Die rechten Kämpfer

Von Stephan Kaufmann

Rund um die Welt sind Regierungen auf der Suche nach jungen Menschen, die in den Krieg ziehen für »ihr Land« – also für das Land, das ihnen den Pass ausgestellt hat und das deswegen von ihnen eine gewisse Opferbereitschaft erwartet. Russland hat Hunderttausende Männer für den Einsatz in der Ukraine mobilisiert, die Ukraine hat das Mindestalter für Reservisten auf 25 Jahre gesenkt. Israels Regierung will die Wehrpflicht für Männer laut Medienberichten von 32 Monaten auf drei Jahre erhöhen. Das von China bedrohte Taiwan hat den Dienst von vier auf zwölf Monate verlängert. Aber auch in Europa fordert die Zeitenwende mehr Menschen – bis zum Jahr 2030 will die Bundeswehr ihre Truppenstärke von 182 000 auf 203 000 erhöhen, berichtet das Magazin »Economist«, Frankreich will von 240 000 Soldaten rauf auf 275 000.

Das Problem dabei: Die jungen Leute wollen nicht so richtig, nicht mal im Falle eines Verteidigungskrieges. Das liegt laut »Economist« an gewandelten Werten. Das Magazin zitiert den World Values Survey, ein Forschungsprojekt, das Menschen seit Jahren die gleichen Fragen stellt, darunter auch »Wären Sie bereit, für ihr Land zu kämpfen?« Besonders friedliebend schnitten hier die Niederländer ab: Im jüngsten Befragungsdurchgang, der zwischen 2017 und 2022 lief, bejahten dort nur 36 Prozent der 16- bis 29-Jährigen die Frage. Deutschland und die USA kamen auf etwa 40 Prozent. Über 70 Prozent waren es dagegen in Taiwan, Indien und – überraschend – Schweden. Der »Economist« folgert: »Je reicher Länder werden, um so weniger sind ihre Bewohner willens, sich für die Nation zu opfern.«

Eine andere Erklärung könnte im Testosteronspiegel der Menschen liegen, dessen Sinken insbesondere in AfD-Kreisen öfter beklagt wird, prominent von Maximilian Krah. Der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl wendet sich gegen gesellschaftliche Entwicklungen wie die »Verneinung von Männlichkeit« und riet vergangenes Jahr auf der Internetplattform Tiktok: »Echte Männer sind rechts, echte Männer haben Ideale, echte Männer sind Patrioten, dann klappt es auch mit der Freundin.« Und mit dem Kriegsdienst ja vielleicht auch.

Allerdings: Eine Studie der Universitäten Rotterdam und Amsterdam hat herausgefunden: Wer politisch rechts ist, lässt offenbar lieber andere ins Feld ziehen. Auf die Frage »Sind Sie bereit für ihr Land zu kämpfen?« antworteten 35 bis 40 Prozent der Anhänger von SPD, CDU und FDP mit »Ja«. Bei der AfD waren es nur 25 Prozent, weniger als bei den Grünen (30 Prozent), aber immerhin mehr als bei den Linken, deren Wählerschaft sich nicht mal zu 15 Prozent einsatzwillig zeigt.

Stephan Kaufmann

Quelle: nd v. 20.5. 2024
https://nd.digital/editions/nd.DieWoche/2024-05-18/articles/12690307

Wir danken für das Publikationsrecht.


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