US-Oligarch Elon Musk verstärkt seine Wahlwerbung für die AfD. Unterstützung für die äußerste Rechte in Europa gibt es aus Trumps Umfeld seit 2018. Eine zentrale Rolle spielt ein Ableger einer US-Organisation in Ungarn.
Redaktion German Foreign Policy
Collage: Jochen Gester
WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Mit einem öffentlichen Onlinegespräch mit AfD-Bundessprecherin Alice Weidel an diesem Donnerstag krönt der US-High Tech-Oligarch Elon Musk seine Wahlkampfwerbung für die AfD. Gegenstand des Gesprächs, das Musk und die AfD einmütig bewerben, seien insbesondere „die Vorstellungen der AfD für ein zukunftsfähiges Deutschland“, wird ein Weidel-Sprecher zitiert. Musk hat bereits zuvor offen für die Partei geworben, ähnlich wie für ultrarechte Kräfte in anderen europäischen Staaten, etwa in Großbritannien und Italien. Unterstützung aus dem Umfeld von Donald Trump für die äußerste Rechte in Europa gab es schon während Trumps erster Präsidentschaft. So hatte etwa der damalige US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, im Juni 2018 erklärt, er wolle „unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken“. Gleichfalls im Jahr 2018 hatte Trumps Ex-„Chefstratege“ Steve Bannon versucht, größere Parteien der extremen Rechten in Europa zu koordinieren und ihnen zu höheren Wahlerfolgen zu verhelfen; Bannon scheiterte damals noch. Seit 2022 bindet eine Organisation der US-Republikaner (CPAC) über einen Ableger in Ungarn europäische Rechtsaußenkräfte systematisch an die US-Rechte an.
„Eine Welle konservativer Politik“
Bereits während der ersten Präsidentschaft von Donald Trump hatte es erste Bestrebungen von Amtsträgern und Aktivisten aus Trumps Umfeld gegeben, die äußerste Rechte in Europa offen zu fördern. So hatte der damalige US-Botschafter in der Bundesrepublik, Richard Grenell, Anfang Juni 2018 in einem Interview mit der ultrarechten US-Onlineplattform Breitbart erklärt, er wolle „unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken“.[1] Er sei der Auffassung, es mache sich „wegen der gescheiterten Politik der Linken“ nun „eine Welle konservativer Politik“ auch auf dem europäischen Kontinent breit; jedenfalls gebe es „eine Menge Konservative in ganz Europa, die Kontakt zu mir aufgenommen haben, um mir mitzuteilen, dass sie ein Wiederaufleben verspüren“. Dass dies so sei, daran könne es keinen Zweifel geben; es sei „eine aufregende Zeit“. Grenell fügte an, der Wahlerfolg von Donald Trump habe bewiesen, dass es möglich sei, die Kontrolle der traditionellen Eliten über den Zugang zur Macht zu brechen. Er selbst bewundere unter den Regierenden in der EU vor allem Österreichs Ministerpräsidenten Sebastian Kurz: „Sebastian Kurz ist ein Rockstar. Ich bin ein großer Fan.“[2] Kurz regierte damals in einer Koalition seiner konservativen Partei ÖVP mit der extrem rechten Partei FPÖ.
Steve Bannon in Europa
Ebenfalls im Jahr 2018 startete Trumps vormaliger Wahlkampfberater und „Chefstratege“ Steve Bannon den Versuch, die extreme Rechte in Europa zu organisieren, um sie zu echten Wahlerfolgen zu führen. Dazu plante er, eine Organisation namens The Movement (Die Bewegung) aufzubauen, die den bestehenden Parteien der extremen Rechten mit Umfragen, Analysen und Beratung zur Seite stehen sollte.[3] Darüber beriet sich Bannon Mitte Juli 2018 in London am Rande eines Trump-Besuchs mit führenden Vertretern mehrerer aufstrebender Parteien der europäischen extremen Rechten, darunter Politiker der Schwedendemokraten, des belgischen Vlaams Belang und des französischen Rassemblement National (RN). Schon im Frühjahr 2018 hatte Bannon mit Politikern der Lega des italienischen Innenministers Matteo Salvini und mit der Ko-Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, Gespräche geführt; es folgten Treffen mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und der Vorsitzenden der Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni.[4] Bannons damaliges Experiment mit The Movement scheiterte. Meloni allerdings hat er im italienischen Wahlkampf im September 2022 erneut unterstützt. Damals sagte er ihr eine erfolgreiche Zukunft voraus: Sie werde, wie einst die britische Premierministerin Margaret Thatcher, zu kämpfen haben, aber letztlich „gewinnen“.[5]
CPAC Hungary
Auf eine systematische Anbindung der europäischen extremen Rechten an die Trump’sche Rechte in den Vereinigten Staaten arbeitet inzwischen auch die Conservative Political Action Conference (CPAC) hin. Die CPAC, 1974 als Vernetzungstreffen des rechten Flügels der US-Republikaner gegründet, hat sich seit den 2000er Jahren zu einer Massenveranstaltung entwickelt und folgt seit spätestens 2017 dem Kurs des damals frischgebackenen Präsidenten Donald Trump. Gleichfalls 2017 hat sie begonnen, Ableger in anderen Staaten zu schaffen, um jeweils die Vernetzung der dortigen mit der US-amerikanischen Rechten zu fördern. Auf eine CPAC Japan (2017) folgten eine CPAC South Korea, eine CPAC Australia sowie eine CPAC Brazil (jeweils 2019); 2022 kamen eine CPAC Mexico, eine CPAC Israel und eine CPAC Hungary hinzu. An der dritten CPAC Hungary, die im April 2024 stattfand und vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán persönlich eröffnet wurde, nahmen neben US-Republikanern zahlreiche Spitzenpolitiker extrem rechter Parteien aus Europa teil, so etwa die Vorsitzenden der Geert Wilders-Partei PVV (Niederlande), des Vlaams Belang (Belgien), von Vox (Spanien) und Chega (Portugal). Auf den inzwischen drei abgehaltenen CPAC Hungary waren auch Vertreter etwa der Fratelli d’Italia oder der AfD präsent.[6]
„Deutschland retten“
Auf den Nährboden, der seit den ersten Vorstößen von Grenell und Bannon gewachsen und von der CPAC Hungary weiter gefördert worden ist, bauen nun die jüngsten Vorstöße von X-Chef Elon Musk auf. Musk hat bereits in anderen europäischen Staaten offen für Parteien und Aktivisten der äußersten Rechten Position ergriffen. In Großbritannien etwa hat er zwei Aktivisten der extremen Rechten, die auf X (vormals: Twitter) gesperrt worden waren, wieder Zugang zu der Plattform verschafft. Zudem unterstützt er die ultrarechte Partei Reform UK. In Italien hat er enge Beziehungen zu Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und zu deren ultrarechter Partei Fratelli d’Italia aufgebaut. Seit kurzem unterstützt er zudem auf X die AfD. „Nur die AfD kann Deutschland retten“, schrieb er dort am 20. Dezember. Am 28. Dezember erschien – vorab online – ein Namensartikel von Musk in der Springer-Zeitung Welt am Sonntag, in dem es wörtlich hieß: „Die Alternative für Deutschland (AfD) ist der letzte Funke Hoffnung für dieses Land“. Ihre „Darstellung … als rechtsextrem“ sei „eindeutig falsch“. Musk ergänzte dies mit der Beschimpfung des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers sowie des Vizekanzlers; Frank-Walter Steinmeier nannte er einen „antidemokratischen Tyrannen“, Olaf Scholz einen „unfähigen Deppen“, Robert Habeck einen „Volksverräter“.[7]
Die Vorstellungen der AfD
Für den heutigen Donnerstag kündigt Musk ein öffentliches Gespräch auf X mit der AfD-Bundessprecherin Alice Weidel an. Im August 2024 hatte Musk ein ebensolches Gespräch mit dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump geführt – eine hochwillkommene Wahlkampfhilfe für den jetzigen President-elect. Musk, der außerdem rund 200 Millionen US-Dollar für Trumps Wahlkampagne gespendet haben soll, wird als Gegenleistung einen einflussreichen Beraterposten erhalten und gemeinsam mit Vivek Ramaswamy, einem ultrarechten Republikaner, das Department of Government Efficiency (DOGE) leiten, ein neu geschaffenes Büro, das Streichungen im Regierungsapparat und im Staatsbudget vorbereiten soll. Laut Angaben von Weidels Sprecher Daniel Tapp hat das aktuelle Gespräch mit der AfD-Bundessprecherin einen langen Vorlauf. Musk habe sich bereits vor einigen Monaten für das AfD-Parteiprogramm interessiert, erklärt Tapp; zuletzt habe es einen regelmäßigen Austausch zwischen einem AfD-Team und Angestellten von Musk gegeben. „Zentrale Themen werden vor allem die Meinungsfreiheit und die Vorstellungen der AfD für ein zukunftsfähiges Deutschland sein“, kündigt Tapp an.[8] Damit ist – wenige Wochen vor der Bundestagswahl – offene Wahlwerbung für die AfD zu erwarten.
Keine Launen
Musks Wahlwerbung für die AfD entspringt nicht den Launen eines individuell nach rechts abdriftenden US-Oligarchen. Sie steht vielmehr im Zusammenhang mit strategischen und mit ökonomischen Interessen – auf beiden Seiten des Atlantiks. german-foreign-policy.com berichtet in Kürze.
[1], [2] Chris Tomlinson: Trump’s right hand man in Europe Rick Grenell wants to ‘empower’ European conservatives. breitbart.com 03.06.2018. S. auch Die Souveränität der Macht.
[3] Maia de la Baume, Silvia Sciorilli Borrelli: Steve Bannon’s stuttering European adventure. politico.eu 05.03.2019.
[4] Ewan Palmer: Giorgia Meloni Set to Give Steve Bannon a Huge Victory for His ‘Revolution’. newsweek.com 24.09.2022.
[5] Tom Kington: Trump’s top adviser Steve Bannon hails Giorgia Meloni as ‘Thatcher’ of Italian right. thetimes.com 12.09.2022.
[6] S. dazu Europa auf dem Weg nach rechts (II).
[7] Jasper Ruppert: Warum sich Elon Musk in die deutsche Politik einmischt. br.de 08.01.2025.
[8] Elon Musk und Alice Weidel: Alles Wichtige zum Live-Talk auf X am 9. Januar. wiwo.de 08.01.2025.
Erstveröffentlicht auf GFP v. 9. 1. 2025
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9816
Wir danken für das Publikationsrecht.