Offener Brief an das BSW

Für die AFD und die gesamte völkische Rechte ist „die Migration“ – früher waren es „die Ausländer“ – die „Mutter aller Probleme“. Sie kopiert die Machteroberungsstrategie der NSDAP, die sie mit einer „Selbstverharmlosungstaktik“ zu verdecken sucht. Dass bürgerlich Konservative und Liberale mittlerweile dazu übergehen deren Krisendignosen zu übernehmen und immer offener mit diesen Verächtern der Demokratie und eines verständnisvollen sozialen Zusammenlebens kooperieren, vereinfacht ihnen das Vordringen. Doch das ist nicht wirklich unerwartet. Schließlich haben die historischen Vorläuferparteien „der Mitte“ ja bereits in Weimar Hitler zum Reichskanzler gekürt. Als wirklich historisch neu muss man es allerdings betrachten, wenn Linke anfangen in dieses Horn zu blasen. Hier sollten die roten Warnlampen heftig blinken. Am Abend nach der Veranstaltung, die wesentlich von Aktiven des BSW im Haus der IG Metall initiiert und getragen wurde, bildete sich aus diesem Grund ein kleiner Nachbereitungskreis, aus dem der Entwurf eines Offenen Briefes an das BSW entstand. Beteiligt daran waren auch Mitglieder des Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin. Der AKI hat auf seiner letzten Sitzung diesem Text einstimmig angenommen und veröffentlicht ihn hier mit aller Einverständnis. (Jochen Gester)

Bild: pxabay. Green Card Show.

Offener Brief an das BSW

Wir schätzen sehr eure weiterhin klaren Positionen zum Kriegsgeschehen in der Ukraine, zur Politik der NATO, für eine deutliche Abkehr von weiteren Waffenlieferungen in die Ukraine und dem täglich stattfindenden Völkermord in Gaza. Selbstverständlich möchten wir auch eure Initiative zu den Stationierungen von Mittel- und Langstreckenraketen auf deutschem Boden und Friedensverhandlungen mit Russland unterstützen. Wir knüpfen hier an die Position der Betriebsrätin Josephine Thyre an, die sich auf der Veranstaltung am 9.9.2024 im IG Metall-Haus eindrücklich für internationale Zusammenarbeit gegen den Krieg und den damit verbundenen Sozialabbau ausgesprochen hat.

Entsetzt sind wir allerdings über die fortlaufenden öffentlichen Verlautbarungen von Sarah Wagenknecht zur Migrationspolitik. Sie fordert eine „Zeitenwende“ und aktuell, dass mit „sehr radikalen Maßnahmen“ die Asylzahlen in der BRD gesenkt werden sollen. Sie fordert, dass nur noch diejenigen in Deutschland ein Asylverfahren und Leistungen erhalten sollen, die nicht aus einem sog. sicheren Drittland eingereist sind.

Da Deutschland umgeben ist von sog. sicheren Drittländern würde sich die Zahl der Asylsuchenden auf eine „verschwindende Minderheit“ so Wagenknecht, reduzieren. Sie möchte nach eigener Aussage „ein Stoppzeichen“ setzen. Die „Willkommenskultur sei vorbei“ sagte sie deutlich. In vorherigen Statements begründete sie ihre Position u.a. damit, dass der Zustrom irregulärer Migration den Wettbewerb im Niedriglohnsektor verschärfen würde. Mal abgesehen davon, dass Studien dieser Behauptung klar widersprechen, spielt sie hier offen auf Lohnarbeit angewiesene Menschen gegeneinander aus. Klassenstandpunkt ade – Rassismus willkommen?

Diese Positionen sind nicht nur zutiefst menschenverachtend und treiben Menschen weiter in die Verelendung und in den Tod. Sie verhindern eine breite Antikriegsbewegung, spalten und schwächen die Kriegsgegner:innen und rücken sie in gefährliche Nähe zur AfD.

Sevim Dagdelen hat an diesem Abend sehr richtig und anschaulich in ihren „10 Thesen zur Funktion und Zielen der NATO“ mehrere Kriege und Verbrechen der NATO benannt. Diese Kriege haben die Flucht vieler Menschen als Ursache. Dies wurde leider nicht benannt. Die Gründe für Flucht und Migration liegen in der Politik der europäischen Union im globalen Süden. Sie sind immer noch Folgen der Kolonialisierung und der Ausbeutung des globalen Südens durch Europa. Auch an den Kriegen im globalen Süden ist Deutschland mit Waffenlieferungen beteiligt.

Deutsche Konzerne beuten mit Unterstützung der Bundesregierung weltweit Ressourcen für ihren Profit aus. Den Menschen, die vor diesen Kriegen und der wirtschaflichen Not fliehen ihr legitimes Recht auf Asyl und Aufenthalt hier zu verweigern, ist unmoralisch.

Eine wirkungsvolle Antikriegsbewegung muss nicht nur internationalistisch, sondern auch deutlich antirassistisch sein. Eine internationale Zusammenarbeit ist unabdingbar. Eine solche notwendige Zusammenarbeit wird jedoch mit diesen gravierenden Positionen gegen die Rechte Geflüchteter verhindert.

Wir und nicht nur wir, möchten zusammen mit migrantischen Organisationen und Menschen eure Initiativen gerne mit voller Kraft unterstützen um eine weitere Eskalation der bestehenden Kriege abzuwenden. Doch nur, wenn ihr eure Haltung zur Frage der Migration und des Asylrechts überdenkt, kann sich eine kraftvolle Antikriegsbewegung entwickeln.

Berlin, 19.9. 2024

Unterzeichnende:
Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin
Arbeitskreis gegen den Krieg der Reichen

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