Generalstreik in Italien

Von Jochen Gester

Bild: CGIL Firenze

Am 29. November hatten die italienischen Gewerkschaften zu einem Generalstreik in ganz Italien aufgerufen, der nach offiziellen Angaben insgesamt eine sehr respektable durchschnittliche Beteiligung von 70% gehabt haben soll. In den wichtigsten Unternehmen waren es sogar 100%. Hier manifestierte sich eine kleine soziale Explosion. Die wichtigsten Forderungen des Ausstands waren Lohn- und Rentenerhöhungen, eine bessere öffentliche Finanzierung des Gesundheits- und Bildungswesens sowie der öffentlichen Dienste. Auch wurden Forderungen nach Investitionen in die Industriepolitik erhoben. Insgesamt sollen mehr als eine halbe Millionen Menschen auf der Straße gewesen sein. Der Streik richtete sich direkt gegen das Haushaltsgesetz der Regierung Meloni, das auch mit einem Sicherheitsdekret verbunden ist, in dem das Streikrecht weiter eingeschränkt werden soll. Der CGIL-Vorsitzende Maurizio Landini wurde mit den folgenden Worten zitiert: „Diejenigen, die in diesen Stunden versucht haben, dieses Recht in Frage zu stellen, sollten sich daran erinnern, dass es in Italien die Demokratie gibt, weil die Welt der Arbeit zuerst den Faschismus und den Nazismus und dann den Terrorismus, den roten und den schwarzen, besiegt hat“. Der Sekretär fügte hinzu, dieses Dekret, das sie Sicherheit nennen, dieses Dekret müsse zurückgezogen werden, denn die Sicherheit eines Landes werde nicht in Frage gestellt, wenn die Menschen auf die Straße gehen. Es ist sei kein Zufall, dass autoritäre Regime als erste Amtshandlung immer das Streikrecht in Frage gestellt hätten und Gewerkschaftszentralen geschlossen und angegriffen wurden. Wenn Faschismus und Nationalsozialismus besiegt wurden, dann dank der Gewerkschaften.

Zusammenstöße mit der Polizei gab es in Turin. Dort versuchte die Polizei die Besetzung des Bahnhofs zu verhindern.

Seitens der Regierung war auffallend, dass ihre medialen Reaktionen eher vorsichtig ausfielen, was als ein Indikator dafür gelten kann, dass die Aktionen ihr Wirkung nicht verfehlt haben.

Im Internet gab es die ungewöhnliche Situation, dass ein Kurzvideo der ARD über den Streik berichtet hat, während die linken Medien sich noch in Schweigen hüllen.


Hier ist der Link zum Kurzvideo:
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/italien-streik-meloni-102.html

Quellen: Maschinelle Übersetzungen aus italienischen Medien



Spore hosts: Zeit zu reden: Antisemitismus – Definitionen, Interpretationen und Verwendung

Termin: 28. November 19.30 Uhr

Die Spore Initiative befindet sich in der Hermannstraße 86, 12051 Berlin-Neukölln.

Bild: Spore Hosts

Mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichst Du uns mit der U8 (U-Bahnhof Leinestraße) und der Ringbahn (S-Bahnhof Hermannstraße, dort gibt es einen Aufzug).

Kaum ein Begriff sorgt in Deutschland für so viele Diskussionen und Missverständnisse wie der des Antisemitismus. Während sich alle einig sind, dass Antisemitismus entschlossen bekämpft werden muss, herrscht große Uneinigkeit darüber, was als antisemitisch und was als legitime Kritik an Israel einzustufen ist. Seit dem siebten Oktober sind die Grenzen weiter verschwommen – welcher Vorwurf darf erhoben, welche Forderung gestellt, welche Parole skandiert, welches Schild hochgehalten werden? Und wer soll in Deutschland darüber bestimmen – Politik, Gerichte oder Sicherheitskräfte? Können deutsche Behörden überhaupt festlegen, was antisemitisch ist, wenn selbst die Wissenschaft bis heute über verschiedene Definitionen und Ausprägungen diskutiert?

Wir wollen uns dem Phänomen des Antisemitismus annähern, indem wir seine geschichtliche Entwicklung beleuchten und untersuchen, welche Formen er in der heutigen Gesellschaft angenommen hat. Wie hat sich seine Definition im Laufe der Zeit verändert? Hat der moderne Antisemitismus dieselben Wurzeln wie der historische? Was bedeutet die Entstehung des Staates Israel für die Juden selbst und welche Rolle spielt der Zionismus für das Selbstverständnis jüdischer Menschen weltweit? Ist Kritik am Zionismus eine versteckte Kritik an Juden und folglich eine neue Form des Antisemitismus? Oder hilft der Antizionismus bei der überfälligen Abgrenzung von einem israelischen Staat, der auf Unrecht, Besatzung und Ungleichbehandlung aufbaut und deshalb grundlegend verändert werden müsste?  

In Deutschland hat die Verantwortung für den Holocaust und die daraus abgeleitete „Staatsräson“ zu einer bedingungslosen Unterstützung Israels geführt. Im Zentrum des Kampfes gegen Antisemitismus steht deshalb weniger das anti-jüdische Verschwörungsnarrativ als vielmehr die Kritik an Israel und am Zionismus. Der Vorwurf des israelbezogenen Antisemitismus ist dadurch zum Instrument extremistischer Akteur*innen geworden, mit dem sich sowohl arabische als auch jüdische kritisch-progressive Personen diffamieren lassen.

Der Aufstieg rechtsradikaler Kräfte in Europa weckt Erinnerungen an eine dunkle Vergangenheit. Während diese Bedrohung von Tag zu Tag realer erscheint, diskutiert die deutsche Öffentlichkeit vor allem über „muslimischen“ und „linken“ Antisemitismus. Fokussiert sich die Politik auf marginalisierte Gruppen, um vom real existierenden Antisemitismus in der Mehrheitsgesellschaft abzulenken? Sind nicht Juden und Muslime beide Opfer von Rassismus und Ausgrenzung? Und wie ließe sich im Interesse einer menschenrechtsbasierten Innen- und Außenpolitik besser zwischen Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik unterscheiden?

Zur Diskussion einladen:

Stefanie Schüler-Springorum, Prof. Dr., Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin und Mitglied im Direktorium des Zentrums Jüdische Studien Berlin-Brandenburg. Forschungsschwerpunkte: Deutsch-jüdische Geschichte, Geschichte des Nationalsozialismus, Spanische Geschichte, Geschlechtergeschichte im 19. und 20. Jahrhundert; Veröffentlichungen u.a.: Gender History of German Jews: A Short Introduction. New York City 2024; Hans Litten – Anwalt gegen Hitler. Eine Biographie, überarbeitete und ergänzte Neuauflage, Göttingen 2022 (mit K. Bergbauer und S. Fröhlich); Krieg und Fliegen. Die Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg, Paderborn 2010.

David Ranan (1946 in Tel-Aviv geboren) ist Politikwissenschaftler und Sachbuchautor. Er ist Fellow des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU, Berlin und des Birkbeck for the Study of Antisemitism, University of London. Er veröffentlichte Studien zu Einstellungen von jungen Israelis zum Wehrdienst und Einstellungen junger Juden in Deutschland. Er untersucht den Antisemitismus-Diskurs in Deutschland und dessen Politisierung, wie auch die Problematik der Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus, insbesondere unter Araber*innen und Muslim*innen. Antisemitismus unter Muslim*innen ist Gegenstand seiner 2018 erschienenen Studie: Muslimischer Antisemitismus: Eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland?

Moderation

Die Politikwissenschaftlerin und Journalistin Kristin Helberg berichtete sieben Jahre lang von Damaskus aus über den Nahen und Mittleren Osten für deutsche, österreichische und Schweizer Hörfunkprogramme sowie verschiedene Print- und Onlinemedien. Heute arbeitet sie als Autorin, Nahostexpertin und Moderatorin in Berlin. Im Herder Verlag erschienen von ihr „Verzerrte Sichtweisen – Syrer bei uns. Von Ängsten, Missverständnissen und einem veränderten Land“ (2016) und „Der Syrien-Krieg. Lösung eines Weltkonflikts“ (2018). Als Stipendiatin der Stiftung Mercator untersuchte sie die syrische Diaspora in Deutschland.

Spore Initiative:
https://spore-initiative.org/de/programm-in-berlin/besuchen-und-mitmachen/spore-hosts-zeit-zu-reden-antisemitismus-definitionen-interpretationen-und-verwendung

GEW Berlin: Nein zu Mittelstreckenraketen und zur Militarisierung der Hochschulen

Wir freuen uns sehr, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in der Berliner GEW in zwei zentralen Fragen der Friedenssicherung und Kriegsverhütung einen deutlichen Widerspruch gegen den vorherrschenden Zeitgeist eingelegt haben: NEIN zur Stationierung atomwaffenfähiger Mittelstreckenraketen und NEIN zur Militarisierung der Hochschulen. Wir dokumentieren hier die Beschlüsse:

Bild: Jochen Gester
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07.11.2024 – Herbst-LDV 2024

Die GEW Berlin bestärkt angesichts der ab 2026 geplanten Stationierung US-amerikanischer Waffensysteme in Deutschland (SM-6 Raketen, Marschflugkörper Tomahawk und die hypersonische Waffe “Dark Eagle“) ihre Forderung nach einer Politik der Friedensfähigkeit statt „Kriegstüchtigkeit“. Die Begründung der Stationierungspläne, mit diesen Waffensystemen würde der Frieden durch Abschreckung gesichert, überzeugt nicht. Deren Stationierung würde vielmehr ein neues Wettrüsten nuklearfähiger weitreichender Waffen mit extrem kurzer Vorwarnzeit auslösen und die Gefahr eines Atomkrieges erhöhen. Die GEW Berlin lehnt deshalb die geplante Stationierung ab und fordert die Bundesregierung auf, sich stattdessen für die Wiederaufnahme von Verhandlungen zur Beendigung des Ukrainekrieges und für Verhandlungen über Abrüstung und eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur in ganz Europa einzusetzen.

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07.11.2024 – Herbst-LDV 2024

In Umsetzung ihres auf der LDV vom 14./15.05.2013 gefassten Zivilklausel-Beschlusses ([1]) setzt sich die GEW Berlin bei der nächsten BerlHG-Novellierung und erforderlichenfalls jeder anderen sich bietenden Gelegenheit nachdrücklich für Verankerung von Zivilklauseln im Berliner Hochschulgesetz ein. Konkret wird hierfür die für die große BerlHG-Reform von 2021 entwickelte Positionierung der GEW Berlin mit dem Text

Die Hochschulen nehmen ihre besondere Verantwortung für die Entwicklung von Lösungsansätzen für gesellschaftliche Fragestellungen und die Entwicklung der Gesellschaft wahr. Im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den möglichen Folgen einer Nutzung ihrer Forschungsergebnisse verfolgen die Hochschulen in Forschung, Lehre und Studium ausschließlich friedliche Ziele. Die Hochschulen geben sich selbstbestimmt eine Zivilklausel, die sich nach moralisch-ethischen Standards richtet.

übernommen und bekräftigt.

Dieser Text ersetzt Absatz 2 in Paragraph 4 [Aufgaben der Hochschulen] in dem 2021 reformierten BerlHG ([2]). Der mitbetroffene Absatz 2 in Paragraph 37 [Aufgaben der Forschung] nimmt seine alte Fassung vor der BerlHG-Reform an (s. GEW-Synopse unter [3]).

Mit ihrer Unterstützung der Verankerung von Zivilklauseln im Berliner Hochschulgesetz positioniert sich die GEW Berlin unmissverständlich gegen eine Militarisierung der Universitäten und Hochschulen und deren Einbeziehung in die Politik der „Kriegsertüchtigung“ sowie die deutlich werdenden Vorbereitungen auf einen Krieg. Statt einer Militarisierung der Gesellschaft und einer Öffnung der Universitäten und Hochschulen für das Militärische und statt eines Zivilklauselverbots, wie in Bayern gerade beschlossen ([4]), muss es darum gehen, friedensfähig zu werden. Die Lösung der globalen Menschheitsprobleme erfordert eine zivile Zeitenwende – jetzt!

Gemäß ihrem Beschluss von 2013 wird die GEW Berlin auch künftig Aktivitäten der Studierenden und Lehrenden zur Errichtung von Zivilklauseln an den Berliner Universitäten und Hochschulen unterstützen. Eine Selbstverpflichtung für zivile Wissenschaft ist aktueller denn je.

Quellen:
[1]Zivilklausel-Beschluss der LDV vom 14./15.05.2013
https://www.gew-berlin.de/aktuelles-beschluesse/detailseite-beschluesse/fuer-die-verankerung-von-zivilklauseln-im-berliner-hochschulgesetz-und-in-den-satzungen-der-hochschulen-und-forschungseinrichtungen
[2] Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) in der Fassung der Änderung vom 10.07.2024
https://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=167583,1
[3] Positionen der GEW Berlin zur Reform des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG)
https://www.gew-berlin.de/wissenschaft/hochschulrecht/reform-des-berliner-hochschulgesetzes-berlhg
Hinweis: Dieser Link bietet auch Zugang zur Synopse der Vorschläge der GEW Berlin und zur Synopse der Vorschläge des DGB zur Änderung des BerlHG von 2021.
[4] Stellungnahme der GEW Bayern zum Gesetzentwurf zur Förderung der Bundeswehr in Bayern
https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/zum-gesetzentwurf-zur-foerderung-der-bundeswehr-in-bayern

GEW-Quelle:
https://www.gew-berlin.de/aktuelles-beschluesse/detailseite-beschluesse/keine-stationierung-von-us-mittelstreckenraketen-in-deutschland
https://www.gew-berlin.de/aktuelles-beschluesse/detailseite-beschluesse/verankerung-von-zivilklauseln-im-berliner-hochschulgesetz-berlhg

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