Ausstieg aus fossilen Öl- und Gasheizungen

Wie kann eine sozial-ökologische Wärmewende aussehen?

Vorbemerkung : Der Wohnungssektor ist ein Pulverfass. In kaum einem anderen Bereich werden die aktuellen Krisen so spürbar. Mehrfamilienhäuser, wo die meisten Mieter leben, sind der blinde Fleck der sozialen Wärmewende [1]Mehrfamilienhäuser: Der blinde Fleck der sozialen Wärmewende – Rosa-Luxemburg-Stiftung (rosalux.de) . Habeck treibt mit seinen Wärmepumpenverordnungen diese Krise auf die Spitze. Seine Maßnahmen begünstigen eine grüne Unternehmerlobby und priorisieren „indiviualsierte markgerechte“ Lösungen, die die Menschen aus eigener Tasche zahlen müssen. Die versprochenen sozialen Abfederungen bleiben aufgrund anderer Prioritäten im Rahmen der Zeitenwende lediglich ein Tropfen auf dem heissen Stein. Die Wohnkosten werden ein weiteres Mal explodieren. Selbst viele Mittelständler werden die Kosten nicht stemmen können und zu zahlreichen Notverkäufen an die großen Immobilienkonzerne gezwungen sein.

Wie eine sozial gerechte ökologische Wärmewende aussehen könnte, beschreibt Klaus Maier in dem folgenden Beitrag. Wärmepumpen können in etlichen Fällen Teil eines sinnvollen ökologischen Umbaus sein. Viele Lösungen, insbesondere Fernwärmenetze mit zentralen grünen Energiequellen [2] Kopenhagens Klima-Trumpf heißt Fernwärme für alle | NDR.de – Nachrichten – NDR Info, sind aber – gerade im Fall von Mehrfamilienhäusern und Großstadträumen- deutlich kostengünstiger, ökologisch zielfführender und praktisch umsetzbarer als der von der Regierung propagierte „Wärempumpenhammer“. Es reicht ein Blick über die Grenze nach Kopenhagen, wo man in großen Schritten mithilfe von Fernwärmenetzen und grünen Energiequellen in Richtung Klimaneutralität marschiert. Das Wärmepumpenkonzept ist dagegen voll auf den freien Markt mit privater Profitmaximierung ausgerichtet und braucht ganz und gar nicht unter staatlicher Verantwortung zentral umgesetzt und gemeinwohlorientiert finanziert werden. Trotzdem wären die Kosten auch für einen sozialverträglichen Umbau immer noch erheblich. Schätzungsweise 50 Milliarden, soviel wie die Bundeswehr bzw. zuletzt allein die DAX Konzerne an Dividende ausgeschüttet haben, müsste der Staat pro Jahr zuschiessen.

Die Gesamtklimabilanz der Ampel im Gebäudesektor wäre aber selbst dann verheerend , wenn der vorgelegte Geisterfahrerplan für Wärmepumpen entgegen allen Erwartungen zu 100 Prozent erfüllt würde. Es bleibt eine klimapolitische Mogelpackung. Denn das verbliebene Gas wird durch LNG Gas ersetzt, dessen erhöhte CO2 Werte den eingesparten Anteil am bisherigem Gas weit übersteigen [3]LNG: Gasheizungen noch schlechter als Wärmepumpen? Ingenieur hat die Antwort (berliner-zeitung.de) [4] Habeck will keine Gasheizungen mehr: Warum lässt er dann so viele LNG-Terminals bauen? (berliner-zeitung.de) . Ausserdem, immer mehr Menschen fragen sich : Wozu der maßlose Ausbau von LNG Terminals und die daraus resultierende Gasüberversorgung mit bis zu 20 jährigen Lieferverträgen? [5] Auch empfehlenswert in diesem Zusammenhang unser Artikel : Rügen wehrt sich gegen LNG Terminals Wohl doch nur für die Absicherung einer neuen profitgetriebenen industriellen Wachstumsstory!

Notwendig wäre: Klimabewegung, Sozialbewegung und Friedensbewegung erkämpfen gemeinsam eine wirksame und sozialverträgliche Wärmewende gegen die Politik der Ampel und Kapitalinteressen! Beim großen Klimastreik am 3.März skandierten zwar viele Aktivisten in Berlin „Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten. Und wer ist mit dabei? Die grüne Partei!“ Aber große Teile der Klimabewegung in Deutschland -anders als zum Beispiel in Italien oder Frankreich- hängen aktuell noch (?) am Tropfen einer grünen bellezistischen Kapitallobby und konterkarieren damit ihren eigenen Kampf gegen den Klimawandel. Organisationen wie Campact verbreiten die irrsinnige Illusion, das ganze Klimadesaster der Ampel ginge allein zulasten der FDP.

Unterstützt auch die Petition und lest unseren Beitrag " Rügen wehrt sich gegen LNG Terminals"  , Kanzler und Habeck erteilten den Menschen in Rügen gestern eine Absage.

Der von der Ampel abgesegnete Entwurf von Habeck treibt die erforderliche soziale Akzeptanz für notwendige Klimamaßnahmen im Gebäudesektor in den Keller [6]Heizungsverbot ab 2024: Was erwartet nach Habecks Plan die Mieter? (berliner-zeitung.de). Das spielt rechtskonservativen Klimamaßnahmenverhinderern sowie rechten Hetzern und Klimaleugnern voll in die Hände. Gleichzeitig wird das Vorhaben von finanziellen Interessensgruppen, die sich nicht ausreichend berücksichtigt fühlen, zerpflückt. Wer sich mit dem Teufel namens „Kapital“ auf Teufel komm raus einlässt und sich seiner finanziellen Spielräume durch eine extensive Militarisierungspolitik beraubt, der hat eben nur noch die Wahl zwischen Haifischbecken und Hölle. Der von der Regierung eingeschlagene Weg ist sozial- wie klimapolitisch eine Katastrophe. (Peter Vlatten)

Wie kann eine sozial-ökologische Wäremwende aussehen?

von Klaus Meier , März 2023

Das Heizen der Gebäude mit Kohle, Öl und Erdgas verursacht rund ein Viertel der deutschen Treibhausgasemissionen. Gleichzeitig wird die Wärmeversorgung für viele Menschen aufgrund der gestiegenen Preise zur existenziellen Kostenfalle. Der grüne Wirtschaftsminister Habeck gibt zwar vor, dass er klimapolitisch umsteuern will. Doch in der Praxis lässt er überdimensionierte LNG-Terminals bauen und zeichnet extrem langfristige Flüssiggaslieferverträge. Zudem hat seine Wärmepumpenförderung eine Schlagseite: Sie orientiert vor allem auf Einfamilienhäuser statt auf die Menschen in den städtischen Regionen.

Mittlerweile gibt es viele Beispiele von neuen oder grundsanierten Häusern, die thermisch gut isoliert sind und einen niedrigen Energieverbrauch haben. Sie lassen sich problemlos CO2-neutral mit Wärmepumpen heizen. Sie funktionieren nach dem umgekehrten Kühlschrankprinzip: Während dieser Wärme von innen nach außen pumpt, holen Wärmepumpen mit wenig elektrischer Energie große Mengen Umweltwärme in die Häuser und heben sie dabei auf ein höheres Temperaturniveau.
Das klingt nach einer einfachen Lösung, um einen Ausstieg aus der fossilen Wärmeversorgung zu erreichen. Doch geht das auch so einfach für die Mehrfamilienhäuser in den Städten? Hier sind Luftwärmepumpen wegen ihrer Lärmentwicklung eher ungeeignet. Für Erdwärmesysteme braucht man Freiflächen, für die die Innenhöfe in den Städten meist zu klein sind. Und Solarthermiemodule auf den Dächern liefern vor allem im Sommer warmes Wasser, aber für die allgemeine Heizungsversorgung reichen sie nicht.

So bleibt in den urbanen Räumen vor allem eine Option: Fern- und Nahwärme. Ansätze für diese Schlüsseltechnologie gibt es bereits in vielen Städten. Sie ist aber in Deutschland im Vergleich zu unseren nordeuropäischen Nachbarn unterentwickelt. So werden in Dänemark 63 Prozent der Häuser mit Fernwärme versorgt, in der Großstadt Kopenhagen sind es 98 Prozent und in Stockholm 70 Prozent. Bisher wird zwar auch in Skandinavien der größte Teil dieser Wärme noch mit Erdgas erzeugt, doch Fernwärme hat einen großen Vorteil für eine ökologische Wärmewende: Es müssen nur die Zentralen auf erneuerbare Wärme umgestellt werden, statt in zahllosen privaten Kellern neue Heizsysteme zu installieren.
Die Dekarbonisierung ist in Dänemark und Schweden bereits angelaufen. So kommen in Stockholm bereits 98 Prozent der Fernwärme aus erneuerbarer oder recycelter Energie. Großwärmepumpen nutzen dabei die Abwärme von Industrieanlagen oder gewinnen Wärme aus der Kanalisation und der Ostsee. Diese Energie wird dann in das Fernwärmenetz übertragen. Deutschland hinkt mit einem Fernwärmeanteil von nur 10 Prozent deutlich hinter den skandinavischen Ländern her. Und davon stammen wieder nur 17 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen.

Ein Großteil der hiesigen Fernwärmenetze liegt in Ostdeutschland, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, wo deutlich mehr auf Fernwärme gesetzt wurde als in der BRD. So liegt der Fernwärmeanteil der Wohnungen in Leipzig bei 34 Prozent, in Cottbus bei 50 und in Berlin bei 37 Prozent.
Im Westen wurde dagegen in der Vergangenheit vor allem auf private Heizungen in den Kellern gesetzt. Definitiv eine Fehlentwicklung. Die hing vor allem damit zusammen, dass die Heizungsbaukonzerne so auf einfache Weise einen kontinuierlichen Absatz und hohe Profite generieren konnten. Fernwärme wurde dagegen als lästige Konkurrenz begriffen.

Fernwärme ausbauen!
Wie kann nun eine Wärmewende in den deutschen urbanen Gebieten schnell erreicht werden? Trotz der benannten Defizite hat hierzulande ein Viertel der Städte und Gemeinden bereits eine Fernwärmeinfrastruktur. Fernwärmeanbieter schließen Jahr für Jahr mehr Gebäude an ihre Netze an. Stadtteile, in denen bereits Leitungen liegen, bilden dabei eine Brücke für die Ausweitung des bestehenden Wärmenetzes. Eine ausreichende finanzielle Förderung vorausgesetzt, ließe sich das Netz sehr schnell ausbauen. Nach Ansicht des Energieeffizienzverbands könnte der Fernwärmeanteil in Deutschland bis 2030 auf 30 Prozent verdreifacht werden. In den großen Städten mit über 100000 Einwohnern könnte so rund die Hälfte des Verbrauchs gedeckt werden, in mittelgroßen Städten mit mehr als 20000 Einwohnern wären es 20 Prozent und in den Kleinstädten immerhin 10 Prozent. Das wäre ein Anfang.

Parallel dazu muss natürlich die Fernwärme dekarbonisiert werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. So zieht der Mannheimer Versorger MVV mit Hilfe von Großwärmepumpen Wärme aus dem Rhein und Abwärme aus industriellen Prozessen. In Berlin soll zukünftig Wärme aus dem Abwassernetz und aus Rechenzentren geholt werden. Doch das allein wird nicht reichen. Eine wichtige Maßnahme wäre der Bau von großen saisonalen Wärmespeichern direkt in den urbanen Gebieten. Felder von Solarthermie-Panels könnten im Sommer große Mengen solarer Wärme einfangen und in diesen Speichern ablegen. In den Wintermonaten könnte dann darauf wieder zugegriffen und die Wärme direkt zu den Häusern geleitet werden.
Speicher und Solarthermie-Anlagen sind eine erprobte Technologie. Sie brauchen aber viel Platz. Es stellt sich die Frage, wo der in den Städten vorhanden ist. Anbieten würden sich neben Hausdächern auch Flächen, auf denen heute noch Stadtautobahnen und mehrspurige überdimensionierte Straßen verlaufen. Auch Parkhäuser könnten zu Wärmespeichern umgebaut werden. Durch diese städtischen Umgestaltungen, weg vom Auto, könnte schnell Platz gewonnen werden für über- und unterirdische Wärmespeicher und für Solarthermiefelder.
Neben den heißen Fernwärmenetzen (80–90 °C) müssten zudem in den Städten Niedertemperaturwärmenetze (30–50 °C) aufgebaut werden. Sie haben deutlich weniger Transportverluste und Umweltwärme ließe sich besser in diese Netze einspeisen. Mit ihnen kann die Wärme zu den Wohnblöcken geführt werden, wo sie mit Hilfe von Wärmepumpen auf das jeweils passende Wärmebedarfsniveau angehoben werden kann. Diese neuen »kalten« Netze können im Sommer auch genutzt werden, um Wärme aus den Häusern abzuführen. Eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit für die kommenden Hitzesommer, die einen zunehmenden Kühlungsbedarf erzeugen werden.

Geothermie
Neben der Solarthermie und der Gewinnung von Umweltwärme können in vielen Regionen auch Quellen der Tiefengeothermie genutzt werden. So liegt in Süddeutschland zwischen den Alpen im Süden und der Donau im Norden in großer Tiefe eine 600 Meter mächtige, zerklüftete und mit heißem Wasser gefüllte Kalksteinschicht, der sog. Malmkarst. Im Norden liegt die Wassertemperatur noch bei 35 °C und steigt im Süden auf bis zu 160 °C an. In München setzen die Stadtwerke bereits zunehmend auf diese erneuerbare Wärmequelle. Kochend heißes Wasser wird aus über 3000 Meter Tiefe hochgepumpt, die Wärme wird entnommen und das Wasser an anderer Stelle wieder in die Tiefe injiziert. Zur Zeit wird das Heizkraftwerk Süd mitten in der Stadt auf Geothermie umgestellt und soll bald Fernwärme für 80000 Menschen erzeugen. Die heißen Netztemperaturen haben den Vorteil, dass damit auch wenig sanierte Häuser mit Wärme versorgt werden können.
Neben dem Voralpenland gibt es in Deutschland weitere Hotspots der hydrothermalen Tiefengeothermie, etwa im ganzen norddeutschen Tiefland mit den Städten Hamburg, Schwerin oder Berlin. Hinzu kommt der Oberrheingraben bis Rheinland-Pfalz und Südhessen.
Erste Planungen für die Gewinnung von Tiefenwärme gibt es auch in Aachen, Duisburg und Düsseldorf. Bisher gibt es deutschlandweit aber nur 42 tiefengeothermische Heizkraftwerke. Und das, obwohl die Kosten für die Tiefenwärme z.B. in Bayern bei sehr günstigen 6 Cent pro Kilowattstunden liegen. Aber bisher war es für die Politiker einfacher, auf billiges fossiles Erdgas aus Russland zu setzen.
Dabei ist das tiefengeothermische Potenzial laut einer Studie von sechs Forschungsinstituten, die Anfang 2022 verfasst wurde, erheblich. Knapp die Hälfte des deutschen Raumwärmebedarfs ließe sich mit hydrothermaler Tiefengeothermie decken. In Regionen ohne heißes Tiefenwasser gäbe es zudem die Option der trockenen, petrothermalen Tiefengeothermie, bei der Wasser allerdings erst in die Tiefe injiziert werden müsste.
Die Kosten für den Aufbau einer Infrastruktur für die Wärmewende sind nicht unerheblich. Das Wuppertal-Institut hat in einer aktuellen Studie berechnet, dass sich die Wärmewende einschließlich einer großangelegten Wohnungssanierung bis 2035 komplett umsetzen ließe. Bis dahin müsste der Staat aber jedes Jahr zusätzlich 50 Milliarden Euro zum Aufbau der Infrastruktur bereitstellen. Das Geld dafür wäre da, wenn man bedenkt, dass die Bundeswehr jedes Jahr Gelder von über 50 Milliarden Euro sinnfrei verschlingt und dass allein die 40 DAX-Konzerne dieses Jahr wieder über 50 Milliarden Euro als Dividende an die Aktionäre ausschütten werden. Diese Gelder ließen sich – guter Wille der Regierenden vor­aus­ge­setzt – umwidmen und abschöpfen, um so eine neue Wärmeinfrastruktur zu finanzieren.
Und durch eine Konversion von Teilen der Autoindustrie ließen sich auch die notwendigen Produktionskapazitäten dafür schnell bereitstellen – zur Herstellung von Großwärmepumpen, Erdwärmesonden und Erdwärmebohrgeräten, kostengünstig in großer Serienproduktion.

Der Autor ist Mitglied im Netzwerk Ökosozialismus. Wir haben den Beitrag der Sozialistischen Zeitung SoZ entnommen :

https://www.sozonline.de/2023/03/ausstieg-aus-fossilen-oel-und-gasheizungen/

wir danken der Redaktion, den Beitrag übernehmen zu dürfen.

Unterstützt auch die Petition und lest unseren Beitrag “ Rügen wehrt sich gegen LNG Terminals“ , Kanzler und Habeck erteilten den Menschen in Rügen gestern eine Absage.

Rügen wehrt sich gegen LNG Terminals

LNG „Leider Nicht Geil“ dichten die Rügener. Das Projekt der Bundesregierung geht vielen an ihre Lebensgrundlagen. Nicht wenige fragen sich, wozu das eigentlich ? In ihrem Aufruf fassen sie zusammen:

„Direkt vor der Küste der Insel Rügen soll Europas größtes LNG-Infrastrukturprojekt gebaut und für ca. 20 Jahre betrieben werden. Zwei gigantische Terminals und knapp 40 km Pipeline sollen entstehen. Damit wird die Bundesregierung das Ökosystem der Insel Rügen irreparabel zerstören!“

„Die einzigartige Natur der Insel ist die Grundlage dafür, dass Rügen als Erholungs- und Sehnsuchtsort bei den Menschen im gesamten Bundesgebiet so beliebt ist.“

„Das Vorhaben der Bundesregierung ist im höchsten Maße umwelt- bzw. klimaschädigend, kostspielig für den Steuerzahler und wird laut führenden Energieexperten nicht mehr benötigt. Die LNG-Terminalinfrastruktur in Europa ist bereits ausreichend für unsere Versorgung und der Gaspreis wird sich für die Deutschen durch das Projekt nicht verbessern.“

Wenn du den Widerstand der Menschen vorort unterstützen willst, kannst Du hier ihre Petition unterschreiben !

Wird Rügen zu einer Art Lützerath des Nordostens?

Schon möglich, dass sich hier endlich ein Widerstand gegen die unsägliche Renaissance einer neuen fossilen Infrastruktur zu konzentrieren beginnt. Über 250 000 Menschen haben die Petition bereits unterschrieben. Von den Menschen vorort und kommunalen Vertretern ins Leben gerufen. Es verbinden sich Umweltprotest und sozialer Protest.

Die neue LNG Infrastruktur ist ein Prestigeprojekt der AMPEL. Treiber ist wie schon bei Lützerath das „grüne“ Wirtschaftsministerium. Begleitet von faustdicken Täuschungen.

  • Täuschung Nummer 1: So hieß es, Sanktionen gegen russisches Gas seien eine „historische Chance zur beschleunigten Abkehr “ von fossilen Energien. Tatsächlich findet das Umgekehrte statt. Es kam ein „beschleunigtes Verfahren “ für den Aufbau einer vollkommen neuen fossilen Infrastruktur zustande, die weit bis in andere Länder reicht. Mit besonders energieintensiven Umwandlungsverfahren und Transportwegen. Mit massiv umweltzerstörerischen Nebenwirkungen. In den USA blühte die dahinsiechende Frackinggasindustrie zu nicht gekannter Größe auf. Russlands fossile Energie findet inzwischen in anderen Ländern Absatz. Wo nicht, da wird abgefackelt. Die Globale Klimabilanz ist verheerend.
  • Täuschung Nummer 2: Treibendes Argument, um – ausgenommen den Miltärhaushalt- keine Kosten zu scheuen, Verfahrens- und Umweltstandards im Stehgreif dem Primat der Politik anzupassen: die Energiesicherheit Deutschlands sei hochgradig gefährdet und müsse gewährleistet werden. Aber man sehe und staune. Die Gasspeicher in Deutschland haben mit 64 Prozent in den letzten 10 Jahren zum Winterende nur noch einmal einen so hohen Füllstand gehabt wie heute .[1] Malte Kreutzfeldt: „So, der erste Winter ohne russ…“ – Mastodon [2]„Inwieweit sich daraus der Bedarf ableiten lässt, die bisherigen deutschen #LNG-Kapazitäten (die ja zudem nur in einem Teil des Winters zur Verfügung standen) zu vervierfachen, kann jeder … Continue reading . Wer die geplante LNG Infrastruktur zusammenrechnet, wird feststellen , dass damit ein doppelt so hoher Gasbedarf installiert werden soll als durch den Wegfall der russischen Lieferungen kompensiert werden müsste [3] @ieefa_institute veranschaulicht es noch mal sehr schön: Wenn alle Planungen realisiert werden, ist die Kapazität 2030 mehr als doppelt so hoch wie der Bedarf. Statt Energienotstand also eine vermeintlich gigantische Energieüberversorgung mit entsprechender CO2 Belastung! Selbst dem grünen Wirtschaftsministerium nicht abgeneigte Wissenschaftsjournalisten kommen zu diesen frappierenden Ergebnissen.
  • Täuschung Nummer 3: Zur Beruhigung hieß es, es müsse „vorübergehend“ (die Russlandsanktionen zwingen eben dazu) eine Brückentechnologie und Kompensation für das weggebrochene Gas eingeführt werden. Tasächlich ist es so, dass Qatar oder die USA ebenso wie alle anderen ihr Gas nur zu Mindestlaufzeiten von 10 bis 20 Jahren anbieten. Und nur für einen solchen Zeitrahmen lassen sich die gigantischen Investitionen in die neue Infrastruktur rekapitalisieren. „Vorübergehend mehr fossil“ , das täuscht zum einen darüber hinweg, dass das hier und jetzt in die Luft geblasene CO2 die Erde bis an den Rand von Kippingeffekten führt, die spätere CO2 Einsparungsanstregungen konterkarieren werden. Zum anderen, wer mag noch auf die Versprechungen auf „morgen“ bauen? Auch bei Lützerath lautete der Deal: „Heute mehr Braunkohle, dafür morgen ein vorgezogener Kohleausstieg“. Der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Energieversorgers EON bekundete aktuell in einem Handelsblatt Interview [4]Eon-Chef: „Sonst fährt die Energiewende gegen die Wand“ (handelsblatt.com) : „Wenn wir keine Ersatzkraftwerke bauen, wird der Kohleausstieg 2030 nicht passieren. Das ist ganz einfach. Und das werden wir 2025 schon bewerten können.“
  • Täuschung Nummer 4: Man wolle nie wieder in eine solche Energieabhängigkeit geraten wie gegenüber Russland. Tatsache ist, dass Deutschland aktuell mehr denn je am Tropf des internationalen Markgeschehens hängt und LNG deutlich aufwendiger ist. Ganz zu schweigen von der Abhängigkeit von China beim Ausbau Erneuerbarer Energien. „Gute Freunde“ scheuen sich nicht, auf dem fossilen Sektor preislich rauszuholen, was der Markt hergibt. Frachter können abdrehen nach Asien, wenn der Preis nicht gezahlt wird. Bei einer Pipeline, die im Land endet, lässt sich die Energie nicht einfach zum Meistbietenden in die Gegenrichtung lenken. Zusammen mit dem Aufbau einer überdimensionierten Flüssgas-Infrastruktur wird diese Energiepolitik zum Inflationsbeschleuniger, die uns allen, von wenigen Profiteuren abgesehen, sündhaftteuer zu stehen kommt.
  • Täuschung Nummer 5: Trotz aller vollmundigen Bekundigungen kommt der Ausbau alternativer Energien in Deutschland kaum aus den Startlöchern. Die verbliebenen finanziellen Spielräume des Staates gehen gegen Null. Der Versuch, nicht mehr tragbare Kosten auf die Menschen abzudrücken, zerstört die soziale Akteptanz für Klimaschutz und arbeitet rechten Hetzern voll in die Hände. Ausbau und Auftragseingang zum Beispiel der Windenergie sind sogar weiter rückläufig. Die geplante Verpflichtung, 2 Prozent der Landfläche für Windenergie auszuweisen, wurde durch den letzten Koalitionsausschuss sogar wieder durchlöchert. Jeder erhält die Möglichkeit, sich von der Verpflichtung freizukaufen.
  • Täuschung Nummer 6: FDP mit der SPD im Rücken blockierten die Energiewende in der Ampel. Ganz und gar nicht. Führend bei der Forcierung dieser gewaltigen Renaissance der fossilen Energien nach dem Motto „fossile Taten heute, erneuerbar als Versprechen“ – begründet mit den Folgen einer auf Konfrontation ausgerichteten Aussenpolitik- ist das „grün“ geführte Wirtschaftsministerium. Natürlich mit wohlfeiler tatkräftiger Unterstützung der Liberalen und „Roten“.
Proteste gegen Scholz/Habeck Besuch auf Rügen
Update: Anfang des Monats besuchten Scholz/Habeck die Insel Rügen, um zu beschwichtigen! Es hagelte Proteste. Zu den bisgerigen Täuschungsmanövern gesellte sich ein weiteres. Als Begründung für das Terminal muss die Absicherung der deutschen Energieverorgung für den nächsten Winter herhalten. Aber schon kurz darauf wird in Zweifel gestellt, dass das Terminal überhaupt bis zum nächsten Winter fertig wird.

 DUH meldete noch Täuschungsmanöver Nummer 8: " Obwohl vonseiten des Ministeriums argumentiert würde, die Terminals sollten später auf "klimaneutrale Gase" umgestellt werden, sei dies im Gesetzentwurf keineswegs verbindlich festgeschrieben. "§ 5 Abs. 3 LNGG sieht allein eine Nachweispflicht für eine theoretische Umrüstungsmöglichkeit auf einen Betrieb mit Ammoniak ab 2044 vor", stellt die DUH fest. Was weder bedeutet, dass diese Umrüstung wirklich erfolgen wird, noch dass es sich dann um klimaneutral erzeugtes Ammoniak handeln wird. "Damit wäre nach Wortlaut des Gesetzes sogar eine Nachnutzung mit Ammoniak aus herkömmlicher Produktion aus Erdgas möglich", urteilt die DUH [5]LNG-Terminal vor Rügen: Bundesregierung lässt Muskeln spielen | Telepolis. 

Die Bundesregierung versucht nun den Widerstand auf Rügen mit Wirtschaftshilfen zu spalten!

Nicht, dass Regierung und Kapital auch den alternativen Energieausbau zu beschleunigen wünschten und sich in einem „grünen“ Technologievorsprung mit weniger Abhängigkeiten ein neues „Wirtschaftswunder“ und einen imperialen Konkurrenzvorsprung erhoffen würden.

Kanzler Scholz hat diesbezügliche „Träumereien“, wie es einige Wirtschaftsführer im Nachhinein bezeichneten, in seinem Handelsblattinterview im März kundgetan. Aber „fossil“, das ist der Spatz in der Hand. Der Heisshunger nach mehr Energie für ein entfesseltes kapitalistisches Wirtschaftswachstum lässt sich unter den gegenwärtigen geopolitischen Bedingungen eben nur auf diesem fossilen Weg zuverlässig absichern. US Präsident Biden brach dafür sein Wahlversprechen und gab „grünes“ Licht für die Ausplünderung der fossilen Vorkommen Alaskas. „Erneuerbar“, das ist die Taube auf dem Dach. „Erneuerbar“ geht aufgrund der geopolitischen Konfrontation nur mit hohen Risiken behaftet mit China und durch die Erschliessung neuer Rohstoffresourcen in den Ländern des globalen Südens.

Die Rügener gehen vom Status quo des Energiebedarfs aus, wenn sie erklären, dass die auf ihrer Insel geplanten LNG Terminals überflüssig seien. Die Regierung plant aber einen wachsenden Energiebedarf für Wirtschaft und Militarisierung ein. Für die erneuerbaren Energien bleiben angesichts der Prioritätensetzung und gewaltigen finanziellen Kraftakte für die Zeitenwende nur noch Brosamen. Die Kosten für ihre energiepolitische Doppelstrategie sollen zunehmend die arbeitenden Menschen tragen. Im Zweifel bleibt die „Taube“ länger auf dem Dach. Klimapolitisch eine Katastrophe.

LNG „Leider Nicht Geil“ muss zum unüberhörbaren Schlachtruf werden!

Die Rügener werden ihre Argumente weiter mit breitem Protest unterstreichen müssen. Es wird Zeit, dass sich die Klimabewegung vehement gegen die fossile LNG Renaissance bundesweit zur Wehr setzt. Die Zeit für Täuschungen und „grüne“ Ampelmärchen muss vorbei sein. Rügen bietet sich als Keimzelle für den notwendigen längst überfälligen Widerstand an!

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es gibt noch eine zweite Petition die direkt an den Bundestag gerichtet ist. Bitte auch diese unterstützen : hier die Petition direkt an den Bundestag

References

References
1 Malte Kreutzfeldt: „So, der erste Winter ohne russ…“ – Mastodon
2 „Inwieweit sich daraus der Bedarf ableiten lässt, die bisherigen deutschen #LNG-Kapazitäten (die ja zudem nur in einem Teil des Winters zur Verfügung standen) zu vervierfachen, kann jeder selbst entscheiden… “ (Malte Kreutzfeldt: „Inwieweit sich daraus der Beda…“ – Mastodon
3 @ieefa_institute veranschaulicht es noch mal sehr schön: Wenn alle Planungen realisiert werden, ist die Kapazität 2030 mehr als doppelt so hoch wie der Bedarf
4 Eon-Chef: „Sonst fährt die Energiewende gegen die Wand“ (handelsblatt.com)
5 LNG-Terminal vor Rügen: Bundesregierung lässt Muskeln spielen | Telepolis

Berliner Volksentscheid – „Klimaneutral 2030“ geht nur mit sozialer Gerechtigkeit im Kampf gegen Kapitalinteressen!

Vorbemerkung Peter Vlatten: Der Volksentscheid ist gescheitert. Es konnten nicht die geforderten 608.000-Ja-Stimmen erzielt werden. Nur 442.210 Berliner stimmten mit Ja, das sind nicht einmal 20 Prozent der Berliner Wahlberechtigten. Bei einer Wahlbeteiligung von 35,8 Prozent stimmten knapp 50,9 Prozent mit Ja , 47,7 Prozent mit Nein.

Kurz vorher ist der Neueste Weltklimaschutzbericht (IPPC) [1] Neuer Klimabericht des IPCC: Wie immer, nur schlimmer – taz.de erschienen. Die Botschaft: Statt zu sinken steigen die Emissionen weiter an. Die zu erwartenden weltweiten Umweltfolgen mit Stürmen, Dürren und Überflutungen sind verheerender als bisher angnommen. Die sozialen Folgen mit anschließenden Verteilungskämpfen, die die ganze Menschheit -dank ausreichender Ausstattung mit Waffen- in barbarische Konflikte verwickeln können, kaum vorstellbar. Trotzdem hat das Bündnis „Berlin Klimaneutral bis 2030“ nicht das erforderliche Quorum von 25 % der Wahlberechtigten erreicht. Eigentlich müsste aufgrund der aktuellen Erkenntnisse des Klimaberichts das Ziel sein : „die ganze Welt bis 2030 Klimaneutral“.

Die Begründungen vieler Aktivisten [2] Volksentscheid „Klimaneutral 2030“ scheitert, Luisa Neubauer erhebt Vorwürfe (berliner-zeitung.de) kratzen an der Oberfläche. Haben die Klimakleber geschadet? Waren die Wahlbedingungen zu schlecht? Will eine konservative Mehrheit keine Konsequenzen tragen? Sicher spielt das alles eine Rolle.

Oder ist vor allem auch das Konzept in wichtigen Punkten nicht überzeugend? Zu viele offene Fragen, dass die Maßnahmen wirklich greifen und sozial gerecht sind? Ist nicht zuviel „grüner Kapitalismus“ im Spiel? Das Streben nach nationaler grünerTechnologievorherrschaft ist ein Problem, nicht Lösung. Untergraben global eskalierende Konfrontation und Militarisierung nicht alle lokalen Bemühungen und den zwingend erforderlichen international gemeinsamen Kampf der Menschheit? In einem einzigen Land -wie der Ukraine – wird gerade mehr Munition in die Luft geblasen als in „West“ und „Ost“ überhaupt produziert werden kann.

Bei etlichen Menschen überwiegt die Skepsis nach den Erfahrungen mit dem Volksentscheid zur Enteignung der großen immobilienkonzerne. Es reicht nicht nach einem erfolgreichen Entscheid den Stab weiterzureichen, damit die Politik es dann richtet . Es kommt – wie wir in Frankreich und Italien sehen – auf den Kampf von unten an, jeder Zentimeter ökologischen Fortschritts muss dem Kapital abgerungen werden. Im Schulterschluss mit sozialen Bewegungen, mit der arbeitenden Bevölkerung, mit dem Kampf um eine friedliche Welt, die sich auf grenzenübergreifendes Handeln verständigen kann.

Wir veröffentlichen einen Beitrag von Yaak Pabst, der den Volksentscheid aus linkem Blickwinkel kritisch beleuchtet und knapp zwei Tage vor dem Entscheid in Marx21 erschienen ist. Der Beitrag ist gerade nach dem Scheitern des Entscheids wichtig. Unzweifelhaft muss der Kampf gegen die Klimakatastrophe forciert werden. Dazu gilt es , alle gesellschaftlichen Kräfte zusammenzuschliessen.

Berliner Volksentscheid „Klimaneutral 2030“ – Falsche Versprechungen

von Yaak Pabst

In Berlin verspricht der Volksentscheid »Berlin 2030 Klimaneutral« die Politik unter Druck zu setzen. Doch der Volksentscheid macht um entscheidende Stellschrauben für eine sozial- und klimagerechte Stadtentwicklung einen Bogen.

Berlin muss klimaneutral werden. Und zwar schnell. Nicht 2050, nicht 2045, sondern in sieben Jahren – 2030! Der Volksentscheid »Berlin 2030 Klimaneutral« verspricht, dabei zu helfen. Die Initiator:innen wollen »Verpflichtungen statt Ziele« und alles mit »Sozial gerechter Ausgleich«. Sie schreiben: »Alle Studien der letzten Jahre zeigen, dass sich ein bezahlbares Leben für alle, eine zukunftsfähige Wirtschaft und ehrgeiziger Klimaschutz hervorragend ergänzen.«

So weit die Versprechungen. Der Volksentscheid »Klimaneutral 2030« verändert das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz. Das ist ein wichtiger Unterschied zu anderen Volksentscheiden: Dies ist ein Gesetzesvolksentscheid. Das heißt, sollte es genügend »Ja«-Stimmen geben, treten die Änderungen direkt am nächsten Tag als Gesetz in Kraft.

Volksentscheid »Klimaneutral 2030« enttäuscht

Wer sich jedoch genauer mit den vorliegenden Änderungen am Gesetz beschäftigt, wird enttäuscht. Denn statt die Regierenden und Konzernen in Punkto Verkehrswende, Gebäudesanierung und Ausbau von Erneuerbaren Energien in Berlin unter Druck zu setzen, bleibt das Bündnis in den konkreten Änderungen an das Berliner Klimaschutzgesetz hinter den selbst gesteckten Zielen zurück. Viele Menschen die für »Ja« stimmen würden, wissen das gar nicht, weil sich kaum jemand den Gesetzestext durchliest.

Verschlechterungen zum Status Quo

Was wirklich schlecht ist: Im Paragraph 3 (Absatz 3) führt der Volksentscheid »Klimaneutral 2030« sogar zu einer Verschlechterungen des Status Quo. Dort fordert das Bündnis, dass aus dem Gesetz resultierende Mietmehrkosten den Mieter:innen durch das Land Berlin erstattet werden, anstatt diese Kosten den Vermieter:innen zuzuschreiben. Würde diese Änderung so durchkommen, wäre das eine Quersubventionierung für die großen Immobilienkonzerne, welche die Kosten für klimaenergetische Sanierungen, dann aus Steuergeldern bezahlt bekommen – und zwar bis 2050. Kurz: Aufwertung und Verdrängung auf Staatskosten. Aber es gibt noch mehr Tücken.

Leerstellen im Gesetzentwurf

An wichtigen konkreten Punkte wie beispielsweise beim Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs oder dem Ausbau der Erneuerbaren Energie soll am aktuellen Gesetz kaum etwas geändert werden. Das ist eine politische Schwäche, die dazu führt, dass die angestrebte Reduzierung der Gesamtsumme der CO2-Emmissionen bis zum Jahr 2025 um mindestens 70 Prozent nicht umsetzbar macht. Der richtigen Kritik an der Zögerlichkeit des Berliner Senats fehlt eine konkrete Entsprechung in den Forderungen, wie Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen wäre und wer die Kosten dafür zahlt. Stattdessen soll im zur Abstimmung stehenden Gesetzestext in der Passage »eine sichere, preisgünstige und klimaverträgliche Energieerzeugung und -versorgung mit Strom und Wärme im Land Berlin« das »preisgünstig« gestrichen werden.

Wo bleibt der Ausbau des ÖPNV’s?

Das ist leider nicht die einzige soziale und politische Leerstelle. Unverständlich ist, dass das Volksbegehren zum preisgünstigen und damit sozial gerechten Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs gar keine Änderungen an das aktuelle Gesetz formuliert hat. Das wäre aber bitter nötig. Im Sektor Verkehr sind die CO2-Emissionen in den vergangenen Jahren in Berlin wieder gestiegen: Rund 30 Prozent – das sind 5,6 Millionen Tonnen – der CO2-Emssionen werden durch den Verkehr verursacht. Zu den unverzichtbaren Maßnahmen zählen daher der Ausbau von Rad- und Fußverkehrsinfrastrukturen sowie ein massiver Ausbau des ÖPNV. Doch das Gesetz macht darum einen Bogen.

Kritik an der S-Bahn Privatisierung fehlt

Das ist fatal, denn in Berlin droht durch die Beschlüsse des rot-rot-grünen Senats die faktische Privatisierung der S-Bahn durch deren Ausschreibung. Die Grünen versprechen das Blaue vom Himmel: »Eine menschenfreundliche Mobilität« und einen »beispiellosen Ausbau des ÖPNV«. Ein fairer Wettbewerb würde Kosten sparen und effizienter sein. Doch das Gegenteil wird passieren. »Wettbewerb« und »Profitorientierung« sind die schlechteste Lösung für einen sicheren, kostengünstigen und klimafreundlichen Öffentlichen Nahverkehr. Die Erfahrungen mit Bahn-Privatisierungen in anderen Ländern wie beispielsweise in Großbritannien, Neuseeland oder Japan sind miserabel.

Der ÖPNV in Berlin ist eine Katastrophe

Schon jetzt ist der Öffentliche Nahverkehr in Berlin völlig unterfinanziert. Die Folge sind das S-Bahn-Chaos, schlechte Arbeitsbedingungen für die Kolleg:innen und teure Ticketpreise für die Nutzer:innen. Daran ändert der Volksentscheid nichts. Ein sozial gerechter Klimavolksentscheid hätte eine klare Absage an die unsoziale City-Maut, eine Zielvereinbarung für Fahrpreissenkungen und den Ausbau des ÖPNVs festgeschrieben.

»Elektromobilität« ist keine Lösung

Ebenso fehlt ein kritischer Blick auf die sogenannte »Elektromobilität«. Der Volksentscheid ändert an der Priorisierung von Elektrofahrzeugen im aktuellen Gesetzentwurf nichts. Dort heißt es: »Der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur wird so fortgesetzt, dass er den Zuwachs an Elektrofahrzeugen in Berlin beschleunigt befördern kann.« Doch das Elektroauto dient nicht dem Klimaschutz, sondern dem Überleben der Autokonzerne.

Ausbau der Solaranlagen zu gering

Ebenso verwunderlich ist, dass das Klimavolksbegehren die Vorgabe des Senats akzeptiert, dass nur 25 Prozent der Berliner Energieproduktion durch Solarenergie getragen werden sollen. Dabei geht die Studie »Das Berliner Solarpotenzial« davon aus, dass bei entsprechendem Ausbau der Solaranlagen in Berlin fast 80 Prozent durch Solarenergie gedeckt werden könnte.

Wie aber soll das bewerkstelligt werden? Eigentlich bräuchte es ein massives staatliches Investitionsprogramm für den Ausbau einer klimafreundlichen Energieproduktion. Statt aber auf Vergesellschaftung zu setzen, sucht der Volksentscheid den Schulterschluss mit »grünen« Investor:innen (Lies hier den marx21-Artikel: Klimaschutz: Ist grünes Wachstum die Lösung?).

Grüner Kapitalismus per Volksentscheid?

Das oben beschriebene Potenzial ruft logischerweise Geschäftemacher:innen auf den Plan. Bau- und Solarkonzerne reiben sich schon die Hände. Paul Grunow ist Geschäftsführer der Trinity Solarbeteiligungen GmbH. Er erklärt gegen über dem RBB, warum er will, dass der Klima-Volksentscheid erfolgreich ist: »Wirtschaftsansiedlung in Grün muss einfach nur ein bisschen angepriesen werden und dafür ist der Volksentscheid genau die richtige Aktion«, sagt Grunow.  »Man muss ein Motto vergeben, damit die Party steigt und das ist ‘Grün‘. Ich glaube an grünes Wachstum und hoffe, dass private Investoren investieren werden. Es soll Profit geben für grünes Wachstum.«

Der Volksentscheid hat zu diesen sogenannten grünen Konzernen keine klare Trennlinie gezogen. Im Gegenteil: Ein Großteil des Geldes für das Volksbegehren kommt von Stiftungen oder von Menschen aus dem Umfeld von Investor:innen, die im grünen Kapitalismus die Lösung der Klimakrise sehen. Der Volksentscheid sammelte ein Rekord-Budget von 1,2 Millionen Euro ein.

Richtige Initiative, falsche Umsetzung

Von diesen fragwürdigen Querverbindungen abgesehen, ist die politische Ausrichtung des Volksentscheid, konkrete Gesetzesänderungen durchzusetzen, richtig. Leider wurde eine Chance vertan, solche Änderungen auch konkret wirksam werden zu lassen.

Der Aufbau von klimaneutralen Städten ist nicht umsonst zu haben

Bis 2050 werden zwei Drittel der Menschen weltweit in Städten leben. Somit spielen Städte für den Klimaschutz eine entscheidende Rolle. Unabhängig vom Ausgang des Klimavolksentscheids wird es deswegen weiterhin wichtig sein, den Druck auf der Straße und in den Betrieben zu organisieren. Denn der Aufbau von klimaneutralen Städten ist nicht umsonst zu haben. Und die Regierenden und Konzerne weigern sich, den Preis dafür zu zahlen. So wie jeder Millimeter sozialen Fortschritts gegen Kapitalinteressen erkämpft werden muss, muss auch der Schutz von Natur und Klima gegen die Herrschenden errungen werden. Der Klimavolksentscheid in Berlin hilft dabei leider nicht.“

Wir danken Yaak Pabst für die Erlaubnis, seinen Beitrag zu publizieren, ursprünglich erschienen in Marx21, https://www.marx21.de/berliner-volksentscheid-klimaneutral-2030-falsche-versprechungen/

Yaak Pabst ist Politikwissenschaftler und Autor von »Marxismus und die Klimakrise: Wie kann der Planet gerettet werden?«

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