FIR in großer Besorgnis über die Eskalation im Nahen Osten


DIE INTERNATIONALE FÖDERATION DER WIDERSTANDSKÄMPFER – BUND DER ANTIFASCHISTEN (FIR) hat sich in einer Erklärung zur kritischen Lage im Nahen Osten an die Öffentlichkeit gewandt. Diese Erklärung hebt sich sehr wohltuend von der Medienarbeit ab, die in der deutschen Sektion der FIR, der VVN BdA, zu diesem Thema betrieben wird. Hier gewinnt man stark den Eindruck, die Organisation interessiere sich nur für die Bedrohung jüdischen Lebens, während der Genozid an den Palästinenser:innen nicht zu existieren und wie selbst verschuldet erscheint. Auch der mit dem angeblichen Kampf gegen den Antisemitismus legitimierte Diskurs einer deutschen Staatssräson“ wird eher geteilt denn als Bedohung der Demokratie wahrgenommen. Darin sehen wir einen gefährlichen Anpassungsprozess. Wir dokumentieren im Folgenden die Erklärung der FIR.(Jochen Gester)

„Vor über einem Jahr begann mit dem Überfall der Hamas auf israelische Siedlungen und ein Jugendfestival und die Geiselnahme von mehreren hundert Israelis eine erneute Verschärfung des Krieges im Nahen Osten. Die Bilanz des Hamas-Angriffes war für die israelischen Zivilisten verheerend. Etwa 1200 Menschen, Frauen, Männer, Kinder, Jugendliche und Greise wurden Opfer des Angriffes. Dass es darauf eine militärische Reaktion der israelischen Streitkräfte geben würde, konnte niemanden überraschen. Die Kalkulation der Hamas, durch israelische Geiseln im Austausch eigene Kämpfer aus israelischen Gefängnissen freizupressen, ging nicht auf, weil sich die israelische Regierung bis heute weigert, solche Austauschverhandlungen zu führen. Gespräche, die unter Vermittlung der arabischen Emirate stattfanden, blieben ergebnislos, wobei sich die jeweiligen Seiten die Verantwortung dafür gegenseitig zuschieben.

Stattdessen begann eine militärische Reaktion der israelischen Streitkräfte auf Gaza und die dortige Zivilbevölkerung, die nach einer Bilanz der Vereinten Nationen bis heute etwa 100.000 getötete oder verletzte Palästinenser brachte. Angeblich seien die Angriffe gegen Hamas-Kämpfer und ihre Infrastruktur gerichtet. Im Ergebnis sind alle im nördlichen Teil von Gaza gelegenen Krankenhäuser durch Bombardements komplett zerstört worden. Die Wasser- und Energieversorgung ist so beschädigt, dass an ein normales Leben in dieser Region auf absehbare Zeit nicht mehr zu denken ist. Wochenlang wurde selbst die Versorgung Gazas mit Grundnahrungsmitteln und anderen dringend benötigten Hilfsgütern durch die israelischen Streitkräfte blockiert, so dass für die Familien und Kinder keine ausreichende Ernährung bereit gestellt werden konnte. Als wäre das noch nicht schlimm genug, hat diese Woche das israelische Parlament die Arbeit des UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) in Israel verboten.

Alle Appelle der Vereinten Nationen, der Generalversammlung und des Sicherheitsrates, das militärische Vorgehen gegen Gaza einzustellen und zum Verhandlungsweg zurückzukehren, wurden seitens der israelischen Regierung, unterstützt von der Regierung der USA und vielen europäischen Staaten, zurückgewiesen. Derart gestärkt, ging die gegenwärtige israelische Regierung an allen Fronten in die Offensive. Gemeinsam mit der rechtsextremen Siedlerbewegung verstärkten die Besatzungskräfte seit Beginn des Jahres die gewalttätigen Übergriffe gegen Palästinenser auch in der Westbank. Häuser wurden niedergebrannt, Bewohner gewalttätig vertrieben, angeblich „ungesetzliche Siedlungen“ zerstört, um anschließend israelischen Siedlern das Gebiet zur eigenen Nutzung zu überlassen.

Um einer „Bedrohung durch die Hisbollah“ vom Libanon aus zuvorzukommen, wurden mit einer Geheimdienstoperation im Libanon über 150 Menschen getötet und mehrere tausend schwer verletzt, als manipulierte elektronische Geräte zur Explosion gebracht wurden. Der israelische Geheimdienst nahm bei dieser Aktion die Tötung von unbeteiligten Zivilisten billigend in Kauf. Erschreckend an dieser Geheimdienstoperation ist einerseits die Bereitschaft, ohne Rücksicht auf das Leben von Unbeteiligten eigene Ziele durchzusetzen, andererseits das unmenschliche Schweigen der politischen Unterstützer der israelischen Regierung zu dieser verbrecherischen Aktion.

Eine neue Eskalationsstufe wurde seitens der israelischen Regierung und deren Streitkräfte eingeläutet, als in der vergangenen Woche ein Raketenangriff auf den Iran durchgeführt wurde. Man konnte den Eindruck gewinnen, die gegenwärtige israelische Regierung versuche mit dieser Eskalation des Krieges nicht nur die Nachbarstaaten zu provozieren, sondern die USA und ihre europäischen Verbündeten in diesen Krieg aktiv hineinzuziehen. Und die deutsche Bundesregierung hat keine Hemmungen, weitere Waffenlieferungen an Israel freizugeben. Gleichzeitig sehen wir, dass es in der weltweiten Friedensbewegung hoffnungsvolle Signale gibt. In Griechenland weigerten sich Hafenarbeiter, Schiffe, die Rüstungsgüter für Israel geladen hatten, abzufertigen. In vielen Ländern – von Portugal über Spanien und Italien – gibt es breite Demonstrationen und politische Signale, die einen sofortigen Waffenstillstand fordern. Und selbst in Israel zeigen Organisationen der Zivilgesellschaft mit Kundgebungen und anderen demonstrativen Aktionen, dass sie die Politik der Netanjahu- Regierung und ihren verschärften Kriegskurs nicht mehr bereit sind mitzutragen.

Die FIR steht an der Seite aller Friedenskräfte in Israel und Palästina, die für einen gerechten Frieden eintreten. Frieden im Nahen Osten ist nicht mit der Vertreibung der palästinensische  Bevölkerung im Gaza, wie es Politiker der Regierungsparteien fantasieren, zu erreichen, sondern nur durch friedliche Lösungen auf der Grundlage der Beschlüsse der Vereinten Nationen. Diese Beschlüsse muss die gegenwärtige israelische Regierung endlich anerkennen.“

Trump gewinnt die Wahl: USA reiht sich in Welttrend ein

Oliver Kern meint, dass die Demokraten den Gegenwind der Wirtschaftslage zu spüren bekommen

Von Oliver Kern

Bild: Screenshot Infokuryr

Donald Trump zieht zum zweiten Mal ins Weiße Hause ein, denn überall im Land hat er ein paar Wähler mehr von sich überzeugen können als vor vier Jahren. Die Demokraten hingegen scheitern ein zweites Mal mit dem Versuch, erstmals eine Frau zur Präsidentin zu befördern. Doch die Erklärung, dass die US-Bürger dafür einfach zu frauenfeindlich seien, war schon 2016 zu simpel, als es Hillary Clinton nicht schaffte. Vielmehr reihen sich die USA in einen Welttrend ein: Amtsinhaber und deren Parteien – egal ob links oder rechts – werden in der Folge tiefer persönlicher und wirtschaftlicher Einschnitte durch Coronakrise, kriegsbedingte Inflation und wachsender Einkommensungleichheit abgestraft.

Wie 2016 rutschen auch in den USA zu viele Menschen aus der Mittelklasse ab, können sich das eigene Haus oder den Studienplatz fürs Kind nicht mehr leisten, weil vor allem für Menschen ohne Hochschulbildung zu wenige gut bezahlte Jobs angeboten werden und die Inflation Lohnanstiege noch immer übertrifft. Selbst wenn ein Präsident diese nicht selbst aus dem Boden stampfen kann, vor allem wenn er in vielem vom Parlament blockiert wird, bleibt festzuhalten: Wenn weniger als 40 Prozent der Wähler mit der Arbeit von Joe Biden zufrieden sind und nicht mal ein Drittel meint, die Entwicklung laufe in die richtige Richtung, muss die in absoluten Zahlen relativ knappe Niederlage seiner Vizepräsidentin Kamala Harris fast noch als Erfolg gewertet werden.

Die Wahlen am 5. November 2024 sind für die US-Bürger wie auch den Rest der Welt eine der wichtigsten Richtungsentscheidungen dieser Zeit. »nd« berichtet über die Stimmung und Probleme im Land, über Kandidaten und ihre Visionen. Alle Texte zur US-Wahl finden Sie hier.

Ihre einzige Chance hatte in der Unbeliebtheit von Trump selbst gelegen. Nur er als verurteilter Straftäter, der von seinen Fans das Kapitol stürmen und von seinen Richtern das Abtreibungsrecht aushöhlen ließ, zudem äußerst schlechte Wahlkampfauftritte hinlegte, hat das Rennen überhaupt so eng werden lassen.

Die dreimonatige Kandidatur von Harris war so fehlerfrei, wie sie in derart kurzer Zeit nur sein konnte. Doch es fehlte wie schon 2016 bei Hillary Clinton an einer ökonomischen Botschaft, warum man für sie und nicht nur einfach gegen Donald Trump stimmen sollte. Das zeigten besonders die herben Verluste bei der Minderheit der Latinos. Natürlich ist ein gewisser Grad an Sexismus nicht auszuschließen, doch es gab andererseits genug Menschen, die Harris allein aufgrund ihres Geschlechts die Stimme gaben. Ihr stärkstes Wahlkampfthema Abtreibung allein war jedoch zu wenigen wichtiger als die eigene wirtschaftliche Lage.

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Harris ist und bleibt keine wirklich linke Politikerin – das war ihr Vorgänger Biden auch nie; dennoch hatten ihm vor vier Jahren mehr Menschen zugetraut, abgehängten Teilen der Arbeiterklasse zu helfen. Geliefert hat er kaum. Doch dieser Wahlausgang ist leider auch noch längst kein Beweis dafür, dass weiter links stehende Kandidaten in den USA eine Siegchance hätten. Bernie Sanders hat es zweimal versucht und sich nicht einmal unter den Demokraten durchgesetzt.

Erstveröffentlicht im nd v. 7.11.2024
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1186550.us-wahl-trump-gewinnt-die-wahl-usa-reiht-sich-in-welttrend-ein.html?sstr=Oliver|KERN

Wir danken für das Publikationsrecht.

Wahlsieger Trump verspricht Goldenes Zeitalter für die USA

“Fix everything”, alles werde er reparieren, verspricht er, und sieht sich als Verkörperung des Volkswillens: “So etwas hat es in diesem Land noch nie gegeben, und vielleicht sogar darüber hinaus.”

Von Florian Rötzer

Bild: Pentagon. Wiki media

Donald Trump wird fast sicher der nächste Präsident der USA sein, Kamala Harris hat keine Chancen mehr. Sie war im konservativen Amerika von vorneherein im Nachteil als Frau und als Farbige. Trump feiert sich schon vor dem offiziellen Wahlergebnis als Sieger. Dazu kommt, dass die Demokraten die Mehrheit im Senat verloren haben und wahrscheinlich auch im Repräsentantenhaus in der Minderheit sein werden.

Trump kann also die nächsten zwei, vielleicht auch vier Jahre, wenn nicht Widerstand von Seiten der Republikaner selbst kommt, durchregieren. Vor dem Wahltag propagierte er noch auf Twitter großspurig und wie üblich mit großen Lettern: „Your vote will lead us to Greatness. Your vote will unleash a new GOLDEN AGE! Your vote will MAKE AMERICA GREAT AGAIN! GREATER THAN EVER BEFORE!”

Jetzt erklärt er, dass sein Wahlsieg „für immer als der Tag in Erinnerung bleiben wird, an dem das amerikanische Volk wieder die Kontrolle des Landes gewonnen hat“. Überhaupt spart nicht mit bombastischer Selbstverklärung und dem Versprechen, alles richten zu können. Vor ihm hat die Wirklichkeit keine Chance. Das scheint zu ziehen, alles scheint ganz einfach zu sein, um Donald und Amerika wieder groß zu machen.

Er gibt sich also als Volkes Wille und Vollstrecker – und seine Anhänger, die deutlich während der Biden-Regierung zugenommen haben, glauben ihm. Man wird sehen, wie er als Volkes Wille mit der Opposition im Land umgehen wird. Man wird auch sehen müssen, ob er die vielen, meist vagen Wahlversprechen als Heiland, wie er sich gibt, wird erfüllen können. Ziemlich sicher nicht.

Gut möglich, dass im Unterschied zur ersten Präsidentschaft die Begeisterung schnell wieder abnimmt, wenn er es nicht schafft, schnell die Grenze zu schließen, die größte Abschiebung zu schaffen, in einem Tag den Krieg in der Ukraine zu beenden und ein goldenes Zeitalter für das wieder groß gewordene Amerika einzuläuten, in dem auch die Armen und Geringverdiener prosperieren.  Letzteres ist nicht zu erwarten, eher schon wieder Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen.

An Völkerrecht, überhaupt an internationalem Recht ist Trump nicht wirklich orientiert, allerdings hat sich Washington meist nur dessen bedient, wenn es seinen Interessen entsprach. Ob er im Nahen Osten einen Deal zur Beendigung des Kriegs machen kann oder mit der Unterstützung von Israel gegen den Iran vorgeht und weiter eskaliert, wird spannend werden. Netanjahu jubelt auf jeden Fall und hatte schon mal seinen Verteidigungsminister Gallant entlassen, um weiter ungehindert Krieg führen zu können. Versprochen hat er: „Ich werde Kriege stoppen. Keine Kriege mehr während meiner Amtszeit.“

Der ukrainische Präsident Selenskij versucht verständlicherweise sich schnell freudig zu zeigen bzw. sich anzudienen und schreibt: „Wir freuen uns auf eine Ära der starken Vereinigten Staaten von Amerika unter der entschlossenen Führung von Präsident Trump. Wir zählen auf die anhaltend starke parteiübergreifende Unterstützung für die Ukraine in den Vereinigten Staaten.“ In Berlin wird Panik herrschen, weil man sich zu eng an Biden und die Demokraten gebunden hat. Jetzt steht man mit Europa wahrscheinlich allein an der Seite der Ukraine und muss, um Trump bei der Stange und der Nato zu halten, massiv aufrüsten. Das wird, wenn keine schnelle Umorientierung erfolgt, extrem teuer werden und neue Schuldenaufnahme sowie Sparmaßnahmen im sozialen Bereich erfordern. Es könnte vor dem Wahljahr unruhig werden, wenn die Regierung nicht schon vorher zerbricht.

Erwartbar ist zudem, dass Trump wieder in den Wirtschaftskrieg einsteigt und hohe Zölle verhängen wird, unter denen die Wirtschaft Europas und Chinas leiden wird. Klar ist auch, dass unter dem „Drill-drill-drill“-Präsidenten Klima-, Arten- und Umweltschutz keine Rolle mehr spielen. Ob Trump durch den „deep state“, wie er dies nannte, wieder in Zaum gehalten werden kann, ist fraglich. Vermutlich werden Ministerien und Behörden nach dem Plan der Heritage Foundation „Project 2025“ gesäubert und mit Trump-Treuen besetzt. Elon Musk sieht jedenfalls eine „fantastische“ Zukunft, was er mit einer Rakete beim Flug ins Weltall illustriert.

Erstveröffentlicht im Overton Magazin v. 6.11. 2024
https://overton-magazin.de/top-story/wahlsieger-trump-verspricht-goldenes-zeitalter-fuer-die-usa/

Wir danken für das Publikationsrecht.

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