Bild: RedskinVN
Von Jörg Tiedjen
Nicht nur für Frankreich war er eine bedeutende Persönlichkeit: der General Charles de Gaulle, der maßgeblich dazu beitrug, dass das Land zu den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs zählte – und nicht zuletzt seinen Einfluss auf seine ehemaligen Kolonien bis heute wahren konnte. Kein Wunder, dass das Andenken an de Gaulle auch dort erhalten blieb. Zum Beispiel mit der Benennung von Straßen. In Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, war zum Beispiel die zentrale Verkehrsader nach ihm benannt: Boulevard Charles de Gaulle.
Sie war es, jahrzehntelang, doch nun sind anscheinend die alten Zeiten vorbei. Denn am Sonntag wurde die Straße feierlich umbenannt, wie die Infoseite Afrik.com am Mittwoch mitteilte. Sie heißt jetzt nicht mehr nach dem Führer des »Freien Frankreich«, sondern dem unbestrittenen Helden des Sahelstaats: Thomas Sankara. Der war am 15. Oktober 1987 unter der Regie Frankreichs und seines früheren Mitstreiters Blaise Compaoré gestürzt und ermordet worden, nachdem er in wenigen Jahren das frühere Obervolta aus der neokolonialen Unterdrückung geführt hatte. Auch der Landesname Burkina Faso, Land der Aufrichtigen, stammt von ihm.
Lange war Sankaras Andenken zwar nicht vergessen, aber doch verdrängt. Das hat sich unter dem gegenwärtigen Präsidenten Ibrahim Traoré gründlich geändert, der wieder in die Fußstapfen Sankaras tritt und Frankreich herausfordert. Nicht nur mit Worten, indem er etwa fragt, wie es sein kann, dass die alte Kolonialmacht in ihren Tresoren über riesige Goldvorräte verfügt, während Afrika, woher ein Großteil des Edelmetalls stammt, arm ist. Sondern ganz handfest, indem er zum Beispiel das Militär der früheren Kolonialmacht des Landes verwies und mit den Nachbarn Mali und Niger ein Verteidigungsbündnis schloss. Den Kräften der Vergangenheit wird kein Fußbreit mehr geschenkt.
Erstveröffentlicht in der jW v. 19.10. 23
https://www.jungewelt.de/artikel/461378.vorbild-des-tages-thomas-sankara.html
Wir danken für das Publiationsrecht.