Der Boss regelt das

Viele halten Donald Trump für wahnsinnig. Sein Zollkrieg gegen den Rest der Welt zeigt allerdings erste Erfolge

Bild: pixabay

Donald Trump hat sich vorgenommen, den Vereinigten Staaten wieder zu ihrem Recht als Weltmacht Nummer Eins zu verhelfen. Um seinem Land die dafür nötige ökonomische Basis zu sichern, hat er dem Rest der Welt Zölle angedroht und diese Drohung mit einem Angebot garniert: Wer tut, was Trump will, für den sinken die Zölle wieder. Nun liegen die ersten vorläufigen Verhandlungsergebnisse vor und es zeigt sich: Der US-Präsident hat einige Erfolge vorzuweisen.

Japan zum Beispiel muss künftig für Exporte in die USA 15 Prozent Zoll zahlen. Zusätzlich schafft Tokio einen 550 Milliarden schweren Investitionsfonds, der in den USA anlegt und 90 Prozent seiner Profite dort belässt. Daneben verpflichtet sich Tokio, 100 Boeing-Flugzeuge zu erwerben und für einige Milliarden Dollar mehr Reis und Rüstungsgüter aus den USA zu kaufen.

Indonesien muss für Lieferungen in die USA einen Zoll von 19 Prozent zahlen und gewährt US-Gütern gleichzeitig Zollfreiheit. Zudem streicht es eine geplante Daten-Steuer für US-Tech-Konzerne, kauft in den USA für 15 Milliarden Dollar Flüssiggas, für drei Milliarden Flugzeuge und für 4,5 Milliarden Agrargüter. Für den Import von Autos, Nahrungsmitteln und Pharmaprodukte gelten künftig nicht mehr die indonesischen Produktstandards, sondern die US-amerikanischen – das freut die US-Konzerne.

Für die Philippinen steigt der US-Zoll auf 17 Prozent, das Land schafft seinerseits seine Zölle auf US-Produkte ab und kauft den Vereinigten Staaten mehr Soja, Weizen und Pharmaprodukte ab. Auch Vietnam lässt künftig US-Güter zollfrei importieren, erhält aber seinerseits einen Zoll auf Exporte in die USA von 20 Prozent – für weiterverarbeitete Güter aus »nicht-marktwirtschaftlichen Ländern«, sprich China, werden sogar 40 Prozent fällig. Zudem muss Vietnam für drei Milliarden Dollar Agrarprodukte in den USA einkaufen. Und laut Medienberichten hat auch die EU inzwischen eingelenkt. Europas Ausfuhren in die USA werden künftig mit 15 statt nur mit fünf Prozent Zoll belegt.

Export in die USA – ein Privileg!

Mit den Zöllen setzt Trump erfolgreich durch, dass der Zugang zum riesigen US-Markt kein Recht ist, sondern ein Privileg, für das gezahlt werden muss. Eingeführt wird ein globales Tribut-System, wobei noch unklar ist, wer diesen Tribut am Ende bezahlt – die ausländischen Exporteure durch Umsatz- oder Gewinneinbußen oder die US-Verbraucher durch höhere Preise. Wahrscheinlich beide.

Ob die US-Regierung damit ihre Ziele erreichen wird, wird man sehen. Zunächst bleibt festzuhalten, dass Trumps Rechnung aufzugehen scheint: Washingtons Zolleinnahmen sprudeln bereits und finanzieren die Steuersenkungen für Reiche ebenso wie die Aufrüstung der USA. Die Folgen der Zölle auf die US-Ökonomie dürften begrenzt bleiben. Laut aktuellen Prognosen wird die Inflationsrate zwar etwas steigen, aber nicht aus dem Ruder laufen. Die Profite der US-Konzerne sinken etwas, jedoch liegen sie derzeit ohnehin überdurchschnittlich hoch. Das US-Wirtschaftswachstum dürfte etwas leiden. Aber die große Krise wird nicht mehr erwartet. Das zumindest zeigen die Rekordhöhen, auf die die Aktienmärkte gestiegen sind und die eine breit angelegte Spekulation auf den Sieg der USA im globalen Machtkampf widerspiegeln.

Eine globale Allianz gegen die USA hat sich zudem nicht gegründet. Denn ihr fehlt offenbar die Basis, was sich auch beim Gipfeltreffen zwischen der EU und China am Donnerstag zeigte. Die beiden Welthandelsmächte sehen einander eher als Konkurrenten und weniger als Verbündete. Das dürfte auch daran liegen, dass die US-Regierung jede entschiedene Gegenwehr zu bestrafen gewillt ist: Alle Handelsvereinbarungen stehen unter dem Vorbehalt, dass ihre Ergebnisse dem US-Präsidenten behagen. Er persönlich wird sie quartalsweise begutachten. Planungssicherheit erhält niemand, so Trump-Berater Peter Navarro. »Nichts ist abschließend geregelt, bis der Boss sagt, dass es geregelt ist.«

Erstveröffentlicht im nd v. 25.7. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192838.donald-trump-der-boss-regelt-das.html?sstr=Kaufmann

Wir danken für das Publikationsrecht.

Der Präsident und sein Recht

Mit höchstrichterlichem Segen führt Trump die USA in eine autoritäre Zukunft

Von Max Böhnel

Die sich hinter dem NATO-Schutzschild versammelnde Medienwelt ist längst einig, dass „Putin“ die Inkarnation autokratischer Barbarei verkörpert. Freund-Feind-Propaganda benötigt die Personifizierung und Vereinfachung politischer Verantwortlichkeiten. Schließlich ist er der Häuptling des neuen zu bekriegenden „Reich des Bösen“. Etwas verunsichert und irritiert nähert sie sich der Person, die in den vorbereiteten Kriegen den Oberbefehlshaber „der Guten“ stellt und in dessen Anhängigkeit man sich gibt. Dieser Mann wird die Macht haben die entscheidenden Knöpfe zu drücken, die über Leben und Tod von Millionen entscheiden. Eine makabre Vorstellung. Sie zeigt: Die Vormacht des „wertegeleiteten Westens“ symbolisiert keine menschenfreundliche schöne Landschaft mehr, deren Zierde eine lebendige Demokratie ist, sondern nur noch eine makabre Karikatur derselben. (Jochen Gester)

Erst ein Achtel seiner Amtsperiode hat Donald Trump hinter sich. Doch hat der US-Präsident bereits zahlreiche seiner innenpolitischen Wahlversprechen eingelöst: Migrant*innen werden in Massen abgeschoben, Reiche erhalten Steuererleichterungen, der Staatsapparat wird verkleinert und von »linken« Ideen gesäubert. In Umfragen allerdings schneiden der Präsident und seine ihm treue Republikaner-Partei schlecht ab, die Zustimmungswerte fallen rasant. Doch hat Trump sich längst unabhängig von der öffentlichen Meinung gemacht. Denn er hat seine ersten Monate dazu genutzt, große Teile der Medien, des Justiz- und Verwaltungsapparats auf Linie zu bringen.

Die Umfragen so ziemlich aller Meinungsforschungsinstitute kommen zu einem eindeutigen Ergebnis: »disapprove« (ablehnend) und »wrong track« (auf dem Irrweg) lautet das Resumée der Bevölkerung, wenn sie gefragt wird nach der Regierungspolitik und der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der USA. Trump und seine Politik erhalten dabei »disapprove«-Werte von 55 bis 60 Prozent, der republikanisch dominierte Kongress fällt noch weiter ab. Der Präsident verfolge »eine Agenda aus Sabotage, Plünderung und Verrat«, schreibt das progressiv-liberalen Magazin »The New Republic«.

Allerdings ist zweifelhaft, ob sich aus der öffentlichen Meinung aussagekräftige Prognosen über die Zukunft des Landes ableiten lassen – schließlich nimmt der Autoritarismus in den USA zu. Dabei erhält Trumps Exekutive Rückendeckung von der Judikative. Jüngstes Beispiel ist eine Entscheidung des obersten Gerichts, des Supreme Court. Die Mehrheit der sechs konservativ bis rechtsextrem tendierenden Richter entschied Anfang dieser Woche, dass die Trump-Regierung mit der Auflösung des Bundesbildungsministeriums fortfahren könne. Das Gericht machte dadurch den Weg frei für umfangreiche Entlassungen, die ein Bundesrichter bislang blockiert hatte. Die Entscheidung stützt die Strategie der Trump-Regierung, Bundesbehörden nach ihren Wünschen umzustrukturieren – unter Umgehung des Parlaments.

Seit sechs Monaten regiert Trump mit Dekreten, Drohungen und Einschüchterung.

Auch der Einsatz des Militärs gegen Proteste in Los Angeles erfolgt nun mit richterlicher Zustimmung. Dort wehren sich immer mehr Menschen gegen die harte Abschiebepraxis der Regierung. Infolge der Proteste hatte Trump den Einsatz von 4100 Nationalgardisten und 700 Marines angeordnet, die dort aufmarschierten – gegen den Widerstand von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom und Bürgermeisterin Karen Bass. Sie verurteilten den Einsatz als rechtswidrig, ebenso wie Bundesrichter Charles Breyer, der Trumps Machtanspruch scharf kritisierte. Doch ein Berufungsgericht mit zwei von Trump ernannten Richtern entschied kurz darauf: Der Präsident darf ohne Zustimmung des Gouverneurs Truppen entsenden, und Gerichte hätten darüber nicht zu urteilen. Desweiteren billigte der Supreme Court in einem Urteil Trumps Vorgehen gegen das Geburtsortsprinzip, laut dem alle Personen, die auf US-amerikanischem Boden geboren werden, automatisch US-amerikanische Staatsbürger sind, unabhängig vom Aufenthaltsstatus ihrer Eltern. Einstweilige Verfügungen gegen Trumps Anordnung schränkte das oberste Gericht ein.

Die richterliche Rückendeckung ermöglicht damit »die Ausweitung der präsidentiellen Macht – zugunsten eines Präsidenten, der ohnehin eine maximalistische Auffassung von Exekutivmacht hat«, so das Online-Magazin »Politico«. Gestützt wird diese Macht auf ein weiteres folgenreiches Urteil des Supreme Court vom Sommer vergangenen Jahres. Es sichert dem Präsidenten weitgehende Immunität für amtliche Handlungen zu.

Unterhalb der Entscheidungen des Supreme Court regiert Trump seit sechs Monaten mithilfe von Dekreten, Drohungen und Einschüchterung. Bis dato handelt es sich um 170 präsidentielle Verfügungen, die meisten davon hatte er in den ersten Wochen nach seiner Amtsübernahme unterzeichnet. Sie waren während der vier Biden-Jahre systematisch vom rechten Thinktank Heritage Foundation entworfen worden und kulminierten im „Project 2025“. Sein Ziel: die politische Opposition mit einer Welle von Maßnahmen zu überrumpeln und den Staatsapparat autoritär umzubauen.

Die Strategie hat Erfolg: Anwaltskanzleien und etliche Universitäten beugen sich mit wenigen Ausnahmen den Forderungen der Regierung. Auch immer mehr Medienkonzerne knicken vor Trump und den Republikanern ein. Mit Zahlungen von Millionen von Dollars versuchen die Konglomerate, Trumps Einschüchterungen und Klagen zuvor- oder entgegenzukommen – etwa der Sender CBS, der dem Entertainmentkonzern Paramount gehört, oder der Sender ABC des Disney-Konzerns. Schon im Wahlkampf hatten sich die »Washington Post« – Eigentümer ist Amazon-Chef Jeff Bezos – und die »Los Angeles Times« in vorbeugendem Gehorsam geübt, indem sie auf die sonst üblichen Wahlempfehlungen verzichteten. Nach wie vor diffamiert Trump ihm nicht genehme Medien als »Volksfeinde«. Im Visier der US-Regierung und ihrer Zuträger im Kongress stehen die halb-öffentlichen Rundfunk- und Fernsehprogramme NPR und PBS, denen die staatlichen Zuschüsse entzogen werden sollen.

Trumps Dekreten und Drohungen folgte am 4. Juli das folgenreichste Gesetzespaket seit Jahrzehnten: der Staatshaushalt, genannt »One Big Beautiful Bill Act« (OBBBA), mit dem Trump die staatlichen Gelder dorthin lenkt, wo er sie haben will. Zustande kam der Haushalt ohne Anhörungen von Experten und unter massivem Druck von Trump auf die Republikaner-Partei. OBBA spiegelt die innenpolitische Agenda der radikalen Rechten wider: militärische Aufrüstung und der Ausbau der Zoll- und Immigrationsbehörde zur mit Abstand größten Bundespolizei der USA. Dazu kommen dauerhafte Steuererleichterungen für die Reichsten und drastische Sozialkürzungen für die Armen. So ein Programm lässt sich tatsächlich nur autoritär durchsetzen.

Erstpubliziert im nd v. 18.7. 2025
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192684.halbes-jahr-trump-handelskrieg-trumps-lektionen.html?sstr=Der|Pr%C3%A4sident|und|sein|Recht

Wir danken für das Publikationsrecht.

Offener Brief eines Hafenarbeiters an die Gewerkschaft ver.di

Bild: Ein palästinensischer Mann wird verwundet, während Hunderte weitere, mit Mehlsäcken beladen, die Al-Rashid-Straße entlanggehen, nachdem Hilfsgüterlastwagen am 17. Juni 2025 durch das Gebiet Zikim im Norden von Gaza-Stadt gefahren sind. Mehrere der Hilfesuchenden wurden von israelischen Streitkräften erschossen. (Yousef Zaanoun/Activestills)

Mohammed Allatar, Arbeiter im Hamburger Hafen, ist verweifelt über die Greuel der israelischen Armee in Gaza und hat bereits einen Aufruf verfasst, in dem er ein Ende des Schweigens über den Genozid und deutliche Worte gewerkschaftlicher Solidarität eingefordert hat. Wir haben darüber bereits berichtet.

https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/appell-eines-palaestinensischen-hafenarbeiters-an-seine-kollegen-im-hamburger-hafen-aber-auch-an-uns-alle/

Nun hat der Kollege die Initiative zu einem Offenen Brief an den ver.di-Vorstand ergriffen, um so eine Änderung der Haltung seiner Gewerkschaft zu erreichen. Er wünscht sich, dass möglichst viele diesen Brief unterstützen. Das sollten wir mit vollem Herzen tun. Bitte auch weiterleiten.

Hier ist der Link zum Aufruf und zum Unterzeichnen:

https://i.diem25.org/de/petitions/226



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