Am 23. Januar 2025 trafen sich Kolleginnen und Kollegen der verd.i aus den Berliner Betrieben vor der Hauptverwaltung der Berliner Stadtreinigung (BSR) in Tempelhof.
Anlass waren die diesjährigen Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst, die am Folgettag, den 24. 01.25, in Potsdam begannen.
Mehrere hundert Kollegen und Kolleginnen von der Berliner Stadtreinigung (BSR), der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) / BT, den Wasserbetrieben und der Krankenhausbewegung (Vivantes) hatten sich zu diesem „Berliner Tarifauftakt“ versammelt. Um sich Gehör zu verschaffen! Immer wieder wurde skandiert: „Wir sind die Gewerkschaft!“
Unter ihnen Aktivisten von „Berlin steht zusammen“, einer Initiative, die ein Bündnis von Sozialen Protesten (Verkehr, Klima, Kürzungen in den öffentlichen Haushalten) und betrieblichen/gewerkschaftlichen Bewegungen anstrebt.

Dass die Versammlung in der Ringbahnstraße vor der Hauptzentrale der BSR stattfand hatte seine besonderen Gründe.
Zum einen ist die BSR einer der am besten gewerkschaftlich organisierten verd.i Betriebe in Berlin und traditionell sehr kampfstark. Die Kollegen und Kolleginnen überreichten dem Personalvorstand der BSR (in anderen Betrieben Arbeitsdirektor genannt), Martin Urban, die Forderung aus den Reihen der BSR: 10 % mehr Lohn, mindesten 500 Euro mehr im Monat! Diese Forderung unterstützen weit mehr als die Hälfte aller Beschäftigten, zum Teil bis zu 70 Prozent allein von der Straßenreinigung. Diese Forderung liegt deutlich über dem, was als Grundlage für die Tarifverhandlungen am 24. Januar von ver.di auf den Tisch gelegt wird (8 %, mindestens 350 Euro).
Zum zweiten nimmt der Personalvorstand der BSR eine zentrale Funktion auf der „Arbeitgeberseite“ (KAV, Kommunaler Arbeitgeberverband) bei den Tarifverhandlungen ein. Die Kollegen und Kolleginnen wollten es sich nicht nehmen lassen, ihre von der Basis getragene wesentlich höhere Forderung direkt zu präsentieren. Dem Personalvorstand sollte unmittelbar klar gemacht werden, dass es in den Betrieben brodelt und keine Bereitsschaft für „faule Kompromisse“ mehr besteht.
Der „Berliner Tarifauftakt“ – organisert vor allem von den Vertrauensleuten und Betriebsgruppen aus den verschiedenen Bereichen – dauerte fast zwei Stunden als „Verlängerte Mittagspause“. Die Stimmung: kämpferisch, aufmüpfig, widerständig! Die Botschaft: „Wir alle wollen zusammenstehen über alle Bereiche hinweg!“ Auf den T-Shirts aufgedruckt „Reden, Klatschen, leere Versprechungen – Wir haben die Schnauze voll ! Wir sind streikbereit!“
Die Kolleg:Innen der verschiedenen Versorgungsbereiche wiesen selbstbewusst darauf hin: „Wir sind es, die diese Stadt am Laufen halten und einen guten Job machen.“ Die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge – sei es den öffentlichen Nahverkehr, die Rettungsdienste, sei es die Patientenversorgung, die Altenpflege oder die Kinderbertreung, die Wasserwirtschaft oder die Straßenreinigung, damit Berlin nicht im Dreck erstickt – dürfe nicht zerstört und kaputt gespart werden.
Die Kolleg:innen nehmen kein Blatt vor den Mund. „Ich glaube schon, dass genug Geld vorhanden ist und wir immer nur auf Sparflamme gehalten werden. Wenn es so weitergeht, dann werden unsere Betriebe so nicht mehr funktionieren, weil wir zu Tode gespart worden sind.“ Die Arbeitseinkommen halten schon lange mit der Inflation nicht mehr Schritt. Insbesondere die hohen Energiepreise fressen am Lebensstandard. „Hier in den Großstädten geht schon mindestens ein Drittel des Einkommens für die Miete drauf.“
Der Zusammenhang von allgemeiner politischer Wetterlage und den Tariferwartungen wurde in fast allen Gesprächen und Reden deutlich. Es geht um mehr als bloße Einkommenssteigerungen, es geht auch um die Verteilung des Reichtums. Die Beschäftigten sind es leid, dass ihre Einkommen wegschmelzen wie der Schnee in der Sonne, während die Zahl der Suppereichen und Milliadäre ständig ansteigt. Sie sind es leid, unter immer unzumutbareren Bedingungen ihre Arbeit verrichten zu müssen, damit die Profite steigen. Und sie sind immer weniger bereit, die Folgekosten einer desaströsen Politik – wie zum z. B. extreme Rüstungsausgaben, Krankenhausschließungen, Wohnungsnotstand, marode Infrastruktur- zu tragen.
Das beste Medizin gegen Personal- und Versorgungsnotstände ist: gute Einkommen, zumutbare Arbeitsbedingungen und Wertschätzung aller Mitarbeiter:innen unabhängig von ihrer Herkunft!
In einem Redebeitrag hieß es: „Wer sich bei den anstehenden Verhandlungen auf einen „rein betriebswirtschaftlichen Argumentationsrahmen“ einlässt, der wird verlieren, weil ihm die Argumente ausgehen werden.“ Es wird darauf ankommen, dass die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen in den richtigen Zusammenhang gestellt werden. Ständige Steuererleichterungen für Großverdiener sind nicht mehr akzeptabel. Militarisierung und eine Handelskriegspolitik verschlingen Unsummen öffentlicher Gelder und heizen die Inflation an. Wenn zum Beispiel die Rüstungsindustrie wieder extreme Gewinne verzeichnen kann, dann muss gefragt und gesagt werden, wer von solchen Verhältnissen profitiert. Wenn die Mieten einen Großteil des Einkommens zu Gunsten von Aktienhaltern aus Hedgefonds ausmachen, dann müssen die Gewerkschaften innerhalb und außerhalb der Betriebe dafür mobilisieren, dass diesen der Garaus bereitet wird.
Viele haben den Eindruck, die Krisen des Kapitals ausbaden und den Buckel fur Profite und internationale Konfliktabenteuer hinhalten zu sollen. Damit muss Schluss sein!
Der Wind wird in den nächsten Jahren rauer. Sorgen wir dafür, dass er diesmal den Profiteuren von sozialer Ungleichheit und Armut ins Gesicht weht. „Zusammen geht mehr“!


Ab Montag wird bei der BVG gestreikt - damit es besser wird für Beschäftigte und Verkehrssteilnehmer!
Fotos und Videomaterial von beteiligten Gewerkschaftskolleg:innen, wir danken für die Überlassung, Text und Videocollage redigiert Peter Vlatten