Ver.di-FU Betriebsgruppe informiert über Möglichkeit, der Erfassung vorläufig zu entgehen. Nein zu Kriegsvorbereitung und Wehrpflicht

Aus Anlass des Streiks der Schüler am 5. Dezember 2025 verschickte der Vorstand der Betriebsgruppe ver.di-FU das folgende Schreiben an alle ver.di-Mitglieder der FU:

Liebe Mitglieder,

zum Anlass des Schulstreiks vom 5. Dezember, zu dem auch die GEW Berlin aufgerufen hatte, und entgegen der fortschreitenden Kriegsertüchtigung wollen wir insbesondere unsere jüngeren Mitglieder über die Möglichkeit informieren, den Kriegsdienst zu verweigern. Ihr könnt der Erfassung durch die Bundeswehr vorläufig entgehen, wenn ihr von eurem Widerspruchsrecht gegen die Datenübermittlung an die Bundeswehr an einem Berliner Bürgeramt Gebrauch macht. Unter diesem Link findet ihr hierfür ein Musterschreiben.

Euer Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung (GG Art. 4 Abs. 3) könnt ihr zudem vorsorglich wahrnehmen und nach dieser Anleitung verfahren. Auch die Berliner Landesverfassung garantiert: „Jedermann hat das Recht, Kriegsdienste zu verweigern, ohne dass ihm Nachteile entstehen dürfen.“ (VvB Art. 30 Abs. 2) Darüber hinaus fordern wir von unseren im DGB vernetzten Gewerkschaften, sich vehement gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu stellen und die internationale Gewerkschaftsbewegung als Stütze einer
friedlichen Weltordnung zu mobilisieren.

Hintergrund

Die „Kriegsertüchtigung” unserer Gesellschaft läuft auf Hochtouren – ob durch Rekrutierungsversuche an Schulen und Hochschulen oder durch eine Aufrüstungspolitik, die unter dem Deckmantel der Sicherheit Kürzungen im Sozial-, Kultur- und Bildungsbereich rechtfertigt.
Es ist noch nicht lange her, da haben wir mit unseren Hochschulleitungen vor dem Abgeordnetenhaus für #unkürzbar demonstriert, nun setzen sie das Spardiktat in Eigenregie um. Längst ist klar geworden: Es wird nicht einfach nur gespart und gekürzt, sondern öffentliche Gelder werden umgeschichtet. Eine Billion Euro sollen in den nächsten fünf Jahren in die Militarisierung gesteckt werden. Das Ziel über 2030 hinaus lautet jährlich 5% des BIP, derzeit wären das 213,5 Milliarden Euro, ins Militär zu investieren, statt in Bildung, Klima, Soziales & Gesundheit.

Womit man uns zu ködern versucht: Mehr Waffen würden Krieg verhindern – das Gegenteil ist der Fall. Sind die Waffen produziert und die Kriegsproduktion am Laufen, steigt der Druck, diese auch einzusetzen. Sind Soldaten ausgebildet, werden sie auch eingesetzt.
Wir fordern deshalb eine klare Positionierung unserer Gewerkschaft gegen die Aufrüstung und gegen die Wiedereinführung einer Wehrpflicht. Die Leidtragenden der gegenwärtigen Entwicklungen werden sonst wir sein, Auszubildende, Lohnabhängige, Studierende und prekär Beschäftigte sowie unsere Kolleg:innen im Ausland. Während andere wirtschaftlich profitieren, bedeutet diese Entwicklung für uns die Gefahr, verwundet, getötet, traumatisiert zu werden oder gezwungen, dasselbe anderen Menschen anzutun.

Wider die Wehrpflicht

In einer Stellungnahme des ver.di-Bundesvorstandes vom 14.08.2025 mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Modernisierungsgesetz (WDModG)“ vertritt dieser die Auffassung:

ver.di tritt für eine Bundeswehr ein, die eine demokratisch kontrollierte
Parlamentsarmee ist und ihrem grundgesetzlichen Auftrag als Verteidigungsarmee
gerecht werden kann. Dafür ist es notwendig, die Bedingungen für einen freiwilligen
Wehrdienst so attraktiv zu gestalten, dass sich junge Menschen in ausreichendem
Maße für die Bundeswehr entscheiden. Alle Maßnahmen in diesem Sinne begrüßt
ver.di ausdrücklich.

Dieser Stellungnahme des ver.di-Bundesvorstandes widersprechen wir ausdrücklich! Unser Bundesvorstand bläst hier ins selbe Horn wie die Vertreter:innen der Rüstungskonzerne und der Bundesregierung, die längst an einem Strang ziehen. Immer in der Gewissheit, dass
sie selbst nicht in akute Gefahr geraten werden.

Gewerkschaft für Frieden

Es ist nicht Aufgabe der Gewerkschaften, Ratgeber der Regierung für die erfolgreiche Rekrutierung junger Kolleg:innen zur Bundeswehr zu sein. Aufgabe der Gewerkschaften ist es, eine internationale Kampagne aufzubauen, die alle Gewerkschafter:innen dazu aufruft,
dem Krieg und denjenigen, die ihn vorbereiten, eine klare Absage zu erteilen!

Der internationale Einsatz für eine Welt in Frieden entspricht auch der ver.di-Satzung §5, wo es heißt:

ver.di tritt in Zusammenarbeit mit den internationalen Gewerkschaftsverbänden für
die Wahrung und Verwirklichung der Menschenrechte, für die Achtung der
Menschenwürde, für ein friedliches Zusammenleben, für den Schutz der natürlichen
Umwelt und für eine sozial gerechte Weltordnung auf der Grundlage der
Selbstbestimmung mit gleichen Entwicklungschancen in allen Regionen der Welt ein

Solidarität statt Kriegslogik

Eine internationale Antwort der Lohnabhängigen gegen den Krieg ist keine Utopie. Der gemeinsame Auftritt der russischen Aktivistin Liza Smirnova mit dem ukrainischen Aktivisten Andrei Konovalov am 05.10.2025 in Paris zeigt genau das. In ihrer nachlesenswerte Rede sagten sie:

Die wahre Gefahr ist die extreme soziale Ungleichheit, profitgesteuerte Kriegstreiberei
und die selektive Anwendung grundlegender Menschenrechte. Und die einzige
Möglichkeit, dieser Gefahr zu widerstehen, besteht darin, Spaltungen abzulehnen […]
Deshalb ist das, was wir heute tun, für Putins Diktatur viel gefährlicher als die Bomben
und Raketen, die Macron, Scholz, Merz oder Trump an die Front schicken.

Damit geben sie ein Beispiel, was jetzt zu tun und zu organisieren ist: Grenzüberschreitende Solidarität! Der internationale Zusammenschluss aller Gewerkschafter:innen gegen Krieg und für den Frieden!

Wir fordern deshalb von unserer Gewerkschaft ver.di

  • Rücknahme der Stellungnahme des ver.di-Bundesvorstands vom 14.08.2025
  • Ein klares Nein zu Wehrpflicht und anderen Pflichtdiensten
  • Zugleich: Einrichtung bzw. Unterstützung einer niedrigschwelligen, aktiven
    Beratungsstelle für Kriegsdienstverweigerung
  • Besonders junge Beschäftigte und Auszubildende brauchen Zugang zu rechtlicher
    und gewerkschaftlicher Hilfe
  • Herausgabe von Informationsbroschüren zur Kriegsdienstverweigerung
  • ver.di, der DGB und alle internationalen Dachverbände sind aufgerufen, Kongresse
    gegen Militarisierung, Aufrüstung und Krieg zu organisieren
  • Gewerkschaftliche Mobilisierung gegen Waffentransporte und -lieferungen auf Luft-,
    See- und Landwegen, insbesondere an Luft- und Seehäfen, Bahnhöfen etc.

Weitere Forderungen enthält unsere friedenspolitische Resolution „Uni in der Zeitenwende“.

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