Kollegen der griechischen Eisenbahn berichten


Am 28. Februar 2023 hatte sich das folgenreichste Zugunglück ereignet. 57 Menschen wurde Opfer der Einsparungen in der privatisierten griechischen Eisenbahn. Die gewerkschaftlichen Vertreter*innen hatten immer wieder vor den Sicherheitsgefahren durch die von der Privatisierung erzwungenen Einsparungen und den Personalabbau hingewiesen. Am 8. März 2023 solidarisierten sich zehntausende Beschäftigte durch einen Generalstreik und auf riesigen Demonstrationen mit dem Anliegen der Bahngewerkschaften. Sie kennzeichneten das „Unglück“ treffender als „Zugverbrechen“.

Zum Jahrestag des Zugverbrechens fanden erneut ein Generalstreik und Demonstrationen statt. Denn es hat sich im letzten Jahr sowohl bei der Bahn als auch in anderen Branchen nichts verbessert – im Gegenteil: Die Privatisierungswelle rollte weiter, wie auch die Einschränkungen der Arbeits- und Gewerkschaftsrechte.
Unsere drei Kollegen von der griechischen Bahn (Panagiotis, Vasileios, Giorgios) werden über ihren Kampf bei der Bahn, als auch über die Verschlechterungen des Arbeitsrechtes in Griechenland berichten.

Sonntag, 26. Mai 2024, um 18.30 Uhr


in den Neuköllner Räumen der Berliner Mietergemeinschaft e.V.
Sonnenallee 101, (U-Bhf. Rathaus Neukölln, M41, Bus 104, 167)

Veranstalter:
Gewerkschaftliche Reisegruppe „Gegen Spardiktate und Nationalismus“,

Arbeitskreis Internationalismus in der IG Metall Berlin

Die Parolen auf den Transparenten: Die junge Generation verzeiht nicht. Wir sind die Stimme aller Toten. Mörder. ihre Gewinne, unsere Toten. Schick mir eine Nachricht, wenn du ankommst (das ist eine sehr übliche Parole diese Tage, sie bezieht sich darauf, dass besonders die Mütter ihre Kinder bitten, eine Nachricht zu schicken, dass sie gut angekommen sind.) Es war kein Unglück, es war Mord. Die Liste (der Toten, ist gemeint) hat kein Ende. Unsere Leben zählen.

Das obige Foto zeigt die Stimmung und Empörung auf den Demonstrationen am 8. März 2023. Wir haben es der „Zeitung der Redakteure“ (efsyn) entnommen.

»Nicht wir brechen das Gesetz«

Der Gewerkschafter Maurizio Gueglio über blockierte Waffenlieferungen im Hafen von Genua

Bild: Katrin Fritsch

Interview: Peter Nowak

Wie ist euer Hafenarbeiter*innenkollektiv entstanden?

Das Collettivo Autonomo Lavoratori Portuali (CALP) ist in seiner jetzigen Form vor rund zehn Jahren entstanden, inspiriert von sozialen Kämpfen auf vielen Kontinenten in dieser Zeit. In der arabischen Welt fegten die Protestbewegungen damals ein Regime nach dem anderen weg, in New York bauten die Aktiven von Occupy Wall Street gerade ihre Camps auf. Mitte Oktober 2011 machten Menschen auf der ganzen Welt ihrem Ärger über die Macht der Banken und die Auswüchse der Finanzmärkte Luft.

Was hatten die Kämpfe in den USA und der arabischen Welt mit Ihnen zu tun?

Es gab damals auch soziale Kämpfe in vielen Ländern Europas, in Griechenland, in Spanien und auch in Italien. So gingen in Rom im Oktober 2011 weit über 100 000 Personen gegen die Sparpläne der Berlusconi-Regierung und den Einfluss Brüssels auf die Straße. Die Demonstration endete mit Wasserwerfern, Tränengas und vielen Verletzten. Auch eine Gruppe Hafenarbeiter*innen war für den Protesttag aus Genua in die Hauptstadt gereist. Diese Erfahrung war sehr inspirierend. Auf der Heimfahrt von Rom nach Genua ist die Idee entstanden, uns als Hafenarbeiter*innen neu zu organisieren, weil wir uns vom größten Gewerkschaftsbund Italiens nicht vertreten fühlten.

Was wollten Sie anders als die großen Gewerkschaften machen?

Uns ist es von Anfang an darum gegangen, den Kampf um bessere Arbeitsbedingungen im Hafen mit anderen Kämpfen zu verbinden. Es ging uns also nie nur um die Sicherung unserer Arbeitsplätze und es ging schon gar nicht darum, unsere Arbeitsplätze zu verteidigen, wenn sie zu Elend und sogar Tod in anderen Teilen der Welt beitragen. Deshalb blockieren wir Waffenlieferungen, beteiligen uns an antifaschistischen Kämpfen und machen auf die Situation Geflüchteter an Europas Grenzen aufmerksam.

Was sagen Sie zu Kolleg*innen, die ihre Arbeitsplätze in der Rüstungs­industrie und im Rüstungstransport verteidigen?

Diese Position lehnen wir entschieden ab. Wir sind Antimilitarist*innen und sehen uns in einer langen Tradition der Antikriegsarbeit der Arbeiter*innenbewegung. Deswegen sind wir gegen die Waffenlieferungen. Es geht darum, für Arbeitsplätze zu kämpfen, in denen für den Frieden und für ökologische und soziale Belange produziert wird. Wir fordern in unseren Flugblättern und Zeitungen, dass Gelder für diese sozialen Belange und nicht für Militär und Rüstung ausgegeben werden.

Gegen wen richtete sich Ihre erste Blockade von Waffenlieferungen?

Wir blockierten 2019 im Hafen von Genua Waffenlieferungen an das autokratische Regime in Saudi-Arabien, die dort für den Krieg im Jemen eingesetzt werden sollten. Dort starben weitgehend unbemerkt von Westeuropa Tausende Menschen in einem Bürgerkrieg, der wesentlich von auswärtigen Mächten wie Saudi-Arabien befeuert wurde.

Es gibt auch Linke, die Waffenlieferungen an die von der russischen Armee angegriffene Ukra­ine als Akt der Solidarität begreifen. Wären Blockaden dieser Waffenlieferungen dann nicht sogar unsolidarisch?

Dem würden wir klar widersprechen. Waffen an die Ukra­ine sind keine Solidarität, sondern tragen nur dazu bei, dass auf beiden Seiten noch mehr Menschen zu Tode kommen. Dazu zählen Zivilist*innen ebenso wie Soldaten, die oft zwangsweise beim Militär sind. Für uns beginnt der Krieg in der Ukraine nicht erst 2022, sondern spätestens 2014. Seit dieser Zeit sind Tausende Menschen im Osten der Ukraine gestorben, auch durch Bomben der ukrainischen Armee. Wir sind aber sehr wohl für Solidarität mit der Ukraine und den ukra­ini­schen Arbeiter*innen. Wir unterstützen sie im Kampf gegen neoliberale und gewerkschaftsfeindliche Gesetze, die die Rechte der Arbeiter*innen weiter einschränken.

Wie reagiert die italienische Gesellschaft auf Ihren Widerstand gegen Waffenlieferungen?

Wir bekommen natürlich viel Unterstützung bei Antimilitarist*innen und Kriegsgegner*innen in Italien. Das ist immer noch ein großer Teil der italienischen Bevölkerung, weit über linke Kreise hinaus. Hinzu kommt, dass es Gesetze in Italien gibt, die den Transport von Waffen über Häfen des Landes verbieten. Nicht wir brechen das Gesetz, wenn wir Waffentransporte blockieren. Das Gesetz wird vielmehr von denen gebrochen, die diese Transporte genehmigen und durchsetzen.

Haben Sie auch Kontakte zu Gewerkschaften in anderen Ländern?

Es gibt Kooperationen mit kleinen kämpferischen Gewerkschaften in Frankreich, Spanien und Griechenland. Dazu gehört die Gewerkschaft PAME (Militante Arbeiterfront, eine der Kommunistischen Partei Griechenlands nahestehende Organisa­tion, Anm. d. Red.), die 2022 Waffenlieferungen an die Ukraine blockiert hat. Wir versuchen, auch in Deutschland Kontakte zu Hafenarbeiter*innen zu bekommen, was aber sehr schwer ist. Das liegt auch an den Gewerkschaften in Deutschland, die keine klare antimilitaristische Postion vertreten.

Wird die Zusammenarbeit nicht durch den Krieg in der Ukra­ine erschwert?

Es gab und gibt viele Probleme, die schon lange vor dem Ukraine-Konflikt begonnen haben. Beispielsweise gab es eine Spaltung im Weltgewerkschaftsbund, in dem wir als Basisgewerkschaft USB Mitglied sind. So sind einige Gewerkschaften aus Bric-Staaten, in denen es eine starke Arbeiter*innenbewegung gibt, aus dem Weltgewerkschaftsbund ausgestiegen. Der Weltgewerkschaftsbund wurde schon in den 90er Jahren erheblich geschwächt, als einflussreiche Gewerkschaften wie die CGT aus Frankreich den internationalen Verband verlassen hatten. Es war die Zeit, als auch viele linke Gewerkschafter*innen nicht mehr an ein Ende des Kapitalismus glaubten. Das hat sich heute in Zeiten von Kriegen und kapitalistischer Krise geändert.

Gibt es Kriminalisierungsversuche gegen Ihre Gewerkschaft?

Ja, im Sommer 2022 gab es Razzien in den Büros italienischer Basisgewerkschaften. Im Zuge dessen wurden vier Gewerkschaftssekretäre zeitweise unter Hausarrest gestellt. Ermittelt wurde wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Auslöser für diese Anklage waren Streiks in den Logistikfirmen von Piacenza in den Jahren 2014 bis 2021. Der Staatsanwaltschaft zufolge wurden diese Arbeitskämpfe mit »erpresserischen Absichten« durchgeführt, um bessere Bedingungen für die Arbeiter*innen zu erreichen, als im nationalen Tarifvertrag der großen Gewerkschaften vereinbart war.

Macht Ihnen das nicht Angst?

Nein, das macht mich entschlossener. Wir haben sofort die Kampagne »Streiks sind kein Verbrechen« gestartet. Mittlerweile sind die Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung eingestellt. Andere juristische Verfahren, auch gegen mich, laufen noch.


Maurizio Gueglio ist Mitbegründer des Autonomen Komitees der Hafenarbeiter in Genua (CALP). Er hat lange Zeit als Hafenarbeiter gearbeitet und ist mittlerweile Sekretär der linken Basisgewerkschaft USB.

Erstveröffentlicht im nd v. 29.3. 2024
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1181091.hafenarbeiter-in-genua-blockierte-waffenlieferungen-nicht-wir-brechen-das-gesetz.html?sstr=Nicht|wir|brechen

Wir danken für das Publikationsrecht.

Maidan 2014: „Unter falscher Flagge“

Der kanadische Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski, hat das bisher wohl umfassendste Gutachten erstellt, das Ereignisse rund um den ukrainischen Maidan 2014 in Kiew entschlüsselt. In einem Interview mit der Zeitschrift Multipolar fasste er die wesentlichen Erkenntnisse seines von Fachleuten begutachteten Zeitschriftenartikels mit dem Titel „The ‚snipers‘ massacre‘ on the Maidan in Ukraine“ wie folgt zusammen:


„Synchronisierte Videos, Zeugenaussagen von mehreren hundert Personen, Geständnisse von 14 Mitgliedern von Scharfschützengruppen auf dem Maidan und die Lage der Einschusslöcher zeigen, dass sowohl die Polizei als auch die Demonstranten von Scharfschützen des Maidan massakriert wurden, die sich in den vom Maidan kontrollierten Gebäuden und Bereichen befanden. Eine inhaltliche Analyse der synchronisierten Videos ergab, dass der Zeitpunkt und die Richtung der Schüsse durch die Polizei-Spezialeinheit der ‚Berkut‘, die für das Massaker verantwortlich gemacht wurde, nicht mit der Tötung bestimmter Demonstranten übereinstimmte. Aussagen der absoluten Mehrheit der verwundeten Demonstranten und von etwa 100 Zeugen sowie gerichtsmedizinische Untersuchungen von ballistischen und medizinischen Experten für den Prozess und die Untersuchung des Massakers auf dem Maidan in der Ukraine bestätigen dies. Der Artikel zeigt, dass das Massaker unter falscher Flagge gezielt organisiert und unter Beteiligung von oligarchischen und rechtsextremen Elementen der Maidan-Opposition durchgeführt wurde, um die amtierende Regierung in der Ukraine zu stürzen.“

Das gesamte Interview ist hier nachlesen.
https://multipolar-magazin.de/artikel/katchanovski-maidan-scharfschutzen

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