4. Juni 2024, Andreas Grünewald
Die freundliche Frau von den Einkaufswagen am Penny-Markt.
Seit etwa 2 Jahren steht sie dort an den Einkaufswagen. Fast jeden Tag. Ich denke: sie kommt ursprünglich aus Rumänien. Vom optischen Eindruck her tippe ich auf eine Roma oder Cinti. Mitte 50. Bewege ich mich auf die Einkaufswagen zu, löst sie einen solchen Wagen aus der Verankerung. Dann kommt sie mir ein paar Schritte entgegen, um mir diesen zu übergeben. Immer mit einem Lächeln im Gesicht. Nach dem Einkauf vollzieht sich das gleiche dann in umgekehrter Richtung. Ich gebe ihr dann einen Euro bevor wir uns noch einen guten Tag wünschen.
So wie ich machen es inzwischen viele aus dem Viertel. Ist sie mal nicht da, fehlt regelrecht irgendwas. Nicht jede und jeder gibt ihr eine Münze. Es gibt viele, die haben selbst zu wenig. Doch auch für diese Menschen löst sie den Wagen und schiebt diesen ein paar Schritte den Einkaufenden entgegen. Nie ist sie aufdringlich. Aber immer freundlich. Sie verbreitet gute Laune. Und für ältere Leute hilft sie dabei die schweren Einkaufstüten ins Auto zu transportieren. Manchmal gibt es dann auch noch einen kleinen Klönschnack.
Ich wünsche mir eine Gesellschaft in der niemand um Geld bitten muss. In der jede und jeder durch seine Arbeit ausreichend verdient. Und in der diejenigen, die nicht arbeiten können oder krank sind, ebenfalls gut und würdevoll leben können. Aber das gibt es im Kapitalismus leider nicht. Trotzdem würde ich diese freundliche Frau von den Einkaufswagen am Penny-Markt niemals als Bettlerin bezeichnen. Sie steht da den ganzen Tag. Das ist ein Knochenjob und sie verbreitet gute Laune. So viel gute Laune, dass ich noch den ganzen Tag davon etwas habe.
Wir danken dem Autor für die Publikationsrechte für diese wundervolle Geschichte
Titelfoto Peter Vlatten