Unwillkürlich muss man als Älterer an das Lied „Schwarz-braun ist die Haselnuss“ denken, das Heino, ein rechtskonservativer Barde, in den 60er Jahren intonierte. Die aktuellen Umfrageergebnisse zu den Landtagswahlen in Sachsen sehen die AFD und ihren Wunschpartner CDU bei zusammen 70%, wobei die AFD mit 37% die erste Wahl ist. Die SPD stürzte von 7 auf 3% ab, die FDP liegt bei 1%. Die Grünen rangieren bei 7 und die Linkspartei bei 8%. Das ist in der Geschichte der Bundesrepublik ein bisher ungekanntes Krisenszenario und für das demokratische Spektrum der Gesellschaft eine große Herausforderung. Im folgenden Kommenar formuliert Wolfgang Hübner, verantwortlicher Redakteur des nd, seine Schlussfolgerungen.(Jochen Gester)
Wolfgang Hübner zum Umgang mit der erstarkenden AfD
Der Himmel über Ostdeutschland ist tiefblau, politisch betrachtet. Denn Umfragen zufolge ist die AfD überall im Osten außer Berlin derzeit stärkste Partei. Teils mit deutlichem Abstand, Tendenz steigend. Wobei statt der AfD-Signalfarbe Blau ein sattes Braun treffend wäre – angesichts der zum schlechten Teil rechtsextremen und menschenfeindlichen Positionen.
Besonders krass ist die Lage in Sachsen, wo sich die Frage zuspitzt, wie jenseits der AfD eine Regierung gebildet werden soll. Wenn sich der Trend verfestigt – in Ostsachsen längst zu beobachten –, dass AfD und CDU in der Summe 70 Prozent und mehr bekommen, der Rest hingegen einstellig bleibt oder ganz durchfällt, dann gibt es ein riesiges demokratisches Problem. Entweder die CDU paktiert offiziell mit der AfD, was sie bisher ausschließt. Oder CDU und Linke müssen über sehr lange Schatten springen und kooperieren. Mit unwägbaren Folgen: Würde ein solches, absehbar kompliziertes Agreement die Rechten weiter stärken?
Auch wenn bis zur Wahl noch viel Zeit ist und derzeit niemand sagen kann, welche Rolle die Wagenknecht-Partei spielen wird, sollte für Demokraten, wie auch immer sie sich verstehen, zweierlei klar sein: Der Kampf gegen die Rechtsaußen sollte nicht zuerst mit kurzschlüssigen Verbotsforderungen geführt werden, sondern durch harte Auseinandersetzung mit ihrer inhumanen, nationalistischen und antisozialen Politik. Und: Populistische Parolen nachzubeten stärkt langfristig vor allem deren Urheber. So banal das auch ist – man kann es nicht oft genug sagen.
Erstveröffentlicht im nd v. 4.1. 2024
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178933.afd-im-osten-himmelbraun.html?sstr=Himmelbraun
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