Berlin, 21. Juni 2025. Der Knoten ist geplatzt. Auch in Deutschland gibt es jetzt Massenproteste gegen den Völkermord in Gaza und die deutsche Komplizenschaft und Unterstützung von Israel.
Noch vor 16 Uhr hatte die Polizei „mehr als 15 000“ [1] das sind die Zahlen gegenüber RBB und ARD, im ZDF wurden nicht näher spezifiziert 12 000 laut Polizei genannt. Menschen vermeldet, die sich vis a vis dem Reichstagsgebäude auf dem Platz der Republik versammelten. Und immer noch strömten tausende weitere Demonstranten auf den Platz. Seitens der Veranstalter wurden zunächst „deutlich über 30 000“ [2] die Veranstalter korrigierten später Ihre Zahl nach Auswertung des Bildmaterials auf 60 000 nach oben angegeben. Teilnehmer schätzten, dass auch diese Zahl zu niedrig gegriffen ist. Sie fühlten sich an die großen „Brandmauer“ – Proteste letztes Jahr und die Klimaproteste vor sechs Jahren erinnert. Da lauteten die Zahlen 120 bis 250 Tausend. Der Platz war randvoll und die Massen drängten sich angesichts der unsäglichen Hitze zusätzlich in Scharen unter die schattigen Bäume im hintergelegenen Parkgelände.


21.Juni 2025, Platz der Republik randvoll. Letzte Zahl der Veranstalter: 60 000
Anders als in anderen europäischen Ländern – Frankreich, Spanien, Niederlande, Belgien, Großbritannien – wo die großen zivilen Organisationen und maßgeblich die Gewerkschaften den Protest mitorganisieren, musste es hierzulande vor allem eine Initiative von unten sein. Große Organisationen, die sonst so den Mund voll nehmen über die Verteidigung von Menschenrechten -wie Campact oder der DGB zum Beispiel – wollen angesichts des „bestdokumentierten Völkermords der Menschheitsgeschichte“ nichts sehen und erkennen wollen und hüllen sich auch nach Monaten der Barbarei in Schweigen. Dieses Schweigen gilt ebenso für die aktive Unterstützung der aktuell völkerechtswidrigen Angriffe auf den Iran!
„Wir sind zwei palästinensische Einzelpersonen unabhängig von Parteien/Organisationen. Amin stammt aus Hebron (West Bank), Abed hat den Genozid in Gaza nur knapp überlebt. Uns verbindet das Ziel, der palästinensischen Perspektive Gehör zu verschaffen- einer Stimme, die in Deutschland systematisch ausgeblendet wird.
Für Völkerrecht, Gerechtigkeit und Solidarität ,“ hiess es im Aufruf zu dieser Demonstration.
Ihr Ziel: „Gemeinsam mit Aktivist:innen aus der palästinensischen und Palästina-solidarischen Community, NGOs und Parteien organisieren wir eine Massendemonstration. Ein starkes, menschliches Zeichen gegen Genozid, Vertreibung und staatliche Komplizenschaft. Unsere Botschaft: Schluss mit der Komplizenschaft- Solidarität ist Pflicht.“
Die Hauptforderungen von Zehntausenden in Berlins Straßen an diesem Samstag:
- Sofortiges Ende der Unterstützung des Israelischen Genozids, der Apartheid und der illegalen Besatzung in all ihren Formen-politisch, diplomatisch, wirtschaftlich und militärisch.
- Achtung des Völkerrechts und Unterstützung internationaler juristischer Maẞnahmen sowie Reparationen an das palästinensische Volk.
- Entkriminalisierung der Anti-Genozid und Palästina-solidarischen Stimmen, Symbole und Proteste!


Neben den genannten Hauptforderungen und der direkten Solidarität mit Palästinenser:innen war das Bild der Demonstration inhaltlich zu großen Teilen geprägt von der Kritik an der rassistischen und imperialen Vorherrschaftspolitik des kapitalistischen Westens in Nahost – mit einem zionistischen Israel als Kettenhund. Es gab auch unter der Masse rektionäre Symbolik. Der Kampf aber verbindet. Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religionen – Jüd:innen wie Muslim:innen, Männer und Frauen….religiöse wie nicht relgiöse Menschen, trans Frauen und Queers aller Hautfarben traten gemeinsam auf. Und das Wesentliche dabei: Nationalistische und patriarchalische Vorurteile können so abgebaut werden. Visionen der Befreiung vom kapitalistischen, imperialen wie patriarchalen Joch wurden artikuliert.
Nicht nur die Veranstalter waren von dem großen Andrang überrascht -sie hatten höchstens 5000 Teilnehmer erwartet und angemeldet – , sondern auch die Berliner Ordnungsbehörden. Die Polizeikräfte befanden sich entgegen sonstigen Propalästinademonstrationen eindeutig in „Unterzahl“. So kam es zu dem in Berlin seltenen „Wunder“ , dass es lange friedlich blieb, obwohl sich noch nie zuvor hier soviele „Antisemiten“ nach Lesart des Regierenden Bürgermeisters wie diesen Samstag zusammengefunden hatten. Oder liegt diese plötzliche Zurückhaltung der Polizei daran, dass der Menschenrechtskommissar des Europarats gerade erst explizit die extreme Polizeigewalt in Berlin im Zusammenhang mit Palästinasolidarität hart kritisiert hat?


Erst zu späterer Stunde, als die Zahl der Demonstranten abgenommen und das Kräfteverhältnis zugunsten der Polizei sich gewandelt hatte, soll es dann doch noch zu einer durch die Polizei hervorgerufenen kritischen Situation mit Verletzten unter den Teilnehmer:innen gekommen sein.
Eine Woche zuvor hatte es schon eine größere Protestkundgebung mit ca. 4000 Teilnehmer:innen in Berlin gegeben, organisiert von der Friedenskoordination Berlin sowie dem Bündnis „Nie wieder Krieg“. Auch hier wurden der Vökermord in Gaza, die israelischen Angriffskriege und die Mittäterschaft des Westens, insbesondere der USA und Deutschlands, unmissverständlich verurteilt.


Neben Vertreter:innen der betroffenen Migranten selbst boten auch Sprecher:innen von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, der Friedensbewegung sowie der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft für Migration von Verdi dem Kurs deutscher „Staatsräson“ mit klaren Worten die Stirn. Unter den Demonstranten deutlich sichtbar Mitglieder:innen der verschiedenen DGB Gewerkschaften, die sich der Burgfriedenspolitik ihrer Führungen mit den geostrategischenZielen des Deutschen Kapitals nicht unterordnen wollen.
Es muß zusammenkommen, was zusammengehört! Und es muss vor allem nachhaltiger weden!
80 Prozent aller Deutschen lehnen das Vorgehen Israels ab. Es wird Zeit, daß die verschiedenen Initiativen dieser übergroßen Mehrheit der Deutschen eine gemeinsame unüberhörbare Stimme verleihen und die Menschen noch mehr mobilisiert werden. Es muss öffentlicher Druck aufgebaut werden – sichtbar auf den Strassen und auch in den Betrieben -, damit sich bei den Regierenden in Deutschland endlich etwas bewegt, nicht mit Worten oder pharisäerhaften Phrasen, sondern mit Taten. Jegliche Form von Mittäterschaft und Unterstützung von Israels Krieg muss endlich eingestellt werden. Die Menschen in Gaza – aber auch in der Westbank, in Libanon, in Syrien und jetzt aktuell im Iran – können nicht warten.
Siehe auch aktuell: Es um alles, nicht nur um den Iran
Titelbild: Gaza united, Fotos Peter Vlatten




Schlussbemerkung. Die Berliner Presse hält sich auffällig bedeckt und tut alles, das Geschehen kleinzureden oder mit Schweigen zu übergehen!