von Klaus Dörre
In der Phase es sog. „Rhenischen Kapitalismus“, der von der Nachkriegszeit bis in die 80er Jahre das „Betriebssystem“ des Kapitalismus in der Bundesrepublik prägte, gab es solide politische Mehrheiten, die dieses Wirtschaftssystem gegenüber dem des sog. „Realsozialismus“ für überlegen hielten. Diese Phase ist nun eigentlich schon lange vorbei. Heute überwiegt in der Bevölkerung die Auffassung, dass dieses Wirtschaftssystem nicht in der Lage ist, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Doch es herrscht gleichzeitig große Ratlosigkeit darüber, wie eine Alternative beschaffen sein könnte, die diesen Aufgaben gerecht werden kann und wie man dorthin kommt. Deshalb ist es erfreulich, dass es jetzt auch unter den Sozialwissenschaftler:innen, die mit der Gewerkschaftesbewegung verbunden sind, wieder Stimmen gibt, die eine solche Debatte anzuregen versuchen.
„Sieht man von einer kurzen Nachkriegsepisode ab, ist es in der Bundesrepublik keiner Partei der äußersten Rechten gelungen, sich auf nationaler Ebene durchzusetzen. Deshalb bedeutet der Einzug einer völkisch-populistischen Formation in den Bundestag eine tiefe Zäsur. Mit dem Wahlerfolg der AfD als nun stärkster Oppositionspartei ist der verfassungskonstituierende antifaschistische Grundkonsens der alten Bundesrepublik ebenso Geschichte wie der verordnete, in der Ablehnung des Nationalsozialismus aber durchaus konsensfähige Antifaschismus der alten DDR. In einer derartigen politischen Konstellation über neo-sozialistische Optionen zu diskutieren, mag einigermaßen verwegen erscheinen. Dennoch ist eine solche Debatte nicht nur notwendig, sondern überfällig. Sie ist überfällig, weil die Linke sonst die „Systemfrage“ den Rechtspopulisten überlässt“, schreibt Klaus Dörre als Einleitung eines Aufsatzes, den der Autor 2018 für die Juni-Ausgabe der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ geschrieben hat. Hier ist er zu lesen:
Wir danken dem Autor und dem Verlag der „Blätter“ für die Abdruckgenehmigung.