Pünktlich getroffen: via Köln nach Gaza

Deutschland liefert nicht nur -trotz der von Merz angekündigten Einschränkungen – weiterhin Waffen und militärische Komponenten nach Israel, sondern ist auch logistische Drehscheibe zur Versorgung der israelischen Armee mit Militärgütern aus den USA, ohne die das unverminderte Morden in Gaza nicht möglich wäre. Ein Report. (Peter Vlatten)

Im August verkündete die deutsche Bundesregierung einen temporären Lieferstopp von Rüstungsgütern nach Israel an. Er sollte gelten für Waffen, “die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können”. Dennoch werden bis heute weiterhin mutmaßliche Waffenteile nach Israel exportiert – über den Flughafen Köln/Bonn.

Yossi Bartal, 19 September 2025, The Diasporist

Das Flugzeug aus Memphis, Tennessee, landet, nachdem es über 7.500 Kilometer zurückgelegt hat,  meist am frühen Abend am Flughafen Köln/Bonn. An Bord dieser FedEx-Frachtflüge, die mehrmals wöchentlich den Atlantik überqueren, befinden sich nicht nur Exporte mit Ziel Deutschland. Laut internen Dokumenten, die the Diasporist einsehen konnte, enthalten diese Sendungen Güter aus den Produktionsstandorten der F-35-Kampfjets; in den Frachtpapieren ist als Endziel die israelische Luftwaffenbasis Nevatim in der Negev-Wüste angegeben. Der Ankündigung von Bundeskanzler Merz im August zum Trotz, den Großteil der Waffenlieferungen an Israel einzufrieren, werden die Sendungen bis heute weiter abgefertigt.

Nevatim, in den frühen 1980er-Jahren östich der Stadt  Be’er Scheva errichtet, gehört zu den wichtigsten Militärflugplätzen Israels und ist das Hauptquartier der israelischen F-35-Flotte. Seit 2023 dient Nevatim als einer der wichtigsten Ausgangsbasen für die zahlreichen tödlichen Luftangriffe auf den dicht besiedelten  Gazastreifen – einschließlich der aktuellen Bombardements von Gaza-Stadt.

Laut Dokumenten, die der irischen Nachrichtenplattform The Ditch vorliegen und von the Diasporist mit Angaben auf der FedEx-Webseite abgeglichen wurden, gingen allein in der zweiten Septemberwoche 30 solcher Sendungen am Flughafen Köln/Bonn ein. Die Mehrheit der eingesehenen Sendungen stammten aus Fort Worth, Texas, ein zentraler Produktionsstandort des F-35; aber auch aus anderen Orten, an denen Lockheed Martin, einer der größten Rüstungshersteller der Vereinigten Staaten, Fabriken oder Lager betreibt. Manche Pakete wiegen weniger als ein Kilo, andere deutlich mehr. Ihr genauer Inhalt bleibt unklar – möglich sind Bauteile für das elektronische Kampfsystem, Schaltpulte zur Waffensteuerung oder Infrarotsensoren. Schließlich setzt sich der F-35, der jeweils bis zu 120 Millionen Dollar kostet, aus einer immensen Zahl einzelner Komponenten zusammen.

Diese Lieferungen gelangen von Memphis – Sitz eines der größten Frachtflughafens der USA und zugleich Unternehmenszentrale von FedEx – mit FedEx-Maschinen nach Deutschland. Seit 2010 nutzt der Kurier- und Logistikkonzern den Flughafen Köln/Bonn als zentrales Drehkreuz für Sendungen nach Mittel- und Osteuropa sowie nach Israel. In Köln wird die für den Militärstützpunkt bestimmte Fracht auf deutschem Boden ausgeladen und verbleibt dort mehrere Stunden – mitunter Tage oder sogar Wochen –, bevor sie erneut auf ein weiteres von FedEx betriebenes Flugzeug verladen wird. Dieses zweite Frachtflugzeug startet täglich am späten Vormittag Richtung Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv. Von dort geht es weiter zum endgültigen Ziel, der Luftwaffenbasis Nevatim.

International wurde über den Transit dieser Teile bereits berichtet. Schon im Oktober 2024 meldete The Ditch, dass FedEx-Flüge mit entsprechenden Lieferungen auf ihrem Weg nach Köln irischen Luftraum durchquert hätten – ohne die vorgeschriebene Genehmigung für den Transport von Kriegswaffen. Die belgischen Tageszeitungen De Morgen und Le Soir wiederum berichteten, wie einzelne dieser Sendungen, teilweise mit dem US-amerikanischen ITAR-Label (International Traffic in Arms Regulations) versehen, im Juni ohne nationale Genehmigung vom Flughafen Köln auf ein FedEx-Lager in Belgien verbracht und dort zwischengelagert worden seien. Dies passierte zu einem Zeitpunkt, als Israels Luftraum während des iranisch-israelischen Kriegs gesperrt war.

In deutschen Medien fanden diese Berichte keine Resonanz. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bundesregierung, Israels engster Verbündeter innerhalb der EU, noch keine offizielle Position zur Einschränkung von Waffenexporten nach Israel bezogen. Im Gegenteil: In den vergangenen Jahren war Deutschland einer der wichtigsten Waffenlieferanten des Landes – nach den Vereinigten Staaten sogar der zweitgrößte.

Bis auf Weiteres

Am 8. August erklärte Bundeskanzler Merz, angesichts des „noch härteren militärischen Vorgehens der israelischen Armee“, dass die Bundesregierung „bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können”, genehmigen werde. Nach einem weiteren israelischen Angriff auf ein Krankenhaus Ende August, bei dem zahlreiche Journalisten getötet wurden, erklärte Merz, er sehe sich in seiner Entscheidung „dass Israel aus Deutschland keine Waffen bekommt, die im Gazastreifen (…) eingesetzt werden können, mehr als nur bestätigt.“

Dennoch belegen von The Ditch ausgewertete und von the Diasporist teilweise bestätigte FedEx-Trackingdaten, dass seit dem 8. August bis zu 302 Sendungen aus den USA, die für den Luftwaffenstützpunkt Nevatim bestimmt waren, im Flughafen Köln/Bonn abgefertigt wurden. Auch in dieser Woche passierten solche Sendungen, die vermutlich F-35 Ersatzteile enthalten, auf die Israel für seine aktuelle Militärkampagne im Gazastreifen angewiesen wäre, ungehindert deutsches Territorium. 

Ihr Einsatz im Gazastreifen ist nahezu sicher. Es lässt sich nicht exakt beziffern, wie viele der Luftschläge im Gazastreifen – die zusammengenommen zehntausende palästinensische Zivilisten sowie, laut einem Bericht der New York Times vom Mai 2025, auch mehrere israelische Geiseln töteten – mit F-35-Kampfjets durchgeführt wurden. Doch bestätigte ein Artikel auf YNET, der meistgelesenen Nachrichten-Website Israels, bereits im vergangenen Jahr, dass F-35 seit Oktober 2023 an Hunderten dieser Luftschläge direkt beteiligt waren. Auf Anfrage von the Diasporist wollte ein Sprecher der israelischen Armee den aktuellen Einsatz der Jets im Gazastreifen nicht kommentieren. Nach Angaben der israelischen Luftwaffe waren F-35 jedoch am jüngsten Angriff auf die katarische Hauptstadt beteiligt – ein Angriff, den Außenminister Johann Wadephul als inakzeptabel kritisierte.

Erst am 16. September erklärte die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats, dass Israel im Gazastreifen einen Völkermord begehe – und dass Staaten verpflichtet seien, die Lieferung von Waffen zu verhindern, die dort eingesetzt werden könnten. Vor dem Internationalen Gerichtshof ist weiterhin ein Verfahren gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord anhängig – auch aufgrund solcher Waffenlieferungen. Doch Nachfragen von the Diasporist bei verschiedenen staatlichen Stellen offenbaren ein Geflecht aus Zuständigkeitslücken und Verantwortungsverschiebungen, das den ungehinderten Weiterfluss von Waffenteilen nach Israel über deutsches Territorium ermöglicht. 

Staatliche Duckmäuser

In Deutschland sind Zollbeamte für die Überprüfung von Waren verantwortlich, die in das Land ein- oder aus dem Land ausgeführt werden. So bestätigt die Generalzolldirektion in Bonn gegenüber the Diasporist, dass Sendungen von Kurierunternehmen in der Regel beim Zoll angemeldet werden – auch dann, wenn sie sich lediglich im Transit von einem Nicht-EU-Staat in einen anderen befinden. Dabei muss die Warenbeschreibung „so genau angegeben sein, dass die Ware leicht und eindeutig identifiziert werden kann”. Den Behörden sollte  somit bekannt sein, was sich in den Paketen befindet und ob es sich um militärische Teile handelt. Gleichzeitig betonte die Generalzolldirektion jedoch, dass Zollbeamte Waren zwar nach geltendem Unionsrecht und nationalen Rechtsvorschriften anhalten können, die weitergehende Zuständigkeit für „die Erteilung von Genehmigungen im Bereich von Rüstungsgütern und Waffen“ aber beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und seiner nachgeordneten Behörde, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), liege.

Als the Diasporist eine Anfrage zu diesen Sendungen an das BAFA stellte, machte die Behörde deutlich, dass die „bloße Durchfuhr von Rüstungsgütern […] keinen exportkontrollrechtlichen Genehmigungspflichten unterliegt“, solange es sich nicht um „Kriegswaffen nach dem deutschen Kriegswaffenkontrollgesetz“ handelt.

Es mag überraschen, dass nach deutschem Recht zwischen kompletten Waffensystemen und deren Komponenten unterschieden wird – selbst dann, wenn diese Komponenten für den Einsatz des Gesamtsystems unverzichtbar sind. Das bedeutet: Während die Durchfuhr einsatzbereiter Kriegswaffen – etwa Pistolen, ein ganzer Panzer oder Kampfjet sowie Sprengstoff – die Genehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums erfordert, unterliegen deren Ersatzteile deutlich weniger Kontrollen.

Im Fall des von Merz angekündigten Waffenlieferstopps nach Israel sind dennoch auch „sonstige Rüstungsgüter“ eingeschlossen – also zum Beispiel Panzermotoren oder Ersatzteile für F-35-Kampfjets. Deshalb richtete the Diasporist eine Anfrage an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Das Ministerium bestätigte, dass die Bundesregierung sehr wohl über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte – sowohl für Kriegswaffen als auch für sonstige Rüstungsgüter – „im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation“ entscheidet. Dieser Grundsatz gelte, so betonte das Ministerium, „auch für die Erteilung von Genehmigungen für die Durchfuhr von Rüstungsgütern durch das Bundesgebiet“. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung kann bestimmen, welche Teile deutsches Territorium passieren dürfen.

In derselben Mitteilung erklärte das Ministerium jedoch, dass die Durchfuhr sonstiger Rüstungsgüter – im Unterschied zu kompletten Waffensystemen – „überwiegend nicht genehmigungspflichtig“ sei. Zwar behält das Ministerium die Autorität darüber, welche Güter durch Deutschland transportiert werden dürfen, verlangt jedoch von Unternehmen, die diese Teile versenden, nicht, dass sie dafür zunächst eine Genehmigung einholen. Dies führt zu einer fehlenden Handlungsmacht, die administrativ leicht behoben werden könnte – denn das Ministerium könnte laut Außenwirtschaftsgesetz  Handlungspflichten anordnen, „um eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhüten”. Solche Beschränkungen können insbesondere für Handel mit „Waffen, Munition und sonstige[n] Rüstungsgüter[n]” angeordnet werden, so das Gesetz. 

Anders gesagt: Die Bundesregierung ist befugt, die Durchfuhr solcher Waffen per Anordnung zu stoppen, und ist dabei weder auf parlamentarische Gesetzgebung noch auf Europarecht angewiesen. Dennoch, so zeigt sich, werden die Transporte fortgesetzt – trotz Merz’ Aussage, dass keine Waffen aus Deutschland, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten, nach Israel geliefert werden sollen.

Als the Diasporist beim Bundeskanzleramt nachfragte, ob die Bundesregierung trotz der fehlenden Genehmigungspflicht die Durchfuhr von Waffenteilen nach Israel stoppen wolle, blieb die Frage unbeantwortet. Stattdessen wurde an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verwiesen. Auch eine weitere Anfrage an das Wirtschaftsministerium blieb bis zur Veröffentlichung dieses Artikels unbeantwortet.

Völkerrechtsscheu

Als Vertragsstaat der Genozidkonvention und des Römischen Statuts ist Deutschland rechtlich verpflichtet, Völkermord zu verhindern. Diese Verpflichtung wird zudem durch die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes verstärkt, das als Reaktion auf die Verbrechen des Holocaust die Unantastbarkeit der Menschenwürde zum obersten Prinzip erhebt und unverletzliche und unveräußerliche Menschenrechte als Grundlage des Friedens in der Welt betrachtet. Trotz dieses rechtlichen Auftrags und der eigenen verspäteten Erkenntnis, dass Waffenlieferungen an einen Staat, dem Völkermord vorgeworfen wird, gestoppt werden sollten, scheut Deutschland davor zurück, solche Maßnahmen vollständig umzusetzen.

In den letzten Wochen kam es zu teils hitzigen Auseinandersetzungen zwischen Journalisten und Regierungsvertretern über die Frage, ob bereits vor der Ankündigung von Merz am 8. August genehmigte Lieferungen weiterhin durchgeführt werden dürfen. Der Journalist Tilo Jung warf zwei Regierungssprechern vor, „Fake News“ zu verbreiten, da sie behaupteten, die Bundesregierung würde keine weiteren Waffen an Israel liefern. Tatsächlich berichtete der israelische öffentlich-rechtliche Fernsehsender Kan, dass am 25. August ein Transportflugzeug, das häufig vom israelischen Militär genutzt wird, vom Flughafen Köln/Bonn nach Israel geflogen sei.

Der stellvertretende Regierungssprecher behauptete hingegen zu den bereits erteilten Genehmigungen, die Bundesregierung könne vieles, aber nicht „Zeit und Raum verschieben“. Entgegen der Behauptung des Regierungssprechers verletzt der Widerruf von Genehmigungen – ein alltäglicher Verwaltungsakt – keinerlei Naturgesetze.Wie Susanne Weipert vom Bündnis „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ in einem Interview mit the Diasporist bestätigt, können Genehmigungen grundsätzlich widerrufen werden. Die Bundesregierung verfügt zudem über weitere Instrumente. Als Saudi-Arabien bei seinem Krieg gegen Jemen massive Völkerrechtsverletzungen vorgeworfen wurden, „fand die Bundesregierung 2018 einen Weg, bereits genehmigte Lieferungen mittels einer sogenannten Ruhensanordnung zu stoppen“, so Weipert.  Diese Anordnung wurde auch mehrmals verlängert. Angesichts der aktuellen Lage im Gazastreifen und des jüngsten UN-Kommisionsberichts, der Israels Handlungen als Völkermord einstuft, sei „die Regierung rechtlich verpflichtet, den Export von Rüstungsgütern unverzüglich zu stoppen, die zu diesen Verbrechen beitragen könnten“.

Die Verantwortung von Unternehmen

Nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen tragen Verantwortung, Genoziden und Verbrechen gegen die Menschlichkeit keinen Vorschub zu leisten. Wie in einem Bericht der UN-Sonderberichterstatterin für die seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiete von Juni dieses Jahres hervorgehoben wird, besteht die Verantwortung von Unternehmen für Verstöße gegen das Völkerrecht „unabhängig von der Verantwortung der Staaten und ungeachtet dessen, welche Maßnahmen Staaten ergreifen oder nicht ergreifen, um sicherzustellen, dass sie Menschenrechte respektieren“. 

FedEx ist als globales Logistikunternehmen von diesen Verpflichtungen nicht ausgenommen, unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen in den Ländern, in denen es tätig ist. Tatsächlich verpflichtet sich FedEx in seinem Verhaltenskodex „zum Schutz der Menschenrechte in unseren Geschäftsabläufen“. Die Global Human Rights Policy des Unternehmens erklärt sogar, dass es bestrebt ist, „ethische Führung und unternehmerische Verantwortung durch die weltweite Förderung der Menschenrechte zu verkörpern“. Als Bezugspunkt wird dabei die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen genannt.

Auf die Fragen von the Diasporist zu Lieferungen an die israelische Luftwaffe und deren Übereinstimmung mit dem Verhaltenskodex sowie den globalen Richtlinien des Unternehmens antwortete FedEx lediglich, dass das Unternehmen „sich verpflichtet, alle geltenden Gesetze und Vorschriften in Bezug auf den Versand von Waren in unserem Netzwerk einzuhalten. Es ist grundsätzlich unsere Richtlinie, keine Einzelheiten zu Kundensendungen preiszugeben“. Von Menschenrechten ist hier keine Rede.

Die Zustellung läuft

Nur wenige Stunden vor der Veröffentlichung dieses Artikels, am Abend des 18. September, landete der Flug FDX4 aus Memphis in Köln mit zwei kleinen Paketen an Bord – eines aus Florida, das andere aus Oklahoma –, die jeweils weniger als ein Kilo wiegen. Als endgültiges Ziel ist der Luftwaffenstützpunkt Nevatim angegeben. Wann genau sie den Ben-Gurion-Flughafen erreichen sollen, ist noch unbekannt. Doch die Tatsache, dass sie nun auf deutschem Boden liegen, stellt eine klare Bewährungsprobe dar: Wenn Berlins Bekenntnis zum Völkerrecht mehr ist als bloße Rhetorik, werden diese Sendungen Köln nicht an Bord der nächsten Maschine verlassen.

Yossi Bartal ist freiberuflicher Journalist in Berlin.

Der Beitrag wurde publiziert am 19 September 2025 in The Diasporist, Wir danken für das Publikationsrecht.

Titelbild: Luftbild des Flughafens Köln/Bonn adaptiert aus Wikimedia Commons.

Hunger als Waffe

Über die gezielte Vernichtung der Schwächsten.

Von Günther Burbach

Bild: Mundo Obrero Workers World

Es gibt Bilder, die man nicht vergessen kann. Ein Kind, dessen Bauch aufgedunsen ist, während die Arme nur aus Haut und Knochen bestehen. Eine Mutter, die Blätter kocht, weil es sonst nichts gibt, um ihre Kinder noch einen Tag länger am Leben zu halten. Alte Menschen, die vor überfüllten Kliniken zusammenbrechen, weil nicht einmal mehr eine Infusion zu haben ist. Solche Szenen stammen nicht aus den dunklen Kapiteln des 20. Jahrhunderts. Sie passieren heute. Im Gazastreifen. In Syrien. Im Sudan. Drei Regionen, drei Konflikte und ein gemeinsamer Nenner: Hunger als Waffe.

Während in den Metropolen des Westens die Supermarktregale überquellen, während Europa über milliardenschwere Rüstungspakete diskutiert und die USA in neue Kriege investieren, sterben anderswo Kinder, weil ihnen gezielt die Nahrung entzogen wird. Es ist kein Unfall, kein unvermeidbares Schicksal, sondern eine Methode. Hunger wird bewusst erzeugt, um Menschen gefügig zu machen, um sie zu brechen, um Macht zu sichern. Es ist ein Massenverbrechen, das sich jeden Tag vor unseren Augen abspielt und das von der Weltgemeinschaft nicht verhindert, sondern oft aktiv mitgetragen wird.

Gaza – Der belagerte Streifen zwischen Blockade, Diebstahl und Gewalt

Im Gazastreifen ist die Katastrophe längst offiziell. Am 22. August erklärte die Weltgesundheitsorganisation, dass in Gaza die Bedingungen einer Hungersnot herrschen. Über eine halbe Million Menschen befinden sich in Phase fünf der IPC-Klassifikation, das bedeutet, dass Hunger nicht mehr droht, sondern Realität ist. Kinder verhungern, Erwachsene sterben an Unterernährung, Krankheiten breiten sich in einem Tempo aus, das alle Hilfssysteme überfordert.

Die unmittelbare Ursache ist die Blockade. Grenzübergänge sind nur sporadisch geöffnet, Hilfslieferungen werden kontrolliert, verzögert oder zurückgewiesen. Lastwagen mit Lebensmitteln, Milchpulver, Medikamenten und Wasseraufbereitungsanlagen stauen sich kilometerlang. Bürokratische Spitzfindigkeiten entscheiden darüber, ob ein Kind überlebt oder nicht. Wer glaubt, dass ein fehlendes Formular nur ein Verwaltungsdetail ist, irrt: In Gaza ist es eine tödliche Waffe.

Doch selbst die Lieferungen, die durchkommen, erreichen nicht immer die Bedürftigsten. Seit Jahren gibt es Berichte, dass Hamas Hilfsgüter kontrolliert, Teile abzweigt oder auf Schwarzmärkten verkauft. Für eine Familie bedeutet das: Ein Sack Reis, der eigentlich kostenlos hätte verteilt werden sollen, kostet plötzlich Summen, die unerschwinglich sind. Hilfe wird so zur Einnahmequelle und zum Instrument der Macht. Hamas, die sich in der Weltöffentlichkeit als Opfer präsentiert, trägt damit aktiv zur Verschärfung des Elends bei.

Und als wäre das nicht genug, lauert an den Verteilungsstellen die Gewalt. Internationale Medien haben dokumentiert, wie israelische Soldaten auf Menschen schossen, die versuchten, Lebensmittelpakete zu ergattern. Mehr als 1.400 Menschen sind so ums Leben gekommen, verhungert oder erschossen auf der Suche nach Brot. Es ist ein Zynismus ohne Beispiel: Menschen werden zuerst ausgehungert und dann getötet, wenn sie nach Nahrung greifen.

Das Resultat: Ein ganzer Landstrich gleitet in den Abgrund. UNICEF berichtet von Tausenden Kindern, die akut mangelernährt sind. Kliniken sind überfüllt, die Hälfte der Ernährungszentren funktioniert nicht mehr. Krankheiten wie Cholera breiten sich in der geschwächten Bevölkerung explosionsartig aus. Gaza ist nicht nur ein Schlachtfeld, es ist ein Sterbelager. Und Hunger ist hier nicht Nebeneffekt, sondern Strategie, von allen Seiten.

Syrien – Befreit von Sanktionen, gefangen im Hunger

Im Gegensatz zu Gaza wurde Syrien in diesem Jahr international als „Befreiungsgeschichte“ verkauft. Im Mai hob die EU ihre Wirtschaftssanktionen auf, im Juli folgten die USA. Nach über einem Jahrzehnt der Isolation durfte Damaskus wieder an die globale Wirtschaft andocken. Finanztransaktionen laufen wieder, internationale Investoren zeigen vorsichtige Bereitschaft. Syrien, so die Botschaft, sei zurück.

Doch wer sich die Realität im Land ansieht, erkennt eine andere Wahrheit: Millionen Syrer stehen am Rand des Verhungerns. Die Aufhebung der Sanktionen hat daran wenig geändert. Warum? Weil Hunger hier nicht primär eine Frage internationaler Politik ist, sondern das Resultat einer tödlichen Kombination aus Naturkatastrophe, zerstörter Infrastruktur und ökonomischem Zerfall.

Die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten hat das Land getroffen. Flüsse sind zu Rinnsalen geschrumpft, Brunnen versiegt, die Weizenernte ist um fast 40 Prozent eingebrochen. Aus einem Land, das einst als Kornkammer der Region galt, ist ein Hungerstaat geworden. Selbst wenn Getreide importiert wird, bleibt es für Millionen unbezahlbar. Die syrische Währung ist kollabiert, Grundnahrungsmittel kosten inzwischen das Vielfache des früheren Preises.

Die Landwirtschaft ist in Trümmern. Bewässerungssysteme sind kaputt, Mühlen stillgelegt, Stromnetze marode. Krieg hat nicht nur Häuser und Städte zerstört, sondern die gesamte Produktionsbasis des Landes. Sanktionen aufzuheben heißt nicht, diese Infrastruktur wieder aufzubauen. Es bedeutet lediglich, dass Syrien theoretisch Handel treiben könnte, praktisch aber fehlen die Kapazitäten, um Nahrung zu produzieren oder bezahlbar zu importieren.

Hinzu kommt die politische Realität: Korruption durchzieht die Behörden, Milizen kontrollieren Märkte und setzen Hilfsgüter als Druckmittel ein. „Loyalität gegen Nahrung“ ist in vielen Regionen die Regel. Internationale Organisationen wie das Welternährungsprogramm schlagen Alarm: 14,5 Millionen Syrer sind auf Hilfe angewiesen, Millionen stehen am Rand einer Hungersnot. Und das, obwohl die Sanktionen aufgehoben sind.

Das zeigt: Hunger ist in Syrien nicht mehr das Ergebnis äußerer Blockaden, sondern die Folge eines zerstörten Landes, einer kaputten Wirtschaft und einer politischen Klasse, die unfähig oder unwillig ist, für ihre Bevölkerung zu sorgen. Die Schlagzeilen aus Brüssel und Washington ändern nichts an den leeren Tellern von Damaskus, Aleppo oder Homs.

Sudan – Hungersnot als Schlachtfeld

Im Sudan ist Hunger noch unmittelbarer zur Waffe geworden. Seit 2023 zerreißt ein Bürgerkrieg das Land. Panzer, Drohnen und Raketen bestimmen die Schlagzeilen. Doch abseits der Fronten geschieht ein Verbrechen, das in seiner Wirkung nicht weniger tödlich ist: Hungersnot wird gezielt eingesetzt, um Menschen zu kontrollieren.

In Nord-Darfur und anderen Regionen haben die Vereinten Nationen offiziell Phase fünf, also Hungersnot, ausgerufen. Millionen Menschen sind betroffen, bis zu 25 Millionen könnten in den kommenden Monaten in den Abgrund stürzen. Milizen zerstören Felder, brennen Märkte nieder, blockieren humanitäre Konvois. Nahrung wird zur Waffe: Wer sie kontrolliert, kontrolliert die Bevölkerung. Wer sie verweigert, treibt Menschen in Flucht oder Tod.

Hilfsorganisationen berichten von Konvois, die an Checkpoints aufgehalten oder geplündert werden. Von Vorräten, die auf Schwarzmärkten landen, während Kinder verhungern. Von Preisen, die explodieren, während ganze Lagerhäuser in den Händen von Kriegsparteien liegen. Hunger ist im Sudan kein Nebeneffekt, er ist die Methode.

Und wie in Gaza oder Syrien gilt auch hier: Es gibt nicht nur „eine Schuldige“. Beide großen Kriegsparteien nutzen Hunger als Waffe. Für die Zivilbevölkerung bedeutet das eine permanente Geiselhaft, in der jedes Brot, jede Schüssel Wasser zu einer Frage von Leben und Tod wird.

Die Heuchelei des Westens

Während Millionen Menschen in Gaza, Syrien und Sudan ums Überleben kämpfen, investieren die westlichen Staaten Milliarden in Aufrüstung. Für neue Drohnensysteme, Raketenprogramme oder Munitionspakete sind binnen Stunden Gelder da. Für Brot, Milchpulver oder Medikamente fehlt es angeblich an Mitteln. Es ist der moralische Offenbarungseid einer Weltordnung, die Kinderleben hinter Panzerlieferungen einordnet.

Die Sprache der Politik tarnt das Verbrechen. Es heißt „Zugangsbeschränkungen“ statt Blockade. „Operative Herausforderungen“ statt verhinderter Hilfslieferungen. „Sicherheitsbedenken“ statt gezielter Tötungen an Aid-Sites. Worte werden benutzt, um Realität zu verwischen und währenddessen sterben Menschen.

Der gemeinsame Nenner: Hunger als System

Ob im belagerten Gaza, im ausgetrockneten Syrien oder im zerrissenen Sudan: Hunger ist kein Unfall. Er ist ein System. Er wird bewusst herbeigeführt, instrumentalisiert, verwaltet. Von Staaten, die blockieren. Von Milizen, die plündern. Von Regimen, die ihre Macht über Lebensmittel verteilen. Und von einer internationalen Gemeinschaft, die wegsieht oder gar mitmacht.

Es gibt keine Entschuldigung mehr. Wir wissen, was passiert. Wir sehen die Bilder, wir lesen die Berichte. Die Frage ist nicht, ob Hunger verhindert werden könnte. Die Frage ist, ob wir es wollen.

Schluss: Die Anklage

Die Geschichte wird nicht auf die Protokolle internationaler Konferenzen schauen, nicht auf die Gipfelerklärungen oder die diplomatischen Spitzfindigkeiten. Sie wird auf die Gesichter der Kinder blicken, die heute verhungern. Und sie wird fragen: Warum habt ihr das zugelassen?

Quellen

EU-Rat (offiziell): „Syria: EU adopts legal acts to lift economic sanctions on Syria“, 28.05.2025

https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2025/05/28/syria-eu-adopts-legal-acts-to-lift-economic-sanctions-on-syria-enacting-recent-political-agreement

Reuters: „EU council adopts legal acts to lift economic sanctions on Syria“, 28.05.2025

https://www.reuters.com/world/eu-council-adopts-legal-acts-lift-economic-sanctions-syria-2025-05-28

OFAC (US-Treasury) – Notice zur Aufhebung + FAQs (1220–1223), 30.06.–04.08.2025

https://ofac.treasury.gov/recent-actions/20250630

https://ofac.treasury.gov/faqs/added/2025-06-30

https://ofac.treasury.gov/sanctions-programs-and-country-information/syria-sanctions-inactive-and-archived

AP News: „Worst drought in decades is threatening Syria’s fragile recovery“, 04.09.2025

https://apnews.com/article/9ca740c576bfe5db768f9dcae2bb6758

Reuters: „Historic drought, wheat shortage to test Syria’s new leadership“, 18.08.2025

https://www.reuters.com/world/middle-east/historic-drought-wheat-shortage-test-syrias-new-leadership-2025-08-18

Reuters (Klima/Dürre-Überblick): „Severe droughts hit Syria, Turkey and Serbia“, 20.08.2025

https://www.reuters.com/sustainability/sustainable-switch-severe-droughts-hit-syria-turkey-serbia-2025-08-20

FAO/GIEWS (Country Brief, PDF, 18.08.2025): „The Syrian Arab Republic – FOOD SECURITY SNAPSHOT“

https://www.fao.org/giews/countrybrief/country/SYR/pdf/SYR.pdf

FAO/GIEWS (Brief, Web, 18.08.2025): „Syrian Arab Republic – Country Brief“

https://www.fao.org/giews/countrybrief/country.jsp?code=SYR&lang=ar

(engl. Zusammenfassung hier)

https://www.fao.org/giews/countrybrief/country.jsp?code=SYR&lang=ES

FAO (Open Knowledge, Kurzbericht zu Weizenlücke 2,73 Mio. t), 2025

https://openknowledge.fao.org/server/api/core/bitstreams/340daa9c-b4d0-4fa5-ae72-7cee1426419a/content

UNOCHA (Humanitarian Response Priorities 2025 – Syria), 24.07.2025

https://www.unocha.org/publications/report/syrian-arab-republic/syrian-arab-republic-humanitarian-response-priorities-january-december-2025

UNOCHA FTS (Funding Tracker Syrien 2025)

https://fts.unocha.org/countries/218/summary/2025

WFP – Syria Emergency (Lage/Bedarfe, fortlaufend)

https://www.wfp.org/emergencies/syria-emergency

WFP – Country Page Syria (Zahlen zu Food Insecurity/IDPs)

https://www.wfp.org/countries/syrian-arab-republic

WFP – Global: „Food security impact of reduction in WFP funding“, 22.07.2025

https://www.wfp.org/publications/food-security-impact-reduction-wfp-funding

UNICEF Syria – Situation Reports 2025 (Ernährung/Mangelernährung)

Mai 2025: https://www.unicef.org/syria/media/19766/file/Syria-Humanitarian-situation-report-May-2025.pdf

Juli 2025 (No.13): https://www.unicef.org/media/173941/file/Syrian-Arab-Republic-Humanitarian-SitRep-No.13-July-2025.pdf

Günther Burbach

Günther Burbach, Jahrgang 1963, ist Informatikkaufmann, Publizist und Buchautor. Nach einer eigenen Kolumne in einer Wochenzeitung arbeitete er in der Redaktion der Funke Mediengruppe. Er veröffentlichte vier Bücher mit Schwerpunkt auf Künstlicher Intelligenz sowie deutscher Innen- und Außenpolitik. In seinen Texten verbindet er technisches Verständnis mit gesellschaftspolitischem Blick – immer mit dem Ziel, Debatten anzustoßen und den Blick für das Wesentliche zu schärfen.
Mehr Beiträge von Günther Burbach →

Erstveröffentlicht im Overtom Magazin v. 11.9. 2025
https://overton-magazin.de/hintergrund/gesellschaft/hunger-als-waffe/

Wir danken für das Publikationsrecht.

»Doykeit« statt Israel

Linke Juden kritisieren den Zionismus schon seit 100 Jahren. Die Berliner Gruppe »Jewish Bund« will an diese internationalistische Tradition anknüpfen

Im Oktober 2023 besetzten israelkritische jüdische Gruppen die Central Station in New York, um einen Waffenstillstand in Gaza zu fordern. Foto: Wikimedia Commons

Sich mit dem Jewish Bund zum Interview zu verabreden, ist gar nicht so einfach. Vor dem Gespräch will die Gruppe erst einmal intern diskutieren, was sie als gemeinsame Position vertreten möchte. Und auch als wir uns nach längerem Vorlauf endlich in einem Berliner WG-Wohnzimmer gegenübersitzen, legen Damya (37) und Shmuel (31) großen Wert darauf, dass es nicht um sie beide gehen soll. »Wir möchten lieber allgemein im Namen der Gruppe sprechen«, sagt Shmuel, der aus einer Familie aschkenasischer Juden stammt, in Kanada geboren wurde und seinen Lebensunterhalt in Berlin als Forscher verdient. »Jüd*innen werden in der deutschen Öffentlichkeit so oft als Intellektuelle wahrgenommen und herumgereicht. Wir finden, dass es an kollektiven Stimmen fehlt.«

Damya, die in einer Community nordafrikanischer Juden in Jerusalem aufgewachsen ist und seit 2012 in Berlin lebt, spricht deshalb erst einmal über die Zusammensetzung ihrer Gruppe. »Einige kommen aus 48«, sagt sie – und verwendet damit einen Begriff für Israel, der sofort ihre Distanz gegenüber dem Staat deutlich machen soll. »Oder aus anderen siedlerkolonialen Kontexten wie den USA, Kanada oder Südafrika. Der Rest der Gruppe ist aus europäischen Ländern. Irgendeinen familiären Bezug zur israelischen Gesellschaft hat zwar jede, aber viele sind weder dort geboren noch haben sie die israelische Staatsangehörigkeit.« Im Unterschied zur Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost oder den Israelis for Peace, die in Berlin seit zwei Jahren fast jede Woche vor dem Auswärtigen Amt gegen deutsche Waffenlieferungen demonstrieren, arbeitet der Jewish Bund nicht ausschließlich zum palästinensisch-israelischen Konflikt. Die Gruppe vertritt in einem umfassenderen Sinne antikoloniale und antinationale Positionen.

»Wir haben uns 2021 gegründet«, erzählt Damya. »Ein paar von uns waren in einer Gruppe namens Jewish Antifa aktiv und haben für die 1.-Mai-Demonstration mobilisiert. Weil wir erlebt haben, dass eigentlich alle migrantischen Gruppen, mit denen wir arbeiten, als antisemitisch diffamiert wurden, haben wir überlegt, uns als jüdische Menschen zu organisieren.«

Eines der zentralen Ziele des Jewish Bunds ist also, sichtbar zu machen, dass proisraelische und jüdische Positionen nicht identisch sind. »Außerdem verstehen wir uns als abolitionistische Gruppe«, erklärt Damya »Wir kämpfen gegen Grenzregime, menschenfeindliche Asylpolitik, Rassismus, die Rolle der Polizei – und eben aus internationalistischer Perspektive.«

Die Tradition des Bundismus

Mit ihrem Namen spielt die Gruppe auf den Bundismus an, eine Tradition jüdischer sozialistischer Organisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In Polen, Litauen und Russland existierte damals der Algemeyne Yidishe Arbeter Bund, der jüdische Arbeiter*innen gegen Ausbeutung und Antisemitismus zu organisieren versuchte und gleichzeitig das zionistische Projekt eines jüdischen Staates als reaktionäres und koloniales Vorhaben bekämpfte.

Ganz unmittelbar funktioniert die Traditionslinie aber nicht. »Wir haben nach einem Namen gesucht, der einen Bezug zum jüdischen Radikalismus herstellt«, erklärt Damya. »Der jüdische Arbeiterbund existierte in verschiedenen Ländern und vertrat unterschiedliche sozialistische Positionen. Es gab also nicht einen Bund.« Und Shmuel ergänzt: »Eine Position des Arbeiter-Bundes, die wir auf jeden Fall teilen, ist die Ansicht, dass ein jüdischer Ethno-Staat kein Befreiungsprojekt für Jüd*innen sein kann und im Kampf gegen Antisemitismus ungeeignet ist.«

Allerdings lägen die Unterschiede zum historischen Arbeiter-Bund auf der Hand. »Das war eine gewerkschaftliche Organisierung«, erklärt Shmuel. »Der Arbeiter-Bund organisierte Streiks unter jüdischen Belegschaften. Es ist klar, dass es das in Deutschland in dieser Form heute nicht geben kann.« Aber nicht etwa, weil Jüd*innen heute ökonomisch privilegiert seien und unter Beschäftigten keine Rolle mehr spielten, stellt Damya klar. »Viele Jüd*innen in Deutschland leben unter prekären Bedingungen – vor allem diejenigen, die aus der UdSSR eingewandert sind.« Nur anders als vor 100 Jahren arbeiteten sie eben nicht mehr in bestimmten Bereichen, weshalb eben auch der alte Organisierungsansatz nicht mehr geeignet sei.

Jewish Bund / Allgemeiner Jüdischer Arbeiter-Bund

Der Jewish Bund ist eine unabhängige Selbstorganisierung jüdischer Menschen in Berlin. Die Gruppe, die sich als antikolonial und antirassistisch versteht, organisierte in den letzten Jahren gemeinsam mit anderen migrantischen Organisationen Aktionen gegen Abschiebungen, Solidaritätsveranstaltungen für Opfer polizeilicher Repression und eine Gedenkdemonstration zum rechten Anschlag in Hanau.
 
Der Arbeiter-Bund sei aber keineswegs die einzige jüdisch-antizionistische Tradition, auf die man sich beziehe, verweist Shmuel auf seine Erfahrungen in Nordamerika. »Einige von uns kommen aus Ländern, wo sich Juden seit den 1960er Jahren in antizionistischen Organisationen engagieren. Mit der israelischen Besatzungspolitik ist die Bedeutung dieser Ansätze stark gewachsen.«

Auf die Frage, ob sich nicht dennoch eine überwältigende Mehrheit ihrer Angehörigen und Bekannten mit Israel identifizierten, geben Damya und Shmuel eine differenzierte Antwort. »Über 60 Prozent der Jüd*innen, die in der Welt leben, kommen nicht aus Israel und haben nie dort gelebt«, betont Damya. Selbstverständlich sei eine linke Zionismuskritik, wie sie ihre Gruppe vertrete, nicht repräsentativ für diese Menschen. Aber dass sich Jüd*innen aufgrund des Antisemitismus automatisch positiv auf Israel beziehen, könne man eben auch keineswegs behaupten. »Dass so wenig über jüdischen Antizionismus gesprochen wird, ist Ergebnis einer Politik von oben«, meint Damya. »Eine linke Kritik an Israel wird systematisch unsichtbar gemacht – auch wenn sie jüdisch ist.«

Koloniale Perspektive auf Palästina

Aber lässt sich überhaupt von »dem« Zionismus sprechen, frage ich. Zwischen dem Kulturzionismus Martin Bubers, der Palästina als jüdische Heimstatt betrachtete und die Gründung von Kibbuzim propagierte, dem politischen Zionismus, dem es in erster Linie um die Staatsgründung ging, und dem Suprematismus der israelischen Mehrheitsgesellschaft heute bestünden doch beträchtliche Unterschiede.

Über diese Frage hätten sie zuletzt auch ausführlich diskutiert, antwortet Damya. Sicherlich habe es schon vor dem Zionismus ein spirituelles Motiv »Zion« gegeben. Doch die siedlerkoloniale Form, die der Staat Israel annahm, habe diese Bezüge materiell unmöglich gemacht. Shmuel ergänzt: »Der Zionismus entstand im 19. Jahrhundert, als Kolonialismus und antijüdischer Rassismus einen Höhepunkt erlebten. Ich glaube, wir müssen das ähnlich bewerten wie Widersprüche in der Arbeiterbewegung des frühen 20. Jahrhunderts. In der waren sexistische und koloniale Positionen ja auch sehr präsent.«

Der Zionismus habe zwar versucht, eine Antwort auf den europäischen Antisemitismus zu formulieren, sei dabei dem europäischen Ethnonationalismus aber verhaftet geblieben, resümiert Shmuel nach einer kurzen Pause. »Der Zionismus war von Anfang an eine koloniale Bewegung. Anfangs hatte er einige sozialistische Aspekte – die heute tot sind. Aber seine Perspektive auf Palästina war immer kolonial. So wie es bei den meisten europäischen Bewegungen der Zeit der Fall war.«

»Die Perspektive des Zionismus auf Palästina war immer kolonial. So wie bei den meisten europäischen Bewegungen seiner Zeit.« Shmuel   Jewish Bund

Die in Deutschland verbreitete Vorstellung, dass Israel ein linkes Projekt gewesen sei, will Damya auch nicht unwidersprochen stehen lassen. »Die Kibbuzim waren gemeinschaftlich organisiert – aber für wen? Ihr Projekt beruhte darauf, Ressourcen unter europäischen Siedlern zu teilen. Für mich ist das keine sozialistische Idee.«

Und wie bewerten sie die sozialistischen Pläne für einen jüdischen Staat, erkundige ich mich. Ende der Zwanzigerjahre schuf die stalinistische Sowjetunion an der Grenze zu China eine jüdische Republik, die als Alternative zum Projekt in Palästina verstanden wurde.

Für Damya ist die Antwort klar: »War das ein Platz für Juden oder ein Ghetto? Ein jüdischer Ethno-Staat kann den Antisemitismus nicht bekämpfen. Ich bin in einem Ethno-Staat aufgewachsen, und er hat mein Leben nicht sicherer gemacht.« Shmuel ist derselben Ansicht: »Warum kämpfen Linke nicht für das Recht von Jüd*innen, hier zu leben, sondern verteidigen einen anderen Staat, in dem wir leben sollen? Die Umsiedlung von Menschen ist immer ein rassistisches Projekt.«

In diesem Zusammenhang verweisen die beiden auf einen Begriff, der im Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbund eine zentrale Rolle spielte: »Doykeit« oder »Doikayt« (jiddisch für »Hiersein«). Statt einen jüdischen Nationalismus zu erfinden, so die Sozialist*innen Anfang des 20. Jahrhunderts, solle man Nationalismen kritisieren und sich dort organisieren, wo man lebe. Gerade weil dieser Ansatz vom Antisemitismus bekämpft werde, sei es so wichtig, Bündnisse mit anderen von Rassismus betroffenen Gruppen aufzubauen, denen ebenfalls das Bleiberecht abgesprochen werde.

Für den Jewish Bund ist Antisemitismus kein Sonderfall, sondern eine weitere Form von Rassismus. Deshalb finde sie die Gleichsetzung jüdischer und israelischer Interessen auch so unerträglich, sagt Damya. »Sie macht es uns unmöglich, uns mit anderen rassifizierten Gruppen zusammenzuschließen.«

Der deutsche Wahnsinn

Ihre Lage als linke Jüd*innen in Deutschland empfinden die beiden als zunehmend absurd. »Auf dem Handy sehen wir im Livestream, wie Israel einen Genozid verübt«, sagt Shmuel. »Gleichzeitig erzählen uns deutsche Medien und Behörden, es sei antisemitisch, den Staat Israel grundsätzlich zu kritisieren.«

Damya nickt. »Das Ganze läuft auf die Argumentation hinaus, dass wir, um Juden sein zu können, Mörder werden müssen. Wenn wir als Jüd*innen Israel kritisieren, wird uns unser Jüdischsein abgesprochen und wir als ›Selbsthasser‹ abgestempelt. Für mich ist gerade das komplett antisemitisch.«

Ich frage, ob die Gruppe Opfer staatlicher Antisemitismusbekämpfung in Deutschland geworden ist. Doch auch bei diesem Thema versuchen sie, jeden Exzeptionalismus zu vermeiden. »Wie alle, die in Deutschland auf Demos gehen, erleben auch wir Polizeigewalt«, meint Shmuel. »Auch dann, wenn wir Demos als jüdische Gruppe angemeldet haben.« Aber natürlich seien sie weniger betroffen als palästinensische Menschen, die noch mal ganz anders in rassistische Raster passen.

Die meisten linken Juden standen dem Zionismus um 1900 ablehnend gegenüber. Der Jüdische Arbeiter-Bund kämpfte für sozialistische Politik und gleiche Rechte für alle.
Die meisten linken Juden standen dem Zionismus um 1900 ablehnend gegenüber. Der Jüdische Arbeiter-Bund kämpfte für sozialistische Politik und gleiche Rechte für alle. Foto: Wikimedia Commons

Für den Jewish Bund lässt sich Repression aber auch nicht auf Polizeigewalt bei Demonstrationen reduzieren. Noch viel gravierender ist die Migrationspolitik. Auch hier seien arabische Genoss*innen unmittelbarer bedroht. Doch auch Mitglieder des Jewish Bund spürten die Gewalt des Ausländerrechts. »Mehr als die Hälfte von uns hat keine EU-Papiere – das heißt, wir können jederzeit Visaprobleme bekommen.« Und natürlich droht auch Jüd*innen der Verlust eines Jobs oder einer Forschungsförderung, wenn sie antizionistische Positionen vertreten.

Ein jüdischer Ethno-Staat kann den Antisemitismus nicht bekämpfen. Ich bin in einem Ethno-Staat aufgewachsen, und er hat mein Leben nicht sicherer gemacht. Damya   Jewish Bund

Für den Jewish Bund ist klar, dass es der staatlichen Antisemitismusbekämpfung nicht um jüdische Menschen und deren Sicherheit geht, sondern um geopolitische und ökonomische Interessen. Israel sei ein strategischer Verbündeter der USA und Deutschlands in Nahost, sagt Shmuel. »Der Antisemitismusvorwurf ermöglicht es, jede Debatte zu beenden. Wenn man etwas als antisemitisch bezeichnet, muss man nicht weitersprechen. Dann spielt keine Rolle mehr, was in Gaza oder der Westbank geschieht.«

Gleichzeitig halten die beiden den Antisemitismus in Deutschland aber weiterhin für eine sehr reale Gefahr. »Der rechtsextreme Anschlag 2019 in Halle ist das beste Beispiel dafür«, sagt Shmuel. »Und er hat ja auch gezeigt, wie untrennbar der Antisemitismus mit anderen Formen von Rassismus verbunden ist.« Doch als Abolitionistinnen setzen sie nicht auf staatliche Formen der Antisemitismusbekämpfung. »Rassismus wird institutionell produziert, und deswegen haben wir vom Staat in dieser Hinsicht auch nichts zu erwarten.«

Auch Damya ist sich sicher, dass der gegen migrantische Communitys gerichtete Antisemitismus-Diskurs ganz andere Ziele verfolgt als den Schutz jüdischer Menschen. »Verbote, Kriminalisierung und eine verschärfte Einwanderungspolitik dienen allein zur Umsetzung rassistischer Politik. Du brauchst dir nur anzuschauen, wie selbst die AfD die Bekämpfung des Antisemitismus für sich beansprucht.«

Und wie bewerten sie die »antideutsche« Linke, die den Antisemitismus für einen zentralen Aspekt der deutschen Mehrheitsgesellschaft hält? Damya lacht gereizt auf, als das Thema aufkommt. Shmuel versucht es anekdotischer: »Wenn ich in Kanada jüdische Linke treffe, fragen sie mich oft: Stimmt das mit den Antideutschen? Gibt es die wirklich?« Für ihn sei auffällig, dass »antideutsche« Positionen vor allem in Studierendengruppen und im Kulturbereich stark seien. »Ich würde sagen, dahinter verbirgt sich oft auch ein Machtanspruch von Menschen aus der Mittelschicht, einen Diskurs kontrollieren und bestimmte Posten besetzen zu können.«

Als sie nach Deutschland kam, erzählt Damya, habe man ihr erklärt, die Antideutschen seien nach der Wiedervereinigung entstanden, um dem Geschichtsrevisionismus etwas entgegenzusetzen. »Damit habe ich überhaupt keinen Widerspruch«, sagt sie. »Aber was hat das mit der Verteidigung Israels und der USA zu tun? Für mich sind das rechte Positionen: Wer prozionistisch und prowestlich argumentiert, steht auf der Seite der Herrschenden.«

Der palästinensisch-israelische Konflikt

Auf den Gaza-Krieg kommen wir erst nach mehr als einer Stunde zu sprechen. Damya meint, dass es nicht Aufgabe einer jüdischen Gruppe sei, Lösungsansätze zu entwickeln: »Wie ein freies Palästina aussehen sollte und wie die betroffenen Gemeinschaften miteinander umgehen könnten, ist nicht unsere Frage.« Aber natürlich gebe es Dinge, die auf der Hand liegen, ergänzt Shmuel. »Zum Beispiel, dass die Zweistaatenlösung tot ist – wenn sie überhaupt jemals realistisch war. Für mich ist klar, dass ich als Jude nicht frei und sicher sein werde, solange es einen jüdischen Staat gibt, der auf Ethnonationalismus beruht und suprematistische Überzeugungen produziert.«

Aber was ist mit einem palästinensischen Nationalismus, der auch wieder Vertreibung propagiert? Das Argument, dass jüdische Einwanderer Palästina »besetzt« und das Land seiner Identität beraubt hätten, lasse sich ganz ähnlich doch auch gegen Migrant*innen in Kanada oder arabische Einwanderer in Neukölln vorbringen, wende ich ein.

»Das war nie unsere Position«, wehrt Damya ab. Als abolitionistische Gruppe verteidige man das Recht aller Menschen auf Mobilität – oder Immobilität. Wer in einem Land lebt, müsse bleiben können. »Man kann Zeit nicht zurückdrehen«, sagt sie. »Aber man kann für eine Zukunft sorgen, mit der die Grundlagen der heute bestehenden Unterdrückung überwunden werden.« Und Shmuel ergänzt: »Die Menschen, die aus Polen nach Israel ausgewandert sind, könnten in Polen nicht sicher leben. Aber umgekehrt müssen eben auch die Palästinenser*innen an einen Ort zurückkehren können, an dem sie volle Rechte und eine Staatsbürgerschaft haben. Sie müssen in die Dörfer zurückgehen können, aus denen sie vertrieben wurden.«

Die Kritik des Siedlerkolonialismus bedeutet für den Jewish Bund keine Feindschaft gegenüber Menschen, sondern eine Dekolonisierung der Gesellschaft. »Was das jeweils für Kolonisierte und Siedler bedeutet, ist komplex«, gibt Shmuel zu. »Aber die erste Aufgabe ist doch klar: Begangenes Unrecht und Gewalt müssen rückgängig gemacht werden. Also: Enteignung, ethnische Säuberung, Vertreibung.« Wer sage, dass es in einem freien Palästina keine Juden geben solle, mache sich die Perspektive des Kolonialismus zu eigen, der die ethnische Spaltung immer vorangetrieben habe. »Das Ziel muss sein, dass alle dieselben Rechte haben – was natürlich auch Eigentumsfragen einschließt.«

Auf die Erwiderung, dass eine egalitäre Perspektive mit Hamas und anderen rechten palästinensischen Organisationen kaum möglich sein werde, antworten die beiden, dass sie darüber nicht urteilen wollen. Die Kritik palästinensischer Positionen gaukele fast immer eine falsche Symmetrie vor, sagt Damya. »Aber der Krieg ist nicht einfach ein Konflikt zwischen zwei Seiten, denen man gleichermaßen distanziert gegenübersteht. Es gibt eine israelische Besatzung und palästinensische Unterdrückte.« Als jüdische Linke würden sie sich daher darauf konzentrieren, die siedlerkolonialen Grundlagen Israels zu kritisieren.

Aber selbstverständlich, sagt Shmuel, würden sie in ihrer politischen Arbeit immer ihre Prinzipien verteidigen – also zum Beispiel feministische Positionen in einem Bündnis. »Jede Bewegung, die breiter wird, bekommt Widersprüche«, sagt der Kanadier. »Aber um bestimmte Positionen durchzusetzen, muss man eben auch Teil der Bewegungen sein.« Wer nicht auf Palästina-Demos gehe, weil man dort den falschen Leuten begegnen könnte, sorge am Ende dafür, dass problematische Positionen unwidersprochen bleiben.

Dieser Satz lässt sich natürlich auch als Botschaft an Die Linke verstehen. Also frage ich, ob der Jewish Bund jener Partei, die zwei Jahre nach Kriegsbeginn immer noch um eine Position ringt, etwas auf den Weg mitgeben möchte. Damya fasst sich kurz: »Zeigt mehr Rückgrat.« Shmuel drückt es diplomatischer aus: »Es gibt einige verlässliche Partner und ein paar gute Entwicklungen in der Partei.« Und Damya schiebt hinterher: »Ich setze keine großen Hoffnungen auf parlamentarische Politik. Aber auf keinen Fall darf Die Linke vor rechten Positionen kapitulieren, nur weil sie Anerkennung im Mainstream bekommen oder sich vor Medienkampagnen schützen will.«

Am Ende des Gesprächs ist zumindest eines klar: Dass Positionen wie die des Jewish Bunds in der Debatte in Deutschland – anders als im englischsprachigen Raum – kaum vorkommen, sagt viel über die mangelnde Bedeutung des Internationalismus in der hiesigen Linken aus.

Erstveröffentlicht im nd v. 28.8. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193639.juedischer-antizionismus-doykeit-statt-israel.html?sstr=Raul|Zelik

Wir danken für das Publikationsrecht.

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