“Fix everything”, alles werde er reparieren, verspricht er, und sieht sich als Verkörperung des Volkswillens: “So etwas hat es in diesem Land noch nie gegeben, und vielleicht sogar darüber hinaus.”
Von Florian Rötzer
Bild: Pentagon. Wiki media
Donald Trump wird fast sicher der nächste Präsident der USA sein, Kamala Harris hat keine Chancen mehr. Sie war im konservativen Amerika von vorneherein im Nachteil als Frau und als Farbige. Trump feiert sich schon vor dem offiziellen Wahlergebnis als Sieger. Dazu kommt, dass die Demokraten die Mehrheit im Senat verloren haben und wahrscheinlich auch im Repräsentantenhaus in der Minderheit sein werden.
Trump kann also die nächsten zwei, vielleicht auch vier Jahre, wenn nicht Widerstand von Seiten der Republikaner selbst kommt, durchregieren. Vor dem Wahltag propagierte er noch auf Twitter großspurig und wie üblich mit großen Lettern: „Your vote will lead us to Greatness. Your vote will unleash a new GOLDEN AGE! Your vote will MAKE AMERICA GREAT AGAIN! GREATER THAN EVER BEFORE!”
Jetzt erklärt er, dass sein Wahlsieg „für immer als der Tag in Erinnerung bleiben wird, an dem das amerikanische Volk wieder die Kontrolle des Landes gewonnen hat“. Überhaupt spart nicht mit bombastischer Selbstverklärung und dem Versprechen, alles richten zu können. Vor ihm hat die Wirklichkeit keine Chance. Das scheint zu ziehen, alles scheint ganz einfach zu sein, um Donald und Amerika wieder groß zu machen.
Er gibt sich also als Volkes Wille und Vollstrecker – und seine Anhänger, die deutlich während der Biden-Regierung zugenommen haben, glauben ihm. Man wird sehen, wie er als Volkes Wille mit der Opposition im Land umgehen wird. Man wird auch sehen müssen, ob er die vielen, meist vagen Wahlversprechen als Heiland, wie er sich gibt, wird erfüllen können. Ziemlich sicher nicht.
Gut möglich, dass im Unterschied zur ersten Präsidentschaft die Begeisterung schnell wieder abnimmt, wenn er es nicht schafft, schnell die Grenze zu schließen, die größte Abschiebung zu schaffen, in einem Tag den Krieg in der Ukraine zu beenden und ein goldenes Zeitalter für das wieder groß gewordene Amerika einzuläuten, in dem auch die Armen und Geringverdiener prosperieren. Letzteres ist nicht zu erwarten, eher schon wieder Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen.
An Völkerrecht, überhaupt an internationalem Recht ist Trump nicht wirklich orientiert, allerdings hat sich Washington meist nur dessen bedient, wenn es seinen Interessen entsprach. Ob er im Nahen Osten einen Deal zur Beendigung des Kriegs machen kann oder mit der Unterstützung von Israel gegen den Iran vorgeht und weiter eskaliert, wird spannend werden. Netanjahu jubelt auf jeden Fall und hatte schon mal seinen Verteidigungsminister Gallant entlassen, um weiter ungehindert Krieg führen zu können. Versprochen hat er: „Ich werde Kriege stoppen. Keine Kriege mehr während meiner Amtszeit.“
Der ukrainische Präsident Selenskij versucht verständlicherweise sich schnell freudig zu zeigen bzw. sich anzudienen und schreibt: „Wir freuen uns auf eine Ära der starken Vereinigten Staaten von Amerika unter der entschlossenen Führung von Präsident Trump. Wir zählen auf die anhaltend starke parteiübergreifende Unterstützung für die Ukraine in den Vereinigten Staaten.“ In Berlin wird Panik herrschen, weil man sich zu eng an Biden und die Demokraten gebunden hat. Jetzt steht man mit Europa wahrscheinlich allein an der Seite der Ukraine und muss, um Trump bei der Stange und der Nato zu halten, massiv aufrüsten. Das wird, wenn keine schnelle Umorientierung erfolgt, extrem teuer werden und neue Schuldenaufnahme sowie Sparmaßnahmen im sozialen Bereich erfordern. Es könnte vor dem Wahljahr unruhig werden, wenn die Regierung nicht schon vorher zerbricht.
Erwartbar ist zudem, dass Trump wieder in den Wirtschaftskrieg einsteigt und hohe Zölle verhängen wird, unter denen die Wirtschaft Europas und Chinas leiden wird. Klar ist auch, dass unter dem „Drill-drill-drill“-Präsidenten Klima-, Arten- und Umweltschutz keine Rolle mehr spielen. Ob Trump durch den „deep state“, wie er dies nannte, wieder in Zaum gehalten werden kann, ist fraglich. Vermutlich werden Ministerien und Behörden nach dem Plan der Heritage Foundation „Project 2025“ gesäubert und mit Trump-Treuen besetzt. Elon Musk sieht jedenfalls eine „fantastische“ Zukunft, was er mit einer Rakete beim Flug ins Weltall illustriert.
Erstveröffentlicht im Overton Magazin v. 6.11. 2024
https://overton-magazin.de/top-story/wahlsieger-trump-verspricht-goldenes-zeitalter-fuer-die-usa/
Wir danken für das Publikationsrecht.