Eine deutliche Positionsbestimmung des gewerkschaftlichen Antikriegslagers

Bild: Jochen Gester

Am 11.-12 Juli fand in Salzgitter-Lebenstedt die „Dritte Gewerkschaftskonferenz für den Frieden“ unter dem Thema „Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg“ statt. Als Antikriegsaktivist innerhalb der Berliner IG Metall habe ich an dieser Konferenz teilgenommen und möchte hier meinen Eindruck wiedergeben.

Hier ist noch einmal das Programm einzusehen:
https://www.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/JHXGV/den-frieden-gewinnen-nicht-den-krieg

Die Konferenz stand für mich für eine politische Konsolidierung des linken gewerkschaftsorientierten Flügels der Friedensbewegung, der sehr deutlich machte, dass der Kampf gegen Militarisierung und Kriegvorbereitung vor allem im eigenen Land geführt werden muss, ohne die Verantwortung der heimischen „Kriegsertüchtiger“ unter Verweis auf die angeblich alleinverantwortliche Rolle Russlands für das Sterben in der Ukraine kleinzureden. Unsere Aufgabe ist es, die Kräfte im eigenen Land ins Visier zu nehmen, die diesen Krieg unterstützen und durch ihn profitieren wollen. Damit formulieren wir auch einen oppositionellen Standpunkt innerhalb unserer Organisationen.

Dieser Konflikt ist in der Gewerkschaftsgeschichte nicht neu, doch in seiner Schärfe war er in den letzten Jahrzehnten so nicht präsent. Leider hat die Antikriegsbewegung auf der Leitungsebene der DGB-Gewerkschaften aktuell wenig offene Unterstützer:innen und sie dürfte auch in der Gesamtmitgliedschaft nur eine deutliche Minderheit repräsentieren. So war es alles andere als zufällig, dass die Konferenz in Sazlgitter stattfand, weil es die Linke in der Stahlstadt geschafft hat trotz mehrerer Generationenwechsel in der Frage von Krieg und Frieden Kurs zu halten. Leider gibt es gegenwärtig nur wenige solcher Leuchttürme.

Auf der Ebene der tragenden Organisationen stellte die Konferenz unter Beweis, dass die Aktionseinheit linker Gewerkschafter:innen aus dem Spektrum der DKP und der SDAJ sowie aus Teilen der Partei DIE LINKE, zusammen mit einer Reihe weiterer sozialistischer Gruppen an Stabilität gewonnen hat. Auch ist es ein gutes Zeichen, dass mit Ralf Stegner einer der Repräsentanten des SPD-kritischen Manifests bereit war, sich hier offen als Teil der Friedensbewegung zu präsentieren.

Noch unter ihrer Bedeutung vertreten waren junge Aktivist:innen aus dem migrantischen und antikolonialistisch-internationalistischen Spektrum. Doch die erfolgreiche Einladung des jungen und populär gewordenen Buchautors Ole Nymen zeigte, dass die Veranstalter dieses Problem begriffen haben.

Die Konferenz, die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit der IG Metall Salzgitter-Peine veranstaltet wurde, war glänzend organisiert und das Programm politisch anspruchsvoll im Teach-In-Format angelegt. Doch kamen dabei die Debatten um die realen Probleme des Antikriegslagers innerhalb der gewerkschaftlichen Strukturen etwas zu kurz. Gerade einen Erfahrungsaustausch über diese Fragen sollten solche nationalen Konferenzen leisten. Sinnvoll wäre auch eine Art Abschlusserklärung gewesen, die sich dann auch medial gut transportieren ließe.

Besonders gut gefallen haben mir auch die Texte und Lieder von Thorsten Stelzner, dem es gelang, in seiner schnörkellosen und direkten Art die emotionalen Antriebskräfte unserer Bewegung zum Ausdruck zu bringen.

Ich gehe davon aus, dass es noch einen medialen Report der Konferenz geben wird. In Vorgriff darauf publizieren wir im Folgenden das Begrüßungsstatement Ulrike Eiflers. Ihr Beitrag zum Thema „Die Zeitenwende ist ein Frontalangriff auf die Interessen der Beschäftigten“ erfolgt in einem separaten Beitrag. Eine erweiterte Fassung ihres Referats wird im September zusammen mit anderen Beiträgen im VSA-Verlag erscheinen. Hier ist der LInk dazu:
https://www.vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/gewerkschaften-in-der-zeitenwende/

Ulrike Eifler

Gewerkschaftskonferenz für den Frieden I 11/12. Juli 2025 l Salzgitter

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich darf euch alle ganz herzlich zu unserer inzwischen dritten Gewerkschaftskonferenz für den Frieden hier in Salzgitter begrüßen – organisiert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit der IG Metall Salzgitter-Peine. Und lasst mich gleich zu Beginn ein riesiges Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen der IG Metall-Geschäftsstelle aussprechen, die uns nicht nur sehr herzlich empfangen, sondern in den letzten Wochen und Monaten alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um diese Konferenz auf die Beine zu stellen.

Stellvertretend für alle möchte ich mich vor allem beim 1. Bevollmächtigten Matthias Wilhelm bedanken, noch viel mehr aber bei der Kollegin Derya Rust, die der organisatorische und politische Anker für uns hier in Salzgitter war und damit ganz wesentlich zum Erfolg der Konferenz beigetragen hat. Matthias, Derya – es ist uns eine große Ehre, in der Geschäftsstelle Salzgitter zu Gast zu sein! Herzlichen Dank für diese wunderbare Gelegenheit.

Und wie in den letzten Jahren auch gab es eine Steuerungsgruppe, die diese Konferenz mit großem ehrenamtlichem Engagement organisiert hat. Ohne die Kolleginnen und Kollegen Herbert Behrens, Hannes Draeger, Norbert Heckl, Jutta Krellmann, Timo Reuter, Jan Richter, Anne Rieger, Derya Rust, Andreas Strassmeier, Jana Werner, Ingar Solty und natürlich den Vorsitzenden der Rosa-Luxemburg-Stiftung Heinz Bierbaum wäre diese Konferenz nicht zustanden gekommen.

Kolleginnen und Kollegen, seit unserer letzten Konferenz in Stuttgart haben sich die Entwicklungen deutlich verändert. Wir reden heute nicht mehr „nur“ über den Krieg in der Ukraine. Sondern wir erleben seit über 20 Monaten ein furchtbares, ein grausames Vorgehen der israelischen Regierung gegen die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza. Ich weiß, wie schwierig diese Diskussion auch in unseren Gewerkschaften zuweilen geführt wird. Und deshalb ist es mir wichtig zu betonen, dass es richtig war, dass die Gewerkschaften nach 1945 – als der Mantel des Schweigens über die faschistischen Verbrechen ausgebreitet werden sollte – nicht geschwiegen haben; es war richtig, dass sie die kritische Diskussion über Kriegsverbrechen und Holocaust eingefordert haben; und es war richtig, dass sie durch den Aufbau von Patenschaften nach Israel eine wertvolle Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit geleistet haben. Und trotzdem und gerade deshalb ist es mir wichtig, deutlich zu machen, dass wir heute nicht schweigend daneben stehen dürfen, wenn eine ultrarechte Regierung eine Kollektivbestrafung an der palästinensischen Bevölkerung vornimmt – heute müssen wir uns an die Seite der israelischen Friedensbewegung stellen, die ein Ende der Bombardierungen in Gaza und ein Ende der Hungerblockade an der Bevölkerung fordert.

Die Welt hat sich aber nicht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch verändert. Unbegrenzte Rüstungsausgaben einerseits und ein Finanzierungsvorbehalt für die Sozialausgaben andererseits stehen auf der Tagesordnung der Bundesregierung. Diese Prioritätensetzung wird unser Land über Jahre verändern und wird gewerkschaftliche Umverteilungskämpfe erheblich erschweren. Wir erleben schon jetzt, dass unsere Tarifpolitik unter Druck gerät, weil es in einer gesellschaftlichen Atmosphäre aus Deindustrialisierung, Inflation und Sozialabbau nicht die gewerkschaftlichen Forderungen sind, die Rückenwind bekommen, sondern es sind die Forderungen der Arbeitgeber nach Lohnverzicht, Arbeitszeitflexibilisierung und Abweichung von Tarifverträgen.

Gleichzeitig ist die militaristische Durchdringung unserer Gesellschaft weiter auf dem Vormarsch: Sie begegnet uns nicht nur in Form von Bundeswehrwerbung auf Pizzakartons oder in öffentlichen Schwimmbädern. Es ist inzwischen viel schlimmer! Wir erleben, dass Bundeswehrübungen auf dem Gelände von Universitäten stattfinden, bei der Panzer über den Campus rollen.

Wir erleben, dass die Bundeswehr gemeinsam mit öffentlichen Krankenhäusern die medizinische Versorgung nach einem Drohnenangriff trainiert. Wir erleben Diskussionen über die Einführung von „Wehrkunde“ als Schulfach – nach dem Vorbild der baltischen Staaten sollen Kinder offenbar lernen, mit Handgranatenattrappen zu werfen, durch den Schlamm zu robben oder zu schießen. Wir erleben, dass im bayrischen Kellmünz in einer Grundschule ein Kinderferienprogramm in Kooperation mit der Bundeswehr angeboten wird – ein militärisches Abenteuercamp für 6-12-Jährige, für die Kleinsten von uns.

All das geht weit über normale Verteidigungsfähigkeit und Abschreckung hinaus. All das lässt vielmehr den Schluss zu, dass ein erneuter Ausbruch weltkriegerischer Auseinandersetzungen als reales Bedrohungsszenario im Raum steht. Die Bundesregierung spricht inzwischen selbst sehr offen darüber, dass sie zu einer Politik offener Kriegsvorbereitungen übergegangen ist. Deutschland müsse kriegstüchtig werden, sagt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius; der Krieg müsse nach Russland getragen werden, fordert Roderich Kiesewetter; die Bevölkerung müsse sich auf Entbehrungen einstellen, heißt es in dem von der Bundesregierung herausgegebenen Grünbuch; wir erleben den vermutlich letzten Friedenssommer in Europa, unkt der Militärhistoriker Sönke Neitzel; und in diversen Medienberichten wird spekuliert, ob fürs Vaterland zu sterben, nicht einen höheren Sinn habe.

Als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter dürfen wir uns zu diesen Entwicklungen nicht unverbindlich verhalten, sondern müssen eine Meinung dazu haben und diese auch äußern. Weil wir als große Organisationen, die die Menschen in den Betrieben erreichen, eine relevante gesellschaftliche Stimme sind und es auf uns ankommt. Weil wir in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit über Jahrzehnte in den Mittelpunkt gestellt haben, dass es auch etwas mit uns zu tun hat, wie eine Meinung im Kopf entsteht. Weil der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit zunehmend überlagert wird durch die Frage von Krieg und Frieden und weil Tarifpolitik, die Verteidigung des Sozialstaates, der Umbau unserer Industrie und die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge zwingend Frieden und Entspannungspolitik als gesellschaftliche Rahmenbedingung brauchen. Vor allem aber weil Krieg die schärfste Form ist, mit der der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit ausgetragen wird. Vergessen wir nicht, dass auf den Gedenksteinen an die im Ersten und Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten, die wir in jeder deutschen Stadt finden, unsere Namen stehen – die Namen von Industriearbeitern, Straßenbahnfahrern, Metzgern. Es waren stets die Menschen der Arbeit, die auf die Schlachtfelder der Geschichte geschickt wurden.

Lasst uns deshalb die nächsten zwei Tage nutzen, um die vor uns liegenden Herausforderungen zu diskutieren. Wir haben dafür viele wunderbare Referentinnen und Referenten eingeladen: Ich freue mich sehr, dass Ingar Solty hier ist, der bereits auf den letzten Konferenzen eine wertvolle Einordnung der Zeitenwende vorgenommen hat.

Ich freue mich, dass wir den ver.di-Chefökonom Dierk Hirschel für einen Input der die Auswirkung der rüstungspolitischen Schwerpunktsetzung auf gewerkschaftliche Umverteilungskämpfe gewinnen konnten.

Ich freue mich ganz besonders auf das Jugendpodium heute Abend – ein erfolgreicher Generationswechsel in der Friedensbewegung wird entscheidend dafür sein, ob in den nächsten Jahren eine stabile Friedensbewegung auf der Straße stehen und diplomatische Lösungen einfordern wird.

Ich freue mich, dass wir mit Jan Dieren den Vorsitzenden des linken SPD-Flügels DL21 zu Gast haben – ebenso im übrigen wie Ralf Stegner, einen der Initiatoren des Manifests, das kurz vor dem Parteitag der SPD vor einigen Wochen ein wichtiges friedenspolitisches Signal aussendete. Das gibt uns die Gelegenheit, nicht die Themen in den Vordergrund stellen, die uns trennen, sondern die Fragen, in denen wir gemeinsame Einschätzungen haben.

Es erfordert viel Mut, sich dem politischen Gegner entgegenzustellen, den eigenen Genossen aber den Spiegel vorzuhalten ist ungleich schwieriger und stets undankbarer. Dass sich die SPD-Linke mit eigenen friedenspolitischen Forderungen öffentlich zu Wort meldet, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, das ist notwendig, das ist wichtig und wir sollten den Protest der Kolleginnen und Kollegen in der SPD nach Kräften unterstützen.

Mark Ellmann, Nonni Morisse, Andrea Hornung, Yusuf As, Ole Nymoen, Petra Erler, Lena Fuhrmann, Henrik Thorbbecke und viele, viele andere werden uns in den kommenden Tagen als Referierende, als Stichwortgeber, als Gesprächspartner mit ihrer Klugheit und ihrem Erfahrungsschatz aus den unterschiedlichsten Teilen der Friedensbewegung zur Verfügung stehen. Wir haben kompetent besetzte Workshops, wir haben Musik und Kultur, wir haben Verpflegung in den Pausen – wir haben alles, was wir brauchen, um die großen weltpolitischen Entwicklungen und den Aufbau einer starken gewerkschaftlich verankerten Friedensbewegung miteinander zu diskutieren. Und ich darf verkünden, dass die Rosa-Luxemburg-Stiftung alle Konferenzteilnehmer heute Abend in die Kleingartensparte Marienbruch zu einem Grillfest einlädt – der dort befindliche Biergarten ist fußläufig erreichbar und wir können dort gemeinsam den ersten Tag unserer Konferenz miteinander ausklingen lassen.

Vielleicht noch zwei Bemerkungen zum Schluss: Wie in den vergangenen Jahren auch werden wir die gesamte Konferenz – die Arbeitsgruppenphase ausgenommen – live streamen, so dass auch diejenigen Kollegen, die nicht die Möglichkeit haben, nach Salzgitter zu kommen, unsere Debatten verfolgen können. Wer also nicht gefilmt werden möchte, sollte versuchen, die Kameras zu meiden.

Zweitens: Das Streaming wird aufgezeichnet und in mehreren Sendungen beim Bürgersender TV 38 ausgestrahlt – danke dafür vor allem an Rudi Karliczek und sein Team. TV 38 ist ein gemeinnütziger, regionaler Sender mit Sitz in Wolfsburg, der von der Niedersächsischen Landesmedienanstalt gefördert wird.

Kolleginnen und Kollegen, der ehemalige Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, Willi Bleicher hat einmal gesagt: „Wer den Frieden will, der muss gegen den Krieg kämpfen“. Die aktuelle Entwicklung zeigt, wie Recht er damit hatte – die Zeiten sind zu ernst, als dass wir uns unbeteiligt daneben stellen können. Wir müssen uns einmischen, ohne Angst, ohne Opportunismus und mit dem Stolz und dem Selbstbewusstsein unserer 150jährigen Geschichte. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine spannende, kollegiale und erkenntnisreiche Debatte.

Kolleginnen und Kollegen, die Konferenz ist eröffnet.

Erik Helgeson behält Job

Schwedische Hafenarbeitergewerkschaft kämpft vor Gericht

Von Peter Steininger

Bild: Against the Current. Eric Helgeson – Vizepräsident der schwedischen Hafenarbeitergewerkschaft.

In einem vorläufigen Beschluss hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die im Februar ausgesprochene Kündigung des stellvertretenden Vorsitzenden der unabhängigen Gewerkschaft Svenska Hamnarbetarförbundet unwirksam ist. Das Unternehmen Göteborg Roro Terminals (GRT) habe Erik Helgeson, der seit zwei Jahrzehnten im Hafen der westschwedischen Stadt arbeitete, entlassen, ohne einen sachlichen Grund dafür ausreichend belegen zu können. Helgeson waren geschäftsschädigende Illoyalität und Verstoß gegen das Sicherheitsschutzgesetz vorgeworfen worden. Der Gewerkschafter hatte zuvor zu einer Blockade der Lieferungen von Kriegsmaterial auf dem Seeweg aus Schweden an Israel aufgerufen.

Seine Organisation, die sich 1972 als klassenkämpferische Alternative zur Transport-Sparte des Gewerkschaftsbundes LO gebildet hatte, sieht seinen Rausschmiss unter Hinweis auf Gründe der nationalen Sicherheit als politisch motivierten Akt der Einschüchterung und Angriff auf Gewerkschaftsrechte an. Mit dem Ziel, Helgesons Weiterbeschäftigung durchzusetzen, hatte die Gewerkschaft gegen GRT und den Verband der Hafeneigner Sveriges Hamnar Klage eingereicht.

Das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit Helgeson sei für die Aktivitäten seiner Gewerkschaft bedeutsam, wird in der Entscheidung von Freitag betont. Damit behält Helgeson bis auf Weiteres seinen Job und sein Einkommen. Es ist nur ein Teilerfolg, denn Arbeit hat er damit nur auf dem Papier. Den Zugang zu seinem Arbeitsplatz im Göteborger Hafen darf ihm Roro Terminals weiterhin verweigern. Ein endgültiges Urteil wird erst Anfang kommenden Jahres erwartet.

Erstveröffentlicht im nd v. 15.7. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192625.gewerkschaftsrechte-erik-helgeson-behaelt-job.html?sstr=helgeson

Wir danken für das Publikationsrecht.

Der DGB übt sich noch In internationalem Recht

Global macht die Gewerkschaftsbewegung [1]https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/kongress-der-norwegischen-gewerkschaften-fordert-vollstaendigen-boykott-israels/ seit langem mobil gegen den Völkermord in Gaza und fordert zum Boykott gegen Israel auf. Große Ausnahme von den bedeutenden nationalen Gewerkschaftsverbänden weltweit ist der deutsche DGB. Nach langem auch international als peinlich empfundenem Schweigen rang sich der DGB nun am 1.Juli dieses Jahres endlich zu einer Erklärung durch mit dem Titel „Die Gewalt in Gaza beenden – jetzt„.

Neben der internationalen Gewerkschaftsbewegung schreit die Welt auf gegen Israels Verletzungen von Menschen- und Völkerrecht. UN, internationale Gerichtsbarkeit, Menschenrechtsorganisationen, renommierte Jurist:innen solidarisierten sich mit den Palästinenser:innen und verurteilten Israels Politik der Besatzung, Vertreibung- und Ausrottung. Nahezu 80 Prozent aller Deutschen- wohl ähnlich viele Gewerkschaftsmitglieder:innen – lehnen schon seit längerem das Vorgehen Israels ab.

Die Haltung der deutschen DGB Gewerkschaften stand schon früh in der internen Kritik. Bereits im November 2023 zu Beginn des israelischen Kriegs gegen Gaza protestierte eine Gruppe jüdischer Gewerkschafter:innen:

Das öffentliche Statement unserer Gewerkschaft ver.di vom 9. Oktober auf ihrem Instagram-Account hat uns zutiefst enttäuscht, weil es eine einseitige Unterstützung Israels
ausdrückte, ohne auf die bereits eskalierende Bombardierung Gazas einzugehen. Seitdem hat
der DGB auch eine Solidaritätskundgebung mit Israel unterstützt, während er sowohl zum Krieg in Gaza als auch zur Unterdrückung von Protesten in Solidarität mit den Palästinenser*innen in ganz Deutschland schweigt.

Die Gewerkschaftsführungen stellten Kritik an Israel allzu oft treu dem Motto der deutschen Staatsräson unter den Generalverdacht des „Antisemitismus“ und zeigten sich selbst von diesem Protest unbeeindruckt, obwohl er doch von einer Gruppe gestandener jüdischer gewerkschaftlicher Aktivist:innen – Betriebsratsvorsitzenden aus diversen Metallbetrieben und öffentlichen Diensten sowie Nachkommen von Holocaustopfern – formuliert wurde.

Nun nach 21 Monaten Völkermord und Geburtswehen diese Erklärung am 1.Juli. Wo steht der DGB wirklich? „Eher eine Fehlgeburt“? So jedenfalls nennt es ein VK Leiter aus einem großen Automobilwerk in B.W. .

Wir veröffentlichen hier auszugsweise die Kritik der „Gewerkschafter:innen 4 Gaza“ :

Nach den groẞen Demonstrationen der letzten Wochen gegen den Völkermord an den Palästinenser:innen (..) sowie Aktionen von Hafenarbeiter:innen in Marseille, Genua, Tanger, die Waffenlieferungen nach Israel gestoppt haben, hat sich nun auch der DGB endlich zur Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung bekannt und ein Ende der Siedler*innengewalt und Vertreibung sowie die ausreichende Versorgung der Menschen in Gaza mit Hilfslieferungen gefordert. Das ist ein kleines Zeichen für Menschlichkeit und war höchste Zeit.

Nach 21 Monaten Genozid bleibt die Resolution allerdings weit hinter den Erfordernissen zurück (...)

Palästinenser:innen werden vom DGB-Vorstand nur als Opfer oder Terroristen anerkannt, als Akteur:innen kommen sie nicht vor. Die wiederholten Forderungen
palästinensischer Gewerkschaften an die internationalen Arbeiter:innenorganisationen beispielsweise werden überhaupt nicht erwähnt.

Stattdessen wird um Solidarität mit der Histadrut geworben, deren Präsident Arnon Bar-David sich am 23. November 2023 "voll Anerkennung und Stolz" beim Signieren von Raketen, die auf Gaza abgefeuert werden sollten, in den Werkshallen von Elbit Systems präsentierte. (…)

Kritik an der Histadrut gilt dem DGB-Vorstand als "unerträglich", obwohl sich die offiziellen Vertreter:innen der Histadrut immer hinter die Kriege des israelischen Staates gestellt und sie offen unterstützt haben.

Es ist also völlig unehrlich, einen
Interessenkonflikt zwischen Histadrut und der zionistischen Arbeiter:innenbewegung mit der aktuellen faschistischen israelischen Regierung so darzustellen, als wäre es das Engagement für ein "friedliches Miteinander".


Die jahrzehntelange Partnerschaft zwischen DGB und Histadrut soll nun auch noch im Herbst 2025 gründlich gefeiert werden.

Doch die Basis der DGB-Gewerkschaften wird nicht richtig darüber informiert, was diese Partnerschaft eigentlich bedeutet, nämlich die Komplizenschaft mit einer 100-jährigen Geschichte der ethnischen Segregation.

Diese vom DGB-Vorstand verschwiegene Geschichte Israels ist die des Siedlerkolonialismus (...)

Statt sich mit dem internationalen Recht auseinanderzusetzen, feiert die DGB-Resolution den Oslo-Prozess als Durchbruch desselben ,,Teufelskreises der Gewalt". Aber trotz Oslo gibt es weiterhin de facto kein Rückkehrrecht für Palästinenser:innnen, wie es eigentlich in UN Resolution 194 verbrieft ist. (…)

Zwar fordert der DGB die deutsche Bundesregierung auf, sich zum humanitären Völkerrecht zu bekennen, doch weitergehende Forderungen nach einem Stopp der Waffenlieferungen an Israel bleiben aus (...)

Wir als Gewerkschafter:innen für Gaza werden uns weiterhin an den zahlreichen Demonstrationen und Aktionen in Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung beteiligen und rufen alle
Gewerkschafter:innen auf, sich uns anzuschlieẞen.

Wir werden weiter die Menschlichkeit und unsere Meinung verteidigen.

Es ist höchste Zeit für den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften:

- dass sich die deutschen Gewerkschaften mit ihrer eigenen Verantwortung und der Mittäterschaft der Histadrut bei den andauernden ethnische Säuberungen und dem Genozid gegen die Palästinenser:innen auseinandersetzen.

- dass der DGB die Unterstützung für alle Pläne zur Militarisierung und Aufrüstung des deutschen Staates zurückzieht, angefangen bei einem sofortigen Ende der Waffenlieferungen an Israel und jeglicher militärischer Kooperation mit Völkermord.

Hier die Originalerklarung in Englisch und voller Länge.

Auch die Gewerkschaftliche Linke Hamburg sieht die DGB Erklärung mehr als kritisch: [2]https://gewerkschaftslinke.hamburg/2025/07/06/die-gewalt-in-gaza-beenden-jetzt-das-fordert-der-dgb-in-einer-resolution-vom-1-7-25

Der DGB macht eine Täter-Opfer Umkehr, benutzt die Resolution zu einer Anklage von Hamas als Terror-Organisation und zeigt Verständnis für eine Selbstverteidigung Israels, die allerdings „verhältnismäßig“ bleiben müsse.

Das Wort Völkermord kommt dem DGB nicht über die Lippen (….)

Wer außer Netanjahu, Trump & Co fordert das nicht?

Jedem, der diesen Rechtfertigungtext gelesen hat, stellt sich die Frage:

WELCHE KONKRETEN SCHRITTE GEGEN DEN VÖLKERMORD UNTERNEHMEN DER DGB ODER DIE DGB-GEWERKSCHAFTEN!

Die einen segnen die Bomben, die anderen signieren sie

Auf völliges Unverständnis stößt auch hier das Hohelied des DGB auf die „Pseudogewerkschaft“ Histradut (siehe Bild):

Histradut ist ein politisch-zionistisches Staatsorgan, das wie Polizei, Armee und Siedler diesen kolonialistischen Staat mit aufgebaut hat.Ben Gurion, späterer Ministerpräsident Israels, war vorher Histradut-Vorsitzender! Golda Meir, spätere Ministerpräsidentin, war hohe Histradut-Funktionärin, wie viele andere führende Politiker ebenfalls.

Histradut ist eine Nachschuborganisation für den Aufbau des zionistischen Staates mit der irreführenden Bezeichnung Gewerkschaft.

Das Festhalten an Histradut als enger Brudergewerkschaft dürfte den DGB in Erklärungsnot bringen, wenn er sich weiterhin von AFD Gedankengut und gelben Gewerkschaften hierzulande glaubwürdig abgrenzen will.

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