Bedrohung und Schikane: Immer mehr Kommunalpolitiker in Sachsen geben auf.
In Sachsen Wahlkampf zu machen oder ein politisches Amt zu bekleiden, ist eine gefährliche Angelegenheit. Kommunalpolitiker werden schikaniert, beleidigt und bedroht – viele schmeißen deshalb inzwischen das Handtuch.
Vor zehn Jahren schien Arnsdorf bei Dresden vielen noch als ein besonders krasser Fall. Die SPD-Politikerin Martina Angermann war dort viele Jahre Rathauschefin, bevor sie systematisch kaputtgespielt wurde. Die Angriffe auf sie hatten schon früher begonnen, aber endgültig eskalierte die Lage im Jahr 2015 nach dem Übergriff selbst ernannten »Bürgerwehr« auf einen Flüchtling. Der Vorfall spaltete den Angermann, die sich in der Sache klar positioniert hatte, fühlte sich zunehmend
bedroht. Ein örtlicher AfD-Politiker hatte erklärt, er besitze Kampfhunde und eine Armbrust; immer mehr Bürger beantragten Waffenscheine. Sie wurde krank, bekam Angstzustände. 2019 gab sie ihr Amt auf.
Inzwischen passieren Vorfälle wie die Arnsdorf auch in Orten, die bis vor kurzem noch als Vorzeigegemeinden gegolten hatten. In sächsischen Kommunen lässt sich in diesen Tagen hautnah erleben, was es bedeutet, wenn Gemeinsinn durch Gegeneinander ersetzt wird, wenn Missgunst und Misstrauen um sich greifen und engagierte Menschen gezielt zermürbt werden. »Es wird gelogen, diskreditiert und gehetzt, die Demokratie und ihre Institutionen werden von AfD, Freien
Sachsen, III. Weg, NPD und wie sie alle heißen Tag für Tag und systematisch infrage gestellt mit dem Ziel, sie abzuschaffen«, sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete Yvonne Magwas aus dem sächsischen Vogtland, die sich deshalb aus der Politik zurückziehen will. »Das wird systematisch betrieben«, sagt sie: Man erprobe das Vorgehen in einem Ort und dehnt es dann auf weitere aus.
Auch der langjährige OB in Weißwasser, Torsten Pötzsch, will am 1. September nicht erneut kandidieren. Nicht nur hatte er jahrelang mit gezielten Diffamierungsversuchen zu kämpfen, ihm wurden auch schon die Muttern seines Autoreifens entfernt. Ein AfD-Politiker gilt als aussichtsreicher Anwärter auf seine Nachfolge.
Quelle: nd, 21.8.24
Siehe dazu auch den Artikel:
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1184626.kommunalpolitiker-in-sachsen-wenn-die-einsame-spitze-gebrochen-wird.html?sstr=Einsame|Spitze
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