Tarifpoker Metall -Kampf gegen den finanziellen Abstieg!

Donnerstag 6.10.2022 vor dem Haus der Wirtschaft in Berlin. Kurz vor Verhandlungsbeginn Nummer Zwei in der diesjähringen Metalltarifrunde. Belegschaftsvertreter der wichtigsten Metallbetriebe in Berlin und Brandenburg drückten – unter Trommelwirbel und Trompeten- deutlich ihre Erwartungen aus und schilderten die Stimmung unter den Kollegen in ihren Betrieben (siehe hierzu auch unsere Videodokumentation mit Redeausschnitten am Ende ).

Zusammengefasst. In den Betrieben brodelt es. Das bisherige Nullangebot macht die Menschen wütend. Die Belegschaften waren lange nicht so kampfbereit, auch für unbefristete Streiks, um die Forderung von 8 Prozent voll durchzusetzen. Angesichts der aktuellen Inflation sehen viele die 8 Prozent als Mindestforderung an -gefühlt brauchen wir mehr (BR Vorsitzender Mercedes Benz Marienfelde). Am Nachmittag war klar. Weder Hinweise und Argumente, wie sehr doch die Forderung von 8 Prozent berechtigt sei , noch drastische Streikandrohungen hatten etwas gefruchtet! . Auch diesmal bewegte sich das Unternehmerlager nicht über die „Null“ hinweg.

Was sind die Hintergründe und die besonderen Fallstricke in dieser Tarifrunde?

Schon mehrere Jahre keine nachhaltigen Erhöhungen mehr !

Die diesjährige Tarifrunde findet vor dem Hintergrund mehrjähriger Abstinenz statt. Mit der Coronapandemie als Begründung gab es ausser Einmalzahlungen keine wirklich sockelwirksamen Lohn- und Gehaltserhöhungen mehr. Während die Preise Stück für Stück anzogen und die Kapitalseite bis zu zweistellige Renditen erzielte, hängt das Niveau von Löhnen und Gehältern immer weiter hinter dieser Entwicklung her. Die Schere zwischen Kapital und Beschäftigten, die die eigentliche Arbeit zur Erzielung der Gewinne und ökonomischen Macht deutscher Unternehmen leisten, ging weiter sprunghaft auseinander. Inzwischen fürchten viele Kollegen, angesichts der nun galoppierenden Inflation, “ demnächst ihre großen Rechnungen“ nicht mehr zahlen zu können.

Als die Forderung von 8 Prozent beschlossen wurde, lag die offiziell erwartete Inflationshöhe noch etwa auf Augenhöhe. Inzwischen sagen die meisten Wirschaftsinstitute Preisanstiege von 12 Prozent und mehr im nächsten Jahr voraus. Aufgrund eines riesigen Nachholbedarfs bei den Arbeitnehmereinkommen, gestiegener Produktivität und zweistelliger Gewinne fordeten schon vorher Belegschaften (z.B. Mercedes Werk Untertürkheim 11,5%) deutlich mehr. In den Tarifkommissionen wurde und wird auf die Notwendikgeit von Inflationsöffnungsklauseln und strikter Begenzung der Laufzeit hingewiesen. Bei der Acht darf es jetzt keinen Kompromiss mehr geben ! „Bevor es kracht, gebt uns die Acht“ Was wundert es, dass jetzt viele so denken und streikbereit sind , da selbst eine volle Durchsetzung angesichts der aktuellen Entwicklung noch zu realen Einbußen bei den Menschen führen kann.

Welche Rolle spielen Hilfsleistungen des Staates in der aktuellen Preis und Versorgungskrise !

Trägt „der Staat mit seinen riesigen Entlastunngspaketen“ wirklich maßgeblich dazu bei, dass die arbeitenden Menschen und das Gros der Bevölkerung in der gegenwärtigen Preis- und Versorgungskrise über die Runden kommen? Kurzfristig zu einem kleinen Teil ja, mittel- und langfristig Nein! „Sicher ist nur, es handelt sich wie auch bei den anderen Entlastungsmaßnahmen um einen vorübergehenden Schutzschirm mit einem nochmals einmaligen Budgetumfang von 200 Milliarden Euro. Das kann tatsächlich bei konsequenter Umsetzung die aktuelle Not vieler lindern. Aber es ist wie bei einem Fallschirm, man fällt langsamer, kommt aber mit Sicherheit unten in der „Armut“ an. [1]https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/?p=14039 Was wirklich für den einzelnen Arbeitnehmer herauskommt, steht momentan noch in den Sternen. Lediglich Folgendes scheint zur Gaspreisbremse seitens der Expertenkommssion fix: 12 Cent für 80 % des Verbruchs begrenzt auf 14 Monate für Privstpersonen und Kleinbetriebe , 7 Cent für Unternehmen begrenzt auf 16 Monate. [2]wir werden berichten, wenn die Maßnahmen bekannt sind. “ Wie die dpa aus Kommissionskreisen erfuhr, schlägt das Gremium für Dezember eine Einmalzahlung vor. Für Industrie-Gaskunden solle es … Continue reading

Auf jeden Fall geht ein Großteil des Geldes an die Unternehmen selbst. Halb Europa protestiert ja nicht deshalb gegen das Maßnahmenpaket wegen Wettbewerbsvorteilen für die deutsche Wirtschaft, weil das Geld vorrangig nur an Harz IV Empfänger oder Arbeiter und Angestellte fließt. Nicht zuletzt wird ein weiterer Teil für den aggressiven Aufkauf von Gas und Kohle verwendet, was – wie das Handelblatt am 8.10. berichtet [3] Handelsblatt 8.10. – die internationalen Enegiepreise weiter anheizt und Länder wie Pakistan oder Bangladesh an den Rand des Ruins treibt.

Durch den „Wums“ um eine weitere Verschuldung von 200 Milliarden Euro wird die Inflation selbst weiter angeheizt. Für den Staat hat das den schönen Nebeneffekt: Seine Schulden werden weginflationiert und es sprudeln Steuermehreinnahmen. Ausserdem sind eine Reihe Abgabenerhöhungen ab Anfng Januar geplant, über die man sich wohlweislich ausschweigt. Für uns bedeutet es, dass unsere Entlastungsgelder durch den erhöhten weiteren Preisantrieb wieder weggefressen werden. Last not least sind wir es mit unseren Enkeln, die alles – auch die Gelder an die Konzerne- mit Zins und Zinseszins zurückzahlen müssen.“ [4]Die Doppelwucht der Regierung gegen Putin

Natürlich begrüssen wir Einmalzahlungen der Unternehmer, die bis zu 3000 Euro durch das staatliche Entlastungspaket steuer- und abgabenfrei gestellt werden sollen. Aber bei einem Tarifabschluss ist zu beachten: solche Einmalzahlungen dürfen – trotz des süßen Gifts der Abgabenfreiheit – keinesfalls erneut zulasten unserer langfristigen Lohnentwicklung gehen!

Nur ausreichend sockelwirksame Lohn- und Gehaltssteigerungen, die mit der Inflation auf Augenhöhe stehen -versehen mit einer Inflationsöffnungsklausel – können unsere Lebenshaltung nachhaltig stabillisieren und den Abstieg in Richtung Armut verhindern. Im Schlepptau von unserem Einkommen steigen letztlich auch Renten und andere soziale Leistungen.

Das Nullangebot der Unternehmervertreter hat Methode und ist Klassenkampf von oben!

Das Vorgehen der Kapitalseite hat Lehrbuchcharakter. „Erwartungen drücken“ , um einen faulen Kompromiss vorzubereiten und als Erfolg verkaufen zu können! Das Unternehmerlager denkt strategisch. Eine „harte Linie“, auch wenn es die Wut nach oben treibt und zu unangenehmen Streikmaßnahmen führt, zahlt sich langfristig aus. Die Löhne und Gehälter sockelwirksam langfristig unten zu halten, ist ein unschätzbarer Vorteil in der internationalen Konkurrenz. Das gilt aber nur solange, wie die Streiks nicht unbefristet sind und nicht durch kurzfristige Köder wie Einmalzahlungen unter Kontrolle gebracht werden können. Dem Klassenkampf von oben kann nur durch Klassenkampf von unten mit Weitsicht erfolgreich begegnet werden.

Auf einem Poster und in einer Rede hieß es „Für die Acht zeigen wir unsere Macht“. Es liegt in der Hand unserer Kollegen, mithilfe der IG Metall, es zu tun!

hier der Bericht auf der Seite der IG Metall Berlin

Ausschnitte von Kundgebung und Redebreiträgen

Auftakt mit Trommeln und Trompeten

Redeausschnitte BR Vorsitzender Mercedes Benz Marienfelde

Vertreter ZF Brandenburg

Redeausschnitt BR Vorsitzender Daimler Ludwigsfelde

Redeausschnitte Vertreter Brandenburg

11,5 % Doppelbock –Vetrauensleute Mercedes Benz Stuttgart Untertürkheim

References

References
1 https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/?p=14039
2 wir werden berichten, wenn die Maßnahmen bekannt sind. “ Wie die dpa aus Kommissionskreisen erfuhr, schlägt das Gremium für Dezember eine Einmalzahlung vor. Für Industrie-Gaskunden solle es ab Januar für 16 Monate für 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs einen festen und damit gedeckelten Preis von 7 Cent pro Kilowattstunde geben. Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen solle es ab März für 14 Monate einen Deckel von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs für 12 Cent geben.“ -Gaskommission einigt sich auf Sonderzahlung und Preisbremse – Business Insider
3 Handelsblatt 8.10.
4 Die Doppelwucht der Regierung gegen Putin

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