderung umgehen soll: durch Kooperation oder Konfrontation – auch militärisch. Unter Trump hat man den Konflikt wirtschaftspolitisch zugespitzt, Biden hat das alles übernommen. Und die neue Trump-Regierung ist nun der Ansicht, dass man Russland in eine enge Partnerschaft mit China hineingedrängt und China damit gestärkt hat. Das ist der eigentliche Kern der strategischen Neuausrichtung der USA. Diese hätte es auch unter einer Präsidentin Harris gegeben – wenn auch weniger schroff gegenüber Europa und der Ukraine.

Sie und andere Autoren haben unlängst das Papier »Sicherheit neu denken« veröffentlicht. Auch Sie konstatieren darin, dass es eine neue europäische Sicherheitspolitik braucht, ziehen dann allerdings ganz andere Schlüsse, als man sie sonst in Europa zu hören bekommt.

Es gibt fatale Fehleinschätzungen, was Russland betrifft. Auch ohne die USA übertreffen die europäischen Militärausgaben die Russlands um ein Vielfaches. Auch bei konventionellen Waffensystemen ist Europa Russland klar überlegen. Die einzige Lücke ist das Nukleararsenal. Wenn man den militärischen Weg einschlagen wollte – wofür ich absolut nicht bin –, dann wären die französischen und britischen Atomwaffen als Abschreckungsinstrumente völlig ausreichend. Diese ganze Aufrüstungshysterie, die die öffentliche Debatte beherrscht, ist unfundiert und eine fürchterliche Sackgasse. Wenn diese Pläne umgesetzt werden, kann man jede Sozial- und Klimapolitik, jede globale Armutsbekämpfung dauerhaft vergessen. Deswegen ist es jetzt unsere wichtigste Aufgabe, dieser Bedrohungsbehauptung zu widersprechen. Putins Interesse ist es, die Krim, den Donbass und das Asowsche Meer zu halten. Schlimm genug! Aber die Vorstellung, dass er danach die gesamte Ukraine besetzen könnte, ist grotesk. Dieses riesige Land zu besetzen und die Bevölkerung zu kontrollieren ist für Russland undenkbar. Ganz zu schweigen von der Vorstellung, Russland könnte danach noch Polen oder Deutschland überfallen. Solche Szenarien sind völlig unseriöser Unfug.

In Ihrem Papier sprechen Sie von einer »zivilen Geostrategie der EU«. Wie könnte die aussehen?

Über diesen überwiegend militärisch konnotierten Begriff bin ich nicht glücklich. Ich bevorzuge den Begriff der »politischen Souveränität« Europas. Das hätte die EU schon vor 20 Jahren machen können – zum Beispiel hätte sie im Nahostkonflikt auf Verhandlungslösungen drängen können. Auch in dem sehr eskalationsträchtigen Streit um die Wasserreserven in Tibet zwischen Indien und China hätte die EU längst aktiv vermitteln sollen. Doch genau diese Möglichkeit zerstört man, wenn Deutschland Kriegsschiffe durch die Taiwan-Straße schickt, um den Chinesen irgendetwas zu demonstrieren. Die EU hat, auch was ihr eigenes Überleben als Staatenbund angeht, nur eine Chance, wenn sie sich als ziviler Großakteur einbringt und auf militärisches Gebaren verzichtet. Wenn sie dazu nicht in der Lage ist, wird sie auseinanderfliegen.

Unter »europäischer Souveränität« sollen wir uns also nicht den Aufbau einer europäischen Armee vorstellen?

Absolut nicht. Das einzige militärische Instrument zur Befriedung von Gewaltkonflikten sind Blauhelmeinsätze unter UN-Mandat. Alles andere ist in den letzten 30 Jahren überall gescheitert: Jugoslawien, Afghanistan, Irak. Daher sind auch die ganzen Debatten um europäische Militärs in der Ukraine kompletter Unsinn. Wenn dort eine Waffenruhe gesichert werden soll, kann das nur durch eine UN-mandatierte Friedenstruppe mit erheblichen Kontingenten aus dem Globalen Süden geschehen.

Sie plädieren für die Stärkung multilateraler Organisationen wie der OSZE. Aber im Moment erleben wir eher, dass sich niemand mehr für das Völkerrecht interessiert. Vornweg auch EU-Staaten, die den internationalen Haftbefehl gegen Netanjahu ignorieren.

Das Völkerrecht wurde 1945 nach dem tiefsten zivilisatorischen Einbruch der modernen Menschheitsgeschichte etabliert. Erst nach dieser Katastrophe gelang es, eine Charta zu verfassen, die die Gewaltanwendung gegen Länder ächtete. Das war – ebenso wie die Vereinbarung universell gültiger Menschenrechtsnormen – ein gewaltiger zivilisatorischer Fortschritt, den wir heute mit Klauen und Zähnen verteidigen müssen! Wir stehen vor der Alternative, ob wir in einen bipolaren Konflikt zwischen den USA und China zurückfallen, mit dem die Lösung aller großen Probleme der Gegenwart unmöglich sein wird, oder ob sich ein multilaterales System mit sechs oder sieben Akteuren herausbildet. Aus Sicht des Globalen Südens ist die Erzählung, wir würden in eine globale Auseinandersetzung zwischen westlichen Demokratien und autoritären Schurkenstaaten wie Russland und China hineinlaufen, ein Witz. Schauen Sie sich die reale Politik des Westens in den letzten Jahrzehnten an. Deshalb gibt es zur Verteidigung des multilateralen Systems und des Völkerrechts überhaupt keine Alternative. Das wird allerdings global und in Europa nur gelingen durch ein starkes Engagement der Zivilgesellschaften. Deswegen erscheint mir der Abbruch aller zivilgesellschaftlicher Kontakte nach Russland auch als großer Fehler.

Erstveröffentlicht im nd v. 6.3. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189584.interview-mit-andreas-zumach-sackgasse-aufruestung.html

Wir danken für das Publikationsrecht.

Die LINKE in der Zange zwischen Lockerung der Schuldenbremse und Kriegskurs

Der Parteivorstand der LINKEN hat am 1.März 2025 einen Beschluss mit dem Titel „Ukraine unterstützen – China einbinden – Schuldenbremse abschaffen – UNO statt Trump“ gefasst. Dieser Beschluss sorgt für kritische Diskussionen und Anmerkungen. Er verstärkt aus marxistischer Sicht Befürchtungen zum künftigen Kurs der Partei. Hier dreieinhalb Debattenbeiträge dazu.

Erstens. Öffentliche Stellungnahme von Thies Gleiss, selbst Mitglied des Parteivorstandes und Sprecher der Antikapitalistischen Linken, in der er seine Ablehnung des Antrags – glasklar und grundsätzlich- begründet:

Warum ich den Antrag „Ukraine unterstützen – China einbinden – Schuldenbremse abschaffen – UNO statt Trump“ nicht unterstützt habe.

(1) Der am 01. März 2025 beschlossene und oben genannte Antrag an den Parteivorstand begeht den großen politischen Fehler, in der Opposition Regierung spielen zu wollen. Das sollte eine Partei eine Woche nach einem überzeugenden Wahlerfolg nicht machen,  der den klaren Auftrag erteilt hat, eine schlagkräftige und politisch eindeutige Opposition im Parlament und auf der Straße zu sein. In Sachen Aufrüstung, Kriegsertüchtigung, militarisierte Außenpolitik und auch bei den haushalts- und finanzpolitischen Verrenkungen der Regierung muss eine solche Opposition ein klares Nein (ohne jedes Ja, wie es schon in der Bibel heißt) zu allen Vorschlägen aussprechen. Keine Partei im Bundestag vertritt auch nur annähernd eine Position, die mit der der LINKEN kompatibel ist.

(2) Der Antrag sieht – im Gegensatz zur Beschlusslage der letzten Parteitage der LINKEN – eine verdrehte Aufstellung der Akteure: Russland als alleiniger Buhmann und Aggressor; die EU als Ausgangspunkt und Garantin einer demokratischen Alternative; die Trump-Regierung als plötzlicher Absonderling von dieser EU-Linie. Daran ist alles falsch und es ergibt sich daraus auch kein Ansatzpunkt einer realistischen linken Oppositionshaltung. Im Kern einer richtigen Analyse der Kräfteverhältnisse muss stehen, dass der Ukrainekrieg immer mehr zu einem Stellvertreterkrieg der großen internationalen Mächte wird. Was wird denn anderes aus dem neuen Format der „Friedensverhandlungen“ zwischen den USA und Russland  deutlich als diese Schlussfolgerung? In diesem Stellvertreterkrieg gehen die beteiligten globalen Player regelmäßig neue und wechselnde Allianzen ein. Das war in einer vergleichbaren Situation vor dem 1. Weltkrieg so, das war auch im Balkankrieg rund um das Dayton-Abkommen so, das war im Lybien- und Irakkrieg so. Es ist ein Gerangel um eine Neuaufteilung der Welt in Markt- und Einflusszonen, bei dem eine linke Partei auf keiner Seite steht, sondern die internationalistische Solidarität verteidigt.

(3) Der Antrag fokussiert auch in einer Weise auf „China“, wo wirklich ernsthaft nachgefragt werden sollte: Who is it and what does ist – dieses „China“.

(4) Der Antrag unterwirft sich auch einer Partnerschaft mit „der EU“, die ja nicht minder harte Akteurin in diesem Stellvertreterkrieg ist. Jedes Zugeständnis, dieser EU, ihren Mitgliedsstaaten oder auch nur Deutschland das Recht auf einen Ausbau der Armee – und sei es nur zu „Verteidigung“  – einzuräumen, kann schnell tödlich enden. Eine linke Partei muss der allgemeinen Kriegsvorbereitung stattdessen massiv entgegenstellen. Die Armeen müssen radikal abgerüstet werden, die Waffen müssen schweigen, die Kriegsminister müssen abgelöst werden.

Zweitens. Ausschnitte aus einem Debattenbeitrag von Sebastian Friedrich und Ingar Solty im Freitag, der mehr auf die Umstände und Hintergründe des Beschlusses eingeht!

Die Linke hat die Schuldenbremse immer abgelehnt, weil sie soziale und ökologische Investitionen ermöglichen wollte. Jetzt muss sie sich mit einem Sondervermögen beschäftigen, das ausschließlich der Hochrüstung dient.

Die strategischen wie inhaltlichen Probleme zeigen sich aktuell besonders in der Frage von Krieg und Frieden. Viele, die die Partei gewählt oder ihr beigetreten sind, stehen Waffenlieferungen in die Ukraine offen gegenüber – zu einem Zeitpunkt, in dem die ukrainische Regierung den Krieg nur noch durch massivste Zwangsrekrutierungen aufrechterhalten kann und die USA bereits nach einem Weg suchen, den Konflikt einzufrieren. Die Linke steht in dieser Situation unter enormem Druck.

Während des Wahlkampfs betonten Spitzenpolitiker noch, sie würden keiner weiteren Aufrüstung zustimmen. Doch nun hat der Parteivorstand sich anders positioniert: Statt in dieser historischen Situation die eigene Macht zu nutzen, um eine Politik zu verhindern, die einen verlorenen Krieg auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung fortsetzt, neues Wettrüsten befeuert und dabei Sozialstaat und Demokratie gefährdet, zeigte man sich in einem Positionspapier bereit, für die Abschaffung der Schuldenbremse zu stimmen. Damit aber ermächtigt man die Hochrüstungs- und Kriegspolitik – während man die Regierung in reinster Symbolpolitik darum bittet, das auf Kredit bereitgestellte Geld doch bitte nur für zivile Zwecke einzusetzen.

Drittens. Unsere eigenen Anmerkungen zu „linken Hoffnungen“ über das avisierte Infrastrukturprogramm!

Wer bei diesem Programm für Infrastruktur mehr an „Soziales“ denkt, hat das Ganze noch nicht verstanden. Wer genauer hinschaut kann erkennen, daß auch der Ausbau der Infrastruktur in weiten Teilen dazu dienen soll, Deutschland kriegstüchtig zu machen. Es sollen nämlich vorrangig solche Brücken und Straßen instand gesetzt werden, damit dort die Panzer nach Osten rollen können. Im Gesundheitswesen sollen Strukturen für den Kriegsfall geschaffen bzw. erweitert werden, die eher noch die zivile Gesundheitsversorgung weiter belasten. Besondere Schwerpunkte bilden der Ausbau von Bunkeranlagen, Heimat- und Katastrophenschutz… Und so weiter…..und so weiter. Pustekuchen wer sich da echt Nennenswertes für den Wohnungsbau, für mehr Frauenhäuser oder die Renovierung kaputter Schulen erhofft.

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wurde die Richtung klar vorgegeben: Deutschland muss aufgrund seiner geografischen Mittellage mit höchster Priorität als militärisches Aufmarsch- und Durchmarschgebiet fit gemacht werden. [1]Handelsblatt 28.1.2025: „Deutschland muss der Rolle als Durchmarschgebiet gerecht werden“

Ein beliebtes Weichspülargument: Infrastrukuturen wie Straßen und Schienen usw. dienten ja auch der Zivilgesellschaft. Da lässt sich nur antworten: Wegen der Panzer wohl mehr Straßen als Schienen – Kampf um mehr öffentlichen Verkehr war denn da mal. Und es wird wohl kaum halb Deutschland in Zukunft gen Osten in Urlaub fahren wollen.

Für Militarisierung soll die Schuldenbremse permanent und nach oben hin unbegrenzt gelockert werden. Das Budget für Infrastrukutur ist einmalig, begrenzt und über bis zu 10 Jahre verteilt. In Summe eine bisher historisch einmalige Neuverschuldung in Höhe von mehr als 2 Billionen Euro.

Ein „linkes Strukturprogramm“ muss die sozialen Verpflichtungen konkret festschreiben: zum Beispiel „mehr Lehrer“ statt mehr Offiziere an den Schulen! Und warum überhaupt Schulden, die jeden von uns mit 12000 Euro belasten und mit Zins und Zinseszins von uns zurückgezahlt werden müssen? Soziale und ökologische Investitionen sind auch ohne Schulden möglich, wenn man sich das Geld von dort holt, wo es in exorbitanter Höhe angehäuft wird. Das wäre links !! Und würde den Parteivorstand der LINKEN von seiner selbst angelegten Zange befreien. Sollen doch diejenigen zahlen, die uns ständig abzocken. Dann braucht es auch nicht der Lockerung einer Schuldenbremse. Seit Jahren schon ist zum Beispiel die Wiedereinführung der Vermögenssteuer überfällig. So etwas müsste jetzt offensiv gefordert und für den Klassenkampf von unten zur Durchsetzung mobilisiert werden.

Die durch diese Mammutverschuldung losgetretene Inflation trifft dann wieder .. uns alle

Ganz zu schweigen davon, daß dieser Aufrüstungskurs die Kriegseskalation auf die Spize treibt, bei der am Ende ganz Deutschland erneut mit seiner ganzen Infrastruktur in Schutt und Asche versinken kann.

Aber immerhin, vor allem die Besitzer des militärisch-industriellen Komplexes haben sich schwindelig verdient.

Siehe auch: besonders Frauen zahlen für den Kriegskurs 
Viertens. A. Hanbicht empfiehlt der LINKEN ganz pragmatisch, sich ein Besipiel an Izquierda Unida (Spanische Vereinigte Linke) zu nehmen!

IU lehnt die NATO als Lösung für die Ukraine ab und setzt sich für einen Waffenstillstand unter der Führung der UNO ein.

In ihrer traditionellen montäglichen Pressekonferenz zur politischen Lage beklagte (die Sprecherin der Partei) García Sempere, dass das gestrige Treffen europäischer Staats- und Regierungschefs in London – an dem auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez teilnahm – eine „historische Gelegenheit“ verpasst habe, eine „eigenständige Außenpolitik gegenüber den Vereinigten Staaten zu entwickeln“.

„Wir hatten, vielleicht sind wir manchmal naiv, konkrete Friedensvorschläge erwartet und gehofft, dass diese kriegerische Rhetorik endlich endet, die nichts anderes bewirkt hat, als einen Konflikt zu verlängern, der schon mehr als drei Jahre andauert. Der Krieg wurde nicht durch mehr Waffenlieferungen gelöst, sondern im Gegenteil – er hat mehr Zerstörung, Verwüstung und Leid über das ukrainische Volk gebracht“, erklärte sie.

Sie fügte hinzu, dass es in dieser Zeit zudem „unerlässlich“ sei, die „Verpflichtungen der Helsinki-Akte und der Charta von Paris der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa wiederherzustellen, um einen neuen Rahmen für gemeinsamen Frieden und Sicherheit zu schaffen“.

In Bezug auf die „andauernde zionistische Offensive gegen das palästinensische Volk“ durch die extremistische Regierung Israels prangerte die IU-Sprecherin an, dass trotz der angeblichen Waffenruhe „die Ermordung von Palästinensern nicht aufhört“ und dass Premierminister Benjamin Netanjahu an diesem Wochenende „die Aussetzung der humanitären Hilfe“ für die bereits jetzt unter katastrophalen Bedingungen lebende palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen angekündigt habe.

Ergänzend der link zu einem Beitrag der SOL zum Thema 

Titelbild: Collage Peter Vlatten

References

References
1 Handelsblatt 28.1.2025: „Deutschland muss der Rolle als Durchmarschgebiet gerecht werden“

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