Von Florian Rötzer
Bild: Bergbau in Krywbas. Bild: Sukhabalka/CC BY-SA-4.0
US-Vizepräsident JD Vance hat mit seiner Frau demonstrativ Grönland besucht, um das Interesse an der Annexion zu bekräftigen. Da die Grönländer alles andere als erpicht sind, unter die Herrschaft von Washington zu geraten, wurde der Besuch kurz gehalten und beschränkte sich auf den amerikanischen Stützpunkt. Vermieden werden sollten Bilder von Grönländern, die gegen Amerika protestieren.
Donald Trump beteuerte allerdings am Wochenende wieder in einem Interview mit NBC, dass Grönland amerikanisch werden würde und müsse: „Wir bekommen Gröndland, ja, 100 Prozent.“ Es gäbe gute Möglichkeiten, eine Annexion ohne militärische Mittel zu erreichen, „aber ich nehme nichts vom Tisch“. Gefragt, welches Signal er Russland und der Welt damit geben würde, antwortete er lakonisch: „Darüber denke ich nicht nach. Das ist mir egal.“
Es gehe um die „internationale Sicherheit und Stärke“, womit die der USA gemeint ist. Trump will die Schifffahrt in der auftauenden Arktis kontrollieren. Letztlich soll die amerikanische Einflusszone durch Annexion ausgeweitet werden, just also das, was Russland vorgeworfen wird, was aber die Nato mit der Osterweiterung auf die Ukraine bereits vorexerziert hat.
Eine andere Strategie verfolgt Trump gegenüber der Ukraine, die er nicht annektieren will wie Grönland, aber die er zugunsten der USA wie ein Kolonialstaat ausbeuten und zugleich verhindern will, dass das Land der EU beitreten kann, nachdem ein Nato-Beitritt praktisch vom Tisch ist. Überdies würde verhindert, dass die Ukraine in nächster Schulden an EU-Länder zurückzahlen kann. Das neue Rohstoff-Abkommen, das Trump der ukrainischen Regierung aufdrängen will, enthält keine Sicherheitsgarantien, aber die Kontrolle über die Ausbeutung der Bodenschätze, die Energie-Konzerne und die mit beiden verbundene Infrastruktur wie Häfen, Pipelines, Straßen, Eisenbahn, Minenanlagen oder Öl- und Gas-Eploration. Er soll nur von amerikanischer Seite beendet werden können, was die Ukraine lange binden und zu einem amerikanischen Vasallenstaat machen würde. Die Financial Times hat einen 55seitigen Entwurf des Abkommens veröffentlicht, ob das der noch aktuelle ist, wissen wir nicht.
Eingerichtet werden soll ein Wiederaufbau- und Investmentfond, der von fünf Aufsichtsräten gesteuert wird, davon sollen drei von der US-Behörde International Development Finance Corporation bestellte Amerikaner mit Vetomacht sein. Die USA „zahlt“ gewissermaßen die Gelder ein, die seit 2022 der Ukraine gegeben wurden. Sie müssen nach Ansicht von Trump zurückgezahlt werden, überdies würden die USA 4 % Zinsen erhalten, erst dann können Einnahmen an die Ukraine fließen, wobei allerdigs 50 Prozent in den Fonds fließen sollen. Dabei ist schon strittig, wie viel Washington der Ukraine wirklich gezahlt hat und ob alles Kredite waren. Die USA wollen sich das Recht auf ein erstes Investitionsangebot auf neue Projekte und ein Veto auf Verkäufe an andere Länder vorbehalten. Überdies wollen die USA ein Vorkaufsrecht für Öl und Gas, alle Mineralien und Metalle unabhängig davon, ob der Fonds dies finanziert.
Trump setzt Selenskij die Pistole auf die Brust. Wieweit Kiew bessere Bedingungen heraushandeln kann, muss man sehen. Verweigert es ein Abkommen, würden sich die USA wohl zurückziehen, was Selenskij, um politisch zu überleben, ebenso wenig zulassen kann wie eine Akzeptanz, die einem Ausverkauf gleichkäme und wahrscheinlich enormen Widerstand im Land entstehen ließe. Kiew hat zuvor erklärt, dass das Abkommen nicht dem Assoziierungsabkommen mit der EU widersprechen dürfe. Ob Selenskij das zugunsten der noch verbliebenen europäischen Unterstützer durchhalten kann, ist fraglich.
Die Trump-Regierung bietet der Ukraine keinen Schutz, sondern behauptet nur, dass amerikanische Investitionen Russland von Angriffen abhalten würden. Ein Effekt wäre, dass die EU keine Chance auf Schuldenrückzahlung der Ukraine hat und vom Wiederaufbau und von Investitionen weitgehend ausgeschlossen wäre. Die Ukraine wäre ein Land unter wirtschaftlicher Kontrolle der zudem gegenüber Europa negativ aufgestellten USA. Man könnte fast vermuten, dass Trump, im Willen zu Russland durch einen Friedensschluss in der Ukraine neue Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen, verhindern möchte, dass sie in die Nato und in die EU aufgenommen wird.
Bloomberg schreibt noch recht vorsichtig: „Die USA drängen darauf, alle wichtigen künftigen Investitionen in die Infrastruktur und in Bodenschätze in der Ukraine zu kontrollieren, wodurch sie möglicherweise ein Veto gegen jede Rolle der anderen Verbündeten Kiews einlegen und die Bewerbung des Landes um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union untergraben könnten.“
Erstveröffentlicht am 31.3. 2025 im Overton Magazin
https://overton-magazin.de/top-story/soll-das-us-rohstoffabkommen-mit-der-ukraine-die-eu-wirtschaftlich-zurueckdraengen/
Wir danken für das Publikationsrecht.