Stellungnahme vom Jour Fixe Gewerkschaftslinke zum Raumentzug durch den GEW-Vorstand, 28.07.2023

Über den Kollegen Dieter Wegner vom Hamburger Jour Fixe Gewerkschaftslinke wissen wir seit Längeren, dass die Differenzen, die es innerhalb der Hamburger Linken darüber gibt, wie die Coronapolitik der Bundesregierung und der Krieg in der Ukraine politisch zu beurteilen ist, offen eskaliert sind und eine ernsthafte Debatte dieser Fragen immer weniger zulassen. Ausdruck dieser Situation ist auch die Kündigung der Räume für den Jour Fixe, der diese für eine unbestreitbar mitgliederorientierte linke Gewerkschaftspolitk nutzen konnte, nun aber mit dem Vorwurf konfrontiert ist, er sei “rechtsoffen” – was angesichts der antifaschistischen Überzeugungen der Träger des Jour Fixe einigermaßen absurd erscheint.

In den folgenden Dokumenten lässt sich der Konflikt nachvollziehen. Wir unterstützen den Jour Fixe in seiner Forderung an die Hamburger GEW den Kolleg:innen auch weithin Zugang zum Curiohaus zu gewähren. (Jochen Gester)


Olaf_Pascheit_Rotherbaum_Curio

Nachdem wir 18 Jahre lang die Räume im Curiohaus kostenfrei nutzen durften, hat uns der GEW-Vorstand diese nun entzogen. Mit der Begründung, Jour Fixe Gewerkschaftslinke sei „rechtsoffen“, womit wir in Nazinähe gerückt werden sollen.

Als wir 2005 die Zusage bekamen, die Räume für unsere monatlichen Treffen zu nutzen, war das völlig unproblematisch. Auch schon damals waren einige GEW-Mitglieder bei uns. Sie sagten, wir regeln das, daß ihr einen Raum bekommt. Von Bezahlung der Raumnutzung war in den nächsten 18 Jahren nicht die Rede.
Wir bestellten jeweils für ein Jahr im Voraus die Räume.


Der Grund für die Gründung von Jour Fixe Gewerkschaftslinke war, daß wir Bewegung in den Betrieben (bei Konflikten/Streiks) wie auch „Bewegung auf der Straße“ unterstützen wollten. Indem wir von Anfang an Kontakt suchten zu den KollegInnen der Konfliktbetriebe, so schon 2005/06 beim halbjährigen Streik bei gate gourmet in Düsseldorf. Und wir luden sie dann ein zu einem Jour Fixe nach Hamburg, ins Curiohaus. Wie bei gate gourmet danach bei vielen anderen Betrieben.

Eine Aufzählung hier:
https://gewerkschaftslinke.hamburg/ueberuns/
Und wir beteiligten uns selbstredend bei „Bewegung auf der Straße“: Wie bei G 20 in Hamburg im Juli 2017 und ab November 2021 auch an der Bewegung gegen Corona-Maßnahmen der Regierung, bei den Samstagdemos/Kunsthallendemos.


Hier zwei Berichte mit Eindrücken von Kunsthallendemos:
Alwin Altenwald: Wieder große Demo der Impfkritiker in Hamburg
https://gewerkschaftslinke.hamburg/2021/12/05/wieder-grosse-demo-der-impfkritiker-in-hamburg
Bernd Schoepe, Lehrer und GEW-Mitglied: Impfkritikerdemos in Hamburg: Gefährliche Proteste?
https://www.novo-argumente.com/artikel/gefaehrliche_proteste

Die Beteiligung von einigen KollegInnen aus dem Jou
r Fixe Kreis an den Kunsthallendemos war nun der Grund, uns die Raumnutzung aufzukündigen. Der GEW-Vorstand habe mails und Telefonate erhalten, in denen sich darüber beschwert worden sei, daß wir noch im Curiohaus tagen dürften, obwohl wir an den Kunsthallendemos teilnahmen.
Hier die Mail vom GEW-Landesvorstand an uns: „der GEW Landesvorstand hat am 23.5.23 beschlossen, dem Jour Fixe / Gewerkschaftslinke bis auf weiteres keine GEW Räume mehr kostenlos zu überlassen. Hintergrund für diese Entscheidung war – wie beim Gespräch mit Euch ja auch diskutiert – Eure aktive Unterstützung der „Kunsthallen“- und „Rathausdemos“, die vom Landesvorstand aufgrund der Teilnahme von rechten Strukturen auf diesen Demos sehr kritisch eingeschätzt werden.“
Wir schickten an den GEW-Vorstand daraufhin diese Stellungnahme:

https://gewerkschaftslinke.hamburg/2023/04/20/stellungnahme-des-jour-fixe-gewerkschaftslinke-zum-drohenden-raumverbot-im-curiohaus/

Daß wir an Demos teilnahmen, denen der Erste Bürgermeister Tschentscher attestierte, daß „Menschen aus der bürgerlichen Mitte“ demonstrierten und ihre bürgerlichen Rechte wahrnehmen, spielte beim Beschluß des GEW-Vorstandes keine Rolle. Auch nicht, wenn der Hamburger Verfassungsschutz in seinem Bericht für 2022 feststellte: „Die Teilnehmenden der Kundgebungen gegen Corona Schutzmaßnahmen sind nur in einem sehr geringen Teil als extremistisch zu klassifizieren. Die Äußerung von scharfer oder auch polemischer Kritik und die Möglichkeit auf Protest sind grundrechtlichgeschützt und wichtiger Bestandteil einer Demokratie…
Für Hamburg galt im Jahr 2022 weiterhin, dass Rechtsextremisten sich zwar als Einzelpersonen
oder Kleingruppen an Versammlungen beteilig ten, dabei aber weder ideologisch noch organisatorisch Einfluss erlangten. Dagegen haben Personen und Gruppen, die in ihrer Agitation mit
linksextremistischen Narrativen arbeiten, relevanten Einfluss auf das Protestgeschehen entwickelt“. Und natürlich interessierten den GEW-Vorstand erst recht nicht die Demo-Teilnehmer-Berichte von Alwin Altenwald und Bernd Schoepe! (siehe oben). Was sind diese Fakten schon gegenüber dubiosen Anschuldigungmails?!


Man fragt sich, in was für einer Gedankenwelt der GEW-Vorstand lebt, wenn er sich über demokratische Grundsätze hinweghebt und dubiosen Mails nachgibt. Wo man doch erwarten sollte, daß LehrerInnen die Aufgabe haben, SchülerInnen zu demokratischem Verhalten zu erziehen und sie das auch als Verband praktizieren.

Wir wehren uns gegen einen GEW-Vorstand, von dem wir erwarteten, daß er eigentlich kritisch eingestellt sein sollte gegen Regierungsmaßnahmen und die Mainstream-Medien, indem wir unser Flugblatt an die TeilnehmerInnen von GEW-Treffen im Curiohaus verteilt haben:
Bildungsgewerkschaft GEW Hamburg beschließt: Abweichende Meinung ab sofort kostenpflichtig!

https://gewerkschaftslinke.hamburg/2023/06/05/bildungsgewerkschaft-gew-hamburg-beschliesst-abweichende-meinung-ab-sofort-kostenpflichtig-2/

Und wir freuen uns, wieviel Referenten und Jour Fixe TeilnehmerInnen Solidarität gezeigt haben und Protestmails an den GEW-Vorstand geschickt haben:
https://gewerkschaftslinke.hamburg/2023/07/14/raumentzug-durch-die-gew-hamburg/


Der GEW-Vorstand reagierte seinerseits mit einem Flugblatt auf Jour Fixe Gewerkschaftslinke:
https://gewerkschaftslinke.hamburg/wp-content/uploads/2023/07/GEW-zu-JF-Raumentzug.pdf

das letzte treffen vom jour fixe gewerkschaftslinke am 7.6.23 (212. Jour Fixe) . thema: Seit 11 Jahren Solidaritätsgruppenaustausch Griechenland-Deutschland: KollegInnen aus Griechenland
Das letzte treffen vom jour fixe gewerkschaftslinke am 7.6.23 (212. Jour Fixe) . thema: Seit 11 Jahren Solidaritätsgruppenaustausch Griechenland-Deutschland: KollegInnen aus Griechenland. Fotorechte: jour-fixe, Danke an Dieter für die Übersendung des Foto.

Wie geht es weiter?
Die Hamburger Betriebsgruppe Ruheständler_innen ist gegen das Raumverbot für uns und das Hamburger Forum und erreichte, daß der GEW-Vorstand im Herbst ein Treffen organisiert, das heißen soll: Was ist rechtsoffen?
Wir und andere KollegInnen, die auf unserer Seite stehen werden teilnehmen!

Recht herzlichen Dank an Dieter Wegner für die Übersendung der Presseerklärung und der Fotos. Die Presseerklärung erschien auf der Webseite: Jour Fixe – Gewerkschaftslinke Hamburg, vom 28.07.2023 und Dank an Jochen Gester für das Vorwort.

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