Titebild: sis.org.ua
Von Jochen Gester
Wir haben im Forum bereits mehrfach Artikel von Maxim Goldarb publiziert (Links s. unten), weil er zu den wenigen Stimmen gehört, die sich weigern der Logik des Krieges zu folgen und als Vorsitzender der Partei Union der Linken Kräfte für einen Kurs der Verständigung innerhalb der ukrainischen Gesellschaft sowie zwischen den Kriegsparteien steht. Maxim ist sehr gut informiert. Seine Stimme findet deshalb in Europa auch Verbreitung. Und es erklärt, warum er für die von ihm Kritisierten ein Dorn im Auge ist.
Erst kürzlich hatte er in einem Dankes- und Hilfebrief an das Schweizer Medienportal GlobalBridge, in dem regelmäßig Beiträge von ihm zu lesen sind, darauf aufmerksam gemacht, dass er nun in das Fadenkreuz der ukrainischen Strafbehörden geraten ist. In seinem Brief an den verantwortlichen Redakteur hatte Goldarb auch darum gebeten, diese Informationen an andere Medien weiterzugeben. Diesem Wunsch folgen wir hier. Die wichtigsten Aussschnitte seines Briefes sind unten zu lesen.
Wir wurden nun durch den Berliner Verlag DIE BUCHMACHEREI davon in Kenntnis gesetzt, dass Maxim Goldarb sich nun genötigt sah, das Land zu verlassen und ins Exil eines EU-Land zu gehen. Der Verlag plant ein Buchprojekt, für das ein umfangreiches Interview mit dem Journalisten vorgesehen ist und hatte deshalb direkt mit ihm Kontakt aufgenommen. So wurde seine Flucht bekannt. Maxim bat Forum und Verlag um die Verbreitung dieser Informationen.
Das Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin hat keinerlei Verständnis für das willkürliche Verhalten der ukrainischen Behörden. Wir sehen in den Verfolgungsmaßnahmen den Versuch, auch die letzten kritischen Stimmen im Land mundtot zu machen. Statt immer neue Durchhalteparolen auszugeben und mehr Waffen zu fordern wäre es die ureigenste Aufgabe der deutschen Außenministerin sich hier als Verteidigerin von demokratischen Grundrechten zu beweisen und diese Haltung der befreundeten Regierung deutlich zu machen. Doch dies gehört offensichtlich nicht zu ihrem „Wertekanon“.
Aus dem Brief an Christian Müller von GlobalBridge:
„Erst kürzlich wurde mein Artikel über die Tatsache veröffentlicht, dass in der Ukraine alle, die mit der Regierung nicht einverstanden sind, zu „Staatsverrätern“ erklärt werden. Nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung dieses Artikels, am 12. Oktober 2023, führte der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) eine Hausdurchsuchung in meiner Wohnung in Kiew durch, bei der persönliche Gegenstände und Rentenersparnisse meiner Eltern beschlagnahmt wurden, da die Strafbehörden nichts Illegales finden konnten. Dann haben der Sicherheitsdienst der Ukraine und die Staatsanwaltschaft – als ob sie dem Algorithmus folgen würden, den ich damals erwähnt hatte – mich in Abwesenheit angeklagt, angeblich Informationsaktivitäten zugunsten des Aggressors (Russland, Red.) zu begehen und den Angriff gegen die Ukraine zu rechtfertigen.
Dem Gericht wurde ein Antrag auf meine Verhaftung und Unterbringung im Gefängnis übermittelt. Gleichzeitig wurde mir das Verdachtsdokument selbst aber nicht ausgehändigt und nicht zugestellt, wie es das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren verlangt hätte , wodurch meine Rechte auf Verteidigung grob verletzt wurden.
Was aber war die Grundlage für den SBU und die Staatsanwaltschaft, eine so schwere Anschuldigung gegen mich zu erheben? Wahrscheinlich einige schwerwiegende Beweise für die Schuld? Beweise: operative Daten, nicht klassifizierte Daten, Ergebnisse von Zeugenbefragungen, Ergebnisse von Telefonabhörungen, Durchsuchungen und Inspektionen? Nein! Vielleicht Spionage, Sabotage, Staatsstreich, Mord, Korruption? Auch nein! Denn das war es nicht und konnte es auch nicht sein: Als Anwalt, als Advokat, agiere ich immer ausschließlich im juristisch korrekten Bereich. Heute aber braucht man in der Ukraine keine Schuldbeweise mehr, um Oppositionelle strafrechtlich zu verfolgen, es genügen Beiträge in sozialen Netzwerken und/oder Aussagen über die Ursachen und Folgen des Krieges in der Ukraine, also eine andere, von der Position der offiziellen ukrainischen Behörden abweichende Haltung.
Worüber habe ich also in meinen Artikeln, Beiträgen in sozialen Netzwerken, Reden und Interviews gesprochen? Ich habe über die Notwendigkeit einer sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten und den Beginn von Friedensgesprächen gesprochen. Ich habe über die herannahende nukleare Katastrophe geschrieben. Ich habe auf die Nutznießer des Krieges in der Ukraine hingewiesen, in erster Linie auf die Oligarchie und den militärisch-industriellen Komplex. Ich habe über die unvorstellbare Korruption im Krieg und im Alltagsleben geschrieben. Ich habe offen über das Aufblühen des Neonazismus im Land gesprochen. Ich habe historische Parallelen gezogen, um sie mit den heutigen Umständen zu vergleichen. Ich schrieb und sprach über all das, was in der Ukraine, in den USA, in Europa und überall auf der Welt schon lange bekannt ist.
Heute ist eine solche Meinungsäußerung in der Ukraine ein Gesinnungsverbrechen, eine schwere Sünde in den Augen der derzeitigen Regierung, denn Dissens, Objektivität und Wahrheit untergraben die Basis ihrer Macht. Dies wird in der heutigen Ukraine mit der grundlosen Verhaftung ohne Haftbefehl mit bis zu 15 Jahren Gefängnis und der Konfiszierung des gesamten Eigentums bestraft.
Meine politisch motivierte strafrechtliche Verfolgung ist eines der bezeichnenden Beispiele für die Gesetzlosigkeit und die systematisch aufgebaute repressive Politik des Selenskyj-Regimes, die auf die vollständige Beseitigung von Dissens und Opposition in der Ukraine und auf die Errichtung einer Diktatur abzielt.“
https://globalbridge.ch/ein-herzlicher-dank-und-ein-grosser-wunsch-aus-der-ukraine/
Und hier gibt es weitere Informationen:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=106250
https://www.nachdenkseiten.de/?p=106483
Artikel dazu im Forum:
https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/in-der-ukraine-wird-unter-dem-laerm-des-krieges-eine-oligarchische-diktatur-errichtet/
https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/19671/
https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/ueber-die-alten-und-die-neuen-bosse-des-ukrainischen-praesidenten-selenskyj/
https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/28180-2/