Ohne Zuständigkeit: EU beschließt Aufrüstungsprogramm EDIP

Bald überall, wo man hinschaut, lugt die Krake Militarismus durch. (Peter Vlatten)

Attac Östereich am 17.10.2025, Pressenza

Rüstungslobby übt immer mehr Einfluss aus, Friedenspolitik bleibt auf der Strecke

Neben der Vorstellung des EU-Aufrüstungsfahrplans „Defence Readiness Roadmap“ hat die EU gestern auch das Programm zur Förderung der Rüstungsindustrie (European Defence Industry Programme, EDIP) beschlossen.

Heftige Kritik daran kommt von Attac: Denn mit dem Programm verschiebt die EU ihre Zuständigkeiten Schritt für Schritt in Richtung Aufrüstung – ohne laut EU-Verträgen dafür überhaupt zuständig zu sein. Die Kommission beruft sich deshalb nicht auf militärische, sondern auf industrie- und forschungspolitische Zuständigkeiten.

„EDIP ist kein technisches Industrieprogramm, sondern ein weiterer Schritt hin zu einer militarisierten EU. Faktisch werden Waffen, Munition und militärische Technologien und damit ein weiteres Wettrüsten gefördert“, kritisiert Hax Hollweg von Attac Österreich. Dieser Etikettenschwindel ist demokratiepolitisch hochproblematisch. Denn so entsteht eine Rüstungspolitik durch die Hintertür, ohne öffentliche Debatte und mit minimaler parlamentarischer Kontrolle, kritisiert Attac.

„Europa darf Konfliktlösung nicht nur durch die militärische Brille betrachten. Das heißt nicht, dass man Aggressoren neutral gegenübersteht oder imperialem Machstreben nachgibt”, sagt Hollweg.

Rüstungslobby übt immer stärkeren Einfluss aus

Besonders besorgniserregend ist der wachsende Einfluss der Rüstungslobby. Werden Rüstungskonzerne in die Strategieentwicklung eingebunden, bestimmen sie auch die politische Logik maßgeblich mit. „Entscheidungen orientieren sich zunehmend an Profitinteressen statt an friedens- und sicherheitspolitischer Vernunft“, kritisiert Hollweg.

Recherchen belegen, dass zentrale Formulierungen in der „Europäischen Industriestrategie für den Verteidigungsbereich“ (EDIS) teilweise wortwörtlich mit Positionen des Bundesverbands der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) übereinstimmen. Laut einer Politico-Analyse haben die größten europäischen Rüstungskonzerne ihre Lobbybudgets schon zwischen 2022 und 2023 um rund 40 Prozent erhöht. Auch die Zahl der Rüstungslobbyist*innen ist zwischen 2022 und 2024 deutlich gestiegen.

Attac startet Kampagne, um Aufrüstung kritisch zu beleuchten

Attac startet in den kommenden Monaten eine neue Kampagne, um die aktuellen Aufrüstungspläne der EU und Österreichs mit Recherchen und Veranstaltungen kritisch zu beleuchten.

„Der alleinige Fokus auf mehr Waffen verfestigt eine gefährliche Aufrüstungslogik und internationale Spannungen. Wettrüsten führt uns nicht nur weg von einer künftigen Friedensordnung, sondern auch weg vom politischen Ziel, eine solche zu schaffen. Zugleich verschlingt die Aufrüstung dringend benötigte Ressourcen und heizt die Klimakrise an. Für umfassende Sicherheit braucht es aber nicht mehr Waffen, sondern vor allem mehr Geld für Klima, Soziales und Frieden“, betont Hollweg.

Dieser Beitrag ist im Original zuerst bei Attac Östereich am 17.10.2025 hier erschienen und auf unserer Partnerseite Pressenza

Titelbild: KI generiert Pressenza

Gegenwehr von Jobcenter bis Werkbank

Warum es im Interesse der Gewerkschaften liegt, sich gegen die »neue Grundsicherung« einzusetzen

Von Sarah Yolanda Koss

Bild: Der Paritätische

In Anspielung auf Merz’ »Herbst der Reformen« mobilisiert ein Bündnis zum »Herbst der Gegenwehr«. Von Freiburg bis Bremerhaven protestieren Erwerbs­losen­gruppen und Gewerkschaften gegen die »neue Grundsicherung«.

»Geplant ist ein Generalangriff auf den Sozialstaat«, schreibt das Bündnis »AufRecht bestehen« in einer Pressemitteilung. Gemeint ist die sogenannte »neue Grundsicherung«, die, wie Anfang Oktober von der Bundesregierung vorgestellt, das Bürgergeld ablösen soll. Bis zu zehn Prozent der ehemaligen Kosten, etwa fünf Milliarden Euro, könne der Staat laut Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), so einsparen. Einem Papier aus Regierungskreisen zufolge werde die Reform dagegen keine nennenswerten Einsparungen bringen, schreibt die »Zeit«.

Erreichen will die Bundesregierung jene Einsparungen jedenfalls über Sanktionen. Ab einem verpassten Termin beim Jobcenter droht eine Kürzung der Geldleistung um 30 Prozent, ab vier verpassten Terminen sollen Personen in der Grundsicherung alle Leistungen gekürzt werden, inklusive Unterkunftskosten. Wenn Personen ein »zumutbares« Arbeitsangebot ablehnen, drohen »Totalsanktionen«, ihnen werden also alle Geldleistungen gekürzt. Außerdem plant die schwarz-rote Koalition, die Wohnkosten zu pauschalisieren und das Schonvermögen zu streichen, also jene Vermögenswerte, die bei der Beantragung von Bürgergeld nicht berücksichtigt werden.

Sparen will die Bundesregierung auch dadurch, Geflüchteten aus der Ukra­ine anstelle des Bürgergelds Asylbewerberleistungen auszuzahlen. Diese sind niedriger als das Bürgergeld. Der Chef der Arbeitsagentur Nordrhein-Westfalens, Roland Schüßler, bemängelte das zuletzt gegenüber der »Rheinischen Post«: Die Maßnahme führe zu Mehrausgaben, weil dadurch die Arbeitsmarktintegration verzögert werde.

Mit den Sanktionen beim Bürgergeld will SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas an »die Grenzen dessen gehen, was verfassungsrechtlich zulässig ist«. Eine Anspielung auf einen Entscheid des Bundesverfassungsgerichts von 2019, wonach eine vollständige Streichung von Leistungen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verletzt.

»AufRecht bestehen« wirft die Frage auf, ob die Maßnahmen nicht doch einen Verfassungsbruch darstellen. Laut einem kürzlich veröffentlichten Gutachten des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes könnte bereits das Bürgergeld einem Entscheid des Bundesverfassungsgerichts widersprechen. »Statt der steigenden Armut entgegenzuwirken, will die Regierung Erwerbstätige mit durchschnittlichem oder niedrigem Einkommen gegen Erwerbslose, Rentner*innen und andere Menschen mit wenig Geld ausspielen und plant eine weitere Umverteilung von unten nach oben«, kritisiert »AufRecht bestehen«.

Entgegen der kritisierten Ausspielungen fordert das Bündnis aus Erwerbsloseninitiativen und Gewerkschaften, wie der Arbeitskreis Arbeitslosigkeit der IG Metall oder der Sozialhilfeverein Tacheles, diese Woche bei mehreren Informationsveranstaltungen armutsfeste Löhne, Renten und Existenzsicherungsleistungen für alle. Außerdem mehr Qualifizierungen und Weiterbildungen, wie sie ursprünglich im Bürgergeld vorgesehen waren, und bezahlbaren Wohnraum. Finanziert werden soll der Ausbau des Sozialstaats über eine Wiedereinsetzung der Vermögen- und eine Reform der Erbschaftsteuer.

»Wenn Sanktionen erhöht, Leistungen gestrichen werden und Erwerbslose gezwungen sind, jeglichen Job anzunehmen, steigt der Druck auf alle Löhne.«Rainer Timmermann Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen

Dass sich Gewerkschaften nun hinter Erwerbslose stellen, ist per se nicht verwunderlich, schließlich greift die Bundesregierung zum Beispiel mit dem Schonvermögen gewerkschaftliche Errungenschaften an. Zudem gibt es Familien im Bürgergeldbezug, deren unzureichende Löhne durch Sozialleistungen aufgefangen werden.

»Es ist die Kernaufgabe von Gewerkschaften, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen gemeinsam mit ihnen zu verbessern«, so Phi­lipp Singer, Erster Bevollmächtigter IG Metall Berlin, über das Bestreben von »AufRecht« auf nd-Anfrage. »Das schließt auch Menschen ein, die aktuell nicht in Arbeit sind, aber selbstverständlich Teil der Gesellschaft. Daher kämpfen wir auch mit ihnen dafür, dass die Grundsicherung als Abfederung für schwierige Lebenssituationen verbessert wird.«

Die Nullrunden beim Bürgergeld wirken sich auch auf die Grundsicherung im Alter aus, erklärt Ulla Pingel vom Arbeitskreis Rentner*innen mit geringem Einkommen bei Verdi im Gespräch mit »nd«. Der Arbeitskreis fordert bereits länger eine Erhöhung um 200 Euro, weil das Existenzminimum nicht gewährleistet sei.

Das Hauptargument für Gewerkschaften ist aber: »Wenn Sanktionen erhöht, Leistungen gestrichen werden und Erwerbslose gezwungen sind, jeglichen Job anzunehmen, steigt der Druck auf alle Löhne«, so Rainer Timmermann von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen zu »nd«. Das passiert zum Nachteil der Verhandlungsbasis der Gewerkschaften, ergo aller Arbeiter*innen. Ebenso wenn Erwerbstätige fürchten müssen, bei einer Kündigung durch das soziale Netz zu fallen. »Deshalb fordern wir einen funktionierenden Sozialstaat und Teilhabe für alle am Arbeitsmarkt.«

Die neuen Sanktionen werden kaum zu mehr Geld in der Staatskasse führen –und auch nicht zu mehr Beschäftigung. Das ist gar nicht unbedingt das Ziel der Reform. Denn Arbeitslosigkeit ist – neben einem Druckmittel auf Gewerkschaften – auch ein wirtschaftspolitisches Instrument. Könnten Arbeiter*innen bei Vollbeschäftigung höhere Löhne fordern, würden Unternehmen mit höheren Preisen reagieren und eine Lohn-Preis-Spirale nach sich ziehen. Dadurch käme es zu einer hohen Inflation.

Dass die Bundesregierung ein Interesse daran hat, Arbeitslosigkeit zu erhalten, zeigt sich exemplarisch an der »lohnstabilisierenden Arbeitslosenquote« die jedes Jahr im Bundesfinanzministerium berechnet wird. Der Zielwert lag 2024 bei 2,8 Prozent. Der Diskurs um angeblich arbeitsunwillige Bürgergeld-Beziehende verfälscht also die Realität und dient vor allem der Spaltung, wie sie das Bündnis »AufRecht bestehen« kritisiert.

Erstveröffentlicht im nd v. 23.10. 2025
https://nd.digital/editions/nd.DerTag/2025-10-23/articles/20156909

Wir danken für das Publikationsrecht.

Gerechter Frieden im Nahosten – öffentlicher Appell an die DGB Spitzen!

Während die Führungen der DGB Gewerkschaften zu Israels Besatzungspolitik und Völkermord weiterhin schweigen oder sogar verdeckt unterstützen, wird an der Basis ein grundsätzlicher Kurswechsel gefordert und immer breiter diskutiert, wie Solidarität mit Palästina aussehen soll. Bis zu 80 Prozent der deutschen Bevölkerung lehnen seit Monaten das Vorgehen Israels ab. An der Gewerkschaftsbasis sieht das nicht anders aus. Auch die aktuell anstehende Zusammenkunft mit der israelischen Gewerkschaft Histadrut, deren Vorsitzender die Bomben auf Gaza signiert, stößt auf Unverständnis und Ablehnung. Wir publizieren dazu einen weiteren öffentlichen Appell als Diskssuionsbeitrag an die Mitglieder und als Aufforderung an die deutschen Gewerkschaftsspitzen, endlich ihre Haltung zu korrigieren! (Peter Vlatten)

Vier Thesen zu einem gerechten Frieden im Nahen Osten – vier Ansätze für einen Kurswechsel im DGB

von Flo Nagel – abgestimmt mit Gewerkschafter:innen IG BAU, GEW und IG Metall, 23.Oktober 2025

Die deutsche Nahostpolitik gerät zunehmend auf Abwege: Während Länder wie Großbritannien, Italien, Spanien, Kanada und Australien vor Kurzem einen palästinensischen Staat anerkannt haben, fiel die Bundesrepublik zuletzt dadurch auf, EU-Sanktionen gegen Israel als Reaktion auf seine zerstörerische Kriegsführung in Gaza auszubremsen.

Damit trägt Deutschland Mitverantwortung für die anhaltende Unterdrückung, Vertreibung und Vernichtung palästinensischen Lebens. Auch die deutschen Gewerkschaften haben bislang nicht den Mut gefunden, die sogenannte „deutsche Staatsräson“ zu hinterfragen, eine grundlegende Kritik an Israels Politik zu formulieren und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Doch unter Gewerkschafter*innen wächst die Kritik an dieser passiven Haltung, die im Folgenden aufgegriffen wird: Vier Thesen zu einem gerechten Frieden im Nahen Osten, vier Anstöße für einen Kurswechsel im DGB.

1. Besatzung befördert Widerstand

Der Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 unter der Führung der Hamas beinhaltete zahllose skrupellose Kriegsverbrechen gegen Zivilist*innen, welche nicht nur schreckliches Leid verursacht, sondern auch den Freiheitsbestrebungen der Palästinenser*innen massiv geschadet haben. Das Handeln der Hamas lässt sich jedoch nicht allein mit einem antisemitischem Vernichtungswahn erklären, sondern ist auch – wie die Hamas selbst – eine Folge der israelischen Besatzungspolitik. Das Vorgehen Israels in Gaza ruft unbändige Wut hervor. Wer gerechten Widerstand unterstützt, fördert Solidarität. Wer „Free Gaza from Hamas“ fordert, sollte zunächst das Ende der israelischen Besatzung fordern wie es zuletzt 100.000 Menschen bei einer Demonstration in Berlin taten.

Doch stattdessen wird in Deutschland Protest gegen die israelische Besatzung und den Vernichtungskrieg in Gaza wie in kaum einem anderen Land unterdrückt und kriminalisiert. Die DGB-Gewerkschaften haben es bisher nicht vollbracht, die Repressionen zu verurteilen oder selbst zu den Protesten für ein freies Palästina aufzurufen.


Anstoß für einen Kurswechsel:
Der DGB-Bundesvorstand und die Bundesvorstände der Einzelgewerkschaften solidarisieren sich mit den Gaza-Protesten, schließen sich den Forderungen der Solidaritätsbewegung an und rufen zu zukünftigen Demonstrationen auf.
Die DGB Gewerkschaften sollten sich in dieser Frage an den Beschlüssen ihrer internationalen Dachverbände wie IndustriALL, Public Services International oder der Education International orientieren.

Wer stattdessen schweigt, macht sich zum Komplizen der jahrzehntelangen völkerrechtswidrigen Politik Israels, die im Laufe des Gaza-Krieges nach Ansicht israelischer Menschenrechtsorganisationen, UN-Kommissionen und hunderter Forscher*innen in einen Genozid umgeschlagen ist.

2. Israel: Kein Interesse an einem gerechten Frieden

Die israelische Regierung hat nicht nur alle Waffenstillstandsbemühungen seit dem 7. Oktober sabotiert, sondern auch sämtliche Bemühungen zur Beendigung des historischen Konfliktes, der nur mit der Anerkennung eines palästinensischen Staates überwunden werden kann. Die regierende Likud Partei hält indes an dem in ihrem Gründungsprogramm formulierten Ziel eines „Großisrael“ fest, das auf einen jüdischen Staat zwischen Jordan und Mittelmeer abzielt. In diesem Licht fördert die israelische Regierung den jüdischen Siedlungsbau im Westjordanland und verhindert damit schon heute dauerhaft die Entstehung eines palästinensischen Staates.

Es ist eine Illusion anzunehmen, dass sich Israel in Zukunft einen palästinensischen Staat abverhandeln lassen wird. Die Haltung der deutschen Bundesregierung, einen Staat Palästina erst am Ende eines Prozesses zur Zwei-Staaten-Lösung anzuerkennen, ist daher realitätsfremd – und stabilisiert den für die Palästinenser*innen unerträglichen Status quo.

Anstoß für einen Kurswechsel: Der DGB-Bundesvorstand und die Bundesvorstände der Einzelgewerkschaften erhöhen den Druck auf die Bundesregierung, einen Staat Palästina anzuerkennen.

3. Israelis sind gleicher als Palästinenser

In der Bundesrepublik hat sich ein enges Meinungsklima etabliert, das von Regierungsstellen wie dem Antisemitismusbeauftragten über die Springer-Presse bis hin zu zivilgesellschaftlichen Organisationen wie der Amadeu-Antonio-Stiftung reicht und öffentliche Kritik erschwert. Wer Israels Vorgehen hinterfragt, sieht sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt, mit doppelten Standards zu messen und antisemitische Motive zu bedienen. Dieser Mechanismus zielt erfolgreich darauf ab, Kritiker*innen zu diskreditieren, wenn sie israelische Verbrechen als diese benennen.

Umgekehrt stimmt, dass deutsche Medien und zahlreiche Politiker*innen bei israelischen Menschenrechtsverletzungen – auch im internationalen Vergleich – gerne ein Auge zudrücken. Ein Beispiel: Tausende Palästinenser sitzen in israelischen Gefängnissen, viele ohne Anklage, darunter auch 350 Kinder und Jugendliche. Berichte über sexualisierte Gewalt, systematische Folter bis hin zu Tötungen zeigen die Brutalität dieses Systems. Doch während die Befreiung der Geiseln aus der Gefangenschaft der Hamas zurecht gefordert und schließlich gefeiert werden konnte, kommt das Schicksal mehrerer tausend sogenannter „Administrativhäftlinge“ in Israels Foltergefängnissen in der deutschen Debatte kaum zur Sprache. Der Westen und damit wir alle müssen uns die Frage gefallen lassen: Wie viele palästinensische Leben sind ein israelisches wert?

Anstoß für einen Kurswechsel: Der DGB-Bundesvorstand und die Bundesvorstände der Einzelgewerkschaften schützen die menschliche Würde von Palästinenser*innen ebenso wie die von Israelis. Zu dieser Verantwortung gehört auch, sich bei der Bundesregierung für die Freilassung aller willkürlich eingesperrten Palästinenser*innen einzusetzen.

4. Die Rolle des DGB – einseitig solidarisch

Die palästinensischen Gewerkschaften warten seit zwei Jahren auf ein Zeichen der Solidarität von den deutschen Gewerkschaften. Offizielle Bemühungen aus dem DGB, mit den vom Tod bedrohten Gewerkschafter*innen in Gaza Kontakt aufzunehmen, sind bislang ausgeblieben. Während bei humanitären Katastrophen sonst sofort Spendenkampagnen gestartet werden, haben sich der DGB und seine Einzelgewerkschaften immer noch nicht zu einer Unterstützung für die Menschen im zerbombten Gazastreifen durchringen können.

Stattdessen hält der DGB unbeirrt an seinen Kontakten zur zionistischen Histadrut fest. Diese hatte während des gesamten Gaza-Feldzuges zu lediglich einem Protest gegen den Kriegskurs der Regierung aufgerufen, um die Freilassung der israelischen Geiseln zu bewirken. Dass es der Gewerkschaft dabei weniger um das Leid der Palästinenser*innen geht, zeigte Arnon Bar-David, Vorsitzender des Dachverbandes: Zu Beginn des Krieges reiste er durch sein Land und besuchte Rüstungsfabriken, wo er sich beim Signieren von Bomben fotografieren ließ. Dokumentiert ist, wie er auf einem der Morderzeugnissen einen „Gruß von der Histadrud und den israelischen Arbeitern“ hinterließ. In wenigen Tagen wird eine große DGB-Delegation mit Vertreter*innen der Gewerkschaften und der Hans-Böckler-Stiftung zu einer von der Histadrud organisierten Konferenz nach Tel Aviv aufbrechen, wo es zum Hände schütteln mit Bar-David kommen wird.

Anstoß: Der DGB-Bundesvorstand und die Bundesvorstände der Einzelgewerkschaften sagen die Delegationsreise nach Israel Ende Oktober ab. Sollte die Reise stattfinden, wird die Delegation nicht darauf verzichten, die fragwürdige Rolle der Histadrud in der Vergangenheit und während des zweijährigen Vernichtungskrieges in Gaza offen anzusprechen.

Titelbild: Peter Vlatten

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