Verbietet es sich für LINKE nach dem militärischen Überfall Russlands auf die Ukraine und den folgenden Sanktionen, hauptsächlich der NATO Staaten, von einem Wirtschaftskrieg zu sprechen?
In diesem Handelskrieg wird mittels Sanktionen gegen geltende Verträge mit Russland durch Nichtlieferungen von z.B. elektronischen Komponenten verstoßen. Dazu gehören auch Finanzkontrollen, Einfrieren von Vermögen, Aussetzen von Entwicklungshilfe, Abbruch der diplomatischen Beziehungen und gezielte Sanktionen gegen einzelne Personen. Die Reaktion Russlands erfolgt in gleicher Form durch z.B. Einstellung der Gaslieferungen. Aber kann man da von einem Krieg sprechen?
Was ist eigentlich ein Krieg?
Eine Auseinandersetzung mit dem Ziel zu siegen, den anderen zu erniedrigen, sich dessen Eigentum anzueignen und sich Vorteile zu verschaffen. Krieg ist ursprünglich männlich. Der eine erschlägt den anderen, die Spanier bemächtigen sich vor 530 Jahren der „neue Welt“ und bringen in Amerika mehr Menschen durch ihre ansteckenden Krankheiten als durch Waffengewalt um. Das ist sozusagen der erste biologische Krieg. Vor 77 Jahren wurden erste Atombomben durch die USA gezündet, der erste Atomkrieg. Heute dominieren Cyberkriege, die volkswirtschaftlich große Schäden anstellen können. Und zu guter Letzt gibt es den Klimakrieg, wobei durch das rücksichtslose Wirtschaften der reichen Industriestaaten anderen Staaten die Lebensgrundlagen beraubt werden.
Wenn das Sanktionsziel ist Russland zu ruinieren (Annalena Baerbock), kann man sehr wohl von einem Wirtschaftskrieg reden.
Wie wirkungsvoll sind Wirtschaftskriege?
Immer wieder – verlangen vor allen Dingen die USA – in der UN abgestimmte Sanktionen gegenüber Staaten wie Jugoslawien, Irak, Iran, Syrien, Weißrussland und jetzt Russland. Diese sollen dazu gezwungen werden, sich -das Völkerrecht vorgeschoben – an die nach Gutdünken regelbasierte Ordnung des Westens zu halten (So wurde der Irak unter Saddam Hussien zunächst mit Waffen im Krieg gegen den Iran vollgepumpt, dann mit Sanktionen belegt und schließlich mit zwei Kriegen überzogen, die das Land bis heute in einen Scherbenhaufen zerlegten).
Solange es Staaten sind, die nicht auf Augenhöhe mit Gegenmaßnahmen antworten können, entsteht diesen großer wirtschaftlicher Schaden. Aber häufig werden die Ziele der Sanktionen trotzdem nicht erreicht, und intern werden diese Staaten noch geschlossener und autoritärer.
Wie wirkt sich der Wirtschaftskrieg gegen Russland aus?
Nicht wie erhofft, denn Russland wird zwar innerstaatlich etwas destabilisiert und geschwächt, aber viele Staaten machen aus unterschiedlichen Gründen bei dem Wirtschaftskrieg nicht mit. Es sind hauptsächlich Staaten, die sich nicht der Macht der USA unterwerfen wollen und ohne Energielieferungen und Düngemittel aus Russland große Probleme hätten. Interessanterweise wird Japan und sogar die Ukraine mit russischem Gas beliefert!
Jedoch wirkt sich die russische Antwort durch die Einstellung der Erdgaslieferung katastrophal auf die EU- und insbesondere deutsche Wirtschaft aus. Dazu zwei Berichte im ARD FAKT: Umstrittene Sanktionen gegen Russland und Droht Deutschland eine Deindustrialisierung? Sollte die deutsche Wirtschaft und Bevölkerung nachhaltig geschwächt werden, dann kann man sich fragen, wer den Wiederaufbau der Ukraine bezahlen soll?
Das können nur die USA sein, die vom Wirtschaftskrieg kaum beeinträchtigt ist. Im Gegenteil machen sie z.B. mit einer einzigen Flüssigkeitsgaslieferung einen Gewinn von ca. 200 Mio. Dollar. Auch Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin bekommen volle Auftragsbücher, denn das Testfeld Ukraine zeigt, das amerikanische Artilleriesystem HIMARS ist besonders wirkungsvoll.
Diplomatie, ein Ausweg für den Frieden
Wie es so aussieht, könnte es ein langer Krieg werden. Die Teilmobilmachung Russlands und wieder 3 Mrd. US Dollar der USA für Waffen, deuten das an. Auch die Verschärfung des Wirtschaftskriegs wird „unsere“ Wirtschaft noch mehr schwächen.
Die LINKE ist bei den Ideen Richtung Frieden gespalten, aber geschlossen bei den Forderungen zur Abfederung der Folgen der Energiekrise. Aber es gibt auch Politiker, die für Diplomatie anstatt Krieg eintreten, überraschenderweise sogar bei der CDU. Norbert Röttgen meinte am 19.9. in Phoenix unter den Linden, die Basis für Verhandlungen sind die Grenzen vor dem 24.2.2022. Auch die Krim sieht er als erledigt an.
Gesichtswahrend wäre es, die Ukraine verzichtet auf die Krim, denn 1990 hatte die Bevölkerung bereits für den Verbleib bei Russland gestimmt. Die russische Armee zieht sich auf das Gebiet der Oblasten Donezk und Luhansk zurück. Es wird über den Umgang der russischen Bevölkerung in den von Russland besetzen Gebieten Verhandlungen aufgenommen, ggf. Volksabstimmungen unter UN Aufsicht durchgeführt. Russland liefert wieder Erdgas für unsere Energiesicherheit und im Gegenzug werden in Abstimmung mit Russland einige Sanktionen ausgesetzt.
28.09.2022 Klaus Murawski (Arbeitskreis Internationalismus IG Metll Berlin, RentenZukunft, ehemals Betriebsrat bei OTIS und VK Leiter)