Westjordanland, GAZA, Nakba – Menschenrecht bleibt unteilbar! Ein freies Palästina für alle! Das war neben der Verurteilung der israelischen Besatzungs-und Vertreibungspolitik und dem Völkermord in Gaza die Kernbotschaft einer grossen Demonstration zum Abschluss der diesjährigen Nakbagedenkwoche in Berlin.
Nicht Weggucken. Nicht vergessen. Auch wenn hierzulande versucht wird, solche Proteste zu diffamieren und zu unterdrücken.
Angemeldet hatten die Veranstalter 2000 Teilnehmer. Schließlich waren es gut 12 000 (laut Polizei 6200) meist junge Leute, die sich nicht abschrecken ließen und trotz „Staatsräson“ an der Demonstration beteiligten.
Die versammelten Menschen auf dem Oranienplatz in Berlin wirkten wie ein Spiegelbild der von ihnen vertretenen Vision. Ein Spiegelbild von Völkerverständigung. Ein Spiegelbild von einer befreiten Gesellschaft, in der Menschen – „from the river to the sea“ – unterschiedlicher Völker und Herkunft , unterschiedlicher religiöser, sexueller oder weltanschaulicher Orientierung friedlich und selbstbestimmt zusammenleben. Aber Einigkeit in der widerständigen Ablehnung jeglicher hegemonialer, kolonialer und imperialer Unterdrückung und Instrumentalisierung! Viele der Gesichter zeugten von Selbstbewusstsein gegenuber der westlichen Doppelmoral. „Die westlichen Werte kannst Du nach GAZA in die Tonne treten“, meinte ein Demonstrant. Die Brandmauer gibt es international schon lange nicht mehr. Viele, die sich bei uns als „Brandmauer“ inszenieren, treten global als Brandstifter auf.
Unübersehbar neben Muslim:innen und Palästinser:innen die vielen Israel:innen und Jüd:innen, die sich öffentlich gegen die israelische und westliche Politik bekannten, aber eben auch Christ:nnen, die sich bewusst als solche zu erkennen gaben. Ein buntes Völkergemisch aus allen gesellschaftlichen Schichten. Arbeitende und Studierende. Femmist:innnen und Gays. Und prägend eine neu aufkeimende antiimperialistische und antikapitlalistische Jugendbewegung, die sich wohl auch von einer Staatsrepression nicht mehr mundtot machen lassen will. Die Zahl der Protestcamps wächst weltweit täglich an.
Immer und immer wieder wurde skandiert:“Hoch die internationale Solidarität!“, „Stoppt den Genozid“ , „Free Palestine“ und „Deutschland finanziert, Israel bombardiert“.
Was Du gar nicht sehen konntest: die Symbole der großen Organisationen der Zivilgesellschaft wie Kirchen, Umweltverbände oder Gewerkschaften oder der herrschenden demokratischen Parteien, die sonst soviel von „demokratischer Vielfalt“ reden. Ausgehend von einer in die deutsche Elitekultur eingebundenen Führung gucken oder ducken die Fuktionäre lieber weg oder lassen sich sogar zum Handlanger einer „Staatsräson“ machen, die angesichts der täglich bekannt werdenden Fakten an Absurdität kaum zu überbieten ist.
Was Du dagegen erleben konntest an diesem Samstag auf dem Oranienplatz: echte selbstbestimmte Vielfalt von unten. Die meisten Teilnehmer sind aus ganz eigenem Entschluss zum Protest gekommen. Lediglich Flaggen linker Organisationen waren in überschaubarer Menge zu sehen.
Zweidrittel der Menschen in Deutschland lehnen schon lange das Vorgehen Israels in GAZA ab. Die „Staatsräson“ bekommt immer deutlichere Risse, trotz aller Repressalien, aller Ausgrenzungs- und Diffamierungsversuche. Gerade im Wissenschafts- und Kulturbereich melden sich immer mehr Stimmen gegen die deutsche „Cancelculture“ und Verfolgung missliebiger Meinungen zu Wort. Letzte Woche hat auch Ver.di erstmals gegen die repressive Praxis an den Berliner Hochschulen Stellung bezogen.
Das Agieren der Berliner Behörden und Polizei ist inzwischen vielleicht nicht mehr so plump wie in den Anfangsmonaten des aktuellen Nahostkonfliktes. Aber viele empfanden es auch diesmal wieder als die bekannte Mischung aus Provinzposse und provokativem Machtgehabe preußisch – deutscher Tradition. Kurt Weiss berichtet: „Zu den Auflagen gehörte unter anderen das Verbot Regenschirme aufzuspannen oder Transparente so hoch zu halten, dass man die Gesichter nicht mehr filmen kann. Die Polizei hat ständig provozierend kleine Trupps in die Demonstration geschickt. Mehrfach wurde die Demo von der Polizei für längere Zeit gestoppt, was bei den Jugendlichen verständlich Ärger auslöste, der sich mit einzelnen Böllern Luft machte. In der Leipziger Straße hat die Polizei den Lautsprecherwagen beschlagnahmt, weil „verbotene Losungen“ gerufen worden sein sollen. Demonstrationsrecht und Meinungsfreiheit wurden buchstäblich mit Füßen getreten. „
In der Berichterstattung der Presse am Folgetag findest Du meistens nur noch die Darstellung der Polizei und der Genozid im Zuammenhang mit Gaza wird als reine „Verschwörungstheorie“ abgetan. Trotz des für die ganze Weltöffentlichkeit sichtbaren nicht nachlassenden Massenmords an der Zivilbevolkerung in Gaza. Trotz entsprechender Stellungnahmen der Institutionen der internationalen Völkergemeinschaft und Maßgaben des internationalen Gerichtshofs. Wieder einmal zeigt sich, die Wahrheit müssen wir schon selbst verbreiten!